Portugiesische Expansion, Amerika und Indien.

E

ervie

Gast
Das ist eine populäre Hypothese, für die es keinerlei belastbare Belege gibt.
Doch, gibt es: Rendel, José Ramos Coelho, Alguns documentos do archivo nacion da Tirre do Tombo (1892), S. 38 u. 40. (Quellen)
Zechlin, Egmont: Das Problem der vorkolumbianischen Entdeckung Amerikas und die Kolumbusforschung, HZ 152, S. 1-47.

Und zwar sollen Portugiesen auf unbewohntes Land gestoßen sein und zwischen 1475 wurde eine Konzession an Fernao Telles verliehen, das ihn zur Fahrt nach "bewohntes Land" berechtigt. 1484 soll man am portugiesischem Hofe gewusst haben, dass Indien auf dem Westwege nicht zu erreichen sei. Die Privilegien, die ab 1484 bis 1486 an Fernao Domingues de Arco, Fernao d'Ulmo, Joao Affonso des Estreito ausgestellt wurden, sprechen von einem Festland, in dem der portugiesische König nicht mehr Indien, sondern ein Neuland sah.

Nun sieht die Abweisung von Kolumbus auf dem portugiesischem Hofe 1484 dahingehend anders aus: Man wusste dort schon, dass Indien auf dem Wege nicht zu erreich war, wie auch, dass es jenseits des Atlantik eine neue Welt gab.
Wie kam Kolumbus zu seine Idee? Sein achtjähriger Aufenthalt in Portugal und seine Heirat mit der Tochter Perestrellos machen es wahrscheinlich, dass er über die portugiesischen Fahrten nach dem neuen Lande etwas erfahren hatte. Für Kolumbus und seinem Bruder gab es auch viele Gelegenheiten, von portugiesischen Staatsgeheimnissen zu hören. Aus dieser Erkenntnis heraus stammt die Sicherheit seines Auftretens und es ist hieraus zu erklären, dass er so unbeirrt allen Widerständen und Rückschlägen zum Trotz an seinen Plänen festhielt.

Wie hier auch schon festgestellt wurde, ist Kolumbus nicht der Entdecker Amerikas - er folgte den Spuren der Portugiesen, die vorher nach dem neuen Weltteil gelang waren. Die Portugiesen sparten sich die Entdeckung der neuen Welt auf um sich ihre Kräfte zunächst für das Wichtigere auf: der Ostweg nach Indien.

Kolumbus behält seine weltgeschichtliche Bedeutung dadurch, dass er der Mann ist, der öffentlich die Kunde von der Neuen Welt gebracht hat. Noch besser wird es, dass ihm die spanischen Entdeckungen und das spanische Kolonialreich in Südamerika zu verdanken sind. Spanien wurde, ohne selbst ein Seefahrervolk zu sein nun zur amerikanischen Kolonialmacht.
 
Doch, gibt es: Rendel, José Ramos Coelho, Alguns documentos do archivo nacion da Tirre do Tombo (1892), S. 38 u. 40. (Quellen)
Zechlin, Egmont: Das Problem der vorkolumbianischen Entdeckung Amerikas und die Kolumbusforschung, HZ 152, S. 1-47.

Und zwar sollen Portugiesen auf unbewohntes Land gestoßen sein und zwischen 1475 wurde eine Konzession an Fernao Telles verliehen, das ihn zur Fahrt nach "bewohntes Land" berechtigt. 1484 soll man am portugiesischem Hofe gewusst haben, dass Indien auf dem Westwege nicht zu erreichen sei. Die Privilegien, die ab 1484 bis 1486 an Fernao Domingues de Arco, Fernao d'Ulmo, Joao Affonso des Estreito ausgestellt wurden, sprechen von einem Festland, in dem der portugiesische König nicht mehr Indien, sondern ein Neuland sah.
ist damit Bacalao (Insel) – Wikipedia gemeint, die Kabeljau-Insel?
 
dort werdens aber auf dem Weg nach Indien nicht vorbei gekommen sein. während Brasilien recht nahe der Segelroute zum Kap Hope liegt
 
Und zwar sollen Portugiesen auf unbewohntes Land gestoßen sein und zwischen 1475 wurde eine Konzession an Fernao Telles verliehen, das ihn zur Fahrt nach "bewohntes Land" berechtigt.
In dem genannten Quellenband sind zwei Briefe vom 29. Januar 1474 (S. 38 ff) und 10. November 1475 (S. 40 ff.), in denen Fernão Telles (bzw. in der Orthographie der Dokumente Fernam Telez) zugestanden wird, dass künftig von ihm im Dienste Portugals entdeckte Inseln, die nicht in den Gewässern Guineas liegen (quaaesquer ylhas, que achar er ssy e per seus nauios ou homeens, yque a ysso amde ou que per elle as vaão buscar, com tanto que nom seiam em os mares de Guynea) ihm und seinen Erben gehören sollen, mit allem, was sie abwerfen
Dann ist noch ausdrücklich von den Sete Cidades, die man zu finden hofft, die Rede, genauso gut könnte Telles den Befehl bekommen haben, das Reich des Prietserkönigs Johannes anzugreifen, denn die Sete Cidades waren ein iberischer Mythos.
Das ganze ist ein Blankoscheck: Was du findest, nimm in Besitz.

1484 soll man am portugiesischem Hofe gewusst haben, dass Indien auf dem Westwege nicht zu erreichen sei.
Das war bis 1492 die Meinung der meisten Gelehrten, nicht nur der Portugiesen. Das war kein Geheimwissen sondern die weitgehend korrekte Kenntnis des Erdumfangs. Kolumbus dagegen stützte sich auf Toscanelli, der den Erdumfang falsch berechnet hatte. Hätte da nicht Amerika gelegen, wären Kolumbus und die seinen elendig verdurstet! Die Gelehrten der Zeit haben Kolumbus ausgelacht. Und was dir zu denken geben sollte: Kolumbus war überzeugt, den Seeweg nach Indien entdeckt zu haben - hätte er durch die Perestrello-Connection Geheimwissen aus Portugal gehabt, dann wäre ihm das nicht unterlaufen.
Kolumbus war gewissermaßen der Dorftrottel, der nach einem inexistenzen Schatz gräbt und dabei auf eine Goldader stößt.

Die Privilegien, die ab 1484 bis 1486 an Fernao Domingues de Arco, Fernao d'Ulmo, Joao Affonso des Estreito ausgestellt wurden, sprechen von einem Festland, in dem der portugiesische König nicht mehr Indien, sondern ein Neuland sah.

Das Privileg an Fernão Domingues de Arco spricht von keinem Festland sondern von einer in Zukunft neu zu entdeckenden Insel:
30. Juni 1484 (S. 56):
Dom Joham, a quamtos esta carta fazemos saber, que a os praz que achamdo Fernam Domimguez do Arco, morador na jlha da Madeyra, huũa jlja que ora vay buscar, lhe fazemos, como de fecto per esta fazemos, mereçe [Ramos Coelho gibt hier merçee, wohl ein Druckfehler] da capitania da dita jlha, na forma e maneyra que a tem Joham Gomçallvez de Camara, a capitania da dita jlha da Madeyra E por nossa lembrança e seguramça sua do dito Fernam Domimguez, lhe mandamos dar esta nossa carta pera per ella, depojs de achada a dita jlha...
Sobald Fernão Domingues de Arco dann diese Insel, die er noch nicht entdeckt hat dann doch entdeckt hat, soll er das Privileg seiner Capitania über die Insel dem Kapitän von Madeira vorlegen.

In dem Privileg für Fernão d'Ulmo vom 24. Juli 1486 (S. 86 ff) steht erneut der Mythos der Sete Cidades im Vordergrund. Noch unverblümter als die anderen Texte ist dieses Privileg eine Aufforderung etwas bestimmtes zu finden: que ora vay por capitam a descobrir a ilha das Sete Çidades per mandado del Rey nosso senhor.
Dieses Dokument und das folgende für Fernão Affonso de Estreito vom 4. August (S. 89 ff.) gehören unmittelbar zusammen.

Man muss das einordnen: Warum glaubten die Portugiesen, Inseln zu entdecken? 1419 war Madeira entdeckt worden, in den 1430ern die Azoren und in den 1450ern die kapverdischen Inseln; man rückte zudem sukzesssive immer ein Stück weiter an der afrikanischen Küste vor und rechnete natürlich mit weiteren Entdeckungen auch abseits der afrikanischen Küste

Nun sieht die Abweisung von Kolumbus auf dem portugiesischem Hofe 1484 dahingehend anders aus: Man wusste dort schon, dass Indien auf dem Wege nicht zu erreich war, wie auch, dass es jenseits des Atlantik eine neue Welt gab.
Wie gesagt, es war nicht die Kenntnis Amerikas, welche für die Portugiesen das Unternehmen Indien über den Westweg zu erreichen unmöglich machte, sondern die Entfernung. Man kannte ja den Umfang der Erdkugel. Nur sah Kolumbus das nicht ein. Der Mann hat sich im Prinzip erst in Portugal und dann in Spanien lächerlich gemacht. Dann kam das große Oha, ein kleiner Erfolg für Kolumbus, aber bald hat er sich wieder lächerlich gemacht, weil er partout nicht einsehen wollte, dass er nicht in Indien gelandet sei.
 
Hallo.
Bitte weitermachen.
Falls Ihr mal ein Stichwort braucht:
- Vertrag von Tordesillas -
Vielleicht könnte man darüber nachdenken, warum im Juni 1494 in Tordesillas die im Frühjahr des
Vorjahres vertraglich festgelegte Demarkationslinie, mit der Papst Alexander VI. die Welt in eine
portugiesische und eine spanische "Interessenszone" teilte, um etwa 1.200 km nach Westen verlegt
wurde und damit dann für Portugal die Westspitze Südamerikas mit einschloss.
Hatten die Portugiesen inzwischen neue Informationen ?
 
Was du in diesem Zusammenhang unter Westspitze Südamerikas verstehst ist mir nicht klar, abgesehen davon weiß niemand genau wann die Portugiesen ( oder auch sonstwer) Brasilien entdeckt haben.
Jedenfalls haben die Portugiesen zur Zeit der Entdeckung des Kolumbus schon 50 Jahre lang versucht Afrika zu umrunden, was auf die Schwierigkeit stößt, dass man auf Grund der Wind- und Strömungsverhältnisse im Atlantik nicht einfach die afrikanische Küste südwärts segeln kann sondern quer über den Atlantik bis mehr oder weniger nahe an die brasilianische Küste muß und dort südwärts um dann mit dem Passat zum Kap der guten Hoffnung zu segeln. ( Diese Unternehmungen waren "top secret" und es durften keine schriftlichen Aufzeichnungen verfasst werden, "offiziell" wurde die Existenz Brasiliens überhaupt erst 1507 durch einen deutschen Geographen. )
Jedenfalls lässt die Segelroute vermuten dass Brasilien in irgendeiner Form bemerkt oder berührt worden ist, möglicherweise wurde es zuerst für Inseln gehalten und als dann klar wurde dass da mehr an Land ist drängte Portugal auf die Verlegung der Grenze nach Westen.
 
....bald hat er sich wieder lächerlich gemacht, weil er partout nicht einsehen wollte, dass er nicht in Indien gelandet sei.
Beim Lesen dachte ich erst, dass er das mit der Indienroute eventuell nur vorgeschoben haben könnte um Sponsoren zu finden. Aber die Realität ist mal wieder kurioser als alle Spekulation, Dein Beitrag gibt wunderbaren Stoff für Kamingespräche.
 
Eine simple Erklärung knüpft an das an, was @balkanese bereits bemerkte: 1493/94 war seit einigen Jahren am portugiesischen Hof klar, dass die Umseglung der Südspitze Afrikas der Schlüssel zum Bypass des Roten Meeres nach Indien darstellte. Diaz hatte das Kap der Guten Hoffnung 1487/88 auf seiner Tour erreicht.

Den ausholenden Schwenk über den Südatlantik zunächst im Bogen von der afrikanischen Küste weg, dann wieder auf sie zu, vollzog Vasco da Gama 1497 nach. Diaz begleitete die Flotte bis zum "Absprung" an den Kapverdischen Inseln.

Für diese "Mechanik" des abgesegelten Bogens zur Umrundung drängte sich auf, den Stützpunkt Kapverdische Inseln territorial dadurch möglichst weit vorgeschoben abzusichern, dass die Gefahr minimiert wurde, dass hier eine weitere Insel als Absprungbrett der spanischen Sphäre zugeschlagen würde.

Die Westverschiebung der Trennungslinie macht bereits nautisch abgesichert viel Sinn, wenn es den Portugiesen "nur" um die bevorstehende Umrundung der Südspitze Afrikas zwecks Erreichen von Indien über den östlichen Seeweg ging (und der Weg über den Westen ohnehin unrealistisch weit war, siehe Hinweis von ElQ).

zu dem Kontext:
Thomaz, Factions, interests and messianism: The politics of Portuguese expansion in the east, 1500--1521, IESHR 1991, S. 97ff.
und selbst mit einer "geographischen Vision" von einer "Insel Brasilien" wäre es dann bei der Westverschiebung doch um den Seeweg nach Indien um Afrika herum gegangen (und nicht bereits um das Topfschlagen auf eine "geographische Vision Südamerika"):
Disney, A History of Portugal and the Portuguese Empire - From Beginnings to 1807 - Volume 2: The Portuguese Empire, so ab S. 286 zu verstehen.
 
Die Ostspitze war ja schon im ersten Vertrag bei Portugal,

und ganz so ein Kasperl war der Kolumbus vielleicht doch nicht, einerseits hat er den Erdumfang nicht selbst berechnet sondern sich auf vorliegendes Material gestützt, die diversen Umrechnungsfehler hat er ja nicht erkennen können, und anderseits haben Geografen damals schon eine zumindest vage Vorstellung von der Entfernung nach Indien oder China gehabt, wenn Kolumbus dann vom ( zu geringen) Erdumfang die Entfernung abzieht, die er ( geschätzterweise ) zurückgelegt hat und noch dazu die Entfernung Indiens von Europa in Ostrichtung dann wird sich die Rechnung schon so circa ausgegangen sein, also er hat sich nicht eingebildet er sei in Asien sondern er hat das ausgerechnet.
 
Vielleicht könnte man darüber nachdenken, warum im Juni 1494 in Tordesillas die im Frühjahr des
Vorjahres vertraglich festgelegte Demarkationslinie, mit der Papst Alexander VI. die Welt in eine
portugiesische und eine spanische "Interessenszone" teilte, um etwa 1.200 km nach Westen verlegt
wurde und damit dann für Portugal die Westspitze Südamerikas mit einschloss.
Hatten die Portugiesen inzwischen neue Informationen ?
Es reichte doch, dass sie wussten, das Kolumbus auf Land gestoßen war. Immerhin erreichte er das europäische Festland nach seiner ersten Amerika-Fahrt in Lissabon, wo er sofort Kontakt mit dem portugiesischen König aufnahm. Zuvor war er bereits auf den Azoren gewesen. In der Paraphrase von Bartolomé de las Casas lautet das so:
Lunes, 18 de febrero [...] Después del sol salido, llegó otra vez de la parte del Norte de la isla, y donde le pareció surgió con un anda, y envió la barca en tierra y hubieron habla con la gente de la isla, y supieron cómo era la isla de Santa María, una de las de los Azores, y enseñáronles el puerto donde habían de poner la carabela; y dijo la gente de la isla que jamás habían visto tanta tormenta como la que había hecho los quince días pasados y que se maravillaban cómo habían escapado; los cuales dice que dieron gracias a Dios e hicieron muchas alegrías por las nuevas que sabían de haber el Almirante descubierto las Indias. [...]
Martes, 19 de febrero Después del sol puesto, vinieron a la ribera tres hombres de la isla y llamaron. Envióles la barca, en la cual vinieron y trajeron gallinas y pan fresco, y era día de Carnestolendas, y trajeron otras cosas que enviaba el capitán de la isla, que se llamaba Joáo da Castanheira, diciendo que lo conocía muy bien y que por ser noche no venía a verlo; [...] El Almirante mandó hacer mucha honra a los mensajeros [...] Viendo que era tierra segura, y confiando en las ofertas del capitán y en la paz que tenía Portugal con Castilla, rogó a los tres hombres que se fuesen a la población e hiciesen venir un clérigo para que les dijese una misa. [...]​
Hier kommt es zum Konflikt, den ich aufgrund der Länge und des friedlichen Ausgangs nicht weiter darstelle.

Miércoles, 20 de febrero Mandó aderezar el navío y henchir las pipas de agua de la mar por lastre, porque estaba en muy mal puerto y temió que se le cortasen las amarras, y así fue; por lo cual dio la vela hacia la isla de San Miguel, aunque en ninguna de la de los Azores hay buen puerto para el tiempo que entonces hacía, y no tenía otro remedio sino huir a la mar. [...]

Lunes, 4 de marzo Anoche padecieron terrible tormenta, que se pensaron perder de las mares de dos partes que venían y los vientos, que parecía que levantaban la carabela en los aires, y agua del cielo y relámpagos de muchas partes; [...] Venido el día, conoció la tierra, que era la Roca de Sintra, que es junto con el río de Lisboa, adonde determinó entrar, [...] Luego escribió el Almirante al Rey de Portugal, que estaba a nueve leguas de allí, [...] que el Rey le mandase dar lugar para ir con la carabela a la ciudad de Lisboa,
Nach mehreren Tagen in Lissabon, wo Kolumbus sowohl von der portugiesischen Bevölkerung neugierig begafft wurde (Eintrag 6. März: "Sabido cómo el Almirante venía de las Indias, hoy vino tanta gente a verlo y a ver los indios, de la ciudad de Lisboa, que era cosa de admiración, y las maravillas que todos hacían, dando gracias a Nuestro Señor y diciendo que, por la gran fe que los Reyes de Castilla tenían y deseo de servir a Dios, que Su Alta Majestad los daba todo esto.") und schließlich am 9. März vom König emfangen wurde ("y el Rey también le recibió con mucha honra y le hizo mucho favor y mandó sentar y habló muy bien, ofreciéndole que mandaría hacer todo lo que a los Reyes de Castilla y a su servicio cumpliese cumplidamente y más que por cosa suya"), ging es dann endlich weiter nach Spanien, wo die Katholischen Könige längst von Boten des portugiesischen Königs von der Ankunft Kolumbus' informiert worden waren. Es reichte zu wissen, dass dort Inseln waren, auf denen Gold, exotische Früchte und zu beherrschende Untertanen zu finden wären, dass die Porugiesen ein Interesse daran hatten, ihr Territorium möglichst weit auszuweiten, ohne, dass sie tatsächlich schon selbst auf Land gestoßen wären. Sie hatten die Infos aus erster Hand, von Kolumbus selbst.
 
ganz so ein Kasperl war der Kolumbus vielleicht doch nicht, einerseits hat er den Erdumfang nicht selbst berechnet sondern sich auf vorliegendes Material gestützt, die diversen Umrechnungsfehler hat er ja nicht erkennen können,
Er wurde mehrfach auf seinen bzw. Toscanellis Fehler hingewiesen!
Es wird immer geglaubt "die Kirche" sei von der Kugelgestalt der Erde nicht überzeugt gewesen. Aber das ist Quatsch. Die Kirche und die Gelehrten wussten von der Kugelgestalt und kannten ihren Umfang. 1486 übergaben die Katholischen Könige, die selbst mit der Eroberung des Königreichs Granada beschäftigt waren, den Fall Kolumbus einer Expertenkommission, der Junta examinadora, die mit Kolumbus diskutierte und ihn mehrfach, in Salamanca 1486 und in Córdoba 1487 auf die Unmöglichkeit seines Unterfangens hinwies.

und anderseits haben Geografen damals schon eine zumindest vage Vorstellung von der Entfernung nach Indien oder China gehabt, wenn Kolumbus dann vom ( zu geringen) Erdumfang die Entfernung abzieht, die er ( geschätzterweise ) zurückgelegt hat und noch dazu die Entfernung Indiens von Europa in Ostrichtung dann wird sich die Rechnung schon so circa ausgegangen sein, also er hat sich nicht eingebildet er sei in Asien sondern er hat das ausgerechnet.
Und immer noch falsch gerechnet. Natürlich. Kolumbus zitiert ja immer wieder einen der bekanntesten und verbreitetsten Texte des Spätmittelalters, Marco Polo. Er benennt die von ihm gesuchten Inseln nach Inselnamen, die er von Marco Polo hat.
Logbuch vom 13. Oktober, einen Tag nach der Entdeckung Amerikas: Mal schauen ob ich nicht Cipango finde: "Y también aquí nace el oro que traen colgado a la nariz; más, por no perder tiempo quiero ir a ver si puedo topar a la isla de Cipango."
 
Vielleicht sollte erwähnt werden, dass es bei dem Vertrag auch um die Verhinderung militärischer Auseinandersetzungen und eine tragfähige Lösung ging.

Vielleicht, aber unwahrscheinlich, ward der portugiesische Zipfel vergrößert, um sicher zu gehen, dass dort eine 'lebensfähige Kolonie' eingerichtet werden konnte.

Wie ich schon schrieb, ist es wahrscheinlicher, dass die Portugiesen von einer Inselgruppe ausgingen, die sie ganz als Station nutzen wollten.

Oder Portugal sah sich zusehr zurückgesetzt, weil die Bestimmung, die ihnen die Südhälfte des Atlantiks zusprach, zu sehr eingegrenzt wurde.

Eine Kenntnis von Festland war jedenfalls nicht für den portugiesischen Protest notwendig.
 
Eine Kenntnis von Festland war jedenfalls nicht für den portugiesischen Protest notwendig.

Zumal es drei Dokumente zur ersten Anlandung von Portugiesen in Brasilien gibt. Der Bericht des anonymen Steuermanns (Relação do piloto anônimo), ein Brief des Kapitäns Pe(d)ro de Caminha, den dieser nach der Entdeckung Brasiliens am 1. Mai in Brasilien (damals noch Ilha de Vera Cruz, da man die Größe des Terrotoriums noch nicht durchschaut hatte) schrieb; danach begab man sich via Kap der Guten Hoffnung auf die Weiterreise und Pe(d)ro de Caminha starb in Indien. Das dritte Dokument ist der Brief des Mestre João, der sehr interessant ist, weil er Aufschluss über die Methoden der Ortsbestimmung gibt:

ayer segunda feria que fueron 27 de abril descendimos em terra yo e el, pyloto do capitan moor e el pyloto de Sancho de touar e tomamos el altura del sol al medyodya e fallamos 56 grados e la sonbra era septentrional por lo qual segund las reglas del estrolabio jusgamos ser afastados de la equinocial por 17 grados, e por consyguiente tener el altura del polo antarctico en 17 grados, segund que es magnifiesto en el espera e esto es quanto alo uno, por lo qual sabra vosa alteza que todos los pylotos van adiante de mi en tanto que pero escolar va adiante 150 leguas e otros mas e otros menos: pero quien disse la verdad non se puede certyficar fasta que en boa ora allegemos al cabo de boa esperança e ally sabremos quien va mas cierto ellos con la carta e con el estrolabio:

Die beiden Briefe sind noch während der Reise entstanden, deren Ende Pe(d)ro de Caminha, als Verfasser eines der beiden ja auch nicht mehr erlebte.
 
Sorry. Ich dachte natürlich an die Ostspitze Südamerikas.
Und es fühlt sich für den Beobachter halt seltsam an. Als ob die Portugiesen in den 13 Monaten zwischen den beiden Verträgen ( Mai 1493 / Juni 1494 ) neue Erkenntnisse erhalten hätten. Habe mich über die aufklärenden Beiträge sehr gefreut. Mir wird jetzt klar, dass die Portugiesen von einer Westverschiebung der Demarkationslinie in jedem Fall profitieren würden.
 
Zuletzt bearbeitet:
Von wann sind denn die Dokumente?

1497? - Vasco da Gama?
1500? Cabral?
Im April 1500 landeten die Portugiesen abgeschlagen durch einen Sturm in Brasilien, dass sie damals als Ilha da Vera Cruz bezeichneten und der Brief von Pero de Caminha datiert vom 1. Mai 1500. Der Brief des Mestre João ist undatiert, aber als tpq können wir - siehe obiges Zitat - den 27. April ansetzen.
Die Relação ist ein 1507 publizierter Bericht, also der einzige, der eine Breitenwirkung hatte.

Und es fühlt sich für den Beobachter halt seltsam an. Als ob die Portugiesen in den 13 Monaten zwischen den beiden Verträgen ( Mai 1493 / Juni 1494 ) neue Erkenntnisse erhalten hätten.
Es ist ja nicht so, dass die Linie 1493 bilateral zwischen den beiden Staaten Spanien und Portugal festgelegt worden wäre. Es war der Papst der sie festgelegt hatte. Die Portugiesen wollten halt ein Stückchen mehr vom Kuchen, obwohl sie noch nicht wussten, wie er wohl schmecken würde. Hätte es kein Land in dem erweiterten Bereich gegeben, hätten sie nichts verloren, dadurch dass es aber solches gab - eben Brasilien - hatten sie viel gewonnen.
 
Im April 1500 landeten die Portugiesen abgeschlagen durch einen Sturm in Brasilien, dass sie damals als Ilha da Vera Cruz bezeichneten und der Brief von Pero de Caminha datiert vom 1. Mai 1500. Der Brief des Mestre João ist undatiert, aber als tpq können wir - siehe obiges Zitat - den 27. April ansetzen.
Die Relação ist ein 1507 publizierter Bericht, also der einzige, der eine Breitenwirkung hatte.

Ich hatte nachgefragt, weil diese Berichte dann in keinem Zusammenhang (eines faktisch entdeckten Küstenstreifen Brasilien) in Bezug auf die Westverschiebung der Grenze stehen und als Motiv dienen können.

Die Eingangsfrage bezog sich ja darauf, ob die "mögliche Kenntnis" von Brasilien und das Sichern eines größeren Kuchenstückes (von Südamerika) mit der Westverschiebung überhaupt zu tun habe.

1. nachgewiesen ist für 1493/4 keine Kenntnis Portugals für eine "Insel" oder Küstenstrich westlich der Kapverden innerhalb der fraglichen Trennlinien. Eine streng geheime Kenntnis ist reine Spekulation.

2. die Verschiebung macht bereits allein Sinn aus der Sicherung des Seeweges zum KdGH, wenn die Afrika-Umseglung feststand (was der Fall war), dies wiederum in direktem Zusammenhang mit dem östlichen Seeweg nach Indien stand (genau deshalb versuchte man die nämlich Umrundung).

3. der Sinn wird verstärkt, wenn die Portugiesen mit einem Küstenstrich innerhalb der territorialen Folgen der Westverschiebung der Trennlinie rechnen mussten, bzw. sie nicht ausschließen konnten. Läge diese (hypothetische) "Insel" auf der spanischen Seite, hätten die Spanier ebenfalls eine Absprungbasis für die Südumseglung Afrikas nach Indien erworben. Bei der Westverschiebung wäre es also auch in dieser Variante ausschließlich um das erfolgreiche "Abdrängen" der Spanier vom KdGH/Seeweg Indien gegangen.

Irgendein Motiv muss es gegeben haben, schließlich haben sich die Portugiesen ins Zeug gelegt, die Westverschiebung zu erreichen.
 
Dazu

"By the terms of this agreement Portugal retained its claims to lands and oceans up to a line 370 leagues west of Cape Verde while Castile could claim rights over lands and oceans to the west of this line. João’s negotiators had demanded a line so far to the west because they understood the importance of the circulating wind system of the Atlantic*, but this has given rise to the theory that João already knew about the existence of land to the west which would fall within his half of the world. In 1500 it was discovered that the eastern parts of Brazil did indeed fall in Portugal’s sphere."

* und dieses bekannnte, zwingend zu nutzende Windsystem bezieht sich auf die erfolgreiche Umrundung des KdGH nach Indien.

Newitt, A History of Portuguese Overseas Expansion 1400–1668, S. 53.

Der dortige Verweis auf Cabrals Reise 1500 betrifft dessen Instruktionen, den bekannten ausholenden Bogen-Routen zur Umseglung des KdGH nach Indien zu folgen ...

Diffie/Winius, Foundations of the Portuguese Empire, 1415-1580, dort zur Fußnote (Verweis S. 172/74) zusätzlich die Beschreibung der Routenwahl (in 1500) Cabrals S. 189/91:

Failing to find the lost ship, Cabral sailed on, carried by the northeasterlies until, supposedly according to da Gama's instructions, he crossed the equator, and reached the area of the "scant winds," i.e., the southeasterlies. With these winds on his bow, he sailed a generally southwesterly course with the intention of making a position with the Cape of Good Hope directly to the east where he could pick up westerly winds to take him around the Cape.
 
... weil diese Berichte dann in keinem Zusammenhang (eines faktisch entdeckten Küstenstreifen Brasilien) in Bezug auf die Westverschiebung der Grenze stehen und als Motiv dienen können.
Genauso ist es.

Die Eingangsfrage bezog sich ja darauf, ob die "mögliche Kenntnis" von Brasilien und das Sichern eines größeren Kuchenstückes (von Südamerika) mit der Westverschiebung überhaupt zu tun habe.

1. nachgewiesen ist für 1493/4 keine Kenntnis Portugals für eine "Insel" oder Küstenstrich westlich der Kapverden innerhalb der fraglichen Trennlinien. Eine steeng geheime Kenntis ist Spekulation.
Im Prinzip kann man mit den beiden erst von Historikern im 19. Jhdt. veröffentlichten Briefen von 1500 und dem 1507 veröffentlichten Bericht sogar ziemlich sicher sagen, dass die Portugiesen zuvor keine Kenntnis hatten. Eigentlich haben sich mit diesen Dokumenten alle Spekulationen erledigt.

Irgendein Motiv muss es gegeben haben, schließlich haben sich die Portugiesen ins Zeug gelegt, die Westverschiebung zu erreichen.
Ich glaube noch nicht, dass hier der Hintergedanke der der Monopolstellung in der Afrikaumseglung war. Damals war ja noch Venedig führend im Indienhandel, der über Alexandria und Aleppo abgewickelt wurde. Ich glaube nicht, dass die Portugiesen ernsthaft geglaubt haben, die Konkurrenz vom Markt zu drängen, sondern eher, dass sie die Araber und Venezianer als Zwischenhändler für den eigenen Bedarf ausschalten und Konkurrenz werden wollten. Es reicht also als Motiv schon die Möglichkeit, dass irgendwo eine Insel mit Holz, Frischwasser und vielleicht einer zu beherrschenden Bevölkerung gelegen hätte, die man sich so hätte einverleiben können.
 
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