Bewaffnung der Germanen zur Zeit der Varusschlacht

@ Scorpio: Es geht nicht darum, ob die Germanen der Zeit Bögen kannten. Das ist nachgewiesen. Bis Erklärungsmodelle für Kalkriese gesucht wurden hieß es -aufgrund der wenigen gefundenen Pfeilspitzen in germanischen Zusammenhängen, dass es sich um Jagdwaffen handelte. Nun wird von einer kriegsentscheidenden Waffe gesprochen und in Kalkriese werden Parallelen zu Azincourt behauptet.

Es geht also nur um die Frage, ob der Bogen als Kriegswaffe damals und dort eine solche Bedeutung hatte.

Dazu kommt die Frage nach der Auswirkung der Witterung, wozu ich mich bisher vornehm zurückhalte. Doch muss ich dazu nun kurz bemerken, dass es dabei auch auf das Material der Sehnen ankommt und pauschale Urteile damit nicht möglich sind, wenn auch die Unterschiede zu den 'römischen' Bögen natürlich vorhanden gewesen sein werden.

@ Sepiola: Das Problem ist nur, dass aus dem Bereich der Rhein-Weser-Germanen generell kaum Waffenfunde vorliegen. Die Statistik bezieht sich auf Grabbeigaben aus dem Gebiet der Elbgermanen. Das Problem der Übertragbarkeit wurde ja schon diskutiert.

Da bleibe ich dann dabei, dass es zwar möglich ist, aber doch mit starken Zweifeln behaftet. Insbesondere stört mich der Grund der Änderung der Ansichten: Es würde elegant passen, um das Ereignis auf Kalkriese zu beschränken. Warum? Da wurde was gefunden und es ist zur Marke angemeldet. Ein Schelm wer böses dabei denkt: Der Geist des Varus soll sich ja angeblich immer noch rächen. Ich frage mich allerdings, warum alle einen Sumpf vor der Haustür haben wollen. ;)

Jenseits der Polemik gibt es keinen Anhaltspunkt zur Verwendung als Kriegswaffe in nennenswertem Maß.

Dass das 19. Jh. (ich meine Delbrück) bestritt, dass Pfeil und Bogen benutzt werden konnten ist nicht relevant. Er argumentierte, dass die Pfeile und Wurfspeere den Gegner nicht erreichen konnten. Im Übrigen an anderer Stelle auch bei den Römern. Dabei ging es ihm um das von ihm propagierte Aussehen der Formationen.

Meines Wissens beruft sich darauf niemand mehr, es geht schlicht um die Fundlage.
 
Hallo muheijo,

dass Nässe für den Einsatz von Pfeil u. Bogen ungünstig ist, das war bei der Schlacht auf dem Lechfeld gegen die Ungarn ein wichtiger Grund, warum sie besiegt werden konnten. Da hat es auch stark geregnet u. die Ungarn konnten ihre gefürchteten Bogen nicht od. nur unzureichend einsetzen. Um das Jahr 1000 bei Augsburg war das, was die Ungarneinfälle in Süddeutschland beendet hat.

Gruß
Oleger
 
Eigentlich wird das überall erwähnt. Was als Einführung zum Thema taugt, wurde doch schon oft genug gesagt. Es steht zum Beispiel im Ausstellungskatalog von 2009, wird in verschiedensten Dokumentationen beschrieben und auch in Kalkriese so vorgestellt.
 
Ich meine, schon die eine oder andere Einführung zum Thema gelesen zu haben, aber über germanische Bögen als kriegsentscheidende Waffen bin ich noch nie gestolpert.
 
Ich meinte ja auch Einführungen zum Thema Varusschlacht.
Und hier im Thread hat niemand behauptet, germanische Bogen seien bei der Varusschlacht kriegsentscheidend gewesen.
Daher dachte ich, ich hätte irgend etwas nicht mitbekommen.
 
Es geht nicht um die Bewaffnung zur Zeit der Varusschlacht, sondern in der Varusschlacht. Da gab es wohl einen Fehler beim verschieben.
 
Es geht nicht um die Bewaffnung zur Zeit der Varusschlacht, sondern in der Varusschlacht.

Jetzt weiß ich leider immer noch nicht, wer davon spricht, germanische Bogenschützen seien "in der Varusschlacht" kriegsentscheidend gewesen.

Und wo das "überall erwähnt" wird.

Bis Erklärungsmodelle für Kalkriese gesucht wurden hieß es -aufgrund der wenigen gefundenen Pfeilspitzen in germanischen Zusammenhängen, dass es sich um Jagdwaffen handelte. Nun wird von einer kriegsentscheidenden Waffe gesprochen und in Kalkriese werden Parallelen zu Azincourt behauptet.

Eigentlich wird das überall erwähnt.
 
Aus all dem bleibt als sicher nur der Gesamtablauf. Schon Delbrück hat die Arten, wie in der Antike Schlachten dargestellt wurden, herausgearbeitet, um es dann des Öfteren zu ignorieren.
Auch ein Delbrück war bei den Kämpfen nicht dabei. Soweit wäre alles spekulativ !
Aber auch eine Jagdwaffe kann als Kriegswaffe benutzt werden ( Speer, Bogen,)
 
Aber ein Historiker hat sein Wissen nicht aus wilden Vermutungen, sondern durch die Quellenkritik. Was Schlachtbeschreibungen angeht, war Delbrück ein wichtiger Meilenstein. Wenn Du länger hier im Forum bist, wirst Du sehen, dass ich Autoritäten als Wahrheitsbegründung ablehne. Hier verwies ich dementsprechend auf seine Argumentation.

Das, was wir über die Quellen sagen können, ist wichtig, um sie zu interpretieren. Wer Cassius Dio wörtlich nimmt, der fertigt keine Geschichtsschreibung an, sondern Mythos. In dem Zusammenhang habe ich schon wiederholt auf Dieter Flach, Römische Geschichtsschreibung verwiesen. Da ist nachzulesen, was man bei Tacitus und Co zu beachten hat, um ihnen nicht auf den Leim zu gehen. Du kannst auch in den entsprechenden Thread schauen, der heute -Edit: gestern- wieder bedient wurde. Da ist schon einiges erklärt.

Eine Waffe wurde nicht benutzt, weil man es heute toll finden würde. Um Aussagen darüber zu treffen gibt es Schriftquellen und archäologische Funde. Erstere sagen dazu nichts aus. Letztere offenbaren uns ein paar Jagdwaffen, wenn wir den Archäologen vertrauen können.
 
Jetzt hab ich mich über die Lechfeldschlacht informiert, sie war im Jahr 955 u. der siegreiche Feldherr war Otto der Große, der spätere "deutsche" Kaiser.

Gruß
Oleger
 
@ Scorpio: Es geht nicht darum, ob die Germanen der Zeit Bögen kannten. Das ist nachgewiesen. Bis Erklärungsmodelle für Kalkriese gesucht wurden hieß es -aufgrund der wenigen gefundenen Pfeilspitzen in germanischen Zusammenhängen, dass es sich um Jagdwaffen handelte. Nun wird von einer kriegsentscheidenden Waffe gesprochen und in Kalkriese werden Parallelen zu Azincourt behauptet.


Jenseits der Polemik gibt es keinen Anhaltspunkt zur Verwendung als Kriegswaffe in nennenswertem Maß.

Dass das 19. Jh. (ich meine Delbrück) bestritt, dass Pfeil und Bogen benutzt werden konnten ist nicht relevant. Er argumentierte, dass die Pfeile und Wurfspeere den Gegner nicht erreichen konnten. Im Übrigen an anderer Stelle auch bei den Römern. Dabei ging es ihm um das von ihm propagierte Aussehen der Formationen.

Meines Wissens beruft sich darauf niemand mehr, es geht schlicht um die Fundlage.

Dass die Germanen Bogen kannten und auch benutzten, sei es als Jagd-, sei es als Kriegswaffe habe ich ja gar nicht in Frage gestellt. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass Pfeil und Bogen in den homerischen Epen- die Odyssee zähle ich einfach mal dazu, auch wenn sie vermutlich nicht vom Altmeister Homer selbst verfasst wurde- nicht so eine Bedeutung hatte, wie es der Beitrag von balkanese suggerierte. Eine zentrale Rolle in der Handlung spielten Pfeil und Bogen tatsächlich nur in der Pandaros-Episode in der Ilias und dann beim großen Showdown in der Odyssee wo Odysseus mit den Freiern abrechnet, nachdem es ihm als einzigem gelungen war, die Sehne auf den Bogen zu spannen, woran Penelopes Bewerber alle gescheitert waren. Das ist auch die einzige Stelle, wo die Waffe en Detail beschrieben wird- ähnlich der Beschreibung von Achilleus Schild, den Hephaistos mit allerlei Genreszenen geschmückt hat. Vergil ahmt das in der Äneis nach, auf dem Schild des Äneas sind Heldentaten künftiger Nachfahren abgebildet bis zu Caesar und Augustus.
Der Übergang von Jagd- und Kriegswaffen ist teilweise fließend. Bis sich das Tüllenbajonett zu Beginn des 18. Jahrhunderts flächendeckend verbreitete, nahm das Sponton seinen Platz ein, das eigentlich nichts anderes ist, als eine Saufeder wie sie heute noch bei Nachsuchen auf angeschossenes Schwarzwild verwendet wird, wenn man nicht schießen kann, ohne Hunde oder Treiber zu gefährden. Als Abzeichen der Unteroffiziere und Offiziere blieb die Waffe bis Ende des 18. Jahrhunderts, mancherorts länger in Gebrauch. Daher wird der Hauptfeldwebel im deutschsprachigen Raum noch immer der "Spieß" genannt. Doch zurück zum Thema und Klugscheißmodus aus!
 
Guten Morgen,

auf Grund der schlechten Wetterverhältnisse (Nässe) machen Begehungen im Moment keinen Sinn. Zur Sache - weder in Schkopau, Ballstädt, Schlotheim, Großromstedt oder Bornitz gibt es Bestattungen der Elbgermanen mit Pfeilspitzen. Erst in der jüngeren Kaiserzeit (3. Jh. n.Chr. - z.B. Leuna) lassen sich diese nachweisen.

Grüße
 
Nein, das wäre kontrafaktisch formuliert. Es gibt nur wenige Funde. Noch dazu als Jagdwaffe eingeordnet. Von Bedeutung kann man da nicht sprechen, nur davon, dass der Bogen bekannt war und daher eine seltene Verwendung als Kriegswaffe nicht ausgeschlossen werden kann.

Eine Kritik an der Quellenlage ist problematisch:

1- Entweder man argumentiert, dass sich weniger Spuren erhalten erhaben als von vergleichbaren Gegenständen. Das funktioniert nicht, es ist ein Widerspruch in sich selbst.
2- Dann kann man mit der Beigabensitte argumentieren. Doch das wird bei diesen Ethnien ja vom überwältigenden Teil der Forschung abgelehnt, obwohl in den grundlegenden Arbeit doch auf das Problem verwiesen wird. Im Fall von Pfeilspitzen kommt hinzu, dass sie wie Werkzeug auch außerhalb von Gräbern gefunden werden müssen.
3- Funde von Grabbeigaben werden im Bereich der Rhein-Weser-Germanen nicht gemacht. Die Kenntnisse sind dadurch eingeschränkt. Das haben wir schon öfter diskutiert. Nur ist hier dann wieder auf 2 zu verweisen.
4- Die gefundenen Stücke werden als Jagdwaffen angesprochen. Wieso kann ich nicht sagen, ich hatte noch keine Zeit mich zu informieren. Selbst wenn das nur aufgrund der geringen Zahl von Funden erfolgte, bleibt aber die geringe Zahl der Funde bestehen.

Der Bogen war also eine seltene Waffe. Er soll als Jagdwaffe benutzt worden sein. Aber natürlich wäre es naiv anzunehmen, dass ein guter Schütze sie nicht im Kampf mitgeführt hat, es sei denn es gäbe religiöse Bedenken. Solche sind uns aber nicht bekannt.

Von einer Bedeutung als Kriegswaffe kann man da nur unter Ergänzung des Adjektivs "gering" sprechen.

Nun das aber: Was Bedeutung bedeutet kann unterschiedlich sein. Mitunter wird schon bei seltenen Vorkommnissen von Bedeutung gesprochen. Meist meint man signifikante Bedeutung. Da ist die Gefahr groß, aneinander vorbei zu reden.
 
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