Die Theorie der Entstehung der modernen Freimaurerei (im folgenden auch: FM) aus dem Templerorden wurde im Jahr 1737 durch den schottischen Freimaurer Andrew Michael Ramsay in Umlauf gesetzt und hat sich bis heute hartnäckig gehalten, kann nach aktuellem Wissensstand aber nicht zweifelsfrei belegt werden. Bekanntlich war der wohlhabende und hochangesehene Templerorden, entstanden im frühen 12. Jahrhundert als militärische Schutztruppe für das eroberte Jerusalem, zu Beginn des 14. Jahrhunderts beim französischen König Philip IV., genannt "der Schöne", in Ungnade gefallen, weil ihm die Aufnahme versagt worden war und, nicht minder motivierend, die Reichtümer des Ordens eine Verlockung darstellten, welcher "der Schöne" nicht widerstehen konnte.
In Kooperation mit Papst Clemens V. unterdrückte und verbot der König den Orden und ließ zahlreiche Mitglieder, darunter ihr Oberhaupt Jacques de Molay, durch Folter zu grotesken ´satanistischen´ Geständnissen zwingen und, nachdem die meisten, auch Molay, ihr Geständnis unter Hinweis auf die Folter widerrufen hatten, in Paris verbrennen. Der Legende nach flohen viele Templer als Freimaurer (jener Zeit, wohlgemerkt) getarnt nach Schottland, wo der Templerorden in den folgenden vier Jahrhunderten als Teil von Freimaurerbünden und unter dem Schutz der schottischen Könige zu überleben vermochte und die FM zunehmend templerisch prägte, was aber, wie gesagt, nicht konkret belegbar ist, auch wenn für die behauptete Schutzhaltung der schottischen Könige die faktische traditionelle Wertschätzung der FM durch die Stuart-Dynastie spricht. Auch die Theorie, dass das Ordensverbot mit einem angeblich im Orient erworbenen ´esoterischen´ und also häretischen Wissen zusammenhängt, ist unbelegbar. Nichts spricht dafür, dass die Templer eine vom orthodoxen Katholizismus abweichende Lehre vertraten.
Eine anders gelagerte Entstehungstheorie, von Robert Freke Gould, einem Mitbegründer der englischen Forschungsloge Quator Coronati in den 1880ern vorgebracht, unterscheidet zwischen einer mittelalterlichen ´operativen´ und einer von Jean-Theopile Desaguliers und James Anderson (zu beiden später noch mehr) im Jahr 1717 ins Leben gerufenen ´spekulativen´ Freimaurerei. Erstere sei die Erscheinungsform der FM bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts gewesen und habe keinerlei ´spekulative´, also religiös-symbolisierende Elemente enthalten. Letztere dagegen habe, wie der Name schon sagt, im Zuge der Logenaufnahme vieler gebildeter Aristokraten das spekulative Moment in die Freimaurerei eingeführt, d.h. das Maurerhandwerk und seine Werkzeuge religiös-symbolisch interpretiert.
Die Gould´sche Unterscheidung war noch bis vor wenigen Jahrzehnten unumstritten, wird heute auch von freimaurerischen Historikern aber als übermäßige Vereinfachung angesehen. Es war wohl genau umgekehrt: Gerade weil die FM vom Start weg spekulative Elemente enthielt (aber nicht nur deswegen), zog sie im 18. Jahrhundert zahlreiche Aristokraten und auch einige Monarchen an, z.B. Friedrich II. von Preußen und Kaiser Joseph II.. So oder so - die Aktivitäten von Desaguliers und Anderson ab 1717 bedeuteten eine wesentliche Zäsur in der Freimaurergeschichte.
Die FM ab dieser Zäsur nenne ich also nicht ´spekulative´, sondern ´moderne Freimaurerei´.
Wie für das Mittelalter nicht anders zu erwarten, hatte die ursprüngliche freimaurerische Weltanschauung eine strikt christliche Orientierung. Weil aber nur Texte aus dem Alten Testament (vor allem aus ´Könige´ und ´Chroniken´) explizit zugrunde gelegt wurden, kam es im frühen 19. Jahrhundert zu der irrigen Annahme, die weltanschauliche Basis der Freimaurerei sei in Wahrheit jüdisch und nicht christlich und die FM somit ein Produkt des Judentums. Daher bildete sich um 1830 im Anschluss an Napoleons - vom freimaurerischen Kaiser Joseph II. mit seinem ´Toleranzpatent´ von 1782 vorbereitete - emanzipierende Aufwertung des Judentums (1807) in anti-revolutionären Kreisen die Theorie einer jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung und in deren Folge schließlich die Judenparanoia des Nationalsozialismus. Gegen einen freimaurerischen Judaismus im 18. Jahrhundert spricht aber folgendes: Es gab in der FM keine Beziehungen, auch keine literarischen, zum rabbinischen Judentum dieser Zeit, und es wurde nicht aus dem Tanach, sondern aus dem AT der King-James-Bibel zitiert. Auf die jüdischen Kernmythen Exodus und Sinai-Offenbarung wurde nie angespielt. Die schwache soziale Stellung der Juden bis zu Napoleons Intervention hätte es ohnehin nicht zugelassen, eine kulturell und politisch so einflussreiche Institution wie die FM des 18. Jahrhunderts hervorzubringen oder zumindest entscheidend zu prägen.
(Unbestätigten Gerüchten zufolge soll Napoleon ein Freimaurer gewesen sein; bei mindestens drei von seinen vier Brüdern war dies der Fall; auch seine Gattin Josephine – ihr erster Ehemann war Freimaurer - trat höchstwahrscheinlich einer Straßburger (Frauen-)Loge bei. Der Anteil der Freimaurer unter Napoleons Marschällen und Offizieren war sehr hoch.)
Ein freimaurerischer Kernbegriff ist der ´Great Architect of the Universe´ (G.A.O.T.U.), den Jean-Theopile Desaguliers, ein Mitarbeiter Isaac Newtons, angeregt durch Thomas von Aquin, Johannes Calvin und Newton, geprägt hat. Er umschreibt allegorisch ein ´höchstes Wesen´ in seiner Funktion als Baumeister des Universums. Eskalierende Konflikte zwischen der römisch-katholischen Kirche und dem französischen Freimaurertum im 19. Jahrhundert veranlassten 1877 die französische Großloge ´Grand Orient de France´ aber dazu, das rituelle Bekenntnis zu einem GAOTU (und zur Unsterblichkeit der Seele) als Bedingung für einen Logenbeitritt abzuschaffen, um auch Atheisten die Aufnahme zu ermöglichen, was wiederum einen Bruch mit der in diesem Punkt konservativen englischen Großloge ´United Grand Lodge of England´ herbeiführte. Die Allegorie des ´Architekten´ verdankt sich natürlich der Herkunft der FM aus dem Bauwesen.
Ein weiteres zentrales freimaurerisches Symbol ist der in ´Könige´ beschriebene mythische ´Tempel Salomos´ als Allegorie für die Freimaurergemeinschaft oder, umgreifender, für eine kosmopolitische Menschheit, die aus lebenden Steinen gebaut ist und das utopische Ziel jeder FM-Aktivität darstellt. Das Bild geht implizit auf paulinische Ideen zurück, wie sie z.B. in 1 Kor 3,16 ausgeführt werden (Rede an die Gemeinde: “Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid?”).
Zwei wesentliche Voraussetzungen für die Herausbildung der modernen FM waren (1) die europäische Aufklärung und (2) der Exodus der französischen Calvinisten (= Hugenotten).
(1)
Um die Mitte des 17. Jahrhunderts setzte in Europa eine philosophische Entwicklung ein, die als ´Aufklärung´ bekannt ist und zunächst in den Schriften von Thomas Hobbes und Herbert von Cherbury (beide England) und Baruch Spinoza (Holland) zum Ausdruck kam. Ihren im einzelnen sehr unterschiedlichen Ansätzen ist die Kritik an den ´abergläubischen´ Aspekten des Christenglaubens gemeinsam, die in einem Jahrhundert, das die Naturwissenschaft wiederentdeckt hat, den Ansprüchen einer rationalen, d.h. auf Begründbarkeit basierenden Vernunft nicht mehr genügen konnten. Zu akzeptieren war aus Sicht dieser Denker und ihrer Anhänger in der Bibel nur, was für die Vernunft einsichtig und von keiner mysteriösen ´Offenbarung´ abhängig ist. Auf dieser Grundlage bildete sich der Deismus heraus, dem einige Protagonisten der Aufklärung anhingen (z.B. Collins und die Freimaurer Voltaire und Montesquieu), sowie ein an Spinoza anknüpfender Pantheismus (z.B. Toland, de Missy) und ein durch Newtons ´Principia´ (1687) inspirierter vitalistisch-materialistischer Atheismus (z.B. der Freimaurer-nahe Diderot und der Freimaurer d´Holbach).
(2)
Die zweite Voraussetzung ergab sich aus der Entscheidung von Louis XIV., das 1598 erlassene Edikt von Nantes, welches den Hugenotten (= französische Calvinisten) zumindest auf dem Papier eine eingeschränkte Glaubensfreiheit zubilligte, auf Drängen des Papstes im Jahr 1685 durch das Edikt von Fontainebleau zu widerrufen und die Hugenotten, sofern sie nicht zum Katholizismus konvertierten, auf diese Weise zu kriminalisieren. Sich dem Religionsverbot durch Emigration zu entziehen, war bei Strafe von Galeere oder Exekution untersagt, was mehrere 100.000 Hugenotten nicht davon abhielt, sich in die Nachbarländer Schweiz, Deutschland, Holland, England/Schottland sowie nach Amerika und Südafrika abzusetzen. Der Grund für das Emigrationsverbot waren befürchtete wirtschaftliche Einbußen durch einen Verlust der für ihre Geschäftstüchtigkeit bekannten Hugenotten.
Der von Max Weber in seiner "Protestantischen Ethik" postulierte Zusammenhang zwischen Protestantismus und Kapitalismus ist, worauf Weber unmissverständlich hinweist, nicht unmittelbar in der protestantischen Lehre angelegt, sondern rein äußerlicher Natur: Durch ihre Forderung nach Verzicht auf weltlichen Luxus begünstigt diese Ethik das Investment erwirtschafteter Gewinne in das Unternehmen statt in ´verschwenderische´ Lebensführung und optimiert so die ökonomische Effektivität. Die Ethik der ´harten Arbeit´ hat sich auch in dem von Protestanten entworfenen freimaurerischen Ritual und dessen Forderung nach Disziplin, Zielstrebigkeit, Ausdauer, Gewissenhaftigkeit und zwischenmenschlichem Anstand niedergeschlagen.
In Kooperation mit Papst Clemens V. unterdrückte und verbot der König den Orden und ließ zahlreiche Mitglieder, darunter ihr Oberhaupt Jacques de Molay, durch Folter zu grotesken ´satanistischen´ Geständnissen zwingen und, nachdem die meisten, auch Molay, ihr Geständnis unter Hinweis auf die Folter widerrufen hatten, in Paris verbrennen. Der Legende nach flohen viele Templer als Freimaurer (jener Zeit, wohlgemerkt) getarnt nach Schottland, wo der Templerorden in den folgenden vier Jahrhunderten als Teil von Freimaurerbünden und unter dem Schutz der schottischen Könige zu überleben vermochte und die FM zunehmend templerisch prägte, was aber, wie gesagt, nicht konkret belegbar ist, auch wenn für die behauptete Schutzhaltung der schottischen Könige die faktische traditionelle Wertschätzung der FM durch die Stuart-Dynastie spricht. Auch die Theorie, dass das Ordensverbot mit einem angeblich im Orient erworbenen ´esoterischen´ und also häretischen Wissen zusammenhängt, ist unbelegbar. Nichts spricht dafür, dass die Templer eine vom orthodoxen Katholizismus abweichende Lehre vertraten.
Eine anders gelagerte Entstehungstheorie, von Robert Freke Gould, einem Mitbegründer der englischen Forschungsloge Quator Coronati in den 1880ern vorgebracht, unterscheidet zwischen einer mittelalterlichen ´operativen´ und einer von Jean-Theopile Desaguliers und James Anderson (zu beiden später noch mehr) im Jahr 1717 ins Leben gerufenen ´spekulativen´ Freimaurerei. Erstere sei die Erscheinungsform der FM bis zu Beginn des 18. Jahrhunderts gewesen und habe keinerlei ´spekulative´, also religiös-symbolisierende Elemente enthalten. Letztere dagegen habe, wie der Name schon sagt, im Zuge der Logenaufnahme vieler gebildeter Aristokraten das spekulative Moment in die Freimaurerei eingeführt, d.h. das Maurerhandwerk und seine Werkzeuge religiös-symbolisch interpretiert.
Die Gould´sche Unterscheidung war noch bis vor wenigen Jahrzehnten unumstritten, wird heute auch von freimaurerischen Historikern aber als übermäßige Vereinfachung angesehen. Es war wohl genau umgekehrt: Gerade weil die FM vom Start weg spekulative Elemente enthielt (aber nicht nur deswegen), zog sie im 18. Jahrhundert zahlreiche Aristokraten und auch einige Monarchen an, z.B. Friedrich II. von Preußen und Kaiser Joseph II.. So oder so - die Aktivitäten von Desaguliers und Anderson ab 1717 bedeuteten eine wesentliche Zäsur in der Freimaurergeschichte.
Die FM ab dieser Zäsur nenne ich also nicht ´spekulative´, sondern ´moderne Freimaurerei´.
Wie für das Mittelalter nicht anders zu erwarten, hatte die ursprüngliche freimaurerische Weltanschauung eine strikt christliche Orientierung. Weil aber nur Texte aus dem Alten Testament (vor allem aus ´Könige´ und ´Chroniken´) explizit zugrunde gelegt wurden, kam es im frühen 19. Jahrhundert zu der irrigen Annahme, die weltanschauliche Basis der Freimaurerei sei in Wahrheit jüdisch und nicht christlich und die FM somit ein Produkt des Judentums. Daher bildete sich um 1830 im Anschluss an Napoleons - vom freimaurerischen Kaiser Joseph II. mit seinem ´Toleranzpatent´ von 1782 vorbereitete - emanzipierende Aufwertung des Judentums (1807) in anti-revolutionären Kreisen die Theorie einer jüdisch-freimaurerischen Weltverschwörung und in deren Folge schließlich die Judenparanoia des Nationalsozialismus. Gegen einen freimaurerischen Judaismus im 18. Jahrhundert spricht aber folgendes: Es gab in der FM keine Beziehungen, auch keine literarischen, zum rabbinischen Judentum dieser Zeit, und es wurde nicht aus dem Tanach, sondern aus dem AT der King-James-Bibel zitiert. Auf die jüdischen Kernmythen Exodus und Sinai-Offenbarung wurde nie angespielt. Die schwache soziale Stellung der Juden bis zu Napoleons Intervention hätte es ohnehin nicht zugelassen, eine kulturell und politisch so einflussreiche Institution wie die FM des 18. Jahrhunderts hervorzubringen oder zumindest entscheidend zu prägen.
(Unbestätigten Gerüchten zufolge soll Napoleon ein Freimaurer gewesen sein; bei mindestens drei von seinen vier Brüdern war dies der Fall; auch seine Gattin Josephine – ihr erster Ehemann war Freimaurer - trat höchstwahrscheinlich einer Straßburger (Frauen-)Loge bei. Der Anteil der Freimaurer unter Napoleons Marschällen und Offizieren war sehr hoch.)
Ein freimaurerischer Kernbegriff ist der ´Great Architect of the Universe´ (G.A.O.T.U.), den Jean-Theopile Desaguliers, ein Mitarbeiter Isaac Newtons, angeregt durch Thomas von Aquin, Johannes Calvin und Newton, geprägt hat. Er umschreibt allegorisch ein ´höchstes Wesen´ in seiner Funktion als Baumeister des Universums. Eskalierende Konflikte zwischen der römisch-katholischen Kirche und dem französischen Freimaurertum im 19. Jahrhundert veranlassten 1877 die französische Großloge ´Grand Orient de France´ aber dazu, das rituelle Bekenntnis zu einem GAOTU (und zur Unsterblichkeit der Seele) als Bedingung für einen Logenbeitritt abzuschaffen, um auch Atheisten die Aufnahme zu ermöglichen, was wiederum einen Bruch mit der in diesem Punkt konservativen englischen Großloge ´United Grand Lodge of England´ herbeiführte. Die Allegorie des ´Architekten´ verdankt sich natürlich der Herkunft der FM aus dem Bauwesen.
Ein weiteres zentrales freimaurerisches Symbol ist der in ´Könige´ beschriebene mythische ´Tempel Salomos´ als Allegorie für die Freimaurergemeinschaft oder, umgreifender, für eine kosmopolitische Menschheit, die aus lebenden Steinen gebaut ist und das utopische Ziel jeder FM-Aktivität darstellt. Das Bild geht implizit auf paulinische Ideen zurück, wie sie z.B. in 1 Kor 3,16 ausgeführt werden (Rede an die Gemeinde: “Wisset ihr nicht, dass ihr Gottes Tempel seid?”).
Zwei wesentliche Voraussetzungen für die Herausbildung der modernen FM waren (1) die europäische Aufklärung und (2) der Exodus der französischen Calvinisten (= Hugenotten).
(1)
Um die Mitte des 17. Jahrhunderts setzte in Europa eine philosophische Entwicklung ein, die als ´Aufklärung´ bekannt ist und zunächst in den Schriften von Thomas Hobbes und Herbert von Cherbury (beide England) und Baruch Spinoza (Holland) zum Ausdruck kam. Ihren im einzelnen sehr unterschiedlichen Ansätzen ist die Kritik an den ´abergläubischen´ Aspekten des Christenglaubens gemeinsam, die in einem Jahrhundert, das die Naturwissenschaft wiederentdeckt hat, den Ansprüchen einer rationalen, d.h. auf Begründbarkeit basierenden Vernunft nicht mehr genügen konnten. Zu akzeptieren war aus Sicht dieser Denker und ihrer Anhänger in der Bibel nur, was für die Vernunft einsichtig und von keiner mysteriösen ´Offenbarung´ abhängig ist. Auf dieser Grundlage bildete sich der Deismus heraus, dem einige Protagonisten der Aufklärung anhingen (z.B. Collins und die Freimaurer Voltaire und Montesquieu), sowie ein an Spinoza anknüpfender Pantheismus (z.B. Toland, de Missy) und ein durch Newtons ´Principia´ (1687) inspirierter vitalistisch-materialistischer Atheismus (z.B. der Freimaurer-nahe Diderot und der Freimaurer d´Holbach).
(2)
Die zweite Voraussetzung ergab sich aus der Entscheidung von Louis XIV., das 1598 erlassene Edikt von Nantes, welches den Hugenotten (= französische Calvinisten) zumindest auf dem Papier eine eingeschränkte Glaubensfreiheit zubilligte, auf Drängen des Papstes im Jahr 1685 durch das Edikt von Fontainebleau zu widerrufen und die Hugenotten, sofern sie nicht zum Katholizismus konvertierten, auf diese Weise zu kriminalisieren. Sich dem Religionsverbot durch Emigration zu entziehen, war bei Strafe von Galeere oder Exekution untersagt, was mehrere 100.000 Hugenotten nicht davon abhielt, sich in die Nachbarländer Schweiz, Deutschland, Holland, England/Schottland sowie nach Amerika und Südafrika abzusetzen. Der Grund für das Emigrationsverbot waren befürchtete wirtschaftliche Einbußen durch einen Verlust der für ihre Geschäftstüchtigkeit bekannten Hugenotten.
Der von Max Weber in seiner "Protestantischen Ethik" postulierte Zusammenhang zwischen Protestantismus und Kapitalismus ist, worauf Weber unmissverständlich hinweist, nicht unmittelbar in der protestantischen Lehre angelegt, sondern rein äußerlicher Natur: Durch ihre Forderung nach Verzicht auf weltlichen Luxus begünstigt diese Ethik das Investment erwirtschafteter Gewinne in das Unternehmen statt in ´verschwenderische´ Lebensführung und optimiert so die ökonomische Effektivität. Die Ethik der ´harten Arbeit´ hat sich auch in dem von Protestanten entworfenen freimaurerischen Ritual und dessen Forderung nach Disziplin, Zielstrebigkeit, Ausdauer, Gewissenhaftigkeit und zwischenmenschlichem Anstand niedergeschlagen.
(Fortsetzung im folgenden Beitrag)
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