Auxiliartruppen

Rhiannon80

Neues Mitglied
Hallo, ich bin neu im Forum und habe ein paar Fragen zu den römischen Auxiliartruppen im römischen Kaiserreich.
Wie wurden sie rekrutiert? Hatten sie spezielle Waffen und wie sah ihre Ausrüstung aus?
 
Für das erste, evtl noch zweite Jahrhundert nach Christus (danach kenn ich mich nicht mehr so aus): Es gab Auxiliartruppen mit spezifischer Ausrüstung, die es so in den Legionen nicht oder nur in geringer Zahl gab, wie bspw Bogenschützen oder Reiter. Der große Teil hatte aber eine Bewaffnung, die praktisch der der Legionen entsprach: Scutum (bzw großer Schild), Gladius (bzw Schwert) und Pilum (bzw Wurfspieß).
 
Wie wurden sie rekrutiert?
Man hat Freiwillige angeworben; je nach Bedarf griff man auch zu Zwangsrekrutierungen.
Eine solche Zwangsrekrutierung bei den Batavern gab im Jahr 69 den Anlass zum Bataveraufstand.
(Die Bataver waren laut Tacitus, Germania von Steuern befreit, mussten aber im Kriegsfall Truppen liefern.)

Hatten sie spezielle Waffen und wie sah ihre Ausrüstung aus?
Unterschiedlich - die Spezialeinheiten waren den Auxiliartruppen zugeordnet.
Da gab es z. B. balearische Steinschleuderer und kretische Bogenschützen (Leonhard Burckhardt, Militärgeschichte der Antike).

Ursprünglich werden die Auxiliareinheiten nach den Traditionen ihrer jeweiligen Heimat ausgerüstet gewesen sein, im Lauf der Zeit glichen sie sich den Legionen an.
Auf der Trajanssäule lassen sich Unterschiede erkennen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Auxil...ring_corps_traian_s_column_river_crossing.jpg
 
Wobei man reguläre Einheiten (vielleicht erst unter Claudius), Aufgebote Verbündeter und Milizen unterscheiden muss.
 
Eine wirklich interessante Frage, insbesondere für die Okkupatioszeit in Germanien, ist auch ob die Hilfstruppen regulär und ständig ihren Dienst verrichtet haben oder nur zu besonderen (Kriegs-)Anlässen ausgehoben, bzw. nur in Kriegszeiten zur Stelle waren.
 
Falls Du Engelsk liest, wäre hier eine relativ neue Dissertation über die römischen Auxiliartruppen:

https://deepblue.lib.umich.edu/bitstream/handle/2027.42/111635/jjmcl_1.pdf?sequence=1&isAllowed=y

Dann hätten wir
Sumner, Graham: Die Römische Armee. Bewaffnung und Ausrüstung, S. 20 f.:
Im 1. Jahrhunder n. Chr. wurden die Hilfstruppen in der Regel unter den freien Männern der Grenzprovinzen rekrutiert, entweder auf freiwilliger Basis, durch Aushebung ganzer Stämme oder, wenn es gar nicht anders ging, auch durch gewaltsame Zwangsrekrutierungen. [...] Als jedoch das Jahrhundert voran schritt, brach dieses System zusammen. Wenn die Einheiten jahrelang in den Grenzprovinzen stationiert waren, löschte die lokale Rekrutierung vor Ort nach und nach die originale Komposition der Einheit aus. Außerdem fanden römische Bürger den Dienst in den Hilfstruppen zunehmend attraktiv, entweder weil sie aus irgendwelchen Gründen ungeeignet waren für den Dienst in den Legionen oder sie fanden einfach den Sold und die Konditionen verlockend. [...] Im Jahre 212 n. Chr. [...] verschwammen die alten Unterschiede zwischen Legions- und Hilfstruppendienst. [...] Als die auxilia [....] immer mehr den Charakter regulärer Trupppen annahmen und auch deren Standardausrüstung erhielten, entstand einmal mehr die Notwendigkeit, neue irreguläre Einheiten zu bilden.
Auf S. 26 gibts ein Bild eines Infanteristen der auxilia aus der Mitte des 1. Jh. n. Chr.. Legionärshelm, Gladius, Dolch, Kettenhemd, Ovalschild und Lanze (kein Pilum!).
 
Rhiannon80 schrieb:
Hallo, ich bin neu im Forum und habe ein paar Fragen zu den römischen Auxiliartruppen im römischen Kaiserreich.
Wie wurden sie rekrutiert? Hatten sie spezielle Waffen und wie sah ihre Ausrüstung aus?

Salve,

die beiden Fragen lassen sich nicht pauschal beantworten, da die Hilfstruppen ebenso wie die Legionen im Verlaufe der Kaiserzeit einem starken Wandel unterworfen waren.
Zu Beginn von Augustus' Regierungszeit und auch davor waren Hilfstruppen Kontingente befreundeter bzw. tributpflichtiger Stämme oder Klientelreiche, die bei Bedarf angefordert/ausgehoben und nach dem Ende des Feldzuges wieder entlassen wurden. Diese trugen dabei ihre angestammte Ausrüstung.
Vermutlich ab der Zeit der Drususfeldzüge (vielleicht auch schon früher) begann man Hilfstruppen auch zunehmend regulär und dauerhaft aufzustellen, römisch zu drillen und sie im Bedarfsfall mit standardisierten römischen Ausrüstungsteilen auszustatten, so dass man in dieser Zeit von einem bunten Ausrüstungsmix ausgehen kann.
Natürlich blieb es zunächst üblich weiterhin Truppen nur im Bedarfsfall zu rekrutieren. Bei Arminius und seinen cherkuskischen Hilfstruppen beispielsweise gibt es eine kontroverse Diskussion, ob es sich bei ihnen bereits um reguläre, dauerhaft in römischen Diensten stehende und entsprechend ausgerüstete Hilfstruppen handelte oder um Bedarfskontingente, die noch ihr traditionelles Equipment trugen.
Im späteren Verlauf der Kaiserzeit wurden Hilfstruppen schwerpunktmäßig zu regulären, römisch gedrillten und fest in die römische Militärtaktik eingebundenen Einheiten, die in den meisten Feldzügen eine erhebliche Rolle spielten und deren Ausrüstung weitgehend standardisiert war. Zusätzliche Aushebungen erfolgten nur noch in Krisenzeiten (siehe Bataver).
Ob einige Auxiliarkohorten auch mit Scutum, Lorica segmentata und Pilum ausgestattet waren, ist zwar strittig aber durchaus wahrscheinlich, ebenso wie es einzelne Legionskohorten gegeben haben mag, die statt des Scutums und des Pilums ein Clipeus und eine Hasta trugen.
Spätestens ab dem 3. Jahrhundert dürfte man ausrüstungstechnisch Legionstruppen und die meisten Hilfstruppen kaum noch voneinander unterschieden haben können.

Vale,
L. Sidonius Callidus
 
Falls Du Engelsk liest, wäre hier eine relativ neue Dissertation über die römischen Auxiliartruppen:

https://deepblue.lib.umich.edu/bitstream/handle/2027.42/111635/jjmcl_1.pdf?sequence=1&isAllowed=y

Dann hätten wir
Sumner, Graham: Die Römische Armee. Bewaffnung und Ausrüstung, S. 20 f.:

Auf S. 26 gibts ein Bild eines Infanteristen der auxilia aus der Mitte des 1. Jh. n. Chr.. Legionärshelm, Gladius, Dolch, Kettenhemd, Ovalschild und Lanze (kein Pilum!).

Danke für den Link. Werde den Artikel lesen sobald ich die Zeit dazu hab
 
Eine wirklich interessante Frage, insbesondere für die Okkupatioszeit in Germanien, ist auch ob die Hilfstruppen regulär und ständig ihren Dienst verrichtet haben oder nur zu besonderen (Kriegs-)Anlässen ausgehoben, bzw. nur in Kriegszeiten zur Stelle waren.

Es gab wohl Auxiliareinheiten die fester Teil der römischen Armee waren und sogar ein eigenes Wappen hatten. Diese dürften - ähnlich wie eine Legion - andauernd, aber mit wechselndem Personal existiert haben. Genau wie die Legion dürfte eine Auxiliareinheit in der römischen Armee demnach ihre eigene Identität entwickelt haben. Zusätzlich zu diesen regulären Auxiliaren gab es dann bedarfsweise ausgehobene Söldner oder Truppenkontingente von Verbündeten.
 
Pauschal ist die Frage nicht zu beantworten, wie schon Sid. Callidus schrieb. Wappen in Rom? Da hätte ich gerne mal Quellen. (Schildzeichnungen für sich genommen sind keine Wappen.)

Vor Claudius kann kaum von regulären Hilfstruppeneinheiten gesprochen werden, einige Archäologen sprechen sogar -unter unwissenschaftlicher Verwerfung der Schriftquellen- erst von Nachweisen unter den Flaviern. Damit meinen sie, dass erst zu dieser Zeit Lager von Hilfstruppeneinheiten nachgewiesen werden können.

Es ist aber auch später immer zu fragen, was unter Hilfstruppeneinheiten gerade zu verstehen ist, nur einige Möglichkeiten:

- Truppen oder Aufgebot eines Klientelstaates
- Aufgebot eines Stammes, der schon als Bestandteil des Reiches gesehen wird
- Milizen römischer Städte
- einem exercitus oder einer Legion zugeordnete regulär und fest organisierte Hilfstruppen-Kohorten
- analog den Freitruppen des 18. Jahrhunderts gemäß ihrer Aufgaben organisierte Hilfstruppeneinheiten ohne nähere Bezeichnung eines Einheitstyps (im Unterschied zum 18. Jahrhundert nicht immer analog der übrigen Truppen organisiert und oft nur von geringer Gruppengröße)
- Ad hoc gebildete Truppen verschiedenster Art.
(Und teils sogar einfache Stadtwachen.)

Um nicht den Latrinengerüchten von einheitlichen Hilfstruppeneinheiten aufzusitzen sind schon die Historien des Tacitus zum Vierkaiserjahr lehrreich.

(In der Republik waren Hilfstruppen die Truppen der Socii. Rom stellte die eine Hälfte der Infanterie, die Socii die andere. Bei den Reitern stellten die Socii zwei Drittel. Dann und insbesondere nach dem Bundesgenossenkrieg, wurden die Truppen der Verbündeten und auch Söldnereinheiten so benannt.

In der Republik verstand man unter einer Legion eine römische Legion und die entsprechende Anzahl Hilfstruppeneinheiten der Bundesgenossen. Zu späteren Zeiten wurde errechnet, dass Legionen oft mit der entsprechenden Menge Hilfstruppeneinheiten untergebracht waren. Erst ab der mittleren Kaiserzeit änderte sich das Zahlenverhältnis zuungunsten der Legionen.)

Thomas Fischer, Die Armee der Cäsaren - Archäologie und Geschichte legt dar, dass kaum Unterschiede in der Ausrüstung festzustellen sind, wenn es sich bei den Hilfstruppeneinheiten nicht um ganz andere Waffen wie Pfeil und Bogen handelte.
 
Pauschal ist die Frage nicht zu beantworten, wie schon Sid. Callidus schrieb. Wappen in Rom? Da hätte ich gerne mal Quellen. (Schildzeichnungen für sich genommen sind keine Wappen.)
Ich gehe davon aus, dass Geiserich429 sich da auf die Notitia Dignitatum bezieht, da haben wir ja Einheitensymbole, die ich nicht als Wappen in unserem Sinn fassen würde, aber vielleicht als eine Art Proto-Wappen.
 
Schon in den Historien des Tacitus sind Einheiten bei der Erstürmung Cremonas anhand der Schildzeichnung auseinanderzuhalten, was anhand der Symbolik bis auf die Bürgerkriege der späten Republik ausgedehnt werden kann. Aber, wie gesagt, sind das keine Wappen in heutigen Sinn. Da sind eher die Symboltiere der Legionen heranzuziehen, die aber eher Idole waren denn Wappen.

Wenn wir das Scutum von Dura Europas zugrunde legen, war zudem die Symbolik deutlich komplizierter und nur Teile der Einheit geschuldet. (Natürlich auch nur dann, wenn wir das Schild in Zusammenhang mit der Armee sehen wollen.)
 
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