Gold- und Bernsteinfunde in Bernstorf, Bayern

Das mit „hätte, hätte, Fahrradkette“ empfand ich als Hohn, El Quijote, sowas gehört sich einfach nicht in einer ernsthaften Diskussion.

Zu dem Namen Bernstorf kann ich nichts anderes sagen, als dass es bessere Theorien gibt als die Benennung nach einer Person. Es gibt in Deutschland laut einem 8 Jahre alten ADAC Straßenatlas 28 Orte, die mit Berns- anfangen – von Bernsbach über z.B. Bernsdorf (8x), Bernstein (4x) bis Bernstorf, wobei das nicht „unser“ Bernstorf gemeint ist, weil wohl zu klein, sondern ein Ort zwischen Lübeck und Wismar. Um von anderen ähnlich klingenden Orten ganz zu schweigen. Wäre interessant zu erfahren, ob all die Ortsnamen auch auf Personennamen zurückzuführen sind.


Ältere Eisenzeit heißt in der fraglichen Region zwischen etwa 800 v. und 500 v. Christus. Bis zum Frühmittelalter wäre da eine Lücke von 1000 Jahren. So viel nur zum Thema Siedlungskontinuität.
Man muss das nicht so eng sehen. Es hat sich in der Umgebung über Jahrtausende immerhin eine Erzählung erhalten: „Es geht eine Sage, dass zwischen Tünzhausen, Bernstorf und Kranzberg eine versunkene Stadt liegt.“ Oder, wie wir jetzt wissen: Eine Siedlung, die niedergebrannt ist. Wenn es da keine Siedlungskontinuität gegeben hätte, hätte diese Sage nicht bis in unsere Zeit überleben können.


Es ist ja schon mal so, dass Handelswaren nach Ortsnamen benannt werden (Muskatnuss und Maskat) aber dass ein Ort nach einer Handelsware benannt wird, die ihn zufälligerweise mal - neben vielen anderen Handelswaren - erreicht hat, erscheint dir das wirklich plausibel?
In Bernstorf wurden bei späteren Grabungen weitere Bernsteine gefunden, allerdings alle unbearbeitet. Und unbearbeiteten Bernsteine deuten auf deren Transport, nicht auf Besitz von Schmuck innerhalb der Siedlung.

Anbei die von mir mit 2 blauen Punkten ergänzte Karte der „Bernsteinstrassen“. Diese Punkte würden die eine „Strasse“ wesentlich verkürzen: Sie könnte durch Bernstorf am Fluss Amper führen, denn Amper ? Wikipedia - Zitat: „Ammer und Amper wurden sehr wahrscheinlich schon seit vorgeschichtlicher Zeit von den am Flusslauf siedelnden keltischen Stämmen als Transportweg genutzt.“
 

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Zu dem Namen Bernstorf kann ich nichts anderes sagen, als dass es bessere Theorien gibt als die Benennung nach einer Person. Es gibt in Deutschland laut einem 8 Jahre alten ADAC Straßenatlas 28 Orte, die mit Berns- anfangen – von Bernsbach über z.B. Bernsdorf (8x), Bernstein (4x) bis Bernstorf, wobei das nicht „unser“ Bernstorf gemeint ist, weil wohl zu klein, sondern ein Ort zwischen Lübeck und Wismar. Um von anderen ähnlich klingenden Orten ganz zu schweigen. Wäre interessant zu erfahren, ob all die Ortsnamen auch auf Personennamen zurückzuführen sind.
Das ist schon mal die falsche herangehensweise, weil sie vom Istzustand der Namen ausgeht. Sofern wir historische Namensformen der Orte kennen, sollten wir von diesen ausgehen.
Die überwiegende Anzahl von Ortsnamen ist von Personennamen abzuleiten, deshalb ist die Annahme, dass ein Ortsname von einem Personennamen abzuleiten ist, zunächst einmal ganz vernünftig, da diese Ableitung die wahrscheinlichste Herkunft darstellt. Der Blick in die historischen Nennungen hilft dabei.
Ich muss ganz ehrlich sagen, ich hätte den Ortsnamen zunächst mal von Bernd abgeleitet. Bei einem *Berndsdorf wäre ein Verschleifen des /d/, zumal der Übergang -ns- nach /-nts-/ klingt, überhaupt nicht weiter augenfällig. Aber glücklicherweise hat sich schon jemand die historischen Ortsnamen angeschaut:

Im Zeitpunkt der Benennung von Bernstorf gab es den Begriff Bernstein in Bayern noch nicht, kann also nicht Namenspate gewesen sein.

Der Ortsname Bernstorf stammt von einem Personennamen.
Bernstorf
1039-47 Perandorf
1159-80 Hermut de Perindorf
1104-1122 Pernsdorf
Zu dem Personennamen Pero. Das -s, das die Mundart spricht und das auch im Schriftbild der heutigen Schreibung zum Ausdruck kommt, weist darauf hin, daß unser Perandorf auf ein älteres Peranhardsdorf zurückzuführen ist.
<P><LI> <A HREF= "thalhaus.htm"> Die Geschichte von Thalhausen</A><BR><BR>
Wobei ich der Schlussfolgerung nicht ganz folgen kann. Ich würde das -s für eine simple Fuge halten, wie in von Personennamen abgeleiteten Ortsnamen typisch.

Man muss das nicht so eng sehen.
Eng sehen muss man fast nichts. Aber eine Lücke von 1000 Jahren lässt sich damit nicht wegdiskutieren.

Es hat sich in der Umgebung über Jahrtausende immerhin eine Erzählung erhalten: „Es geht eine Sage, dass zwischen Tünzhausen, Bernstorf und Kranzberg eine versunkene Stadt liegt.“ Oder, wie wir jetzt wissen: Eine Siedlung, die niedergebrannt ist. Wenn es da keine Siedlungskontinuität gegeben hätte, hätte diese Sage nicht bis in unsere Zeit überleben können.
Ich hatte dich schon darauf hingewiesen, dass es für das Alter dieser Überlieferung (erstbeleg 1864) keinerlei Hinweise gibt. Es muss nur ein Bauer beim Pflügen regelmäßig auf Keramik gestoßen sein, ggf. sogar nur auf die der mittelalterlichen Wüstung.

In Bernstorf wurden bei späteren Grabungen weitere Bernsteine gefunden, allerdings alle unbearbeitet. Und unbearbeiteten Bernsteine deuten auf deren Transport, nicht auf Besitz von Schmuck innerhalb der Siedlung.
Unbearbeitete Bernsteine deuten zunächst einmal nur darauf, dass sie hierher verbracht wurden. Ob Bernstorf hier einen Umschlagplatz, eine Werkstatt oder einen Endabnehmer beherbergte, darüber verrät der Umstand zunächst einmal gar nichts. Und es erhöht auch nicht die Wahrscheinlichkeit, dass Bernstorf, in das vor 3500 Jahren Bernsteine verhandelt wurden, nach einem mittelhochdeutschen Begriff der ca. 2000 Jahre später verwendet wurde, benannt wurde. Auch nicht, dass der ursprüngliche Ortsname irgendetwas mit diesem hierherverhandelten Rohstoff oder Schmuck zu tun hatte.
 
Es gibt in Deutschland laut einem 8 Jahre alten ADAC Straßenatlas 28 Orte, die mit Berns- anfangen – von Bernsbach über z.B. Bernsdorf (8x), Bernstein (4x) bis Bernstorf, wobei das nicht „unser“ Bernstorf gemeint ist, weil wohl zu klein, sondern ein Ort zwischen Lübeck und Wismar. Um von anderen ähnlich klingenden Orten ganz zu schweigen. Wäre interessant zu erfahren, ob all die Ortsnamen auch auf Personennamen zurückzuführen sind.
Wenn Du Dir das Bernstorf in Mecklenburg-Vorpommern (bei dem die Wahrscheinlichkeit eines Bezugs zu Bernstein allemal größer wäre als bei einem Ort in Bayern) anschaust, so ergibt eine simple Wikipedia-Recherche, dass dort jahrhundertelang ein Adelsgeschlecht Bernstorff begütert war, dessen Stammsitz bei seiner ersten Erwähnung noch Bernardestorp hieß. Also wohl nichts mit Bernstein.

Ganz generell ist es immer ratsam, nachzuprüfen, wie ein Ort bei seiner ersten Erwähnung hieß, statt auf Grundlage der heutigen Namensform zu etymologisieren.
 
Hallo,

einige Bemerkungen zur Fälschungs-Diskussion – Bernstorf: Zu Bernstorf sind weitere „Problemfälle“ gekommen, u.a. die Sargwanne des Echnaton (!) sowie insbesondere auch die Sonnenscheibe von Moordorf – Hintergrund ist in allen Fällen das Urteil von E. Pernicka hinsichtlich zu hoher Goldreinheit…. Es gibt hierzu auch eine interessante Debatte im „Archäologie-Forum“ ( https://www.archaeologie-online.de/...schungsverdacht-in-bernstorf-die-fortsetzung/). Ich habe dort vor allem zur Moordorf-Sonnenscheibe einige Ausführungen gemacht. Die Fundumstände der Moordorfer Scheibe lassen den Fälschungsvorwurf m.E. geradezu absurd erscheinen! Das Argument, dass ja sowohl die Moordorf Scheibe, als auch die Sargwanne des Echnaton aus dem Kunsthandel stammen würde (wo es von Fälschungen wimmelt), ist ebenfalls fragwürdig, denn auch die Fundumstände und Wege der Nebra-Scheibe sind als Fundhintergrund nicht gerade als „koscher“ zu betrachten! - Wer Interesse hat, kann also auch dort nachlesen. Auch die in diesem Beitrag zitierte Webseite von Heribert Illig ist in diesem Zusammenhang sehr lesenswert…Interessant fand ich im hiesigen Forum die Hinweise zu den chemischen Veränderungen an Oberflächen von legiertem Gold in feuchten und humösen (biologisch aktiven) Böden. Damit ist m.E. die Mehrheit der Funde aus Nah-Ost, N-Afrika und Griechenland nur sehr schlecht vergleichbar mit Funden aus Gebieten nördlich der Alpen. Es stellt sich die Frage, ob die Laserablations-Methode (die ja eben nur Oberflächen misst) in diesem Kontext überhaupt sinnvolle Ergebnisse liefert, insbesondere, wenn man (ohne Berücksichtigung der geochemischen Rahmenbedingungen) an diesem einzigen Merkmal (Gold-Anteil der Oberfläche eines Objektes) derartig grundsätzliche Interpretationen ableitet. Hierzu wären nach meinem Dafürhalten aufwendige Vergleichsuntersuchungen dringend erforderlich.. Letztlich steht natürlich auch die Frage, mit welcher Sicherheit man eigentlich das 600 y.b.C. als angeblich ältestes Datum für die Verwendung der fraglichen Goldaufbereitungsmethode annehmen kann. - Wenn dieses Datum kippt, war alle Aufregung ohnehin umsonst !!


Aus meinem Text in „Archäologie-Online“ zitiere ich hier (nur als Ergänzung zur laufenden Diskussion) die Passage, die das so genannte „grinsende Gesicht“ im Bernstorfer Bernstein-Amulett betrifft. Jemand hatte im hier laufenden Forum zurecht angemahnt, doch mal genauer nachzusehen, ob (oder ob eben nicht) es möglicherweise eine ähnliche Formensprache auch in vergleichbaren (etwa zeitgleichen) Kulturen gibt…. Ich denke, man wird da (im Gegensatz zum Urteil von Herrn Winghart) recht schnell fündig!

Hierzu das Zitat aus meinem Beitrag in „Archäologie-Online – Archäologie-Forum“:
„H. Illig erwähnt in seinem Beitrag u.a., dass Herr Stefan Winghart(zum Zeitpunkt der Auffindung des Bernstorf-Goldes Hauptkonservator im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege) „…von Anfang an Zweifel an der Echtheit der Bernstorf –Funde gehabt habe. So gebe es (nach seiner Ansicht) aus der fraglichen Zeit kein vergleichbares Stück aus Rohbernstein, auch keine lachenden oder grinsenden Gesichter….“
Sorry, aber hier muss ich auch als Amateur widersprechen: Es gibt sehr wohl ganz ähnliche Darstellungen von „grinsenden Gesichtern“ und zwar im Fundinventar von Mykene – allerdings dort nur aus Keramik. Manche der recht populären Terracotta-Figurinen aus Mykene haben Gesichter, die fast an Karikaturen erinnern. –
Man findet dazu Bilder (von Objekten des Nationalmuseums Athen) sogar im Internet - Einige davon könnten dem möglichen Fälscher des Bersteingesichts sogar als Vorbild gedient haben (The World's Best Photos of figurine and mycenae - Flickr Hive Mind, Vgl. dazu insbesondere das Objekt auf dieser Website, das als laufende No.11 abgebildet ist - siehe beigefügte Abbildung).
Man sollte also schon bei den Tatsachen bleiben – die „grinsenden Gesichter“ sind eben (per se) kein schlüssiges Argument gegen den Bernstorfer Bernstein – ganz im Gegenteil! - Vielleicht erfährt man ja aber doch noch mal irgendwann, was Frau Verkooijen dazu herausgefunden hat. (B. Weber)..“

Das Gutachten zum Bernstorfer Bernstein von der Bernstein-Expertin (Frau Verkoojien aus UK) liegt seit einem Jahr unveröffentlicht in München. Das macht keinen so guten Eindruck. . Sollte der Bernstein also ‚falsch’ sein, sind auch die Zweifel am Goldfund berechtigt!

Fazit: Im Falle Bernstorf riecht es schon ein wenig nach Fälschung, aber eben nicht nur wegen der Goldqualität. Es scheint sich eine seltsame und logisch nur schwer erklärbare „Inflation“ von Goldfälschungen anzudeuten. – Eine kritische Neubewertung der verwendeten Methodik, vor allem was die möglichen Besonderheiten des jeweils untersuchten Probenmaterials betrifft sowie insbesondere auch eine kritische Sicht auf die gegenwärtig üblichen Interpretations-Ansätze scheint daher dringend erforderlich.

B. Weber
 

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In der Zeitschrift Archäologie in Deutschland 3/2016, S. 62 ff., geht Ernst Pernicka nochmals auf die Echtheit der Funde von Bernstorf ein, er diskutiert die Reinheit des gefunden Goldes, das Verhalten von Silber und Kupfer bei der Zementation, eine moderne Koniferennadel, die in der Sedimentummantelung eines Bernsteinsiegels gefunden wurde, ein Goldblech, das um ein verkohltes Stück Eichenholz gewickelt war und keine Erhitzungsspuren aufweist sowie das ungewöhnliche Verhalten der beteiligten Wissenschaftler. Der letzte Satz seines Fazits lautet: "Die an der Oberfläche aufgelesenen Gold- und Bernsteinfunde sollten wir kritisch aus dem Quellenbestand streichen."

Auch ein Artikel bei archaeologie-online vom 22.01.16 kritisiert die verzögerte Veröffentlichung der von Pernicka angeregten Schiedsanalyse der Bundesanstalt für Materialprüfung. Eine britische Expertin, die die Bernsteinfunde untersucht hat, kommentiert unter dem Artikel, dass sie aus "beruflicher Höflichkeit" ihre Ergebnisse derzeit nicht veröffentlicht.

Andererseits kann man in der Süddeutschen Zeitung vom 08.05.16 lesen: "Triumph für Manfred Moosauer. Echtheit der Bernstorf-Funde bewiesen. Damit steigt die Bedeutung des vom Haimhausener Hobbyarchäologen Manfred Moosauer gegründeten Bronzezeitmuseum in Kranzberg." Die Veröffentlichung der Schiedsanalyse soll kompakt im Gesamtzusammenhang im Herbst 2016 erfolgen.

Ein richtiger Wissenschaftskrimi, denn der Finder erhielt nicht nur einen erklecklichen Finderlohn [1], Moosauer (seines Zeichens treues CSU-Mitglied [2]) wurde auch mit der Bayerischen Verfassungsmedaille in Silber ausgezeichnet und erhielt vom damaligen Bundespräsidenten Wulff das Bundesverdienstkreuz, u.a. weil er "seit 1994 ... federführend an den Ausgrabungen auf dem Hochplateau von Bernstorf bei Kranzberg - dem "bayerischen Troja" - beteiligt" sei [3]. Zudem wurde auf Initiative Moosauers das Bronzezeit Bayern Museum eingerichtet.

Wir dürfen auf den Ausgang des Streits gespannt sein.


[1] Archologen-Streit um Bernstorfer Goldschatz - Mnchen - Sddeutsche.de
[2] Albert Füracker ehrt treue Mitglieder | Haimhausen
[3] www.bundespraesident.de: Der Bundespräsident / Reisen und Termine / Ordensverleihungen zum Tag der Deutschen Einheit
 
Wenn man nach Cui bono? fragt, dann spricht mehr für diejenigen, welche die Goldfunde für Fälschungen halten als für die, welche sie für echt halten. Denn niemand hätte etwas davon, die Goldfunde zu Fälschungen zu erklären, wenn sie keine wären. Gebhard und Krause hingegen müssten, wenn sie zugäben, dass es sich um Fälschungen handelt, zugeben, dass sie sich haben zum Narren halten lassen. Das ist für sich noch kein Beleg für ihre Fälschung, gibt aber eine bestimmte Richtung vor. Und bzgl. Gebhardt fand ich bei Eggert letzthin folgendes, anderer Fall, ähnliche Geschichte, es geht um äußere Quellenkritik in der Archäologie:

Ein besonders instruktives Bsp. bietet der [...] Bullenheimer Berg, in dessen Bereich mindestens 17 urnenfelderzeitliche Hortfunde zutage gekommen sind. Nur ein einziger wurde fachmännisch geborgen. [...]
Aus quellenkritischer Sicht liegt mit dem Hortensemble [...] geradezu ein Musterfall für den Stellenwert der Äußeren Quellenkritik vor. Aus den diffusen Angaben, die für die meisten der dort gefundenen Horte vorliegen, muss mit detektivischem Spürsinn ein Maximum gesicherter oder zumindest plausibler Informationen herausgefiltert werden. Dabei geht es um die Klärung [...] der jeweiligen Fundstellen und -umstände, die ür die Gesamtdeutung dieser ungewöhnlichen Hortkonzentration von zentraler Bedeutung sind. So hat man die Geschlossheit des Fundkomplexes mit den Goldobjekten aufgrund der heterogenen Zeitstellung der darin enthaltenen Gegenstände in Frage stellt. Für Rupert Gebhard spricht hingegen ein an sich unscheinbares Detail - Spuren von Bornzepatina auf der Schauseite eines der beiden Goldbleche - für die Geschlossenheit des Komplexes. Die Patinareste beweisen indes nur, dass das Blech mit Bronze in Kontakt gewesen sein muss, nicht aber, dass dass es sich dabei um eine der Bronzen dieses Fundensembles gehandelt hat. Auch die Feststellung, vom Bullenheimer Berg sei schon ein vergleichbarer Hort (Depot 5) bekannt, der in Typenzusammensetzung an den vorliegenden Fund erinnere und den beiden Goldblechen ähnliche Goldblechfragmente in Kreispunzenzier enthalten habe, erscheint im Gegensatz zu der Meinung Gebhards nur bedingt geeignet, die Zweifel an der Geschlossenheit des Ensembles zu entkräften. Angesichts der Tatsache, dass das Depot 5 selbst in seiner Zusammensetzung nicht über jeden Zweifel erhaben ist, vermag es bestenfalls ein recht schwaches Argument für die Geschlosseheit anderer fraglicher Komplexe zu liefern.
Inwieweit die Angaben zu den 16 unsachgemäß geborgenen Fundkomplexen des Bullenheimer Berges der Wahrheit entsprechen oder zumindest entsprechen könnten, muss durch eingehende Prüfung jedes einzelnen Falles geprüft werden.
Zur Einordnung des Zitats: Es stammt aus Manfred K.H. Eggert, Prähistorische Archäologie. Konzepte und Methoden. Tübingen/Basel 2001, überarbeitete 4. Auflage 2012. Auszug S. 109 - 111. Das ist wahrscheinlich das Standardwerk für die Einführung in die Ur- und Frühgeschichte an deutschen Universitäten.
 
Ich kann mir vorstellen, dass es für die für Bernstorf verantwortlichen Archäologen schwierig wäre, nach der investierten Forschungsarbeit und den investierten Geldern zuzugeben, dass man einer Fälschung aufgesessen sein könnte. Die Untersuchung des Goldes durch die Bundesanstalt für Materialforschung und -prüfung scheint jedenfalls die Ergebnisse Ernst Pernickas zu bestätigen, der das Gold für modern hält [1].

Andererseits kann man auf der Seite der Uni Frankfurt zur Buchveröffentlichung lesen: "Mit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) entstandene Publikation weist Fälschungsvorwurfe überzeugend zurück: Die Goldbleche von Bernstorf, um die seit Jahren eine intensive wissenschaftliche Auseinandersetzung geführt wird, stammen mit hoher Wahrscheinlichkeit aus der Bronzezeit und sind damit keine Fälschungen." [2]

Rupert Gebhard hat einen Ausschnitt aus dem Buch bei academia.edu hochgeladen [3]. Und in der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift Archäologie in Deutschland nehmen Gebhard und Krause Stellung zum letztjährigen Artikel Pernickas [4].

Es bilde sich jeder seine eigene Meinung. Das letzte Wort in der Kontroverse ist sicherlich noch nicht gesprochen.

[1] Synchrotron Radiation?Induced X-Ray Fluorescence (SRXRF) Analyses Of The Bernstorf Gold - Radtke - 2016 - Archaeometry - Wiley Online Library
[2] 3400 Jahre altes Gold von Bernstorf keine Fälschung – Aktuelles aus der Goethe-Universität Frankfurt
[3] https://www.academia.edu/30830554/R._Gebhard_R._Krause_Bernstorf_-_Arch%C3%A4ologisch-naturwissenschaftliche_Analysen_der_Gold-_und_Bernsteinfunde_vom_Bernstorfer_Berg_bei_Kranzberg_Oberbayern
[4] https://www.aid-magazin.de/zeitschr...brennpunkt/brennpunkt-goldfund-bernstorf.html
 
Ich wollte eigentlich mit meinem Beitrag letzte Tage etwas weniger hart schließen. Also genauso, wie Cui bono? nur ein Indiz ist, wer vermutlich recht hat, so ist auch der bei Eggert aufgeführte Fall natürlich nur ein Indiz für einen gewissen Positivismus bei Gebhard.
 
Ich wollte eigentlich mit meinem Beitrag letzte Tage etwas weniger hart schließen. Also genauso, wie Cui bono? nur ein Indiz ist, wer vermutlich recht hat, so ist auch der bei Eggert aufgeführte Fall natürlich nur ein Indiz für einen gewissen Positivismus bei Gebhard.

Ich finde, es ist ein wichtiger und interessanter Beitrag zur Diskussion.
 
In der aktuellen AiD werden in einem Artikel von die Funde von Bernsdorf ausführlich abgehandelt,nachdem Prof. Pernicka vom Curt-Engelhorn-Zentrum erhebliche Zweifel an der Echtheit angemeldet hatte. In dem Artikel setzen sich Prof Krause von der Uni Frankfurt und Prof Gebhardt von der Archäolog.Staatssammlung München kritisch mit den Thesen Pernickas auseinander . Im wesentlichen geht der Vorwurf an Pernicka ,nur für seine Thesen günstige Messergebnisse herangezogen ,ungünstige Ergebnisse aber ausgrblendet zu haben. Diese selektive Auswahl soll insbesondere die Zementationsversuche von Wunderlich betreffen ,von denen Pernicka nur einen,für seine These günstigen herangezogen habe,
Letztendlich kommen Gebhardt und Krause zu dem Schluss,dass die Bernsdorfer Funde ins 14 Jahrhundert v.Chr. zu datieren sind,
 
Auf den Artikel hatte Heine ja bereits vor einigen Wochen hingewiesen. Ich hatte bereits damals geschrieben:

Gebhard und Krause hingegen müssten, wenn sie zugäben, dass es sich um Fälschungen handelt, zugeben, dass sie sich haben zum Narren halten lassen.

Das Problem ist einfach: Es dürfte schwierig sein, Archäologen und Archäometer zu finden, die beim jetzigen Stand der Diskussion noch unvoreingenommen bewerten könnten (wobei Voreingenommenheit nicht gleichbedeutend mit falsch einordnend und schon gar nicht mit absichtlich falsch einordnend gleichzusetzen ist); Krause und Gebhardt aber könnten das am allerwenigsten. Eben weil sie beide diejenigen sind, deren wissenschaftliches Renommee durch die Bestimmung der Gold- und Bernsteinfunde in Bernstorf als Fälschungen Schaden nehmen würde.

Eine vernünftige Herangehensweise wäre es, sie würden sich mit ihren Gegnern zusammensetzen und gemeinsam mit diesen Archäometer und Archäologen mit Bronzezeitschwerpunkt bestimmten, welche unabhängig von persönl. Bindungen ene Neubewertung der Fund vornähmen.

Solange so etwas nicht passiert, bleibt für mich dies maßgeblich:

Wenn man nach Cui bono? fragt, dann spricht mehr für diejenigen, welche die Goldfunde für Fälschungen halten als für die, welche sie für echt halten. Denn niemand hätte etwas davon, die Goldfunde zu Fälschungen zu erklären, wenn sie keine wären.
 
Das Problem ist, dass die Befürworter der Echtheit der Funde, selbst wenn sie wollten, gar nicht zugeben könnten, dass sie sich geirrt haben, weil sie viel zu viel zu verlieren haben. Daher werden sie bis zum Schluss nach jedem Strohhalm greifen, der für die Echtheit zu sprechen scheint. Pernickas Ergebnisse, die von den Echtheitsbefürwortern relativiert worden waren, wurden hingegen nunmehr von der Bundesanstalt für Materialforschung bestätigt. In Anbetracht dessen wirkt der aktuelle AiD-Artikel der Beiden auch etwas halbherzig auf mich.
 
Vortrag von Prof. Krause in Kranzberg

Als unmittelbar vor Ort lebender und natur- und geowissenschaftlich ausgebildeter Zeitgenosse habe ich die Diskussion um die Bernstorfer Funde in den vergangenen Jahren mit Interesse verfolgt. Daher habe ich auch die Möglichkeit wahrgenommen, am Vortrag von Prof. Krause "über die Gold- und Bernsteinfunde aus der bronzezeitlichen Befestigung auf dem Bernstorfer Berg – Ergebnisse der neuen archäologischen und naturwissenschaftlichen Untersuchungen" (siehe Gemeinde Kranzberg :: Home ) am vergangenen Donnerstag in Kranzberg teilzunehmen. Herr Prof. Gebhard war an dem Abend verhindert.

Mich hat vor allem interessiert, welche neuen Informationen mir dieser Vortrag eröffnet. Das ist zunächst die Aussage, dass die durch das Bundesamt für Materialforschung bestätigte Feingoldqualität der Funde (einschließlich des geringen Kupfergehaltes) durchaus mit den bronzezeitlichen Zementationsverfahren erzielbar ist und die Feingoldqualität somit nicht zur Falsifikation der Echtheit der Funde herangezogen werden kann. Ferner gehen Prof. Gebhard und Prof. Krause davon aus, dass die Sedimentummantelungen der Funde erst durch pedologische Prozesse vor Ort entstanden und die "moderne" Ummantelung einen Fälschungsverdacht daher nicht untermauert. Hinsichtlich der meines Wissens nach bislang unpublizierten Untersuchung der Bernsteinfunde durch K. Verkooijen hörten die Anwesenden, dass diese in den Ritzungen frisches Bernsteinmehl dokumentierte und die Funde für Fälschungen hält, ein Münchner Geologe die Spuren aber zweifelsfrei als Sedimentreste identifiziert hat. Frau Verkooijens Ergebnisse sollen in Halle publiziert werden.

Neu und unangenehm war mir, mitzuerleben, wie Prof. Pernicka/Dr. Verkooijen und deren Ergebnisse herabqualifiziert wurden, was ich in dem Umfang aus der wissenschaftlichen Diskussion noch nicht kannte. Ergebnisse der Echtheitsskeptiker mit dem Etikett "postfaktisch" zu versehen halte ich persönlich für einen eher fragwürdigen Stil. Ich denke, die Botschaft ist aber bei vielen der ca. 100 Teilnehmer einschließlich Pressevertreter angekommen und viele gingen vermutlich in dem Glauben heim, dass die Fälschungsvorwürfe nun endgültig widerlegt und vom Tisch sind, was nicht zuletzt die kommunalen Funktionsträger in Kranzberg beruhigen mag. Somit gilt wohl weiterhin: Angriff mit allen verfügbaren Mitteln ist immer noch die beste Verteidigung.
Ich bin gespannt, wie sich die weitere Diskussion um die Funde entwickeln wird.
 
Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, München, hat im Bernstorf-Katalog Stellung zu den Fundumständen genommen. Die Zitate sind aus der Zusammenfassung. Den vollständigen Artikel von Claudia Rohde et al. kann man hier nachlesen: Claudia Rohde unter Mitarbeit von C. Sebastian Sommer, Jochen Haberstroh, Martin Pietsch, Stefan Winghart und Peter Freiberger, Funde und Finder. Zur Auffindungsgeschichte der Gold- und Bernsteinartefakte im Bereich der bronzezeitlichen Befestigung
Die Authentizität der Stücke gilt der Bernstorfer Forschungsgruppe um Rupert Gebhard und Rüdiger Krause dabei umso mehr als gesichert, „als [...] Teile des Goldfundes bei einer Nachuntersuchung durch die Archäologische Staatssammlung geborgen wurden und die verzierten sowie einige der mehr als zehn unverzierten Bernsteine während der Grabungen des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege [...] im Jahre 2000 zu Tage kamen“. Daraus entstand vielfach die Annahme, dass die Auffindung, Bergung und Dokumentation der Bernsteinfunde zu großen Teilen aus gesicherten Schichtzusammenhängen im Zuge von Ausgrabungen des BLfD durch seine Mitarbeiter erfolgte. Diese Darstellung, so oder in abgewandelter Form in verschiedenen wissenschaftlichen Publikationen nachzulesen, muss aus Sicht des BLfD korrigiert werden. Die zwei unverzierten Bernsteine, die im Jahr 2000 gefunden wurden sowie die drei Funde von 2001 sind Lesefunde von Moosauer und/oder Bachmaier. Einen Bernstein fand ein Grabungsarbeiter des BLfD 2002 beim Durchsuchen eines Schubkarrens, als der Wallkörper der durch ein Schadensfeuer zerstörten Holz-Erde-Befestigung abgebaut wurde (s. o.). Über den gesamten Untersuchungszeitraum hinweg, d. h. zwischen 1998 und 2007, konnte lediglich im Jahr 2005 ein Rohbernstein stratigraphisch zugeordnet werden − nämlich der obersten Schicht 4. Die Entdeckung erfolgte durch einen freiwilligen Helfer auf Hinweis von Moosauer.
Zu den Goldfunden ist zu lesen: „[...] die Mehrzahl der Fundstücke [aus Gold, C.R] [konnten] durch Mitarbeiter der Prähistorischen Staatssammlung, des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpflege und freiwillige Helfer fachgerecht geborgen werden [...]." Dass das Landesamt an der Mehrzahl der Funde beteiligt war, trifft nicht zu. Lediglich an einem Tag der Entdeckungen der Goldfunde war ein Mitarbeiter des BLfD zugegen, jedoch nicht an der Auffindung beteiligt. Eines der Goldbleche konnte dabei nach zweistündiger, erfolgloser Suche erst nach dem Hinweis einer Bekannten von Moosauer im Bereich der verlagerten Baumstümpfe gefunden werden. Keiner der Goldfunde wurde in situ geborgen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege, München, hat im Bernstorf-Katalog Stellung zu den Fundumständen genommen. Die Zitate sind aus der Zusammenfassung.

Die Entdeckung erfolgte durch einen freiwilligen Helfer auf Hinweis von Moosauer.
Eines der Goldbleche konnte dabei nach zweistündiger, erfolgloser Suche erst nach dem Hinweis einer Bekannten von Moosauer im Bereich der verlagerten Baumstümpfe gefunden werden.
Das klingt zumindest etwas dubios. Klar, ein geübter Sondengänger kann natürlich einen Metallfund anhand der Metallsonde vorbestimmen (ob das bei Gold geht, weiß ich nicht), aber Bernstein "voraussagen", das müssen schon übersinnliche Fähigkeiten sein...
 
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