Die Erben von Byzanz heute

Ich würde eine Nachfolge allerdings nicht unbedingt nur daran festmachen, dass sich ein Reich auf dem Gebiet eines ehemaligen anderen befindet. Sprachlich, religiös und kulturell unterschieden sich die, ich nenne sie, weil mir gerade kein besserer Begriff einfällt, mal "Identitätsträger", des Osmanischen Reiches klar von den Byzantinern, auch wenn sich die unterworfene Bevölkerung natürlich nicht schlagartig änderte und in kultureller Hinsicht auch manches übernommen wurde. Es trat auch keine wie immer geartete Rechtsnachfolge ein, sondern die Osmanen eroberten die Reste des Byzantinischen Reiches einfach.

Tatsächlich erhoben in weit in stärkerem Masse als die Osmanen die russischen Grossfürsten den Anspruch, Rechtsnachfolger von Byzanz zu sein. Sie beriefen sich dabei auf ihren orthodoxen Glauben und auf verwandtschaftliche Beziehungen zu den byzantinischen Kaisern. Folgerichtig nannten sich die Grossfürsten nach der osmanischen Eroberung von Konstantinopel auch "Kaiser" resp. "Zar" (der Ausdruck ist von Cäsar abgeleitet). Iwan III (Grossvater von Iwan IV dem Schrecklichen) war der erste Rurikide, der sich als Zar bezeichnete.
 
Tatsächlich erhoben in weit in stärkerem Masse als die Osmanen die russischen Grossfürsten den Anspruch, Rechtsnachfolger von Byzanz zu sein. Sie beriefen sich dabei auf ihren orthodoxen Glauben und auf verwandtschaftliche Beziehungen zu den byzantinischen Kaisern. Folgerichtig nannten sich die Grossfürsten nach der osmanischen Eroberung von Konstantinopel auch "Kaiser" resp. "Zar" (der Ausdruck ist von Cäsar abgeleitet). Iwan III (Grossvater von Iwan IV dem Schrecklichen) war der erste Rurikide, der sich als Zar bezeichnete.

Genau das hat schon Rovere vor über 11 Jahren geschrieben:


Spinnt man die Idee der Translatio imperii weiter dann sollte man Russland als Nachfolger des byzantinischen Reiches betrachten.
Die Entwicklung des Großfürstentums Moskaus zum Russischen Reich ist ohne den Mythos des Dritten Roms nicht denkbar.
Iwan III., Großfürst von Moskau heiratet ja ganz bewusst Zoe, die Nichte des letzten Kaisers von Konstantinopel. Sofia Palaiologos lebte damals verarmt im italinischen Exil, eine Ehe mit ihr brachte keinen praktischen Vorteil, dafür aber einen gewaltigen Mythos ein.
Moskau war nach dem Fall Konstantinopels bereits ein wichtiger Exilort für byzantinische Intelektuelle und Geistliche geworden. Nun wollte Iwan III seinen aufstrebenden Staat auf dem europäischen Parkett verankern - sein Hof sprach von Moskau als Drittem Rom, die Ehe mit Zoe/Sofia brachte die genealogische Verschränkung.
Iwan ging sogar noch weiter, er nahm den Titel eines Zaren an, was etwas überrascht da der Titel des byzantinischen Kaisers Basileius war und Iwan sich ethymologisch am lateinischen Cäsar bediente. Iwan übernahm auch das Wappentier Byzanzs, den doppelköpfigen Adler.
Dies waren natürlich in erster Linie große Gesten. Doch Russland wächst in den folgenden Jahrhunderten in eine wesentliche Rolle von Byzanz hinein, es wird zur zentralen Schutzmacht der Orthodoxie und bleibt dies auch bis zum Ende des zaristischen Russlands.
Kaum ist Russland europäische Großmacht versucht es mit wechselndem Engegament Konstantinopel zu schnappen - der Widerstand der anderen Großmächte hat dies aber immer verhindert.

Aber in einem anderen Thread bin ich kürzlich auf den Erben von Byzanz aufmerksam geworden:

Übrigens wird noch heute in Spanien für den regierenden Monarchen Felipe VI. eine Reihe von Titeln verwendet, die doch ziemlich anachronistisch wirken:

Das ist immer noch der König von Jerusalem (mittlerweile über 700 Jahre nach dem Fall des Königreiches), König von Mallorca (ich dachte, das wäre Jürgen Drews=)), aber es findet sich auch ein erstaunlicher Titel:

Kaiser von Rom​

Laut der Seite des spanischen Königshauses wurde der Titel 1502 von Andrés Paleólogo an König Ferdinand und Königin Isabella verkauft (sic!).

https://casarealdeespana.es/2016/01/27/titulos-del-rey-de-espana/

Allerdings wird der Titel nicht offiziell verwendet. Ich frage mich, ob dieser Titel in einer Asservatenkammer im Königspalast in Madrid aufbewahrt wird.:grübel:

Desweiteren frage ich mich, wie teuer der Titel wohl 1502 war (und warum ihn meine Vorfahren damals nicht erworben haben, dann wäre ich heute...=)).

Felipe VI. ist strenggenommen nicht der Erbe von Byzanz, sondern der Erbe der Käufer des Kaisertitels von Byzanz.
 
Zuletzt bearbeitet:
Dass Rum Rom heißt bestreitet eh niemand, ein Teil der Seldschuken errichtete in den von Rom eroberten Gebieten ein eigenes Sultanat und nannten sich deshalb Rum Seldschuken.
Die Osmanen wanderten dann als Lehensmänner der Rum Seldschuken ein und erweiterten ihren Herrschaftsbereich durch eigene Eroberung byzantinischen Gebiets.

Ob sich bereits die Rum-Seldschuken als Erbe des rhomäischen Byzanz sahen, ist zweifelhaft. Mit Sicherheit trifft das allerdings auf die osmanischen Sultane zu, die sich als legitime Erben Byzanz betrachteten.
 
Wohl eher als Eroberer, als Erben inwieferne?

Wie viel Prozent haben aber die Eroberer in der Ethnogeze der Türken gespielt und wie viel die Byzantiner. Auch am Sakralbau oder der Wichtigkeit der Patriarchen sind doch Gemeinsamkeiten.

Selbst im Miltiär man denke an die Akriten und Akincis.
 
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Glaubst du Kleinasien ist von Byzanzinern als homogenes Volk bewohnt gewesen?

Ich weiß nicht, ob es Untersuchungen gibt, wie weit das griechische Sprachgebiet in Kleinasien reichte. Allerdings gehörte es seit etwa dem 5. Jhdt. v. Chr. mit der griechischen Kolonisation und seit dem 4. Jhdt. zum griechischen Machtbereich mit der Ausdehnung des Alexanderreiches, später zum Römischen Reich (wobei die östliche Reichshälfte eher griechischsprachig war). Ich habe selbst vor einigen Jahren in Aspendos / Side viele griechische Inschriften gesehen, aber keine einzige auf Latein. Vergleicht man das mit der Westhälfte, wo von den Sprachen, die vor der römischen Eroberung gesprochen sind, nur das Baskische und Walisische und Bretonische (als spätantiker Import aus Britannien) das Lateinische überlebt haben, so wage ich die (ggf. zu widerlegende) Behauptung, dass auch Asia Minor weitestgehend gräzisiert war.

Wie viel Prozent haben aber die Eroberer in der Ethnogeze der Türken gespielt und wie viel die Byzantiner. Auch am Sakralbau oder der Wichtigkeit der Patriarchen sind doch Gemeinsamkeiten.

Selbst im Miltiär man denke an die Akriten und Akincis.

Beim Sakralbau möchte ich an den Kuppelbau der Moschee erinnern. Der von uns heute klischeehaft als typische Moschee wahrgenommene Kuppelbau zitiert ja weitestgehend die Bauform der christlichen Kirche Hagia Sophia in Konstantinopel. Wenn ma bei einem Besuch in Istanbul die Hagia Sophia, Blaue Moschee und Sultan-Ahmed-Moschee besichtigt, kann man schon erkennen, wer sich an welchem Vorbild bedient hat. Lediglich die Türme sind eine Hinzufügung aus der islamischen Zeit.
 
"Mehmed [II.] also had a blood lineage to the Byzantine Imperial family: his predecessor, Sultan Orhan I, had married a Byzantine princess, and Mehmed claimed descent from John Tzelepes Komnenos." Letzterer schloss sich im 12. Jahrhundert dem seljukischen Sultan Mesud I. an, konvertierte zum Islam und heiratete sich in den türkischen Adel, indem er eine Tochter des Sultans zur Frau nahm.

Ob das jetzt wahr ist, müsste man bei Norwich 1996 nachschauen und die von ihm zitierten Quellen überprüfen.
 
Soweit ich das nachvollziehen kann, war Mehmed II. der Sohn von Murad II., Murad II. der Sohn von Mehmed I., Mehmed I. der Sohn von Bejazid I., Bejazid I. der Sohn von Murad I., und Murad I. der Sohn von Orhan. Orhan hatte mehrere Frauen, darunter die Tochter von Kaiser Johannes VI. Kantakuzenos. Murad I. allerdings stammte nicht aus dieser Ehe.

Johannes Komnenos Tzelepes war ein Enkel von Kaiser Alexios I. Komnenos. Aus seiner Ehe mit der Tochter von Sultan Mesud hatte er einen Sohn Suleiman. Eine Abstammung Mehmeds II. von diesem Suleiman scheint aber nicht belegbar zu sein.
 
Wie viel Prozent haben aber die Eroberer in der Ethnogeze der Türken gespielt und wie viel die Byzantiner.

Diese Frage haben wir in der Vergangenheit ausführlich diskutiert. Die Frage, wie man sich das Zahlenverhältnis zwischen der altansässigen kleinasiatischen Bevölkerung und den eingewanderten Turkstämmen vorzustellen hat, ist umstritten. Manche Schätzungen vermuten (im 12. Jh.) etwa 70% Einheimische und 30% turkstämmige Zuwanderer, andere gehen von 50% zu 50% aus.

Vermutlich haben die turkstämmigen Migranten anfänglich nicht die Mehrheit der Bevölkerung gebildet. Mit zunehmender Konversion der christlichen Bevölkerung zum Islam veränderte sich diese Sachlage im Verlauf der Jahrhunderte gravierend. Zur Zeit der Eroberung Konstantinopels durch die Türken war Kleinasien wohl weitgehend islamisiert und turkisiert - einmal abgesehen von den griechischen Gebieten an der Ägäis- und Schwarzmeerküste und anderssprachigen Gebieten im SO Kleinasiens (z.B. Kurden).
 
Beim Sakralbau möchte ich an den Kuppelbau der Moschee erinnern. Der von uns heute klischeehaft als typische Moschee wahrgenommene Kuppelbau zitiert ja weitestgehend die Bauform der christlichen Kirche Hagia Sophia in Konstantinopel. Wenn ma bei einem Besuch in Istanbul die Hagia Sophia, Blaue Moschee und Sultan-Ahmed-Moschee besichtigt, kann man schon erkennen, wer sich an welchem Vorbild bedient hat. Lediglich die Türme sind eine Hinzufügung aus der islamischen Zeit.

Ich würde behaupten, der Kuppelbau der Moscheen entwickelte sich weniger aus der Hagia Sophia im Speziellen sondern aus dem Kuppelbau der Ostkirchen im Allgemeinen. Die berühmte Omaijaden-Moschee von Damaskus beispielsweise war die grösste hellenische christliche Kathedrale der Stadt, als sie im 6. Jahrhundert von den Kalifen gekauft wurde. Diese neue Moschee war, so meine ich, in gewissem Sinne "stilbildend" für den Moscheenbau - erweitert mit den Minaretten natürlich.
 
Ich würde behaupten, der Kuppelbau der Moscheen entwickelte sich weniger aus der Hagia Sophia im Speziellen sondern aus dem Kuppelbau der Ostkirchen im Allgemeinen. Die berühmte Omaijaden-Moschee von Damaskus beispielsweise war die grösste hellenische christliche Kathedrale der Stadt, als sie im 6. Jahrhundert von den Kalifen gekauft wurde. Diese neue Moschee war, so meine ich, in gewissem Sinne "stilbildend" für den Moscheenbau - erweitert mit den Minaretten natürlich.
"Gekauft"? Es wurde tatsächlich dafür bezahlt?
Und im 6. Jhdt. stand Damaskus noch unter byzantinischer Herrschaft. Die Umwandlung erfolgte im frühen 8. Jhdt.
 
Ich würde behaupten, der Kuppelbau der Moscheen entwickelte sich weniger aus der Hagia Sophia im Speziellen sondern aus dem Kuppelbau der Ostkirchen im Allgemeinen. Die berühmte Omaijaden-Moschee von Damaskus beispielsweise war die grösste hellenische christliche Kathedrale der Stadt, als sie im 6. Jahrhundert von den Kalifen gekauft wurde. Diese neue Moschee war, so meine ich, in gewissem Sinne "stilbildend" für den Moscheenbau - erweitert mit den Minaretten natürlich.


Als ich vor Jahren in Istanbul war und dort die Sehenswürdigkeiten besichtigte, waren natürlich auch die Hagia Sophia, die Süleymaniye-Moschee und die Blaue Moschee dabei. Und da konnte man schon die frappierende Ähnlichkeit bemerken. Die Omaijaden-Moschee von Damaskus kenne ich nicht, aber Wiki sagt, dass diese in Form einer Basilika gebaut worden ist. Andere Moscheen, die ich in Spanien (Mezquita in Córdoba) oder in Nordafrika (Kairouan in Tunesien) gesehen habe, sind als Hallen konzipiert.

Das Thema mit den Moscheebauformen hatten wir aber auch schon irgendwann. Ah ja, hier ist ein Beitrag von mir aus 2011: http://www.geschichtsforum.de/558078-post9.html

Die Wiki schreibt dazu:

Nach der Eroberung Konstantinopels durch die Osmanen im Jahr 1453 wurden christliche Insignien, Inneneinrichtung, Dekorationen und Glocken der Hagia Sophia entfernt oder durch Putz verdeckt. Nachdem die Hagia Sophia anschließend als Hauptmoschee der Osmanen adaptiert worden war, stellten sich die Sultane des 16. und 17. Jahrhunderts mit bedeutenden architektonischen Rezeptionen der Hagia Sophia in die byzantinische Tradition; die berühmteste Rezeption ist die Sultan-Ahmed- oder Blaue Moschee; in jüngster Zeit ist die neue Sabancı-Zentralmoschee von Adana zu nennen. Mithin geht die heute geläufigste Bauform der Moschee als Zentralkuppelbau letztlich auf die Hagia Sophia zurück, während in den ersten Jahrhunderten der islamischen Geschichte noch der Typus der Pfeilerhallenmoschee (wie z. B. die ehemalige Hauptmoschee von Córdoba oder die Umayyaden-Moschee) dominiert hatte, wobei letztere ursprünglich als Basilika errichtet und erst später in eine Moschee umgewandelt wurde. Allgemein ist die Hagia Sophia trotz der islamischen Eroberung und Indienstnahme unter den bedeutenden frühchristlichen Sakralgebäuden in rein architektonischer Perspektive heute weniger verändert überliefert, als die großen frühchristlichen Basiliken Roms und Jerusalems.[7]​

https://de.wikipedia.org/wiki/Hagia_Sophia
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich würde behaupten, der Kuppelbau der Moscheen entwickelte sich weniger aus der Hagia Sophia im Speziellen sondern aus dem Kuppelbau der Ostkirchen im Allgemeinen.

Die Wiki schreibt dazu: »[…] Mithin geht die heute geläufigste Bauform der Moschee als Zentralkuppelbau letztlich auf die Hagia Sophia zurück, […]«

Dass die Hagia Sophia DIE Moschee-Referenz gewesen sein soll, ist auch m.M.n. eher unglaubwürdig (sicherlich war sie aber Vorbild für einige örtliche Moscheen), wobei auch die Umayyaden-Moschee nicht wirklich als eigene Formensprache gelten konnte. »Stilbildend«, d.h. das Bedürfnis nach Zentralkuppeln auslösend, dürfte in erster Linie der Felsendom in Jerusalem gewesen sein. Bei der Vorliebe der islamischen Architektur für viele Kuppeln könnten aber auch römische Badeanstalten eine Rolle gespielt haben, sodass nicht nur Hammams als ›Multiplexkuppelbauten‹ enstanden.
 
Das ist es ja gerade: Die "Vorliebe des Islam für Kuppeln" ist zwar in der orientalisierenden Mode recht stark rezipiert worden (so erhielt beispielsweise der Patio de Leones bei der restauration der Alhambra in den 1920er Jahren Kuppeln, die so gar nicht zur magribinisch-andalusischen Architektur passen) aber nicht im eigentlichen Sinne traditionell zwingend mit der Moschee verbunden. Unser europäisches Bild von der Architektur einer Moschee wird nicht von den Moscheen vor 1453 bestimmt sondern von denen danach.
Zunächst waren Moscheen ja recht einfach gestaltet. Es waren Räume, die mit einer Wand gen Mekka gerichtet waren (die Qibla) und in denen man sich zum Gebet "niederwerfen" konnte (sağada; yasğudu), daher der Name: maid.
Der Legende nach war die erste Moschee das Wohnhaus
Muammads in Madînah und die ersten Moscheen orientierten sich architektonisch vorwiegend an diesem: Ein Hof, eine Säulenhalle und die Qibla. Dazu ein Minbar (die Kanzel), von wo aus der Imam nach dem Freitagsgebet zu den Gläubigen predigen konnte. Die
qubbatu-ṣ-ṣaḫra (der Felsendom) ist im Islam nie als Moschee verstanden worden.
Die Umayyaden-Moschee in Damaskus war zunächst eine christl. Basilika (davor ein heidnischer Tempel, in römischer Zeit dem Jupiter geweiht), von der christlichen Basilika sind bis heute einige Architekturelemente erhalten. So ist die Wand, die der Qibla-Wand gegenüberliegt, also den Gläubigen beim Gebet im Rücken, bis heute mit den Mosaiken aus der Zeit, als sie noch christliche Kirche bzw. in Co-Nutzung Kirche und Moschee versehen.
 
Zur Zeit der Eroberung Konstantinopels durch die Türken war Kleinasien wohl weitgehend islamisiert und turkisiert - einmal abgesehen von den griechischen Gebieten an der Ägäis- und Schwarzmeerküste und anderssprachigen Gebieten im SO Kleinasiens (z.B. Kurden).

Es stellt sich die Frage, was du mit "wohl weitgehend islamisiert und turkisiert" genau meinst. Man darf nicht vergessen, dass die heutige demografische Lage Kleinasiens erst Ergebnis von Ereignissen der letzten Jahrhunderte ist und bei der Eroberung Konstantinopels 1453 die Situation wohl eine andere war.
 
Unser europäisches Bild von der Architektur einer Moschee wird nicht von den Moscheen vor 1453 bestimmt sondern von denen danach.

Ist v.a. damit zu erklären, dass die meisten Europäer, die in der Frühen Neuzeit Moscheen erblickten, dies zu Hause taten, nachdem dort die Türken ihre Moscheen errichtet hatten.

Das ist es ja gerade: Die "Vorliebe des Islam für Kuppeln" ist zwar in der orientalisierenden Mode recht stark rezipiert worden (so erhielt beispielsweise der Patio de Leones bei der restauration der Alhambra in den 1920er Jahren Kuppeln, die so gar nicht zur magribinisch-andalusischen Architektur passen) aber nicht im eigentlichen Sinne traditionell zwingend mit der Moschee verbunden.

Ja, nicht »zwingend«. Doch verallgemeinern lässt sich die frühere Vorliebe für Moscheen ohne Kuppel nicht. Paar Beispiele:

• Jameh Mosque of Nain, Iran, 9. Jh.
• Jameh Mosque, Borujerd, Iran, 9. Jh. (und zwar die Kuppel)
• Great Mosque of Kairouan, Tunesien, 9. Jh.
• Juyushi Mosque, Kairo, 11. Jh.
• Jameh mosque of Golpayegan, Isfahan, 1114
• Atiq Mosque, Awjilah, Libyen, 12. Jh. (Moscheenoase mit kuppelförmigen Überdachungen!)
• Barsian mosque, Isfahan, Iran, 12. Jh.
• Nur al-Din Madrasa, Damaskus, 1164
• Jameh Mosque of Qazvin, Iran. 12. Jh.
• Mosque of Ibn Tulun, Kairo, sabil (Waschungsbrunnen) mit Kuppel aus dem späten 13. Jh.
• Great Mosque of Tlemcen, Algerien, Kuppel aus dem 13. Jh.

und als Zugabe, weil sie mit ihren vielen Kuppeln so schön sind:
• Great Mosque of Kilwa, Kilwa Kisiwani, Tansania, mit 16 Kuppeln, vmtl. aus dem 15. Jh.
• Jama masjid, Champaner, Gujarat, Indien, 15. Jh.
 
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