Die Stelle ist sehr kurz (Suet. Claud. 25,4):
Iudaeos impulsore Chresto assidue tumultuantis Roma expulit.
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"Die Juden, die - angestiftet von Chrestus - ständig Tumulte verursachten, vertrieb er aus Rom."
Was sich Sueton da genau vorstellt, wissen wir nicht. Sueton schreibt auch nicht, warum Claudius nicht einfach den Anstifter "Chrestus" geschnappt und hingerichtet hat, sondern die Juden (bzw. zumindest die Chrestus-Anhänger) aus Rom vertrieben hat.
Cassius Dio schreibt zum ersten Regierungsjahr des Claudius:
Die Juden, deren Zahl sich wieder so vermehrt hatte, daß es auf Grund ihrer Menge schwierig gewesen wäre, sie ohne Unruhen aus der Stadt zu weise, vertrieb er zwar nicht, aber er befahl ihnen, bei ihrer überkommenen Lebensweise zu bleiben und sich nicht zu versammeln.
(Übersetzungen bei Helga Botermann, Das Judenedikt des Kaisers Claudius, Stuttgart 1996)
Aus diesem Grund scheint es ziemlich unwahrscheinlich, dass Sueton hier eine Vertreibung aller Juden gemeint hat, sondern nur derjenigen Juden, die als Anhänger des Chrestus galten und für die Tumulte verantwortlich gemacht wurden.
Macht nichts, dann erwähne ich sie zum 1001. Mal (auch wenn zumindest Chan sie vermutlich weiterhin ignorieren wird), es muss ja nur noch kopiert werden:
Sueton erwähnt die Anklagen wegen Brandstiftung noch nicht einmal. Er erzählt hier auch keine "Räuberpistolen", sondern erwähnt die Todesstrafe für die Christen unter den strafrechtlichen Maßnahmen, und das in durchaus zustimmendem Tonfall:
"Multa sub eo et animadversa severe et coercita nec minus instituta: adhibitus sumptibus modus; publicae cenae ad sportulas redactae; interdictum, ne quid in propinis cocti praeter legumina aut holera veniret, cum antea nullum non obsonii genus proponeretur; afflicti suppliciis Christiani, genus hominum superstitionis novae ac maleficae; vetiti quadrigariorum lusus, quibus inveterata licentia passim vagantibus fallere ac furari per iocum ius erat; pantomimorum factiones cum ipsis simul relegatae.
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Viele alte strenge Straf- und Verbotsbestimmungen wurden wieder unter ihm in Kraft gesetzt und nicht weniger neue eingeführt. So wurden dem Aufwand Schranken gesetzt, die Volksspeisungen durch vollständige Mahlzeiten auf Speiseportionen beschränkt und ein Verbot erlassen, in den Schenken Gekochtes, mit Ausnahme von Kohl und Hülsenfrüchten, zu verkaufen, während früher alle möglichen Arten von Gerichten dort angeboten wurden.
Todesstrafen trafen die Christianer, eine Sekte mit einem neuen und schädlichen Aberglauben. Verboten wurden die Belustigungen der Rennfahrer, die das hergebrachte Recht genossen, zu gewissen Zeiten durch die Stadt zu schweifen und unter der Maske des Spaßes allerlei Betrügereien und Diebesstreiche auszuführen. Die Claqueurbanden der Pantomimen sowie diese selbst wurden aus der Hauptstadt verwiesen."
Suetonius: Nero (14-17), Manahmen der inneren Verwaltung (lateinisch, deutsch)
Offenbarung des Johannes
Reste des Heidentums in der Folklore
Und aus letzterem Beitrag auch noch zu Tacitus (wer die Stelle immer noch nicht gelesen hat, sie war vor wenigen Tagen schon dran:
Historizität Jesu von Nazareth ):
Alles andere bleibt bei Carrier stehen. Tacitus schreibt also, Nero habe die "Chrestianer" verfolgt, eine berüchtigte jüdische Sekte, die sich von Judäa aus bis nach Rom verbreitet hätte.
Die allereinfachste Erklärung für die "Chrestianer" und den "Chrestos" wäre nun, dass es sich um eine Verwechslung des griechischen Eta mit dem Jota handelt. Für eine solche Verwechslung gibt es ausreichend Zeugnisse, nicht nur beim Namen Christus/Chrestus. Dass die Verwechslung "Chrestus" statt "Christus" eine alltägliche Erscheinung war, ist allerdings auch aus Tertullian zu schließen:
Sed et cum perperam "Chrestianus" pronuntiatur a vobis ---- nam nec nominis certa est notitia penes vos ----, de suavitate vel benignitate compositum est. Oditur itaque in hominibus innocuis etiam nomen innocuum. (Apologeticum III, 5)
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Und auch, wenn er von euch falsch Chrestianus ausgesprochen wird -- denn selbst den Namen kennt ihr noch nicht einmal genau --, so schließt er den Begriff Milde und Güte in sich. (Apologeticum 3)
Wenn man diese einfache Erklärung nicht akzeptieren möchte, muss man (wie Carrier) zwei berüchtigte jüdische Sekten anzunehmen. Die eine jüdische Sekte, die "Christianer", würde dann auf eine Person zurückgehen, die "Christos" genannt wird. Die andere jüdische Sekte, die "Chrestianer", würde dann auf eine Person zurückgehen, die "Chrestos" genannt wird. Die beiden hätten aber rein gar nichts miteinander zu tun.