Iberische Exklusivität auf den Weltmeeren über einen relativ langen Zeitraum

Apvar

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Im Moment lese ich gerade von Roger Crowley "Die Eroberer - Portugals Kampf um ein Weltreich". Da ist mir eines aufgefallen, nämlich das sehr lange Zeit, der südliche Atlantik, sowie Indik und Pazifik aus Europäischer Sicht unter Iberischer Kontrolle war. In der Karibik haben sich dagegen schon relativ früh Piraten aus England, Frankreich herum getrieben, während auf höhe von Nordbrasilien Schluss war mit der Expansion der anderen Staaten als Portugal und Spanien. Meine Frage ist warum?
Portugal hatte für seine Expansion nicht genug eigen Bevölkerung und hat deshalb bei den "Entdeckungsfahrten" auch Seeleute von anderen Ländern angeheuert. Damit dürfte eigentlich auch Know-How mit einiger Verspätung (Jahre, nicht Jahrzehnte) in ihren Heimatländern angekommen sein. Zumal sich auch Kaufleute der Süddeutschen Handelshäuser (Fugger, Welser) an Bord der Schiffe befunden haben.
Soweit ich es noch in Erinnerung habe, habe ich mal gelesen Kaiser Karl V habe der Hanse verboten selbst in den Spanischen und Portugiesischen Kolonnien Handel zu treiben. Da er ja gleichzeitig Spanischer König war, könnte er so versucht haben, seine Spanischen Steuereinnahmen zu sichern.
Das nächste was mir noch einfällt ist das eventuell nicht vorhandene Know-How beim Schiffbau, wobei Karracken auch in der Nordsee gebaut worden sind.
 
Es ist nicht so, dass Karl speziell der Hanse den Handel mit den Kolonien verboten hätte. Bereits unter den Katholischen Königen (also den Großeltern Karls) wurde die Casa de Indias/Contratación etabliert, jeglicher "Indienhandel" musste darüber abgewickelt werden. Also angenommen, ein Kolonist in Kalifornien wollte ein in Kolumbien gefertigtes Möbelstück erwerben, so hätte dieses nominell im Pazifik verschifft werden müssen, bis Mexiko, von dort zum Atlantik gebracht werden müssen, dann nach per Schiff nach Sevilla verbracht und schließlich wieder zurück über den Atlantik, durch Mexiko und dann im Pueblo de Santa María de los Ángeles de Porciúncula wieder ausgeschifft. Das war unpraktisch, zeigt aber, das nicht einmal die Kolonien untereinander direkt handeln durften sondern nominell eben alles über die Casa de Contratación abgewickelt werden musste.
Der Rest Europas war ständig in Kriege verstrickt, die Niederländer und Briten aber versuchten immerhin die iberische Vorherrschaft zu stören, teilweise auf Privatinitiative (Interloper). Genua und Venedig hatten ihre eigenen Probleme.
 
Interessant, da haben wir hier schon mal mit Casa de Indias/Contratación quasi ein Vorbild für die Britische Navigation Act. In der war ja auch der Handel zwischen den Kolonien verboten worden.
Die Briten sind durch die Rosenkriege und ihre Nachwehen erst einmalgebremst worden und haben wohl erst mit Henry VIII einen Blick wieder ausserhalb der Britischen Inseln bekommen. Und auch die Niederlande sind erst spät richtig aktiv geworden. Als die letzten Reste der Hanse in die Bedeutungslosigkeit versunken sind.
 
Wobei bei der Casa de Contratación -zumindest zunächst- die Notwendigkeit einer Regulierung im Vordergrund stand, und bei den Navigation Acts -wieder zunächst- die Schädigung der Niederlande.
 
Der Rest Europas war ständig in Kriege verstrickt, die Niederländer und Briten aber versuchten immerhin die iberische Vorherrschaft zu stören, teilweise auf Privatinitiative (Interloper). Genua und Venedig hatten ihre eigenen Probleme.

Könnten päpstliche Bullen zur Aufteilung der Welt, wenngleich andere europäische Mächte wie England und Frankreich spanisch-portugiesische Vertragswerke (Tordesillas 1494) nicht anerkannten, dennoch auch eine Rolle gespielt haben für die langwährende iberische Vorherrschaft? Die “Claims“ der Spanier und Portugiesen waren solchermaßen ja quasi erstmal abgesegnet durch die gewichtige überstaatliche Instanz in Rom.
 
Das nächste was mir noch einfällt ist das eventuell nicht vorhandene Know-How beim Schiffbau, wobei Karracken auch in der Nordsee gebaut worden sind.
Das hat nicht viel zu sagen. Auch Venedig verfügte über das Know-How und beschränkte sich trotzdem auf das Mittelmeer, wie die nordischen Staaten auf Nord-und Ostsee.
Das Entdeckerschiff der Portugiesen war nicht die behäbige Karacke sondern die kleinere, strömungsgünstiger gebaute Karavelle . Auch Kolumbus benutzte diesen Schiffstyp. Ob die Santa Maria eine kleine Karacke oder eine große rahgetakelte Karavelle war, ist noch immer nicht eindeutig geklärt, da es überhaupt keine zeitgenössischen Bilder von ihr gibt. In seinen eigenen Aufzeichnungen bezeichnet er sie selbst nur als das Schiff (Nave, Nau) während er "Nina" und "Pinta" eindeutig als Karavellen benennt, die allerdings eine Rahtakelage führten. Auf alle Fälle muß die "Santa Maria" ähnliche Schwimm-und Segeleigenschaften wie die beiden Karavellen besessen haben, da es sonst schwierig geworden wäre , die kleine Flotte auf hoher See beieinander zu halten. Die wuchtigen gemächlich auf dem Meer dahinschaukelnden Karacken waren zwar später für Transporte in die Kolonien und den Abtransport von Gütern aus diesen sehr geeignet, aber um in unbekannte Gefilde vorzustoßen waren schnellere, leichtere und einfacher zu reparierende Fahrzeuge geeigneter. Auch die Lateinerbeseglung der frühen portugiesischen Karavellen hatten ihren Vorteil gegenüber den damaligen Rahseglern ,die hauptsächlich auf achterlichen Wind angewiesen waren. Sie benötigten eine viel kleinere Segelbsatzung und konnten , da die Dreiecksegel auch mit seitlichen Winden vorwärts fahren konnten, mit widrigen Verhältnissen, wie sie bei Fahrten um Afrika herum vorkamen, besser fertig werden.
Erst Francisco de Almeida und später Magellan benutzen überwiegend Karacken und Naos (Almeida 24 Naos und 6 Karavellen und Magellan Karacken und 1 Karavelle) für ihre Expeditionsfahrten. Inzwischen hatte sich aber auch die Takelage der großen Rundschiffe verändert. Sie führten 3 bis 4 Masten und an Fock-und Großmast meist zwei Rahsegel und nicht mehr nur ein sehr großes Rahsegel wie noch im 15. Jh. an den hinteren Masten wurden als Steuerhilfe Lateiner- oder Trapezsegel angebracht.
 
Das hat nicht viel zu sagen. Auch Venedig verfügte über das Know-How und beschränkte sich trotzdem auf das Mittelmeer, wie die nordischen Staaten auf Nord-und Ostsee.
In Venedig nahmen zunächst nur wenige die Nachricht aus Alexandria, dass Portugal Afrika umrundet hatte und in Indien gelandet war, ernst; nicht, dass man das nicht geglaubt hätte, man glaubte einfach nicht, dass Portugal zu einer ernstzunehmenden Konkurrenz im Luxuxsgüterhandel werden könnte.
Was die Westexpandion anging, so hatte sich seit dem 13. Jhdt. in den genuesisch-venezianischen Konflikten eine jeweilige Operationssphäre herausgebildet, Genua operierte im Westmittelmeer, Venedig im Ostmittelmeer. Das jeweilige Handelsgebiet wurde gegen den Konkurrenten eifersüchtig verteidigt. Insofern hatte Venedig kaum Zugang zu Häfen im Westmittelmeer - was wichtig für eine Expansion in den Atlantik gewesen wäre - und mit der Expansion der Osmanen ab dem 15. Jhdt. geriet Venedig in die Defensive. Nach der Seeschlacht von Lepanto, einer der seltenen Gelegenheiten, bei denenen Europa mal an einem Strang zog, lachten die Osmanen die Venezier aus: Europa hatte ihnen ein Barthaar ausgerissen, sie aber Venedig mit Kandia (Kreta) den Arm. Überspitzt kann man sagen, dass mit dem Fall Konstantinopels 1453 an die Osmanen der Niedergang Venedigs nur noch eine Frage der Zeit war.
 
Zuletzt bearbeitet:
Venedig soll sogar Ägypten gegen die Portugiesen unterstütz haben. Zum einen mit Holz aus dem Libanon und Handwerker, welche die Ägyptischen Karracken im Roten Meer gebaut haben und auch ausgerüstet haben. Sie wollten wohl nur nicht direkt als Gegner Portugals auftreten.
Das Venedig direkt in den Indischen Ozean eingegriffen hätte, währe schon schwierig durch die Straße von Gibraltar zu kommen gewesen. An der Nordafrikanischen Küste hatten sich die Spanier im 16. Jahrhundert breit gemacht. Das selbe gilt auch für Italien.
 
Das Venedig direkt in den Indischen Ozean eingegriffen hätte, währe schon schwierig durch die Straße von Gibraltar zu kommen gewesen. An der Nordafrikanischen Küste hatten sich die Spanier im 16. Jahrhundert breit gemacht. Das selbe gilt auch für Italien.
Mit ihren jährlich ausgerüsteten Flanderngaleeren und Rundschiffen fuhren die Venezianer relativ unbehelligt bis Beginn des 16. Jh. durch die Straße von Gibraltar um mit England und Flandern Handel zu treiben. Daran wären Entdeckungsfahrten sicher nicht gescheitert.
Vor den Portugiesen hatten bereits im 13. Jh. zwei Genuesen, die Brüder Vivaldi versucht Indien über den Weg um Afrika zu erreichen, waren aber wohl gescheitert denn die Expedition galt als verschollen. Während Venedig eher vorsichtig taktierte ,waren die Genuesen etwas wagehalsiger, was daran lag, dass sie stärker auf Privatinitiative und weniger auf staatliche Lenkung setzten als ihre Rivalen an der Adria. Daher verwundert es auch wenig, dass der Amerika-Entdecker Colombo ebenfalls aus Genua stammte.
 
Der Handel der Venezianer mit England lief eigentlich zum Großteil über Zwischenhändler, insbesondere die Hansestädte am Rhein, welche die Waren über Flandern bis zum Fuß der Alpen und dann über die lieferten. Irgendwer (leider vergessen wer) hatte sogar mal den Plan, den Rheinfall zu sprengen, um so leichter bis an den Alpenrhein zu kommen. Unterbrochen wurde diese Schiene eigentlich nur durch die "Kontinentalsperre" des Kaisers Sigismund 1412 - 1434 (die wie die echte Kontinentalsperre Napoleons 400 Jahre später jedoch nur mäßig funktionierte).
 
Mit ihren jährlich ausgerüsteten Flanderngaleeren und Rundschiffen fuhren die Venezianer relativ unbehelligt bis Beginn des 16. Jh. durch die Straße von Gibraltar um mit England und Flandern Handel zu treiben. Daran wären Entdeckungsfahrten sicher nicht gescheitert.
Vor den Portugiesen hatten bereits im 13. Jh. zwei Genuesen, die Brüder Vivaldi versucht Indien über den Weg um Afrika zu erreichen, waren aber wohl gescheitert denn die Expedition galt als verschollen. Während Venedig eher vorsichtig taktierte ,waren die Genuesen etwas wagehalsiger, was daran lag, dass sie stärker auf Privatinitiative und weniger auf staatliche Lenkung setzten als ihre Rivalen an der Adria. Daher verwundert es auch wenig, dass der Amerika-Entdecker Colombo ebenfalls aus Genua stammte.

Die Genuesen verband eine alte Allianz mit den Spaniern. Schon im 12. Jahrhundert hatten Genuesische Truppen und Galeeren bei der Eroberung Almerías durch die Kastilier teilgenommen.

Nach dem Niedergang der genuesischen Republik im 15. Jahrhundert und der Besetzung durch die Franzosen und Mailänder, half die spanische Krone der Familie Doria die Stadt zurückzuerobern und die Republik zu Restaurieren (1522). Ab da war Genua ein enger Partner der Spanier. genuesische Bankiers finanzierten die spanischen Kriege und
die Familie Doria befehligte häufiger die spanischen und Alliierten Flotten im Mittelmeer.

Mit den Venezianern stand Spanien dagegen schon öfters mal über Kreuz.
 
Die Genuesen verband eine alte Allianz mit den Spaniern. Schon im 12. Jahrhundert hatten Genuesische Truppen und Galeeren bei der Eroberung Almerías durch die Kastilier teilgenommen.

Das stimmt, in den späteren Jahrhunderten verhielten sich die Genuesen allerdings neutraler. Im nasridischen Málaga gab es - wie auch in nordafrikanischen Städten - eine genuesische Händlerkolonie, die wohl auch - das ist in der Forschung nicht ganz gesichert - zum Islam konvertiert waren.
 
Der Handel der Venezianer mit England lief eigentlich zum Großteil über Zwischenhändler, insbesondere die Hansestädte am Rhein, welche die Waren über Flandern bis zum Fuß der Alpen und dann über die lieferten. Irgendwer (leider vergessen wer) hatte sogar mal den Plan, den Rheinfall zu sprengen, um so leichter bis an den Alpenrhein zu kommen. Unterbrochen wurde diese Schiene eigentlich nur durch die "Kontinentalsperre" des Kaisers Sigismund 1412 - 1434 (die wie die echte Kontinentalsperre Napoleons 400 Jahre später jedoch nur mäßig funktionierte).
Vom 14. bis Beginn des 16. Jh. liefen mit ziemlicher Beständigkeit jedes Jahr im Juli venezianische Konvois ,bestehend aus mehreren großen Handelsgaleeren, mit einer Truppe von über 1000 bewaffneten Männern an Bord durch die Meerenge von Gibraltar nach Cadiz und Lissabon, von dort nordwärts nach Southampton, um Gewürze zu verkaufen und Rohwolle, Bernstein ,Blei und Zinn an Bord zu nehmen. Von da aus ging es über den Ärmelkanal nach Antwerpen um die englische Wolle gegen Leinen aus Flandern , Seidenrips aus Lille und schweizerischem Bombasin (ein edler Kleiderstoff) zu tauschen. Mit dieser Fracht ging es wieder zurück nach Venedig. Auf Grund der großen bewaffneten Mannschaften galten diese Transporte als sehr sicher und für die Kaufleute äußerst profitabel. Erst als die Portugiesen das Gewürzmonopol errangen stellte man diese Route allmählich ein, da sie sich wegen des geringen Ladevolumens der Großgaleeren und den unverhältnismäßig großen Mannschaften nicht mehr rechnete.
 

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Portugal scheint relativ lange sein Wissen für sich behalten können. Okay es gab auch ausnahmen, wie Magellan, der nach seinem Streit mit der Portugiesischen Krone nach Spanien gegangen ist und hier auch viel Know-How mitgenommen hat. Vor allem, das nach dem Vertrag von Tordesillas ein Teil der Molukken zu Spanien gehört

https://de.wikipedia.org/wiki/Vertrag_von_Tordesillas

Aber die Niederländer haben wohl wirklich erst sehr spät mitbekommen wie die Seewege nach Indien waren. Und klar man muss auch berücksichtigen, das jede Menge an Proviant mitgenommen weerden mußte, da auch für damalige Verhältnisse ungewöhnlich lange Reisen unternommen werden mussten um nach Indien zu kommen. einer der ersten der Daten und Karten wohl in die Niederlande brachte war Jan Huygen van Linschoten, der als Sekretär eines Bischofs in Goa war.

https://de.wikipedia.org/wiki/Jan_Huygen_van_Linschoten
https://nl.wikipedia.org/wiki/Jan_Huygen_van_Linschoten
https://en.wikipedia.org/wiki/Jan_Huyghen_van_Linschoten
 
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