Martin Luther und die Renaissance

keineAhnung7

Neues Mitglied
Hallo:winke:,

Ich sitze hier an einer Frage bei der ich selbst leider keine Antwort weiß und ich auch nichts im Internet finden kann. Die Frage lautet: Inwiefern war Luthers Lehre Ausdruck der Renaissance?

Ich hoffe ihr könnt mir helfen

Danke :)
 
Dazu zwei Gegenfragen:
Kannst du erklären, was die Renaissance ist? Wie drückt sie sich aus? Wie ist sie in Italien, wie in Dtld. zu datieren?
Worin besteht Luthers Lehre?
Darüber hinaus:
Welche der Lehren oder Methoden der Erkenntnisgewinnung Luthers sind besonders renacentistisch?
 
Zum Thema Renaissance ist mein Wissen sehr beschränkt. Ich weiß nur, dass das Zeitalter der Renaissance vom 14 bis zum 16 Jahrhundert andauerte und der Ursprung Italien war. Außerdem wurde der Handel immer wichtiger und der Frühkapitalismus entstand. Zusätzlich wollten die Menschen sich nicht mehr auf die Weltsicht der Kirche verlassen und suchten nach Antworten in den Schriften antiker Philosophen, wie Aristoteles. Nun auch Luther kritisierte die katholische Kirche , vor allem den Ablasshandel aber gibt es denn noch weitere Aspekte warum Luthers Lehren Ausdruck der Renaissance waren?
 
Renaissance bedeutet Wiedergeburt. Was sollte wiedergeboren werden und wie überserzte und interpretierte die Arbeitsgruppe Luthers die Bibel. Und wie Unterschied sich das von den früheren deutschen Bibelübersetzungen? (Ja, Luther war nicht der erste, der die Bibel übersetzt hat.)

(Arbeitsgruppe: So ein Mammutprojekt kann niemand allein bewältigen.)
 
Im Mittelalter benutzte man die Vulgata, also die amtliche lateinische Übersetzung der Bibel, die Hieronymus im 4. Jhdt. ins Werk gesetzt hatte. Andere Bibelübersetzungen waren quasi nicht zu bekommen bzw. galten als unzureichend übersetzt und waren - abgesehen von der Sprachbarriere - dem Volk vorenthalten. Die Renaissance zeichnet sich u.a. durch die "Wiederentdeckung" der alten Sprachen außer dem Lateinischen aus, im MA konnte kaum ein Kleriker Griechisch oder Hebräisch. Das änderte sich ab dem dem 14. Jhdt. Das hatte durchaus auch Gründe von außen, etwa weil es aufgrund der politischen Situation im byzantinischen Reich, welches unter türkischem Druck in viele kleine Rumpfstaaten zerfiel griechische Mönche mit ihren Schriften nach Italien kamen und so der Kontakt zu den griechischen Texten wiederhergestellt wurde. Luther und Melanchthon/Schwarzerdt übersetzten nun die Bibel nicht mehr aus der Vulgata sondern aus den Urtexten.
 
Ja, das war wohl zu kryptisch.

Sie übersetzten auch anders. Sie Forschern und bedachten, was gemeint war. Das hatte Hieronymus auch getan. Nur erklärte er danach entsprechend Kenntnisse für Überflüssig für Christen. Er war dann ja auch wirklich der letzte große Philologie der antiken Tradition, etwas salopp formuliert.

Nun strebte die Kirche an, den Glauben in der jeweiligen Volkssprache zu vermitteln. Nur hatte sie damit das Problem, dass den Sprachen die philosophischen Begriffe fehlten und die Zeit sich nicht von ihren Vorstellungen lösen konnte. Daher entstanden Recht katastrophale Übersetzungen, bzw. Nacherzählungen, die den Glauben verfehlten. Die Jünger wurden zu kriegerischen Gefolgsleuten, Jesus zum Gefolgschaftsherrn. Da spielte auch keine Rolle, dass Heliand und altsächsische Genesis durchaus Kunstwerke waren. Also nahm man von diesen Übersetzungen Abstand, ja verbot Übersetzungen sogar.

In der Renaissance hatte sich das überlebt. Also gab es Übersetzung, die ganz eng an der Vulgata klebten, wörtlich und unelegant bis unlesbar übersetzten. Man wollte die Aussagen möglichst nicht verändern. Diese Übersetzungen erfuhren durchaus Verbreitung und wurden in verschiedene deutsche Dialekte weiterübersetzt, galten aber als Notbehelf oder würden ganz abgelehnt.

Luther übersetzte gemäß seiner religiösen Überzeugung elegant. Damit gab er aber auch schon die Interpretation vor. (Tekton mit Zimmermann statt Steinmetz oder Bauhandwerker setzt schon mal die Bedeutung von Kephas/Petrus als Stein herab, um ein gängiges Beispiel zu nennen. Bauhandwerker gab es damals Steinmetze und Zimmerleute. Beides nicht ganz korrekt. Der Papst hätte wohl Steinmetz gewählt, Luther bevorzugte die Bearbeitung des lebendigen Holzes, wie es ausgedrückt worden ist. Bauhandwerker oder Bauarbeiter wäre ein neuer Begriff gewesen, keine wirkliche Übersetzung und hätte Distanz geschaffen. Ich denke das Beispiel veranschaulicht die Probleme der Übersetzung eines religiösen Textes gut.)

Abgesehen vom Bemühen, die kulturellen Höhen der Antike wieder zu erklimmen oder nachzuahmen, war hier natürlich auch das neue Welt- und Menschenbild am Werk. Und die Bibelübersetzung ist nur ein Beispiel.
 
Luther übersetzte gemäß seiner religiösen Überzeugung elegant. Damit gab er aber auch schon die Interpretation vor. (Tekton mit Zimmermann statt Steinmetz oder Bauhandwerker setzt schon mal die Bedeutung von Kephas/Petrus als Stein herab, um ein gängiges Beispiel zu nennen.
Diese Argumentation ist nicht so recht nachvollziehbar. Wieso soll die Josef betreffende ÜS 'Zimmermann' [die Bedeutung von] Petrus herabgesetzt haben? Wie ändert sich die theologische Interpretation des NT, wenn man anstatt des Bauhandwerkers/Steinmetzes den Zimmermann dort stehen hat?
Im Übrigen haben die Holzarbeitervariante auch BibelÜSÜS, die unverdächtig sind, lutherisch beeinflusst zu sein: falegname im Italienischen, carpintero im Spanischen, النَّجَّارِ im Arabischen. Das sind alles Begriffe, die mit Tischler/Schreiner oder Zimmmermann übersetzt werden müssen, gleichwohl der griechische Originaltext (tekton) und selbst die Vulgata (fabri) das so nicht hergeben.
 
"Tu es Petrus." Das hat eine andere Bedeutung, je nachdem wie man den auch für Jesus wahrscheinlichen und damals als sicher angenommenen Beruf übersetzt.

Und es gibt tatsächlich Predigten, in denen es darum geht. Die Symbolik der Bearbeitung des Steins ist keine freimaurerischen Spezialität.
 
"Tu es Petrus." Das hat eine andere Bedeutung, je nachdem wie man den auch für Jesus wahrscheinlichen und damals als sicher angenommenen Beruf übersetzt.
Dazu müsste man den Satz aber seinem Kontext entreißen: "...et super hanc petram aedificabo ecclesiam meam."
"Du bist der Petrus/Fels und auf diesem Felsen will ich meine Kirche errichten."
Sollte Luther tatsächlich den tekton aus theologischen Gründen in Bezug auf diese Tu es Petrus-Evangelienstelle mit dem Holzarbeiter übersetzt haben (was ich nicht glaube, da der Holzarbeiter auch in anderen BibelÜSÜS wie oben gezeigt, eine Rolle spielt; Joseph war der Schutzpatron - eine sehr katholische Einrichtung, die Protestanten ablehnten - der Schreiner und Zimmerleute) dann wäre er aber recht stark von seiner sola scriptura-Ideologie abgerückt. Dazu hätte ich dann doch gerne mal einen belastbaren Quellenbeleg, also z.B. eine der von dir angesprochenen Predigten oder entsprechende Stellen aus der Fachliteratur.
 
Nein, das bleibt erhalten, wenn man den Kontext betrachtet. Und nein, das ist so offensichtlich, dass ich es nicht erklären muss. Es ist evident. Wer nicht darum weiß, hat sich zumindest mit der katholischen Konfession nicht wirklich beschäftigt. Es wird einem bei Messdiener-, Kommunions-, Firm- und dem schulischen Religionsunterricht geradezu eingebläut. Wenn der Stein für Dich in dem Satz -ich habe ihn wie üblich durch den Beginn zitiert, häufig sind auch nur die ersten beiden Wörter- nicht wichtig ist, kann ich es nicht erklären. Ich muss davon ausgehen, dass Du ihn einfach nicht verstehst. Vielleicht so: Dir ist doch bekannt, was ein Fundament ist?

Beispiele für die Reden vom Lebendigen Holz und vom bearbeiteten, bzw. zu bearbeitenden Stein herausziehen, habe ich nicht die Zeit. Es ging dabei aber um ein Beispiel für ein recht leichtes Übersetzungsproblem, dass Auswirkungen auf das Verständnis des gesamten Texts haben kann. Das ist es zweifellos. Damit ist der Hauptzweck der Verdeutlichung erfüllt.

Und unterstelle mir bitte nicht Dinge, die ich nie behauptet habe. Ich schrieb nur, dass Luther wohl eher das mit dem lebendigen Holz nahe lag und dem Papst die sichere Begründung seiner Stellung. Die Übersetzung ist gerade deshalb so interessant, weil sie auf den ersten Blick nichts mit dem Konflikt zu tun hat. Aber spätestens bei der Diskussion über das 'Tu es" muss auf die -zumindest für Menschen der Neuzeit- unklare Bedeutung von Tekton verwiesen werden. Nach meiner Erfahrung kommt da unweigerlich der Zimmermann.

Und das Luther auf die Bedeutung der Schrift setzte, heißt nicht, dass es nur eine Interpretation derselben gibt, oder er die einzig richtige gefunden hat. Als Übersetzer war ihm das bewusst. Was sich denn auch in seiner Wendung 'dem Volk aufs Maul schauen' äußert. Im Zweifel wird er die verständlichere, für den Durchschnitt naheliegendere Übersetzung wählen, was natürlich (erst in der Folge, der Übersetzer kennt das Original und ist von der Übersetzung unbeeinflusst!) zum Problem werden kann.

(Die Problematik wurde schon in Zeiten der Scholastik thematisiert. Über den Zusammenhang mit der Nikomachischen Ethik habe ich das als Aufhänger für ein Referat genutzt. Das ist also kein konfessioneller (laut Autokorrektur: Kinder fesselnder) Gegensatz.)
 
Nein, das bleibt erhalten, wenn man den Kontext betrachtet. Und nein, das ist so offensichtlich, dass ich es nicht erklären muss. Es ist evident.
Da ist gar nichts evident. Josef ist nicht erst seit Luther der Zimmermann, er ist es bereits das ganze Mittelalter und zwar sowohl für die Westkirche als auch für die Ostkirche (Bsp. Arabisches Kindheitsevangelium und die koptisch und arabisch vorliegende Historia Josephi Fabri Lignari)

Wer nicht darum weiß, hat sich zumindest mit der katholischen Konfession nicht wirklich beschäftigt. Es wird einem bei Messdiener-, Kommunions-, Firm- und dem schulischen Religionsunterricht geradezu eingebläut.
Was genau wird einem da eingebläut?

Wenn der Stein für Dich in dem Satz -ich habe ihn wie üblich durch den Beginn zitiert, häufig sind auch nur die ersten beiden Wörter- nicht wichtig ist, kann ich es nicht erklären. Ich muss davon ausgehen, dass Du ihn einfach nicht verstehst. Vielleicht so: Dir ist doch bekannt, was ein Fundament ist?
Danke, den Satz habe ich verstanden. Was ich nicht verstehe, ist, wie du zu der Behauptung kommst, die ÜS Zimmermann für tekton habe eine auf Petrus bezogene theologische Bedeutung. Dazu hätte ich gerne einen Quellen- oder wahlweise Literaturbeleg. Ich weiß auch nicht, warum du auf die Nachfrage so aggro reagierst.

Beispiele für die Reden vom Lebendigen Holz und vom bearbeiteten, bzw. zu bearbeitenden Stein herausziehen, habe ich nicht die Zeit. Es ging dabei aber um ein Beispiel für ein recht leichtes Übersetzungsproblem, dass Auswirkungen auf das Verständnis des gesamten Texts haben kann. Das ist es zweifellos. Damit ist der Hauptzweck der Verdeutlichung erfüllt.
Nö.

Und unterstelle mir bitte nicht Dinge, die ich nie behauptet habe.
Komm mal wieder runter. Ich habe dir gar nichts unterstellt. Ich habe nur geschrieben, dass ich dir einen Punkt nicht abnehme und dass du ihn bitte belastbar belegen sollst.

die -zumindest für Menschen der Neuzeit- unklare Bedeutung von Tekton verwiesen werden. Nach meiner Erfahrung kommt da unweigerlich der Zimmermann.
Wie gesagt... nicht erst in der Neuzeit. Bereits das gesamte Mittelalter hindurch.

Und dass Luther auf die Bedeutung der Schrift setzte, heißt nicht, dass es nur eine Interpretation derselben gibt, oder er die einzig richtige gefunden hat. Als Übersetzer war ihm das bewusst. Was sich denn auch in seiner Wendung 'dem Volk aufs Maul schauen' äußert.
Sicher, gerade deshalb war ja im Protestantismus die Lektüre der Bibel nicht den Priestern vorbehalten und die Rolle der Priester veränderte sich gegenüber der in der katholischen Kirche. Wobei das berühmte "dem Volk auf's Maul geschaut" nichts mit der Theologie zu tun hatte, sondern schlicht das gewählte sprachliche Register betraf, gewissermaßen den Soziolekt, den Luther für seine ÜS bemühte.
 
Zurück
Oben