Straßenkämpfe und Saalschlachten während der Weimarer Republik in Berlin

V

Vamos

Gast
Hey Leute, da ich bald meinen Seminarkurs halte, wollte ich von euch noch einige Infos und eure Meinung dazu hören. War Gewalt ein Mittel der politische Auseinandersetzung während der Weimarer Republik? Also als die Kommunisten gegen den Staat protestieren und kämpften genauso wie dann später auch noch die Nationalsozialisten.
 
In der Endphase der Weimarer Republik polarisierte sich die politische Landschaft extrem in Kommunisten und Nationalsozialisten.
Die bekannte Sturmabteilung der NSDAP und ihre kommunistische Entsprechung, der Rotfrontkämpferbund, verliehen dieser Polarisierung durch teils geplante, teils spontane Zusammenstöße Ausdruck. Insofern muss man Gewalt gegen politische Gegner zumindest an den radikalen Rändern als Mittel der Politik bezeichnen, da bewusst versucht wurde, mit Gewalt sowohl Stärke zu demonstrieren, als auch den Gegner einzuschüchtern.

Auch vor der Weltwirtschaftskrise und Hindenburgs Präsidialkabinetten gab es massive, politische Gewalt. Genannt seien nur die politischen Morde an Matthias Erzberger, Walther Rathenau oder Kurt Eisner. Die Straßen- und Saalschlachten zwischen Nationalsozialisten und Kommunisten sind jedoch eher der Endphase zuzuordnen.

Wenn dein Seminararbeitsthema "Politische Gewalt in der Weimarer Republik" o.ä. heißt, dann müsstest du auf jeden Fall auch den Spartakusaufstand, den Kapp-Lüttwitz-Putsch und den Putsch der NSDAP von 1923 erwähnen.

Sowieso wäre es sehr hilfreich, wenn du uns dein Thema verrätst. Ist es nur auf Berlin begrenzt? Welchen zeitlichen Rahmen soll deine Arbeit umfassen?
 
Hey Leute, da ich bald meinen Seminarkurs halte, wollte ich von euch noch einige Infos und eure Meinung dazu hören. War Gewalt ein Mittel der politische Auseinandersetzung während der Weimarer Republik? Also als die Kommunisten gegen den Staat protestieren und kämpften genauso wie dann später auch noch die Nationalsozialisten.

Darf ich Dir, Vamos, empfehlen: Benoist-Me´chin, J., Geschichte der Deutschen Militärmacht 1918-1946, in 10 Bänden, hier Bände 1-3, das Kaiserreich zerbricht, Jahre der Zwietracht und Auf dem Wege zur Macht, Gerhard Stalling Verlag, Oldenburg und Hamburg 1965.

Hier finden sich, m.E. vorurteilsfrei geschildert, jede Menge Belege, auch für die Gewaltanwendung von Militär und Polizei sowie sog. Freikorps, Geheimbünden und Einzelpersonen.

Wenn wir das genaue Thema Deiner Arbeit kennen, dann will ich gerne Zitate aus den genannten Bänden einstellen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Darf ich Dir, Vamos, empfehlen: Benoist-Me´chin, J., Geschichte der Deutschen Militärmacht 1918-1946, in 10 Bänden, hier Bände 1-3, das Kaiserreich zerbricht, Jahre der Zwietracht und Auf dem Wege zur Macht, Gerhard Stalling Verlag, Oldenburg und Hamburg 1965.

Hier finden sich, m.E. vorurteilsfrei geschildert, jede Menge Belege, auch für die Gewaltanwendung von Militär und Polizei sowie sog. Freikorps, Geheimbünden und Einzelpersonen.

Das ist keine gute Empfehlung und es verwundert, dass erneut eine Literaturempfehlung gegeben wird, die völlig antiquiert ist und den neueren Stand der Forschung nicht berücksichtigt. Der Erkenntnisstand aus den frühen 60er Jahren ist hoffnungslos veraltet und der Autor nicht unbedingt durch seine Neutralität gegenüber der deutschen Historie hervorgetreten.

https://de.wikipedia.org/wiki/Jacques_Benoist-M%C3%A9chin

Zumindest für das Verständnis der politischen Ziele von Rechts und von Links und ihrer politischen Strategie zur Durchsetzung spielt er keine Rolle in der aktuellen Historie.

Hilfreicher für die Positionen der radikalen Rechten sind die Literaturempfehlungen in folgendem Link, der neue Studien berücksicht.

http://www.geschichtsforum.de/f63/die-radikalisierung-der-rechten-der-weimarer-republik-52652/

Die paramilitärischen Organisationen nach 1918 der Linken haben bisher im Geschichts-Forum nur eine vergleichsweise geringe Beachtung gefunden. Da sei vor allem auch auf den Ruhraufstand der Linken als Reaktion auf den Kapp-Lüttwitz-Putsch (1920) verwiesen. Relevant wäre auch der Verweis auf die "Räterepubliken" im Anschluss an den Zusammenbruch des Kaiserreichs.

https://de.wikipedia.org/wiki/Ruhraufstand

Und auf die paramilitärische Organisation der Linken sei kurz verwiesen

https://de.wikipedia.org/wiki/Reichsbanner_Schwarz-Rot-Gold

https://de.wikipedia.org/wiki/Eiserne_Front

https://de.wikipedia.org/wiki/Roter_Frontk%C3%A4mpferbund

Zum Verhältnis von Links und Rechts im Rahmen von „Saaalschlachten“ sei zudem auf die Schilderungen in den Tagebüchern von Goebbels verwiesen, die stellenweise in der Schilderung der Kämpfe eine gewisse Sympathie für den Gegner von Links zeigte, zumindest in der Anfangszeit, wenn er sich „anständig“ geprügelt hatte.

Was wohl auch gewisse vergleichbare Charakterzüge der politischen Schlägerbanden von Rechts und Links wahrscheinlich erscheinen läßt (vgl. die Studien zum autoritären Charakter auch aus der Zeit durch Horkheimer, Fromm, Adorno)

Aber auch eine historische Einordnung zur - eingeschränkten - Wirksamkeit der Destabilisierung durch den Straßenterror. Die relative Bedeutungslosigkeit der politischen Radikalität zwischen 1923 und 1929 ist zu betonen, um die integrierende Funktion der Weimarer Republik deutlich zu machen. Es waren nicht die "Schlägerbanden", die sie destabilsiert haben, sondern die konnten erst wirksam werden, als die wirtschaftlichen und die politischen Rahmenbedingungen destabilisiert waren.

Genannt seien nur die politischen Morde an Matthias Erzberger, Walther Rathenau oder Kurt Eisner.

Und diese feigen, oben genannten Morde durch die rechtsextreme Organisation Consul und die Deckung durch die Weimarer Justiz bewirkten zumindest temporär eine deutliche Steigerung des demokratischen Bewußtseins im Bereich der tragenden Parteien von Weimar (SPD, Zentrum DDP)

An diesem Punkt und vor dem Hintergrund der bisherigen Darstellung erklärt sich der Erfolg von Hitler im Zuge der Weltwirtschaftskrise aus dem Wunsch nach einem "starken" Mann. Ein Wunsch, der durch die politische Sozialisation im Kaiserreich und durch den "Ersatz-Kaiser" Hindenburg noch latent stabilisiert worden ist.

Die Schlägertrupps verstärkten vor allem das Gefühl der Unsicherheit zu einem Zeitpunkt als die Legitimität durch äußere Entwicklung beeinträchtigt war.

In seiner Studie zur "Arbeiter und Angestellte am Vorabend des Dritten Reichs" zeigt Fromm das Potential auf, das viele Wähler eine Lösung der durch den Kapitalismus verursachten Wirtschaftskrise wollten. Und die schlichteste und einfachste Antwort ist normalerweise der Ruf nach dem "Retter", dem "starken Mann" oder historisch nach dem "Führer". Der sich dann ja auch sehr militant und brutal aufgedrängt und inszeniert hatte (vgl. L. Herbst: Hitlers Charisma. Die Erfindung eines deutschen Messias).

Und das radikale Kräfte an Bedeutung gewannen, war auch kein "automatischer Prozess". Diese Entwicklung resultierte u.a. auch aus zwei Veränderungen moderner Gesellschaften:

- der Möglichkeit von Massenmedien gezielt politisch zu manipulieren, Und das erfolgte durch Hugenberg und seine Presse sehr intensiv im Sinne der radiaklen deutsch-nationalen Kräfte. Von denen auch Hitler und seine NSDAP profitieren konnten.

- der zunehmenden Individualisierung der Gesellschaft, die die traditionellen sozialen Kontrollen und Sicherheiten aufgehoben hatte und so das Individuum "schutzloser" machte gegenüber einer politisierten Gesellschaft und einer zunehmend "entfesselten" Wirtschaft und ihrer Krisen.

Und als genereller Einstieg in die "Weimarer Republik" sind folgende "Klassiker" und aktuelle Werke empfehlenswert:
Bracher, Karl Dietrich (1984): Die Auflösung der Weimarer Republik: Eine Studie zum Problem des Machtverfalls in der Demokratie. Düsseldorf: Droste Verlag.
Büttner, Ursula (2008): Weimar. Die überforderte Republik 1918-1933. Leistung und Versagen in Staat, Gesellschaft, Wirtschaft und Kultur. Stuttgart: Klett-Cotta.
Erdmann, Karl Dietrich (1983): Die Weimarer Republik. München: dtv
Möller, Horst (2004): Die Weimarer Republik. Eine unvollendete Demokratie. München: Deutscher Taschenbuch Verlag
Mommsen, Hans (2009): Aufstieg und Untergang der Republik von Weimar. 1918-1933. Berlin: Ullstein.
Peukert, Detlev (1987): Die Weimarer Republik. Krisenjahre der klassischen Moderne. Frankfurt am Main: Suhrkamp
 
Zuletzt bearbeitet:
"der Autor nicht unbedingt durch seine Neutralität gegenüber der deutschen Historie hervorgetreten."

Also bedingt, thanepower? Wie subsumiert sich die Einschränkung? Ich freue mich, wenn Du hier präzisierst. Nennst Du mir ein Beispiel aus den genannten 3 Bänden?

Es kann ja nicht schlechterdings ältere Literatur g e n e r e l l verworfen werden.

Wäre das nicht eine Art von wissenschaftsverbrämter "Bücherverbrennung"?
 
Wäre das nicht eine Art von wissenschaftsverbrämter "Bücherverbrennung"?

Es ist wohl Deiner Unkenntnis in Bezug auf die aktuelle Geschichtsschreibung zur Weimarer Republik zu Gute zu halten, dass Du veraltete Erkenntnisstände nicht als solche erkennst. Das ist Dein Problem und nicht meines.

Kauf Dir ein paar aktuelle Bücher und vergleich es selber.

Ansonsten schon wieder der Versuch, Off-Topic Themen nach bekannten Provokationsmuster zu inszenieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Es ist wohl Deiner Unkenntnis in Bezug auf die aktuelle Geschichtsschreibung zur Weimarer Republik zu Gute zu halten, dass Du veraltete Erkenntnisstände nicht als solche erkennst. Das ist Dein Problem und nicht meines.

Kauf Dir ein paar aktuelle Bücher und vergleich es selber.

Ansonsten schon wieder der Versuch, Off-Topic Themen nach bekannten Provokationsmuster zu inszenieren.

Vamos hat gefragt, ob es damals Gewalt in den politischen Auseinandersetzungen gab. Ich habe daraufhin Literatur empfohlen, die solche Gewalt in vielfältiger Hinsicht unanfechtbar richtig schildert. Das sollte legitim sein. Off-topic erscheint es nicht, denn meine Antwort "klebt" an Vamos´ Frage.

Da Du nicht bereit bist, meine Frage an Dich zu beantworten, suche ich wenigstens ein Gewaltbeispiel aus neuer Literatur oder ausnahmsweise wikipedia - Du tust es auch - heraus und messe daran Benoit-Mechin´.
 
Zuletzt bearbeitet:
Davon abgesehen, dass das Werk in der Tat veraltet ist, empfinde ich es auch als unglücklich, einem Schüler / frischen Studenten ein Werk in dem Umfang als Literatur zu empfehlen, das nur noch antiquarisch (mit z.T. heftigen Preisen) erhältlich ist.
 
Davon abgesehen, dass das Werk in der Tat veraltet ist, empfinde ich es auch als unglücklich, einem Schüler / frischen Studenten ein Werk in dem Umfang als Literatur zu empfehlen, das nur noch antiquarisch (mit z.T. heftigen Preisen) erhältlich ist.[/QUOTE

Gerne schicke ich Vamos kostenlos Kopien der ihn interessierenden Texte. Das läßt sich machen, Papa Leo.

Bis morgen kümmere ich mich erst einmal um ein treffendes Beispiel dafür, daß Mechin´ präziser ist als Wikipedia.
 
Mechin ist:
- veraltet
- kein Fachmann für das benötigte Thema (Vamos müsste sich vom Lehrer/Professor fragen lassen, warum Mechin und nicht Mommsen)
- und (aus Wikipedia): "Vor dem Krieg neigten seine politischen Ansichten offen zu Hitler und zum Nationalsozialismus. In seinem Buch Éclaircissements sur Mein Kampf, das er im Jahre 1939 bei Albin Michel veröffentlichte, schrieb er über Hitler: „Er ist ein Visionär, der beschlossen hat, seinen Traum mit dem Realismus eines Staatsmann zu verwirklichen“. In dieser Zeit vertrat er die Position eines Pazifisten, der eine Annäherung an Deutschland befürwortete. Er wurde zu einem Vertrauten von Otto Abetz, dem deutschen Botschafter in Frankreich.
Nach der Niederlage Frankreichs im Jahre 1940 betätigte er sich im Dienste von Georges Scapini, um Hilfe für Franzosen in Deutschland zu organisieren. Dann diente er im Außenministerium der Regierung von Vichy. Dafür rechtfertigte er sich wie folgt:
„Ein besiegtes Land hat die Wahl, mit oder ohne den Sieger zu gehen; ich beschloss, mit ihm zu gehen.“
Er wurde 1944 verhaftet und wegen seiner Zusammenarbeit mit den Deutschen inhaftiert. Sein Prozess fand im Jahre 1947 statt, in dem er zum Tode verurteilt wurde. Durch den Gnadenakt von Vincent Auriol wurde die Todesstrafe in eine Haftstrafe abgeändert. Die Haftzeit bis 1954 verbrachte er im Gefängnis von Clairvaux."
 
Zuletzt bearbeitet:
Off-topic erscheint es nicht, denn meine Antwort "klebt" an Vamos´ Frage.

Naja, wie man's nimmt... =) Vamos wollte etwas über die Gewalt zwischen rechts und links in der Weimarer Zeit wissen. Inwiefern ein Zusammenhang zwischen Vamos' Frage und deiner Metadiskussion über die Eignung oder Nichteignung von veralteten Sekundärquellen besteht, verstehe ich nicht wirklich... :S

Da Du nicht bereit bist, meine Frage an Dich zu beantworten,

Die "Frage", ob das Abraten von veralteter Literatur mit einer "Bücherverbrennung" gleichgesetzt werden kann, kann man wohl kaum ernsthaft beantworten. Das ist nichts als anderes als provokantes, überspitztes Rumgetrolle. Sorry Adolina, aber da hat thanepower einfach recht.:still:

suche ich wenigstens ein Gewaltbeispiel aus neuer Literatur oder ausnahmsweise wikipedia - Du tust es auch - heraus und messe daran Benoit-Mechin´.

Du vergisst aber nicht, dass wir es hier offensichtlich mit einem Schüler zu tun haben, oder? Ohne den im Forum zahlreichen Vertretern dieser gestrengen Zunft zu nahe treten zu wollen, aber kein Lehrer kann ernsthaft erwarten, dass ein Schüler über umfangreiche Literatur zu irgendeinem historischen Thema verfügt.

Du implizierst auch, dass Wikipedia irgendwie pfui ist - mag an der Universität stimmen, da kann ich nicht mitreden, aber für schulische Zwecke reicht das locker aus.

Und was Benoist-Méchin angeht, da muss man nicht lange recherchieren, um seine Befangenheit bei dem Thema zu erkennen. Reicht völlig aus, bei Wikipedia mal bis zum Abschnitt "Zweiter Weltkrieg" zu scrollen.
 
Bis morgen kümmere ich mich erst einmal um ein treffendes Beispiel dafür, daß Mechin´ präziser ist als Wikipedia.

Irgendwie scheint Deine Lernkurve in Bezug auf historische Argumentation nicht ausgeprägt zu sein. Das ist nur noch Rechthaberei, als wenn ein Beispiel irgendwas aussagen würde.

Es sind die Aspekte, die nicht in die Analyse einbezogen worden sind, die das Bild verfälschen. Die Aspekte, die durch spätere Einsicht in Akten etc., die damals noch nicht zur Verfügung standen, oder durch ideologische Prämissen ausgeblendet worden sind.

Insofern ist nicht zu belegen, dass er mit einem Beispiel recht hat, sondern seine Einschätzung ganzheitlich in die heutige Sicht auf die Weimarer Republik einzuordnen und die Aspekte zu identifizieren, die korrekt benannt wurden und die Defizite zu benennen, die ebenfalls vorhanden sind.

Nagut, dazu müßte man allerdings sich halbwegs in den aktuellen Publikationen zur Weimarer Republik auskennen, um das zu leisten.

Ansonsten ist es einmal mehr bezeichnend, und das ist das trollige an der Diskussion, das über ein antiquiertes Buch diskutiert wird und die aktuelle Diskussion verhindert wird.

Es wäre an Dich, seine Thesen zusammen zu fassen und insgesamt kritisch zu präsentieren, dann ließe sich darüber diskutieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
Thane,
"Darf ich Dir, Vamos, empfehlen: Benoist-Me´chin, J., Geschichte der Deutschen Militärmacht 1918-1946, in 10 Bänden, hier Bände 1-3, das Kaiserreich zerbricht, Jahre der Zwietracht und Auf dem Wege zur Macht, Gerhard Stalling Verlag, Oldenburg und Hamburg 1965.

Lies doch erstmal meine tollen 4.000 Bücher im Keller und in der Garage, bevorst einen Scheiß erzählst.
So geht es doch nicht.
 
Wäre das nicht eine Art von wissenschaftsverbrämter "Bücherverbrennung"?
So ein Blödsinn!

Im Gegensatz zur Bücherverbrennung sind veraltete Arbeiten ja weiter uneingeschränkt verfügbar. Nur sind sie nicht mehr hilfreich bei der Beschreibung des aktuellen Stand des Wissens. Sehr wohl aber sind sie wichtig (wenn sie denn früher mal wichtig waren) für den Weg des Fortschritts.

Bei der Bedeutung der Straßenkämpfe und Saalschlachten gibt es erst einmal die reine Beschreibung der Szenen. Hier erwarte ich bei guten Beschreibungen keine Änderungen im Laufe der Zeit. Und dann gibt es Schlussfolgerungen, dies und jenes weil das und das. Und hier kann es sehr wohl Neubewertungen geben. Vielleicht wurden Ursache und Wirkung nicht richtig kombiniert? Vielleicht dachten vorher alle, dass Person x etwas aus gewissen Motiven heraus gemacht hat und durch neuere Erkenntnisse werden andere Gründe wahrscheinlicher.

Wenn Du gewisse Literatur trotz der Vorbehalte anderer empfehlen willst, dann ist das erst einmal kein Problem. Aber begründe es passend und nicht mit dem Bestand in Deiner Garage.
 
Zum Thema:
Was ist eigentlich an der Behauptung dran, die militanten Vertreter der Kommunisten und Nationalsozialisten hätten teilweise gemeinsame Sache gegen die SPD gemacht, um z.B. ihre Veranstaltungen zu sprengen ? Wird das übertrieben ?
Geschildert wurde es im durchaus lesenswerten Roman "Tagebuch der Hölle", aber wir haben es auch so im Geschichtsunterricht gehört.
 
Die Antwort hat zwei Ebnen.

Zum einen die ideologische Verwirrung der Komintern, aus deren Reihen die These vom "Sozialfaschismus" formuliert worden ist. Im Kern ging es dabei um den Machtkonflikt zwischen den gemäßigten Reform-Sozialisten und den deutlich radikaleren Vertretern des stalinistischen Sozialismus.

https://de.wikipedia.org/wiki/Sozialfaschismusthese#cite_ref-11

Zum anderen ist es sicherlich die Ebene der individuellen Disposition zur Gewalt. Auf der radikalen Linken, der KPD, versammelten sich ähnlich wie teilweise in der NSDAP die beruflich und sozial geringer integrierten.

Der Verweis auf den "autoritären Charakter" als sozialpsychologisches Modell zur Erklärung von Gewalt ist bereits erfolgt.

Daneben war die ideologische Radikalisierung ausgeprägter wie die reale politische Bildung. In diesem Sinne konnten oberflächliche Ähnlichkeiten zwischen den vulgären Interpretationen des Marxismus und des National-Sozialismus, auf der Linie eines Strassers, ähnliche Ziele erkennen lassen. Was real kompletter Blödsinn war, aber so nicht ausreichend differenziert in der täglichen ideologischen Diskussion wahrgenommen wurde.

Die Ideologie des linken Flügels der NSDAP wurde bereits im GF diskutiert.

Auch an diesem Punkt sind die Goebbels Tagebücher als Quelle zu empfehlen, um den Grad der ideologischen Naivität auch innerhalb der NSDAP zu erkennen.

Somit kann es durchaus lokal vorgekommen sein, das ad-hoc Situationen entstanden sind, bei denen die KP und die NSDAP in einer Frontstellung zur SPD standen. Dennoch gab es keinerlei systematische Absprachen, soweit mein Kenntnisstand.

Wen es interessiert, folgende Autoren sind im Moment für die systematische Erklärung von politischer Gewalt relevant.

Übersicht:
Opp, Karl-Dieter (2009): Theories of political protest and social movements. A multidisciplinary introduction, critique, and synthesis. London, New York: Routledge.

Eigenständige Ansätze:
Collins, Randall (2008): Violence. A micro-sociological theory. Princeton: Princeton University Press
Tilly, Charles (2003): The politics of collective violence. Cambridge, New York: Cambridge University Press
 
Zuletzt bearbeitet:
Hey Leute, da ich bald meinen Seminarkurs halte, wollte ich von euch noch einige Infos und eure Meinung dazu hören. War Gewalt ein Mittel der politische Auseinandersetzung während der Weimarer Republik? Also als die Kommunisten gegen den Staat protestieren und kämpften genauso wie dann später auch noch die Nationalsozialisten.

In diesem Zusammenhang dürfte Daniel Siemens Biographie des Berliner SA Führers Horst Wessel interessant sein.

Daniel Siemens " Horst Wessel-Tod und Verklärung eines Nationalsozialisten"

Horst Wessel war Mitglied des SA-Sturm 2 und baute den gefürchteten Sturm 5 auf, mit dem er durch die Straßen des Wedding zog, eine traditionelle KPD-Hochburg. Wessel stellte auch-mit Sondergenehmigung von Goebbels-eigens eine Schalmeienkapelle auf, eine besondere KPD-Tradition und lieferte sich zahlreiche Saalschlachten mit dem Rotfrontkämpferbund. Im Januar 1930 wurde Wessel, der sich gelegentlich auch als Zuhälter betätigt haben soll, erschossen. Die Tatumstände konnten nie ganz geklärt werde. Die KPD wies jede Beschuldigung der Beteiligung zurück und streute das Gerücht, Wessel sei von konkurrierenden Zuhälterbanden erschossen worden. Goebbels, Gauleiter von Berlin, stilisierte Horst Wessel ähnlich wie Herbert Norkus zum "Blutzeugen der Bewegung. Das von Wessel getextete Horst Wessel-Lied wurde zur inoffiziellen Nationalhymne, die bei allen passenden und unpassenden Gelegenheiten nach dem Deutschlandlied gespielt wurde.
 
Zurück
Oben