Schlieffen-Plan und Marneschlacht

Bei dieser Diskussion ist mir unklar, wie sich die Finanzierung der beiden Teilstreitkräfte gestaltete.

Die Kaiserliche Marine war Sache des Reichstages.

Dagegen war die Armee meines Wissens immer noch Sache der Bundesstaaten. Wurden zum Beispiel die Bayerischen Truppen aus dem Haushalt des Reiches finanziert? Oder war das eine Sache der jeweiligen Bundesstaaten?
 
Bei dieser Diskussion ist mir unklar, wie sich die Finanzierung der beiden Teilstreitkräfte gestaltete.

Die Kaiserliche Marine war Sache des Reichstages.

Dagegen war die Armee meines Wissens immer noch Sache der Bundesstaaten. Wurden zum Beispiel die Bayerischen Truppen aus dem Haushalt des Reiches finanziert? Oder war das eine Sache der jeweiligen Bundesstaaten?
Nein, das Heer unterstand wie die Marine dem Kaiser und die Bewilligung der Finanzierung erfolgte durch den Reichstag.
Was Du wahrscheinlich meinst sind die ausgehandelten Reservatrechte einzelner Staaten. Die bayrischen, württembergischen und sächsischen Truppenteile standen im Frieden unter dem Kommando ihrer Herrscher.

Die einzelnen Bundesstaaten hatten aber auch eigene Etats, die rechtliche Verbindung zum Bewilligungsrecht des Reichstages muss ich noch nachlesen.
 
Danke für die Erläuterung. Ich dachte immer - den vielen Kriegerdenkmälern in der bayerischer Pfalz geschuldet - , dass diese Soldaten auch in Kriegszeiten dem bayerischen König unterstanden und daher auch aus bayerischen Mitteln finanziert wurden.

Dann ergibt es logischerweise einen direkten Zusammenhang bei einer möglichen Mittelkürzung bei der kaiserlichen Marine und entsprechender Erhöhung des Etats des Heeres, da beide vom Reich finanziert worden sind. Und dann wäre auch eine Verschiebung von Personal möglich gewesen.

Wieder was gelernt
 
Nein, das Heer unterstand wie die Marine dem Kaiser und die Bewilligung der Finanzierung erfolgte durch den Reichstag.
Was Du wahrscheinlich meinst sind die ausgehandelten Reservatrechte einzelner Staaten. Die bayrischen, württembergischen und sächsischen Truppenteile standen im Frieden unter dem Kommando ihrer Herrscher.

Die einzelnen Bundesstaaten hatten aber auch eigene Etats, die rechtliche Verbindung zum Bewilligungsrecht des Reichstages muss ich noch nachlesen.
Wenn man sich den Etat für 1872f anschaut, dann sieht man, dass Reichsgeld den Einzelstaaten zugewiesen wird. Die Einzelstaaten regeln also das Tagesgeschäft des Heeres gemäß den getroffenen Abmachungen und bekommen dafür Geld (Bayern) oder Rabatte auf die sonst zu zahlenden Summen.
 
Ich bin durch einen Zeitungsartikel mal wieder auf die Marneschlacht gekommen und auf die Begrenzung der Kampfkraft der 1. Armee durch Marsch, Abnutzung und mangelnde Nachschubkapazitäten. Dabei sind mir folgende Fragen in den Kopf gekommen:

Zur Marneschlacht selbst:
  • Wie viel hätten die beiden nach Osten verlegten Korps ausrichten können? Die erste Armee hatte ja zum Vergleich Anfang September noch die Kampfkraft von 2 1/2 vollständigen Korps (siehe Zahlen weiter oben im Strang - fünf Korps mit je etwa halbem Personalbestand).
  • Hätten die zum Transport der beiden Korps nach Osten eingesetzten Mittel sinnvoll die erste Armee unterstützen können?
  • Welche Kampfkraft in Relation zu den bestehenden Armeen muss der neugebildeten 6. Armee zugemessen werden?

Und zum Aufmarschplan:
In den Grenzschlachten haben sich die deutschen Trupen als zu stark erwiesen. Angriffe der Franzosen wurden so leicht zurück geschlagen, dass sogar entgegen des ursprünglichen Plans Angriffe nach Frankreich hinein erfolgten.
  • Woran lag das?
  • Hätten die Nachschubmöglichkeiten dieser Armeen in Belgien sinnvoll helfen können?
  • Wie viele Truppen hätten südlich von Verdun gebunden werden müssen um an der Marne einen Unterschied zu machen?
  • Entsprachen die französischen Festungen gegenüber des Elsass den Einschätzungen vor dem Krieg?
  • Welche deutschen Kräfte hätte eine defensive Haltung im Westen (also ohne Durchmarsch durch Belgien) gebunden?
 
Und zum Aufmarschplan:
In den Grenzschlachten haben sich die deutschen Trupen als zu stark erwiesen. Angriffe der Franzosen wurden so leicht zurück geschlagen, dass sogar entgegen des ursprünglichen Plans Angriffe nach Frankreich hinein erfolgten.

Im Rahmen des Diskussion zu den Grenzschlachten hatte ich auf einen Beitrag in einem Reader zum Schlieffenplan auf eine Vermutung hingewiesen.

Es gibt wohl Hinweise, dass Moltke eine flexiblere Kriegsführung im Auge hatte wie noch bei Schlieffen angedacht. Moltke ist abgewichen, weil er auch in der Lage hätte sein wollen, operativ nicht im Norden, sondern auch in der Mitte die Entscheidung zu suchen. Sofern sich die Lage operativ so entwickelt hätte.

Für meine Begriffe eine durchaus sinnvolle Lösung, die die Optionen im Westen erweitert hatte.

Bei Bedarf suche ich gerne den Beitrag bzw. den Reader heraus.
 
Zuletzt bearbeitet:
Das wäre interessant, wobei sich dann die Frage nach der realen Stärke der Franzosen in den ersten Wochen gegenüber des Elsass erst recht ergibt.
Aus Berichten wie von Rommel ist klar, dass die Stellungen ab 1915 nicht mehr erschüttert werden konnten. Dafür war die Kombination von Festungen und besetzten Schützengräben zu stark. Aber im August 1914 war Frankreich noch nicht so mobilisiert und eine Entscheidung wäre wenn nur dann so früh im Krieg in der Mitte möglich gewesen.
 
Das Thema wurde u.a. im "Kult der Offensive" diskutiert (vfl. Link #179)

Der entsprechende Reader, in dem Storz (besonders S. 169) seine Überlegungen ausbreitet, ist wirklich lesenswert, sofern man sich für den Schlieffenplan interessiert.

"Es scheint, dass Moltke, im Gegensatz zu de Vorstellung, die sich über den mystifizierten Idealplan seines Vorgängers gebildet hat, nicht entschlossen war, unter allen Umständen ein Normalprogramm durchzuführen. Er war offen für verschiedene Varianten einer Westoffensive." (ebd. S. 170)

http://www.geschichtsforum.de/f62/der-kult-der-offensive-48746/

In Bezug auf die fränzösische Sicht nochmal eine Literaturempfehlung, die ursprünglich von Silesia stammte, zu Bourachot und "Marshall Joffre

https://books.google.de/books?id=SjcRBQAAQBAJ&printsec=frontcover&dq=bourachot+marshall+joffre&hl=de&sa=X&redir_esc=y#v=onepage&q=bourachot%20marshall%20joffre&f=false
 
Ich habe den Strang nochmal durchgelesen, aber leider werden meine Fragen dadurch nicht beantwortet. Der Fokus liegt auf etwas anderen Themen.

Es wurde in den vier Jahren Krieg nur an wenigen Stellen ein normaler Bewegungskrieg (mit und ohne Anlehnung an Festungen) geführt. Nach Mobilisierung alle Truppen und im Stellungskrieg wurde der Vorteil der Verteidigung erst nach und nach von allen Beteiligten begriffen. Im August und September 1914 waren aber Variationen möglich. Ich begreife hierbei Schlieffenplan, die Politik und auch den Aufmarsch als Konstante. Diese Punkte sind allesamt vor den ersten Erkenntnissen im Kampf festgelegt worden. aber die Grenzschlachten, die Nachrichten aus Ostpreußen und der unerwartet große Widerstand in Belgien hätten aus der Ist-Situation etwas anderes machen können. Mich interessiert warum dies nicht geschehen ist.

Die Marneschlacht selbst ist gut dokumentiert und mir hinreichend bekannt. Aber es gab mehr als nur die Armeen 1-5 und den unerwartet großen Abstand von den letzten Eisenbahnentlademöglichkeiten.
 
In der aktuellen MGZ ist eine weitere umfangreiche Forschungsstudie zu den Schlieffenplänen 1905/12 mit umfassender Quellendarstellung erschienen.

Jürgen Huck, Gegen Frankreich. Untersuchung zu Schlieffens Planung von Westfeldzügen 1905 und 1912.
MGZ 2/2017
 
Mich würden mal folgende Punkte interessieren:

Warum genau hat sich Kluck denn entschlossen, die Franzosen östlich an Paris vorbei weiter zu verfolgen? Hat er geglaubt, dass in seiner Flanke kein Franzose auftauchen kann und war davon überzeugt, die vor ihm weglaufenden Franzosen fangen und den Krieg damit gewinnen zu können?

Wusste man GAR NICHTS davon, dass die Franzosen hinter Paris die neue 6. Armee aufstellen? Gab es über diesen neuen Verband gar keine Aufklärung / Informationen?
 
Mich würden mal folgende Punkte interessieren:

Warum genau hat sich Kluck denn entschlossen, die Franzosen östlich an Paris vorbei weiter zu verfolgen? Hat er geglaubt, dass in seiner Flanke kein Franzose auftauchen kann und war davon überzeugt, die vor ihm weglaufenden Franzosen fangen und den Krieg damit gewinnen zu können?

Wusste man GAR NICHTS davon, dass die Franzosen hinter Paris die neue 6. Armee aufstellen? Gab es über diesen neuen Verband gar keine Aufklärung / Informationen?

Die nummerische Anzahl der vorhandenen Truppen, reichte für eine Westumfassung von Paris oder die Einnahme der Stadt, parallel zur angestrebten Umfassung der französischen Armee schlicht nicht hin.

Näheres ist hier bereits ab S. 4 folgend recht ausführlich diskutiert worden.

Grundsätzliche Informationen über die Verlegung/Neuformierung von Truppen bei Paris gab es durchaus, aber keine Möglichkeit das aktiv zu verhindern.

Demgegenüber ist allerdings in Rechnung zu stellen, dass die Neuformierung der 6. französischen Armee bei Paris für den Ausgang der Westkampagne nur dann entscheidende Bedeutung haben konnte, wenn die sich zurückziehende, hinhaltend kämpfenden 5. französische Armee und die BEF ihre Position stabilisieren konnten.

Wäre demgegenüber gegen diese beiden Verbände ein weiterer schwerer Schlag gelungen, bevor die 6. Armee in die Lage gekommen wäre effektiv in die Kämpfe einzugreifen, hätte das die Bedeutung des Faktums der französischen 6. an der westlichen Flanke, für den weiteren Verlauf drastisch senken können.

Hätte Kluck die Verfolgung der 5. französischen Armee eingestellt um sich mit den ihm unterstellten Kräften dem Flankenschutz zu widtmen, freilich ohne selbst in die Offensive gehen oder in der Kürze der Zeit Paris einnehmen zu können, hätte das den Druck auf die französische 5. Armee und die BEF reduziert, somit deren Chancen ihre eigenen Positionen zu stabilisieren und damit die Möglichkeit der Verschiebung weiterer französischer Kontingente aus dem Westen südlich an ihnen vorbei abzuziehen und an anderer Stelle einzusetzen um die Wucht des Angriffs abzufangen, erhöht.
 
Ok, verstehe. Das heißt, Kluck wusste womöglich, dass die 6. Armee aus dem Boden gestampft wird und hat alles auf eine Karte gesetzt und wollte die 5. Armee einholen und vernichten, bevor die gegnerische Übermacht zu groß geworden ist ?

Also so ähnlich wie der Schlieffenplan: zu erst einen besiegen und dann schnell den anderen hinterher, statt gegen 5. und 6. Armee gleichzeitig kämpfen zu müssen?

Aber der Befehl der OHL sieht dann doch eher vor, dass er hätte stehen bleiben sollen und halten und nun der Durchbruch von der 3. Armee im Zentrum erzielt werden sollte, weil es die Kräfteverhältnisse nicht mehr anders zuließen ?
 
Herwig, The Marne 1914:

"The OHL conceded that Joffre had taken numerous formations out of his right wing at Toul-Belfort and shifted them to his left wing around Paris; that he had simultaneously removed units from in front of German Third, Fourth, and Fifth armies with similar intent; and that he most likely was standing up new formations on his left wing. The original design to “push the entire French army against the Swiss frontier,” Moltke laconically wrote, “was no longer possible.” The German right wing was now threatened as it hung in the air at Meaux. Worse still, there were agent reports of major French troop concentrations at Lille, of British landings at Ostend and Antwerp, and of eighty thousand Russians having been brought from Archangel to Britain for future deployment in France."

Die OHL berücksichtigte [bei Ihrer nachfolgenden Anweisung an die Armeen], dass Joffre zahlreiche Formationen aus seinem rechten Flügel in Toul-Belfort herausgenommen und in seinen linken Flügel um Paris verlegt hatte; dass er gleichzeitig Einheiten vor der dritten, vierten und fünften deutschen Armee mit ähnlichen Absichten abgezogen hatte; und dass er höchstwahrscheinlich neue Formationen an seinem linken Flügel aufgestellt hatte. Der ursprüngliche Plan, "die gesamte französische Armee gegen die Schweizer Grenze zu drängen", schrieb Moltke lakonisch, "war nicht mehr möglich". Der deutsche rechte Flügel war nun insofern bedroht, als er bei Meaux in der Luft hing. Schlimmer noch, es gab Agentenberichte über größere französische Truppenkonzentrationen in Lille, über britische Landungen in Ostende und Antwerpen und über achtzigtausend Russen, die von Archangel nach Großbritannien gebracht worden waren, um dort künftig in Frankreich eingesetzt zu werden.
 
Ist es so einfach? Numerische Unterlegenheit und Gefahr der Ueberfluegelung?

Die Franzosen hatten ja nun auch ihre Sorgen in der Mitte - die 9.Armee z.B. hatte grøsste Schwierigkeiten, ihre Front zu halten.
Ein Durchbruch der Deutschen dort hætte doch die Ereignisse bei der 1./2. dt. Armee vermutlich unbedeutend gemacht.

Aber der wirkliche Fehler liegt ja wohl weiter zurueck. Die frz. 6.Armee gab es ein paar Wochen vorher noch gar nicht - warum hat man also nicht Paris umgangen und/oder besetzt, wie urspruenglich geplant und stattdessen østlich von Paris eingeschwenkt?
Hier ist m.E. der Knackpunkt zu suchen.

Gruss, muheijo


Ich weiß jetzt nicht, ob das in diesen langen Thread schon erwähnt worden ist.

Ein Fehler war m.E. nach, das auf dem deutschen rechten Flügel, dort wo die Entscheidung herbei geführt werden sollte, keine Telefonverbindung bestand. Die OHL hatte nur zur 4.Armee eine Telefonverbindung und die 4.Armee eine zur 3.Armee. Das hieß also, das Nachrichten zeitraubend persönlich überbracht werden mussten. Das war in dieser entscheidenen Phase ein Ding der Unmöglichkeit.
 
Vielleicht passt die Frage hier (lese derzeit den Herwig):
Der Schlieffen-Moltke Plan endet in allen Publikationen, die ich bisher darüber gelesen habe damit, dass der rechte Flügel in kräftigem Schwung die französischen Armeen gegen die Schweizer Grenze drücken würde.

Was genau stellte man sich deutscherseits vor, was dann passieren würde?

Wurde diese Grenze für die französischen Truppenteile als hinreichend unpassierbar angesehen? So, dass die Franzosen gar nicht erst versucht wären, diese ggf. überschreiten zu wollen? (Direkt, nachdem man selbst zuvor fröhlich pfeifend die neutralen Länder Luxemburg, Belgien (und beinahe noch die Niederlande) durchquert hatte.)

Oder dass die Franzosen dann nur die Wahl hatten, kämpfend unterzugehen, zu kapitulieren, oder die Grenze zu übertreten und sich internieren zu lassen? Dass die Schweizer die französischen Streitkräfte internieren könnten und würden? Und die hunderttausenden von französischen Soldaten in mehr oder weniger intakten Truppenkörpern sich so mir nichts, Dir nichts von deutlich weniger Schweizern würden internieren lassen?
Was dachte man überhaupt, ob und wie die Schweizer ihre Grenzen zu Frankreich gesichert hatten und nun tatsächlich sichern würden?

(Und vielleicht als Ergänzungsfrage: Verhielt man sich in den Schweizer Planungen irgendwie zu einem solchen Szenario?)

Mir scheint dieses gewünschte Ergebnis der deutschen Kriegsplanung etwas unfertig formuliert, im Sinne von "und dann geschieht ein Wunder und der Krieg ist gewonnen". War's das? Oder gab es eine Anschlussplanung deutscherseits?
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist oben z.B. in #51,59, 75 etc. angerissen. „Ab Paris“ (westlich oder östlich bei Schlieffen) blieb in den Studien offen, ist nicht kalkuliert worden.
 
Mir scheint dieses gewünschte Ergebnis der deutschen Kriegsplanung etwas unfertig formuliert, im Sinne von "und dann geschieht ein Wunder und der Krieg ist gewonnen". War's das? Oder gab es eine Anschlussplanung deutscherseits?

Naja, in Anbetracht dessen, dass Frankreich bei Gelingen der Löwenanteil der Kohleförderung und Stahlproduktion abhanden kommen musste, wäre der Plan wahrscheinlich geeignet gewesen der französischen Kriegswirtschaft das Rückgrat zu brechen und die französische Armee einfach "leerlaufen" zu lassen.

Möglicherweise hätten die Franzosen einige intakte Truppenteile über die Schweiz retten können, allerdings fraglich, inwiefern die Infrastruktur dort auch die Evakuierung des Artillerieparks und der Depots zugelassen hätte.

Ich halte die grundsätzliche Möglichkeit Frankreich nach Vorstellungen dieses Plans zu schlagen für durchaus gegeben, aber den angesetzten Zeitrahmen für absolut utopisch, womit das eigentlich kein Szenario für einen 2-Fronten-Krieg war.
Jedenfalls nicht, so lange Truppen fehlten, um parallel im Osten Druck auf die russische Nordflanke auszuüben um die eigenen Ostgebiete zu schützen und die Österreicher zu entlasten.
 
Entscheidend für das Gelingen der deutschen Offensive im Westen waren nach den Vorstellungen Schlieffens und seinem Nachfolger Moltke, die 1. und die 2. Armee, also der äußerste rechte Flügel. „Macht mir den rechten Flügel stark“, so wurden bekanntermaßen die letzten Worte Schlieffens kolportiert. Man darf getrost daran zweifeln, dass eine weitere Verstärkung der beiden genannten Armeen in Anbetracht des Operationsgeländes, seine taktischen und operativen Entfaltungsmöglichkeiten, der logistischen Probleme etc. etc. größere Durchschlagskraft versprochen hätte.

Es war bekanntermaßen die Aufgabe der beiden Flügelarmeen im engem Schulterschluss die große Schwenkung aus der Eifel und den Ardennen heraus über Lüttich, Brüssel und Lille in die Wege zu leiten mit dem Ziel einer an der raschen Umfassung der Masse des französischen Feldheeres noch bevor dieses sich mit den britischen Expeditionskorps zusammenschließen konnte.

Die 3. und 4.Armee sollten den Schwenk mitmachen. Dadurch entstand aber keine Umfassung, sondern wohl eher eine Art von Frontverschiebung von Nord Süd also der Ausgangslage in Richtung West Ost und in der rechten Flanke blieb aber eben Paris, was damals eine riesige Festung gewesen war.

Man kann also durchaus sagen, dass die rechte Flanke in der Luft hing. Moltke machte sich auch dahingehend Sorgen, dass ein französischer Vorstoß genau in diese Flanke erfolgen könnte, denn dort, nämlich zwischen der 1. Und 2. Armee, konnte die deutsche Front aufgerissen werden;. Wie wir wissen, waren Moltkes Sorgen nicht gerade unberechtigt.

Ob der Schulterschluss nicht allein zwischen diesen , also der 1. und 2.Armee, sondern den südlich beziehungsweise dann östlich von diesen gestaffelten Armeen also der 3., 4. und 5.Armee schnell wieder hergestellt werden konnte war nicht nur ein taktisch- operatives, sondern auch ein kommunikationstechnisches Problem erster Güteklasse.

Am 05.September hatten die 1. bis 3.Armee die Marne überschritten, die 4. Und 5. Armee waren bis vor Bar-le-Duc bzw. Verdun gekommen. Es gab zu diesem Zeitpunkt noch eine geschlossene deutsche Front, die von Chalons bis vor Meaux reichte, aber von dort gewissermaßen in der Luft hing. Wie wollte Moltke von dieser Position heraus eine Umfassungsschlacht schlagen? Woran sollte sich der rechte Flügel anlehnen? Das da nichts war, würde ja wohl kaum so bleiben. Franzosen und Engländer würden dort ja wohl aktiv werden und eine Verteidigungslinie bilden, so sollte man meinen. Das hatte doch wohl sicher nicht jenseits der Vorstellungskraft eines Moltke oder Tappen gelegen? Oder doch?

Joffre war zwar nicht gerade ein genialer General, aber er erkannte sofort die Chance die sich hier bot. Er griff nicht nur die rechte Flanke an, sondern ging auf breiter Front offensiv vor.

Der Schlieffen Plan war somit erledigt und an ein schnellen Sieg gegen Frankreich war nicht mehr zu denken.
 
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