Deutung Sparrenberger Egge

verstehe ich das richtig? :
1. die Sparrenberger Egge ist eine "Bauruine" (nie fertig gebaut) bzw. eine unvollendete Baustelle ("kurz nach Beginn der Baumaßnahme" aufgegeben)
2. weil man da rasch aufgehört hatte zu bauen, soll die Baustelle Teil einer Signalkette sein (wobei man sich fragt, wieso unfertige Baustellen Signale sammeln oder weiterleiten)
3. und das alles sind Gründe, die Baustelle als projektierten Signalturm zu deuten
...so ganz klar wird mir diese Logik nicht...

zu 1:
Absolut richtig.

zu 2:
Eine mögliche Deutung - letztlich aber Spekulation.

zu 3:
So richtig klar ist mir das auch nicht...

Letztlich habe ich keinerlei Fundamentspuren eines möglichen Turmes, sondern nur diesen Graben, sowie eine Münze und Schuhnägel...
 
Wer, vielleicht mit gutem Grund, anzweifelt, daß dort ein Turm gebaut werden sollte, könnte allerdings auch eine Alternative für den Sinn des halbkreisförmigen Grabens aufzeigen...

Dies habe ich noch in Wikipedia gefunden:

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Der römische Kaiser Tiberius benutzte einen Heliographen zur Lenkung des römischen Reiches von der Villa Jovis auf der Insel Capri aus, indem er jeden Tag Befehle an das acht Kilometer entfernte Festland entsenden ließ.


https://de.wikipedia.org/wiki/Heliograph_(Nachrichtenübertragung)

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Möglichkeiten der Signalübertragung:
Optisch: Bei Tage mit Spiegeln oder Flaggenzeichen oder Rauch,
nachts mit Feuer(-kästen)
Akustisch: Hornsignale?
 
Möglicherweise sind solche (ver)einzelten Türme nur erhöhte Positionen für Feldposten, um bei 2000 Meter (Zahl wurde am Anfang des Threads als physikalisch möglich genannt) Reichweite eine knappe halbe Stunde Vorwarnung für ein fiktives (Sparrenberger Egge ist bis jetzt isoliert) Zentrum zu erkaufen.
Durchaus möglich. Nur würde ich solche Türme dann als "vorgeschobener Posten" oder ähnlich ansprechen, nicht als "Signalturm zur Nachrichtenübermittlung". Letzteres impliziert nach meinem Verständnis doch etwas komplexere Kommunikation über mehrere Stationen, verschiebt den Fokus eben vom Ausschau halten zu Nachrichten signalisieren.
 
Es gibt aber keinen Turm.
Nur einen Graben.
In spätestens zwei Monaten gibt es aber Spekulatius bei Aldi und Netto und Lidl...
 
Es gibt aber keinen Turm.
Nur einen Graben.
In spätestens zwei Monaten gibt es aber Spekulatius bei Aldi und Netto und Lidl...
Schön. Unter dieser Prämisse brauchen wir Bérengers Ausführungen oder irgendwelche Parallelen der Anlage zum Gask Ridge ja nicht weiter zu diskutieren.
 
Wer, vielleicht mit gutem Grund, anzweifelt, daß dort ein Turm gebaut werden sollte, könnte allerdings auch eine Alternative für den Sinn des halbkreisförmigen Grabens aufzeigen...
Gegenfrage: sind restlos alle römischen Türme partout Signaltürme einer umfangreichen Kette von Signaltürmen? Dass für diese Baustelle wahrscheinlich eher ein Turm als eine Therme in Frage kommt, erscheint plausibel - nur warum soll dieser ausgerechnet ein Signalturm einer Kette von Signaltürmen sein soll: dafür finden sich keine Anhaltspunkte.
 
Gegenfrage: sind restlos alle römischen Türme partout Signaltürme einer umfangreichen Kette von Signaltürmen? Dass für diese Baustelle wahrscheinlich eher ein Turm als eine Therme in Frage kommt, erscheint plausibel - nur warum soll dieser ausgerechnet ein Signalturm einer Kette von Signaltürmen sein soll: dafür finden sich keine Anhaltspunkte.

Grundsätzlich gibt es eigentlich zwei Funktionen.

Da wäre zunächst die Funktion als Wachturm, z.B. um eine Straße (wie in Rüsselsheim) oder einer Grenze (limes). Lt. Berenger kommt aber eigentlich beides für die Sparrenberger Egge nicht infrage.

Daher bleibt eigentlich nur die Funktion als Signalturm. Dann müßte es aber wohl andere Türme in der näheren Umgebung gegeben haben.

@Alfirin:
Gask Ridge wird bei Berenger nicht erwähnt.
Er zieht einen Vergleich zwischen Ardoch und Kaims Castle heran. Auf dieser Strecke gibt es im Abstand von 900 Metern drei Wachtürme:
Blackhill Wood, Shielhill South und Shielhill North.
Alle drei waren aus Holz und wiesen auch einen kreisrunden Graben auf. Auch diese Türme dienten der Überwachung einer Straße.
 
Zuletzt bearbeitet:
Gask Ridge wird bei Berenger nicht erwähnt.
Er zieht einen Vergleich zwischen Ardoch und Kaims Castle heran. Auf dieser Strecke gibt es im Abstand von 900 Metern drei Wachtürme
Auch wenn Bérenger es nicht so nennt, bewegen wir uns mit den besagten Örtlichkeiten doch im Gask Ridge. Die Funktion der Türme dort wird lebhaft diskutiert. An sich standen die nämlich schon ein Stück im Hinterland entlang der Hauptverbindungsstraße, die Funktion vorgeschobener Posten als Sicherung gegen die Barbaren wurde von Kastellen erfüllt, die die gut gangbaren Talsenken einen guten Tagesmarsch von der Straße entfernt im Vorfeld sperrten. Da drängt sich dann geradezu auf, über nachgelagerte Signalturmketten nachzudenken. Wobei die Kette im Gask Ridge erstens keineswegs lückenlos ist und zwotens eben das Argument der Bandbreite bei der Nachrichtenübermittlung nicht von der Hand zu weisen ist. D.J. Woolliscroft hat dazu mehrfach publiziert und geht eben auch von einem bestenfalls sehr einfachen System zur Übermittlung kurzer Alarmsignale aus über höchstens zwei, drei Stationen.

Das hilft uns für die Sparrenberger Egge aber nicht wirklich weiter, Du hast schon recht. Turm haben wir da nun mal keinen. Und so übermäßig üblich scheinen befestigte Vorposten rund um römische Lager nicht gewesen zu sein. Ausgehend von einem spekulativen Turm über ganze Signalturmketten weiterzuspekulieren, die selbst im Gask Ridge eigentlich spekulativ sind, ist in der Tat müßig.
 
Zuletzt bearbeitet:
Vielleicht wollte Veleda sich einen Zweitwohnsitz bauen. Hatte eventuell genug vom rheinischen Karneval und wollte in der 5. Jahreszeit ihre Ruhe haben.

Spass beiseite. Eigentlich findet man in jedem Buch über den obergermanischen-rätischen Limes den Verweis auf die Signalfunktion der Limestürme. Die Reichslimeskommisison hat doch schon nachgewiesen, dass die einzelnen Türme Sichtverbindung zu ihren Nachbaranlagen hatten.
In jedem Gefängnis oder an einer bewachten Staatsgrenze wird man die Wachtürme so aufstellen, dass diese ohne toten Winkel oder uneinsehbare Bereiche sind. Deshalb halte ich es für wenig sinnig, über diese Funktionalität zu diskutieren.

Für die Sparrenberger Egge ist der Nachweis eines Turmes nicht zu erbringen. Aber hier greift dann das berühmteste aller Rasiermesser. Was wird am häufigsten mit einem Kreisgraben geschützt?
 
Und genau das ist es, wonach Bérenger suchte: Einen Parallelbefund. Was er fand sind die Türme. Das setzt allerdings voraus, dass der Graben schon die ursprünglich geplante Tiefe und Form erreicht hat und die Ergänzung zum Kreis korrekt ist.

Wer der Interpretation als stillgelegte Turmbaustelle nicht folgen will, muss andere Vorschläge machen. Angreifbar ist auch, dass die von Bérenger genannte Parallele Haßlocher Tanne bei Rüsselsheim aus flavischer Zeit stammt und frühere Wachtürme aus der Schweiz (Vindelikerfeldzug).

Ein Wachturm benötigt immer auch eine Möglichkeit der Alarmierung. Wer gedient hat, wird sich erinnern: Pagnapf: Posten, Auftrag, Grenzen, Nachbarn, Alarmierung, Parole, Feuereröffnungslinie (oder "Führer - äh Führung" wie es wohl heute gesagt wird.) (Andere Eselsbrücke: Langemark; siehe Wikipedia-Artikel Alarmposten. Soviel dazu, dass es in der BW keine Traditionen der Wehrmacht geben soll. Pagnapf konnte sich gegen die Langemark-Propaganda des Deutschen Reichs nicht wirklich durchsetzen.) Daher: ja, Wachtürme haben diese Doppelfunktion.

Die ausführenden Soldaten scheinen 150 m entfernt gelagert zu haben. Dort wurde nach einem weiteren Bauprojekt gesucht. Ohne Erfolg. Ich frage mich allerdings, warum man nicht nochmals 150 m weiter gesucht hat... Nun, von Signalkette ist deshalb nicht zu reden, weil das Objekt unvollendet blieb.
 
Eigentlich findet man in jedem Buch über den obergermanischen-rätischen Limes den Verweis auf die Signalfunktion der Limestürme. Die Reichslimeskommisison hat doch schon nachgewiesen, dass die einzelnen Türme Sichtverbindung zu ihren Nachbaranlagen hatten.
Und genau hier liegt das Problem: Es konnte für die Sparrenberger Egge nichts dergleichen nachgewiesen werden. Hier wird eine Funktion einer unter Domitian begonnenen Anlage (der klassische Limes) einfach mal auf die augusteische Zeit übertragen und das, wo wir letztlich nichts mehr als einen vereinzelten Kreisgraben haben.
 
In einem anderen Thread hatte ich schon mal ein Schlagwort in den Ring geworfen, das bei derartigen Spekulationen gern ignoriert wird: Bandbreite.

Nehmen wir an, die Römer hätten tatsächlich Nachrichten über weite Distanzen mithilfe solcher Signalturmketten übermittelt. Nehmen wir weiter an, die Römer hätten dazu einen Signalcode verwendet, der ähnlich effizient ist wie das neuzeitliche Morsen. Morsen per Lichtsignal wird auf Marineschiffen immer noch praktiziert. Laut Wiki kommen die Signalgasten dabei auf Übertragungsgeschwindigkeiten von etwa 40 Zeichen pro Minute. Die Übermittlung einer SMS, also einer 160 Zeichen langen Nachricht, würde demnach vier Minuten dauern, wenn ich mich nicht verrechnet habe.

So, nun haben wir z.B. im Gask Ridge solche "Signaltürme" etwa alle 1000m. Entlang der Turmkette würde eine Nachricht im Umfang einer SMS alle vier Minuten 1km zurücklegen, innerhalb einer Sunde also gerade mal 15km. Eine Nachricht mit doppelter Länge wäre schon fast im Fußgängertempo unterwegs, das Signal käme bestenfalls knapp vor dem anrückenden Feind am Ziel an... Nicht sehr praktikabel, oder? Ein Meldereiter wäre allemal schneller und könnte dabei noch weitaus ausführlichere Botschaften transportieren.
Du gehst bei Deiner Rechnung davon aus, das jede Zwischenstation erst die komplette Nachricht speichern muss, bevor sie weitergeleitet wird ("store and forward" Verfahren).

Dafür gibt es aber keinen technischen Grund, wenn man die Zwischenstationen (Türme) mit mindestens zwei oder mehr Leuten besetzt. Angenommen es wäre tatsächlich Morsecode, sagt der Empfänger direkt dem Sender an, welches Symbol er weitermorsen soll: "Kurz, lang, lang, ...". ("cut through" Verfahren).

Damit wird entsprechend Deinem Beispiel die gesamte Nachricht am Ziel sein in: T = 4 min * N+[FONT=&quot]∆[/FONT]t. Wobei N die Zahl der Zwischentürme ist und [FONT=&quot]∆[/FONT]t die Zeit die es dauert ein einzelnes Symbol weiterzumorsen. Was von der verwendeten Signaltechnik abhängt (Feuer mit Klappblende, Fackel schwenken, Trommel, Spiegel, bewegliche Signalarme).

Das ist eine sehr naheliegende Erkenntnis die sich sofort einstellt, sobald man mit solchen Ketten experimentiert.

Angenommen zum Beispiel [FONT=&quot]∆[/FONT]t = 6 Sekunden und N = 10, wäre die gesamte Nachricht in 5 Minuten am Ziel. Werte wie 40 Zeichen/Minute wurden aber sicherlich damals nicht erreicht.

Von französischen Flügeltelegraphen des 18./19.Jahrhunderts (Chappe-System) ist bekannt, dass die gesamte Latenz für ein Symbol z.B. auf einer Strecke mit 22 Stationen über 270 km zwischen Paris und Lille ca. 2 Minuten war. Ein Symbol war allerdings kein einzelner Buchstabe, sondern ein verschlüsselter Code (1 aus 92) und man konnte so ca. 8000 Wörter und Phrasen kodieren. Eine komplette typische Nachricht von Paris nach Lille brauchte insgesamt ca. 30 Minuten. In Frankreich wurde ein ganzes Netzwerk errichtet und Napoleon nutze das System in seinen Kriegen.

Ggf. kann das System auch fehlertoleranter gemacht werden, in dem pro Zwischenstation der Empfänger einer dritten Person die Symbole ansagt der sie "puffert", also parallel aufzeichnet. Eine vierte Person die genau daneben sitzt, sagt dann immer dem Sender das zu sendene Symbol an. Im Normalfall das gerade empfange, was die dritte Person gerade schreibt, bei Verzögerungen eins aus dem "Puffer" (also vom gleichen Papyrus weiter vorn). So kann auch resynchronisiert werden bzw. die Nachricht auch lokal in der Zwischenstation dekodiert und ausgewertet werden ("Ein Trupp Germanen ist gleich bei Eurem Turm, haut sofort ab!" :)). Bei Chappe-System gab es auch eine Bestätigungs- und Flußkontolle.

Die dichte Abfolge von Türmen spricht eigentlich gegen die Funtion als Signalisierungskette, weil sie die Bandbreite so extrem reduziert. Neuzeitliche optische Signalstrecken hatten im Schnitt alle 10km einen Relaisturm, abhängig natürlich von der Topographie. Turmketten wie im Gask Ridge machen, sofern zur Signalübermittlung gedacht, eigentlich nur Sinn bei extrem kurzen Nachrichten < 50 Zeichen und kurzen Entfernungen.
Also die "Bandbreite" (im Sinne der Datenübertragungsrate) wird nicht reduziert durch mehr Türme.

Um bei dem theoretischen Beispiel zu bleiben: wird mit 40 Zeichen/Minute gesendet, kommen auch 40 Zeichen/Minute beim Empfänger an. Egal ob mit "Store and Forward" oder mit "Cut through" Verfahren. Die Frage ist nur wieviel Zeit vergeht zwischen dem Senden eines Symbols und dem Empfang am Ziel. Aber die Zahl der Türme hat keinen Einfluss darauf, dass der Sender konstant mit seinen 40 Zeichen/Minute die Nachricht die er abschicken will, lossenden kann.

Was mehr Türme verschlechtern, ist die Latenzzeit des Übertragungskanals. Jedes gesendete Symbol braucht mehr Zeit die Strecke zu durchlaufen, je mehr Türme da sind. Besonders schlecht wird es, wenn "Store and Forward" benutzt wird, wie oben beschrieben.

Bei einer bidirektionalen Kommunikation, also wenn eine Antwort erwartet wird, kann es natürlich sein, dass dann der Sender zeitweise nichts mehr zu senden hat, weil wegen der hohen Latenz durch viele Türme, die Nachricht zum Teil oder gar ganz noch auf der Strecke unterwegs ist. Der Sender könnte aber mit 40 Z/min weitersenden, z.B. das aktuelle Mittagsmenü in der Kantine im Kastell oder neuen Tratsch aus dem Kaiserhaus. D.h. die Bandbreite selber bleibt von der Zahl der Türme unberührt.

Diese ganzen Erwägungen gelten auch heute noch in der modernen Nachrichtenübertragung. Z.B. billigste Ethernet-Switches für den Heimgebrauch arbeiten z.T. noch mit "Store and Forward", bessere mit "Cut Through". Die Kenngröße "wieviele Daten auf die Leitung" passen spielt eine wichtige Rolle in den Internetprotokollen, wie beim TCP und wird dynamisch behandelt, da es eine Rolle spielt, ob man gerade auf einer Glasfaser durch den Atlantik überträgt oder nur zur nächsten Vermittlungsstelle.
 
Zuletzt bearbeitet:
Du gehst bei Deiner Rechnung davon aus, das jede Zwischenstation erst die komplette Nachricht speichern muss, bevor sie weitergeleitet wird ("store and forward" Verfahren).

Dafür gibt es aber keinen technischen Grund, wenn man die Zwischenstationen (Türme) mit mindestens zwei oder mehr Leuten besetzt. Angenommen es wäre tatsächlich Morsecode, sagt der Empfänger direkt dem Sender an, welches Symbol er weitermorsen soll: "Kurz, lang, lang, ...". ("cut through" Verfahren).

Damit wird entsprechend Deinem Beispiel die gesamte Nachricht am Ziel sein in: [...] T = 4 min + N*[FONT=&quot]∆[/FONT]t
Da hast Du natürlich grundsätzlich recht, sofern wir von einem hochentwickelten Signalisierungssystem ausgehen. Bisher haben wir aber nur recht dünne Indizien, wie die Signalübermittlung entlang z.B. der Limestürme funktioniert hat - wenn ich nicht irre, haben wir lediglich eine Abbildung auf der Trajanssäule, die als Alarmsignal eines Wachturms per Fackel interpretiert werden kann/ muß. Tja, hätten wir ein römisches Code-Buch für Licht- oder Hornsignale... Ich bin auch gar nicht sicher, ob so ein "cut through" allzu gut funktioniert bei allzu hoher Turmdichte. Ist es nicht entlang des Limes so, daß von jedem Turm aus in beide Richtungen jeweils zwei Nachbartürme zu sehen sind? Wenn ich von einer recht durchdachten, auf Effizienz getrimmten Übertragungstechnik ausgehen wollte, macht diese eigentlich unnötige Fehlerquelle schon stutzig, finde ich.

Und natürlich hast Du auch recht, daß eher die Latenzzeit das Problem ist.
 
Aus der Antike ist zumindest vom Griechen Polybios (200 v.Chr. - 120 v.Chr) das "Polybios-Quadrat" ("Polybios-Matrix") überliefert. Das ist ein Code mit dem per Fackeln Nachrichten basierend auf dem griechischen Alphabet kodiert /verschlüsselt werden konnten. Berechnungen der Leistung dieses Systems wurden gern als Tutoriums- oder Klausurfrage im Fach Nachrichtenübertragung im E-Technik-Studium benutzt. Oder als Programmieraufgabe. Das Grundprinzip kam bis in die Neuzeit zum Einsatz.

Ich erinnere mich, dass in dem Zusammenhang in meinem Studium auch der Unterschied zwischen "Store and Forward" und "Cut Through" erörtert wurde und dabei (stillschweigend) angenommen wurde, dass die alten Griechen beides kannten, eben weil es sehr naheliegend ist, auch ohne tiefen mathematischen Hintergrund.

Allerdings habe ich irgendwann später nachgelesen, dass das Polybios gar nicht überliefert hat, ob das Verfahren überhaupt über mehrere Stationen angewendet worden ist. Er beschreibt eigentlich nur das "Protokoll" zwischen zwei Seiten, was zwei andere Griechen erfunden und er verbessert hätte. Ich erinnere, dass ich gelesen habe, dass man es experimentell an Universitäten nachgestellt hat und kam auf maximal 10 Zeichen/Minute Sendeleistung nach genügend Übung. Quelle finde ich leider gerade nicht.

Ob die Römer auch dieses Wissen der Griechen übernommen bzw. angewandt hatten oder nur primitive Systeme mit wenigen Fackeln und kurzen Nachrichten kannten, ist mir nicht bekannt. Aber für Ostrom kennt man zumindest die Beacon-Ketten aus dem 9.Jahrhundert während der Abwehrkriege gegen die Araber:
https://en.wikipedia.org/wiki/Byzantine_beacon_system

Die Hauptline von der Grenze bis nach Konstantinopel war 720 km lang. Laut Wiki waren die Stationen bis zu 100 km entfernt im Flachland und mit modernen Experimenten hat man nachgewiesen, dass eine ganze Nachricht innerhalb einer Stunde am Ziel war. Beide Seiten wurden durch Wasseruhren an den Enden synchronisiert. Ein Feuer signalisierte ein bestimmtes Ereignis. Bei Wiki steht aber leider nicht, wie verschiedene Ereignisse kodiert worden sind. Bei solchen Entfernungen zwischen den Stationen war es aber sicher kein Polybios-Code, da man dann mit damaligen Mitteln die getrennten Lichtsignale nicht mehr erkannt haben kann.

Was das Problem angeht, dass es bei unsynchronisiertem bzw. überlappendem Senden aus beiden Richtungen zur Verwirrung kommen könnte, dieses läßt sich durch ein Protokoll lösen, was die Strecke zuerst in eine Richtung "schaltet" indem es "Steuer-Codes" festlegt, z.B. so was wie Achtung/Start/Stop und im Kollisionsfall einen Vorang definiert, z.B. Richtung vom Hauptquartier. Das kann man mit dem Halb-Duplex-Betrieb im heutigen Sprechfunk vergleichen (wo der Sprecher am Ende seiner Nachricht "Kommen" oder "Over" bzw. "Out" sagen muss). Bereits Polybios beschrieb auch, dass beide Seiten sich als erstes synchronisieren müssen.

Bei den solchen geringen Abständen von 1000m zwischen römischen Türmen in Schottland wie im Thread weiter oben beschrieben wurde, wäre sogar auch Voll-Duplex-Betrieb denkbar, indem auf jeder Zwischenstation für jede Richtung ein Sender und Empfänger steht. Dass der Nachbarturm das Feuer der Sender der beiden Richtungen nicht verwechseln kann, konnte man mit Blendwänden z.B. aus Holz lösen.

Wie gesagt, ob das von dem Römern in der Praxis gemacht wurde und wenn ja zu welchen Zeiten, weiß ich leider nicht. Aber generell war der Wissenstand in der Mathematik in der Antike schon vergleichsweise hoch und bildet immer noch die Basis für unser Wissen.

Von daher und weil das alles technische Probleme sind, die sich beim Aufbau und dem Testen einer Signalkette in der Praxis ergeben und Ideen für praktische Lösungen naheliegend sind, kann ich mir nicht vorstellen, dass damalige Tüftler diese nicht gefunden haben sollten. Jedenfalls angesichts dessen was sie alles in anderen Bereichen gefunden bzw. konstruiert haben. Vieles alte Wissen ist leider verloren. Siehe z.B. Mechanismus von Antikythera.

Natürlich spielten die Kosten zu allen Zeiten ein Rolle, so dass es genausogut sein kann, dass man das Wissen hatte, aber man die Kosten nicht tragen wollte für Bau, Unterhalt, Ausbildung usw..
 
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zu den Distanzen in nachgewiesenen Turmketten möchte ich noch anmerken,
dass hier möglicherweise primäre und sekundäre Funktion vertauscht werden könnten.

soll mittels des natürlichen menschlichen Auges ein Straßenkreuz, eine Limes-Schneise, eine Fernstraße etc.pp. überwacht werden, dann dürfen die Entfernungen nicht zu groß werden. Weil sonst die die Schneise querenden 100 Beutegemeinschafter nicht sicher erspäht werden.
Hier lassen sich viele Faktoren einbauen, die die Distanz erhöhen oder verkürzen. Zwischen Rhein und Elbe würde Bewuchs die Vorfeld-Sicht einschränken, so dass wirklich nur freigehaltenen Areale einsehbar wären.

Wenn jetzt die Primärfunktion sich auf eine solche Aufgabenstellung Wachposten beschränkt und die dafür geschaffene (notwendigerweise engere) Kette an Aussichtsplattformen nur sekundär für die Fernübertragung von Nachrichten dient,
dann muss auch nicht jeder Wachpostenturm ein Fernmeldeturm mit teuren feinmechanischen Apparaten sein.

Wenn nur einfache Legionäre als Personal zur Verfügung stehen, dürfen Codes und Abläufe auch nicht zu kompliziert werden bzw. nur in den ausgewählten Fernmeldetürmen von Anhöhe zu Anhöhe wird das Equipment und die Spezialisten hierzu aufgefahren.

zurück zur Sparrenberger Egge.
wieviele geplante Tumketten (ob nun Wachtürme an Straßen oder Fernmeldestrecken) mag es gegeben haben, die schon kurz "nach dem ersten Spatenstich" als obsolet abgebrochen wurden? Auch das wäre möglich.

Und wenn eine Verkehrswegschneise samt Turmkette im Plan war, in welcher Reihenfolge hätten die Römer in ihrem systematischen Vorgehen angefangen?
Eine erste erhöhte Plattform (gesichert durch Kreisgraben) für einen Ausguck zur Warnung vor einem Überfall, bevor eine römische Holzfällerkolonne im Dickicht sich ans Werke macht?
Gibt es zu solchen Projekten Hinweise auf die römische Vorgehensweisen?
 
Die Nachrichten über antike Signalketten wurden übrigens den deutschen Soldaten im 1.Weltkrieg als Lektüre verabreicht. Ich hatte Mal so ein Drucklatt in Händen. Das war auch nicht für Informatiker gedacht.

@ Topic: Die Türme standen so nah, damit ein ausgefallener Turm überbrückt werden konnte. Effizienz bei einer militärischen Alarmierung bedeutet, dass sie ankommt.

Dann war der Limes keine Meldekette. Das ergäbe ja auch keinen Sinn. Es wurde -wohl zur redundanten Absicherung in beide Richtungen bis zu einem Turm signalisiert, der dann ein Lager 'anfunkte'.

Bezüglich der Sparrenberger Egge ist auch fraglich, ob der -vermutete- Aussichtspunkt nicht nur ein Lager im Tal alarmieren sollte...
 
Wenn jetzt die Primärfunktion sich auf eine solche Aufgabenstellung Wachposten beschränkt und die dafür geschaffene (notwendigerweise engere) Kette an Aussichtsplattformen nur sekundär für die Fernübertragung von Nachrichten dient,
dann muss auch nicht jeder Wachpostenturm ein Fernmeldeturm mit teuren feinmechanischen Apparaten sein.
Auch das ist richtig. Ein Muster dieser Art meint der bereits erwähnte Woolliscroft am Wetterau-Limes erkannt zu haben. Da steht eine Reihe von Türmen vor jedem Kastell als Ausguck an der Front, jeder mit direktem Sichtkontakt zum Kastell. Am Sichthorizont des Kastells ist dann kein einfacher Turm in die Kette eingegliedert, sondern ein Kleinkastell, das zudem Sichtkontakt schon zum benachbarten nachgelagerten Kastell hat und damit als Signalrelais dienen könnte. Würden in dieser Konstellation tatsächlich Nachrichten über längere Distanzen übermittelt worden sein, wären die einfachen Türme gar nicht involviert gewesen, das Signal wäre entlang einer verkürzten Kette Kastell -> Kleinkastell -> Kastell -> Kleinkastell... gelaufen.

Falls Woolliscroft das richtig interpretiert, stellt sich erstens die Frage, warum dieses System nur in der Wetterau etabliert wurde, nicht über den weiteren Limesverlauf. Zweitens identifiziert Woolliscroft als nächstgelegene Parallele den Hadrianswall an der Nordgrenze Britanniens, an dem die Nachrichtenübermittlung allerdings subtil anders organisiert gewesen sei mit einer Wachturmkette an der Front und der Signalkette etwas zurückgezogen entlang des Stanegate. Gask Ridge ist dann nochmal ganz anders aufgebaut, sofern überhaupt als Kommunikationsstrecke über größere Distanzen gedacht. Übermäßig standardisiert scheint das Thema Kommunikation über optische/ akustische Signale bei den Römern also nicht gewesen zu sein. Woolliscroft bezweifelt daher durchaus nachvollziehbar, daß die Römer allzu komplexe Signalisierungstechniken oder -protokolle verwendet haben könnten.
 
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Verstehe ich das richtig, dass Signalketten bisher nur entlang von Grenzlinien nachweisbar sind?

Gibt es irgendwo Spuren einer Kette, die von der Grenzlinie abzweigt, in Richtung des Hauptquartiers eines Oberbefehlshabers ... oder gar in Richtung Rom?
 
Verstehe ich das richtig, dass Signalketten bisher nur entlang von Grenzlinien nachweisbar sind?
Sind sie denn entlang von Grenzlinien nachweisbar? Sie sind theoretisch möglich und, bis zu einem gewissen Grad, plausibel, ja. Aber nachgewiesen ist da nichts, oder wo hab' ich was überlesen?

Was wir haben an römischer "Telekommunikation" ist der cursus publicus. Der funktionierte bekanntlich über Meldereiter.

Haben wir denn Quellen, in denen zur Nachrichtenübermittlung insbesondere im militärischen Kontext Erhellendes zu finden wäre? Frontinus' Strategemata fielen mir ein. Der schreibt aber auch nur von Mitteilungen, die von Boten überbracht werden. Oder von Brieftauben. Von Fackelsignalen o.ä. schreibt er nichts.

Insofern würde ich gar nicht erst anfangen zu prüfen, ob mansiones oder mutationes alle soundsoviel Leugen entlang einer Römerstraße womöglich Sichtkontakt zueinander gehabt haben könnten...
 
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