Arianer-Kontroversen seit der Antike

Das stimmt, allerdings habe ich mir die „"arianische Kaiser“ nicht aus den Finger gesogen – siehe Wikipedia.
Schon klar.
Wiki ist zur Durchdringung dieser Thematik absolut unzureichend.

Klar, es geht immer um die Einheit des Staates und des Glaubens. Sobald die eine Seite gewinnt, wird die andere verfolgt – als Beispiel hier ein Zitat aus Wikipedia:
Die Bücher von Arius wurden verbrannt, der Besitz seiner Schriften unter Todesstrafe gestellt, und seine Partei als Feinde der Christenheit bezeichnet – der erste Fall, in dem eine abweichende Lehre nicht bloß als Vergehen gegen die Kirche, sondern auch als Vergehen gegen den Staat angesehen wurde.

Und dieses Beispiel bezieht sich ausgerechnet auf die Politik Konstantin den Großen, den Du kürzlich noch als "arianischen" Kaiser bezeichnet hast.
Konstantins Position im Streit zwischen Arius und Bischof Alexander war, dass die beiden gefälligst aufhören sollten, sich in der Öffentlichkeit über Haarspaltereien zu zanken:

Da ich mir nun den Anfang und den Gegenstand all dessen überlegte, stellte sich heraus, daß die Ursache eine ganz geringfügige und durchaus nicht eines so heftigen Streites wert ist.
...
... denn wenn auch solche Fragen, zu denen keine Vorschrift eines Gesetzes zwingt, sondern nur die Streitsucht unnützen Nichtstuns verleitet, aufgestellt werden können, daß die Geisteskraft daran geübt werde, so müssen wir sie doch im Innern unseres Herzens verschließen und dürfen sie nicht leichthin in öffentliche Versammlungen bringen oder unbedachtsam den Ohren des Volkes anvertrauen. Denn wie wenige gibt es, die imstande wären, die Tragweite so bedeutender und überaus schwieriger Fragen genau zu überschauen oder entsprechend darzulegen?
...
... hat ja doch nicht eines von den Hauptgeboten in dem Gesetze den Anlaß zu dem Streite gegeben, der entbrannt ist, noch wurde von dem einen oder dem andern eine neue Irrlehre bezüglich der Gottesverehrung eingeführt, sondern ihr habt eine und dieselbe Überzeugung, so daß ihr euch leicht zu einträchtigem Bunde einen könnt. Denn daß euer Streit über unbedeutende und ganz geringfügige Fragen für ein so großes Volk Gottes, das unter eurer Einsicht geleitet werden sollte, Anlaß zu Zwiespalt wird, das kann weder für geziemend noch überhaupt für recht gehalten werden.
...
Wohlan denn, betrachten wir das Gesagte noch mehr und noch reiflicher mit unserm Geiste und unserm Verständnis, ob es denn recht ist, wenn wegen eures geringfügigen und nichtigen Streites um Worte Brüder gegen Brüder stehen und die kostbare Gemeinsamkeit in gottlosem Zwiste durch uns gespalten wird, weil wir miteinander wegen so unbedeutender und durchaus nicht notwendiger Fragen streiten.
BKV

Ähnlich wird man Valens beurteilen dürfen:
In vieler Hinsicht ist die Kirchenpolitik des Valens der des Konstantin fast näher als der des Konstantius. Ὁμόνοια scheint mir – ganz gegen das Bild, das die Kirchenhistoriker des fünften Jahrhunderts von der Regierung des Valens gezeichnet haben – als das wichtigste Stichwort seiner Kirchenpolitik gelten zu müssen. Durch eineinhalb Jahrzehnte hindurch hatte Valens es vermieden, von den Bischöfen eine offizielle Zustimmung zu den Beschlüssen von Konstantinopel zu verlangen, wohl weil ihm bewußt war, welche Folgen ein solcher Schritt für die Einheit der Kirche haben würde. Ebensowenig hat er je eine Reichssynode einberufen; von ihm sind keine Ketzergesetze überliefert. Die theologische Debatte innerhalb der Reichskirche und ihrer Gruppen spielte für ihn, wie schon für Konstantin, keine Rolle, handelte es sich doch dabei für den Kaiser nur um Nebensächlichkeiten, die seinen Glauben, den er sehr ernst genommen haben muß, nicht betrafen. Dadurch aber war eine theologische Diskussion und Entwicklung möglich, die zur Entstehung der neunizänischen Orthodoxie führte. Das für die Zukunft wichtigste kirchengeschichtliche Ereignis seiner Regierungszeit, die Entstehung der neunizänischen Orthodoxie, dürfe ihn als Ergebnis innertheologischer Diskussion kaum interessiert haben.
Hanns Christof Brennecke, Studien zur Geschichte der Homöer, Tübingen 1988

Einer der wenigen Kaiser, die selbst an theologischen Fragen interessiert waren, dürfte Constantius II. gewesen sein. Auch er wird bei Wiki irreführend als "Arianer" bezeichnet, tatsächlich unterstützte er die homöische Richtung.
Der zeitgenössische Historiker Ammianus Marcellinus, der unter Constantius gedient hat, schreibt mit beißender Kritik:

"Christianam religionem absolutam et simplicem anili superstitione confundens, in qua scrutanda perplexius quam conponenda gravius, excitavit discidia plurima, quae progressa fusius aluit concertatione verborum, ut catervis antistitum iumentis publicis ultro citroque discurrentibus per synodos, quas appellant, dum ritum omnem ad suum trahere conantur arbitrium, rei vehiculariae succideret nervos"
"Die christliche Religion, in sich so abgeschlossen und einfach, vermengte er mit Altweiber-Aberglauben, und indem er dabei mehr verworrenen Grübeleien nachhing, statt mit Nachdruck derselben ihre Stellung anzuweisen, wurde eine Menge Streitigkeiten veranlaßt: breiteten sich diese im Fortgang weiter aus, so nährte er sie durch Wortgezänke: da aber Schaaren von Bischöfen sich der öffentlichen Furhgelegenheiten bedienten, um kreuz und quer nach ihren sogenannten Synoden zu rennen, weil sie den ganzen Gottesdienst ihrer Entscheidung zu unterwerfen suchten, so schnitt er darüber dem ganzen Postwesen die Nerven ab."
Römische Geschichte Buch 1821 : Marcellinus Ammianus : Free Download & Streaming : Internet Archive

Worum es zur Zeit des Constantius II. gerade theologisch ging, hier ein kurzgefasster Einblick:

Der Bekenntnistext von Nizäa lässt erkennen, dass die Konzilsväter die Begriffe οὐσία bzw. Wesen einerseits und ὑπóστασις bzw. Hypostase andererseits im gleichen Sinne verstanden hatten. Das Konzil belegt mit dem Anathem alle, die sagen, der Sohn Gottes stamme „aus einer anderen Hypostase oder Wesenheit“ als der des Vaters. Hier aber schrillten – wenn nicht sofort, so aber doch ab der Mitte des 4. Jahrhunderts und damit lange nach dem Tod des Arius – die theologischen Alarmglocken. Hat etwa der Sohn dieselbe Hypostase wie der Vater? Dies aber liefe auf den schon längst überwunden geglaubten Modalismus bzw. Sabellianismus hinaus! Waren die Verfechter des ὁμοούσιος also letzten Endes verkappte Sabellianer? Sabellius hatte die Einheit Gottes dadurch zu wahren versucht, dass er Vater, Sohn und Geist als jeweils unterschiedliche Weisen deutete, wie der eine Gott in der Welt wirkt. Nach Sabellius sind Vater, Sohn und Geist deshalb ὁμοούσιος. Sollte die von Nizäa 325 verbindlich vorgeschriebene Alternative zum Arianismus tatsächlich der Sabellianismus sein?

Und weiter: Wie viele Hypostasen gibt es denn nun in Gott? Eine Hypostase – das entspräche der Sprachregelung des Konzils von Nizäa. Oder drei Hypostasen – das wäre die Linie des Origenes. In der Mitte des 4. Jahrhunderts hielt die Mehrheit der Bischöfe die Rede von drei Hypostasen in Gott für sachgerecht – und zwar nicht zuletzt deshalb, weil sie die Unterschiedenheit von Vater, Sohn und Geist in den heiligen Schriften wohlbegründet fanden. Mit der Ein-Hypostasen-Lehre des Konzils von Nizäa konnten sie nicht viel anfangen. In welcher Beziehung aber stehen die drei Hypostasen in Gott zueinander?

Schließlich standen sich im 4. Jahrhundert gleich mehrere theologische Lager unversöhnlich gegenüber: hier die Anhänger der Ein-Hypostasen-Lehre, die für ihre Position das ὁμοούσιος von Nizäa geltend machten und denen deshalb Sabellianismus vorgeworfen wurde. Dort die Anhänger der Drei-Hypostasen-Lehre. Sie betonten die Ungleichheit von Vater und Sohn („Anhomöer“) – und sahen sich deshalb umgehend dem Vorwurf des Subordinatianismus ausgesetzt.

Eine dritte Gruppe suchte zwischen beiden zu vermitteln (die „Homöer“). Sie wollte die philosophische Reflexion durch den Rekurs auf die biblischen Texte unterlaufen, indem sie formulierte: Der Sohn ist dem Vater gleich „gemäß den Schriften“ (κατὰ τὰς γραφάς; vgl. 1 Kor 15,3f). In der Neujahrsnacht von 359 auf 360 wurde ihre vermittelnde Position auf einem Reichskonzil in Konstantinopel als verbindlich zu glauben und zu lehren vorgeschrieben. Mehr noch: Um den religiösen Frieden wiederherzustellen, wurde der Gebrauch der umstrittenen Begriffe οὐσία und ὑπóστασις in trinitätstheologischem Kontext für die Zukunft verboten.
Kleine Geschichte der christlichen Theologie
 
Schon klar.
Wiki ist zur Durchdringung dieser Thematik absolut unzureichend.
Wikipedia ist hier unzureichend? Schon möglich, aber auch die Dokumente in der Bibliothek der Kirchenväter – vielen Dank für den Link! – sprechen von Arianern in der gleichen Weise wie Wikipedia. Hier ein Zitat aus Theodoret von Cyrus (Mönchsgeschichte (Historia Religiosa), 2. Julianus), über den (laut Wikipedia) arianischen Kaiser Valens (Fettschreibung von mir):
Bibliothek der Kirchenväter schrieb:
Nachdem aber Valens nach ihm die Zügel des römischen Reiches in die Hände genommen und die Wahrheit der evangelischen Lehre preisgegeben und dem arianischen Trug sich in die Arme geworfen hatte, da erhob sich ein gar großer Sturm gegen die Kirche. Die Vorsteher wurden überall vertrieben und Räuber und Feinde an ihre Stelle gesetzt.

Ebenso in der Bibliothek der Kirchenväter habe ich unter einem Dokument des Papstes Gregor des Großen (Drittes Buch der „Dialogi de vita et miraculis patrum Italicorum) folgende Bemerkung gefunden – Zitat aus II. Kapitel: Vom heiligen Papst Johannes (Fettschreibung von mir):
Bibliothek der Kirchenväter schrieb:
Justinus I., der von 518-527 regierte, verbot 525 den arianischen Kult. König Theoderich war darüber ungehalten, ließ Papst Johannes nach Ravenna kommen und sandte ihn zum Kaiser nach Konstantinopel, damit dieser die Edikte zurücknehme. Bei seiner Rückkehr wurde der Papst mit seinen Begleitern von Theoderich ins Gefängnis geworfen, wo er bald darauf starb.

Daher schlage vor, wir beenden diesen Streit um Worte, weil das nichts bringt.
 
Und dieses Beispiel bezieht sich ausgerechnet auf die Politik Konstantin den Großen, den Du kürzlich noch als "arianischen" Kaiser bezeichnet hast.

Die ´Konfession´ von Konstantin scheint zumindest am Ende seines Lebens eine arianische gewesen zu sein, da er sich auf dem Sterbebett von einem der arianischen Masterminds, Eusebius von Nicomedia, taufen ließ - d.h. er ließ sich arianisch taufen. Warum er sich so spät zum Arianismus bekannte, weiß keiner, die Vermutung liegt aber nahe, dass er in seiner aktiven Zeit nach außen hin eine neutrale, d.h. über den Glaubensstreitigkeiten stehende Position einnehmen wollte, wie er sie für das Kaiseramt angemessen hielt. Das heißt aber nicht, dass er innerlich nicht schon eine Entscheidung - gegen die Gottesgleichheit des Jesus - getroffen hatte.

Einer der wenigen Kaiser, die selbst an theologischen Fragen interessiert waren, dürfte Constantius II. gewesen sein. Auch er wird bei Wiki irreführend als "Arianer" bezeichnet, tatsächlich unterstützte er die homöische Richtung.

Du scheinst irrtümlich anzunehmen, dass die homöische Richtung keine arianische Richtung ist. Tatsächlich hatte der Arianismus zwei Richtungen, eine anti-homöische (Jesus ist ´Gott´ weder gleich noch ähnlich im Wesen) und eine homöische (Jesus ist ´Gott´ nicht gleich, aber ähnlich im Wesen). Wenn Constantius also, wie du korrekt schreibst, "die homöische Richtung unterstützte", dann tat er dies als Anhänger des homöischen Arianismus.
 
Zuletzt bearbeitet:
Die ´Konfession´ von Konstantin scheint zumindest am Ende seines Lebens eine arianische gewesen zu sein, da er sich auf dem Sterbebett von einem der arianischen Masterminds, Eusebius von Nicomedia, taufen ließ - d.h. er ließ sich arianisch taufen. Warum er sich so spät zum Arianismus bekannte, weiß keiner, die Vermutung liegt aber nahe, dass er in seiner aktiven Zeit nach außen hin eine neutrale, d.h. über den Glaubensstreitigkeiten stehende Position einnehmen wollte, wie er sie für das Kaiseramt angemessen hielt. Das heißt aber nicht, dass er innerlich nicht schon eine Entscheidung - gegen die Gottesgleichheit des Jesus - getroffen hatte.

Erstens dies, wie hier schon explizit angesprochen, siehe oben, zweitens verkörperte Konstantin die 'Verschmelzung' des Glaubens an den einen - paganen - höchsten Gott (paganer Monotheismus der Spätantike), bei Konstantin der Sonnengott (Sol Victus), mit dem 'Christus'. Der Trinitarismus blieb dabei fremd, der scheinbar deutlichere Monotheismus des arianischen Christentums stand dem näher. Konstantins Nähe zum Sonnengott lässt sich bis zu seinem Lebensende verfolgen. (Q: Alfons Fürst, Christentum im Trend. Monotheistische Tendenzen in der späten Antike, in: Zeitschrift für antikes Christentum, Band 9, Heft 3 (2006), S. 496-523, hier S. 512ff.)
 
Und wie wärs mit der Vermutung, dass Konstatnin es egal war wer in grade tauft, vor allem da es zwischen trinitätische und arianischer Taufe keine Unterschiede gibt.

Außerdem wird doch von einigen Historikern angezweifelt das sich Konstantin überhaupt taufen ließ.
 
Wikipedia ist hier unzureichend? Schon möglich, aber auch die Dokumente in der Bibliothek der Kirchenväter – vielen Dank für den Link! – sprechen von Arianern in der gleichen Weise wie Wikipedia. Hier ein Zitat aus Theodoret von Cyrus

Das ist ja auch kein Wunder.

Vertreter der Orthodoxie haben gern alles in den arianischen Sack gesteckt, was ihren eigenen Auffassungen in die Quere kam. Die orthodoxen Kirchengeschichtsschreiber haben diese Schwarz-Weiß-Malerei fortgesetzt, und diese Sicht hat sich bis in die Neuzeit fortgesetzt.

Das hatten wir doch alles schon, ist das immer noch nicht bei Dir angekommen?

Schon das Wort „Arianismus“ entspringt einer dogmengeschichtlichen Fehleinschätzung: obwohl es keine einheitliche Theologie oder Partei bezeichnet, wenden es die Verteidiger des nizänischen Glaubensbekenntnisses unterschiedslos auf alle an, die dem Credo die Unterschrift verweigern.
Arianer-Kontroversen seit der Antike

Diese Auffassung geht schon seit dem vierten Jahrhundert in die häresiologischen Handbücher der sowohl lateinischen als auch griechischen Spätantike ein, die sie dem Mittelater und der Neuzeit vermittelt haben, die mit dem historischen Phänomen ja nicht mehr konfrontiert waren.
Arianer-Kontroversen seit der Antike

Deine Zitate belegen nichts anderes, als was ich die ganze Zeit schreibe: Aus Kreisen der (neu-)nizänischen Orthodoxie, die sich letztlich durchgesetzt hat, hat man den Homöern das Schwindel-Etikett "Arianer" angehängt. So wurde das dann von den Kirchenhistorikern späterer Jahrhunderte (da gehört Theodoret bereits dazu) weitergereicht.

Es sollte immer zwischen zeitgenössischen und nachträglichen Wertungen differenziert werden. Das hat Brennecke versucht, soweit es die Quellen eben hergeben:

"Um so erstaunlicher und relativ wenig beachtet ist es aber, daß auch in der orthodoxen christlichen Literatur der zweiten Hälfte des vierten Jahrhunderts neben der von Athanasius und Hilarius geprägten Sicht und im Gegensatz zu ihr auch ein ganz und gar positives Konstantiusbild zu finden ist." (Brennecke, Homöer, S. 84)

"Ganz anders als Athanasius zur Zeit des Konstantius, hielten sich Basilius und Gregor von Nazianz mit persönlicher Polemik gegen Valens oder führende Homöer ganz zürück. ... Polemik - und dann gleich maßlose - gegen Valens und seine homöische Kirchenpolitik findet sich erst in den unter der Herrschaft des Theodosius entstandenen Werken Gregors von Nazianz und Gregors von Nyssa." (S. 231)


Daher schlage vor, wir beenden diesen Streit um Worte, weil das nichts bringt.

Das ist schon die ganze Zeit mein Anliegen. Mir geht es nicht um Worte, sondern um Inhalte. Nicht um (polemische) Etiketten, sondern um Fakten!
Ist da, wo "Arius" draufsteht, auch "Arius" drin?

Lass uns bei den "Arianer-Kontroversen" doch endlich mal um Inhalte reden!
 
Zuletzt bearbeitet:
Das ist eine seltsame Auslegung dessen, was eine theologische Diskussion ist. Eine theologische Diskussion wäre es, wenn ihr euch über die Gestalt Gottest (etc.) Gedanken machen würdet. Wenn ihr aber über die Konflikte zwischen verschiedenen christlichen Gruppierungen in der Antike und den diesen Konflikten zugrundeliegenden Theologien redet, dann ist das selbstverständlich eine historische Diskussion.
 
Es gab im 4. Jhdt. viele unterschiedliche Strömungen innerhalb des von Gegnern so genannten „Arianismus“. Diese Zersplitterung der „Arianer“ war wohl mit ursächlich für den Sieg der Trinitarier, die sich auf eine Definition einigen konnten. Um jetzt zwischen den einzelnen Gruppierungen der Gegner der Trinitarier zu unterscheiden, müsste man in einer Diskussion notgedrungen in die Feinheiten der jeweiligen Definition/Lehre einsteigen, wofür mir schlicht die Kompetenz fehlt und wohl auch nicht im Sinne dieses Forums ist – Zitat:
Die diversen theologischen Debatten trennscharf zu skizzieren, trägt zu den Fragen wenig bei, und ist höchstens Hintergrundrauschen für die Ereignisgeschichte, die eigentlich konkretisiert werden soll.
 
Du scheinst irrtümlich anzunehmen, dass die homöische Richtung keine arianische Richtung ist. Tatsächlich hatte der Arianismus zwei Richtungen, eine anti-homöische (Jesus ist ´Gott´ weder gleich noch ähnlich im Wesen) und eine homöische (Jesus ist ´Gott´ nicht gleich, aber ähnlich im Wesen). Wenn Constantius also, wie du korrekt schreibst, "die homöische Richtung unterstützte", dann tat er dies als Anhänger des homöischen Arianismus.

Das ist nicht zutreffend. Siehe Sepiolas Beitrag #46 u.a.m.; siehe zudem diverse wissenschaftliche Referenz-Artikel wie der Eintrag 'Arianismus' in der Theologischen Realenzyklopädie (36 Bde.; Band 3, Walter de Gruyter 1995, S. 709f.) oder 'Homöer' in ''Religion in Geschichte und Gegenwart'', 4. Auflage (8 Bde. 1998 - 2007; Band 3; online via Brill Verlag ).
 
Das ist nicht zutreffend. Siehe Sepiolas Beitrag #46 u.a.m.; siehe zudem diverse wissenschaftliche Referenz-Artikel wie der Eintrag 'Arianismus' in der Theologischen Realenzyklopädie (36 Bde.; Band 3, Walter de Gruyter 1995, S. 709f.) oder 'Homöer' in ''Religion in Geschichte und Gegenwart'', 4. Auflage (8 Bde. 1998 - 2007; Band 3; online via Brill Verlag ).

Vielen Dank, ergänzen möchte ich noch - speziell zu Eusebius - einen Aufsatz von David M. Gwynn, Oxford (;))
Hoi peri Eusebion - The Polemic of Athanasius and the Early 'Arian Controversy':

Papers Presented at the Fourteenth International Conference on Patristic Studies Held in Oxford 2003: Historica; Biblica; Ascetica et hagiographica

So viel zu
... einem der arianischen Masterminds, Eusebius von Nicomedia

Vom selben Autor ist auch die Monographie The Eusebians: The Polemic of Athanasius of Alexandria and the Construction of the ‘Arian Controversy’ erschienen, dazu zitiere ich aus einer Rezension von
T. D. Barnes (in: The Journal of Theological Studies NEW SERIES, Vol. 58, No. 2, Oktober 2007):

"Many, perhaps even most, scholars who have written about the theological controversies of the fourth century in the last thirty years have rejected the term ‘Arian’ as tendentious and misleading".

Barnes sieht allerdings die 'Eusebianer' als Teil einer politischen (nicht theologischen oder ideologischen) Allianz mit den Meletianern.
 
Es gab im 4. Jhdt. viele unterschiedliche Strömungen innerhalb des von Gegnern so genannten „Arianismus“. Diese Zersplitterung der „Arianer“ war wohl mit ursächlich für den Sieg der Trinitarier, die sich auf eine Definition einigen konnten. Um jetzt zwischen den einzelnen Gruppierungen der Gegner der Trinitarier zu unterscheiden, müsste man in einer Diskussion notgedrungen in die Feinheiten der jeweiligen Definition/Lehre einsteigen, wofür mir schlicht die Kompetenz fehlt

Ohne in die Feinheiten einzusteigen, möchte ich anmerken, dass "Trinitarier" ebensowenig ein geeigneter Begriff ist wie "Arianer". Wie bereits erwähnt, glaubte auch Arius an Vater, Sohn und Heiligen Geist, die er als drei "Hypostasen" umschrieb. Das Konzil von Nicaea verwarf diese Auffassung, setzte Hypostasis und Ousia ("Wesen") gleich und verdammte alle, die von verschiedenen Wesen oder Hypostasen sprechen.

Zersplittert sind nach meinem Verständnis auch nicht die "Arianer" (wie auch, es gab keine solche Gruppe, wenn man von den unmittelbaren Anhängern des Arius absieht), sondern eher die große Mehrheit der Bischöfe, die alle das Nicaenum unterschrieben hatten, die eine oder andere Formel aber doch wieder anders interpretierten oder in Frage stellten (Näheres siehe Beitrag 41, letztes Zitat).

Erst nach jahrzehntelangen Diskussionen kristallisierte sich eine "neunizänische" Richtung heraus, die sich auf die Formel "ein Wesen - drei Hypostasen" (und noch einige weitere Formeln) einigte und sich in Ost und West weitgehend durchsetzte.

Damit soll es aber von meiner Seite genug mit theologischen Erläuterungen sein. Mit wirklichen Feinheiten, mit denen man "heutige Examenskandidatinnen wie -kandidaten zur Verzweiflung bringen kann", habe ich gar nicht angefangen - und da fehlt mir auch die Kompetenz.

Ich halte es aber für möglich, sich auch ohne solche Feinheiten die damaligen politischen Ereignisse anzuschauen. Polarisierende Schlagworte sind zur Einordnung der jeweiligen Akteure und ihrer Ziele jedenfalls nicht geeignet, eine gewisse Differenzierung muss schon sein.
 
[1]Die ´Konfession´ von Konstantin scheint zumindest am Ende seines Lebens eine arianische gewesen zu sein, da er sich auf dem Sterbebett von einem der arianischen Masterminds, Eusebius von Nicomedia, taufen ließ - d.h. er ließ sich arianisch taufen. Warum er sich so spät zum Arianismus bekannte, weiß keiner, die Vermutung liegt aber nahe, dass er in seiner aktiven Zeit nach außen hin eine neutrale, d.h. über den Glaubensstreitigkeiten stehende Position einnehmen wollte, wie er sie für das Kaiseramt angemessen hielt. Das heißt aber nicht, dass er innerlich nicht schon eine Entscheidung - gegen die Gottesgleichheit des Jesus - getroffen hatte.
...
[2]Du scheinst irrtümlich anzunehmen, dass die homöische Richtung keine arianische Richtung ist. Tatsächlich hatte der Arianismus zwei Richtungen, eine anti-homöische .. und eine homöische ... Wenn Constantius also, wie du korrekt schreibst, "die homöische Richtung unterstützte", dann tat er dies als Anhänger des homöischen Arianismus.

Bevor nun von Chan die nächsten weltanschaulich-religiösen Fässer aufgemacht werden, wird von ihm zu beiden Faktenbehauptungen der Stand der Fachdebatte anhand von Publikationen nachgereicht. Dies mit dem nächsten posting.

Eigene weltanschaulich-religiöse Basteleien zu „Trinität, Hypostase und Ousi“ interessieren hier aufgrund der Forenregeln nicht.

Um nochmals zu zitieren, was ElQ auf den Punkt gebracht hat:
Das ist eine seltsame Auslegung dessen, was eine theologische Diskussion ist. Eine theologische Diskussion wäre es, wenn ihr euch über die Gestalt Gottest (etc.) Gedanken machen würdet. Wenn ihr aber über die Konflikte zwischen verschiedenen christlichen Gruppierungen in der Antike und den diesen Konflikten zugrundeliegenden Theologien redet, dann ist das selbstverständlich eine historische Diskussion.

Soweit die „historische Diskussion“ über Konflikte geführt wird, sind Faktenbehauptungen zur diesbezüglichen Ereignisgeschichte auch zu belegen. Und dieses wird - wie bereits von mehreren Teilnehmern mit Blick auf Forenkompetenzen ausgeführt - nicht mit Wikipedia-Zitaten oder etwa persönlichen Weltanschauungen erledigt, sondern mit dem Hinweis auf den Stand der fachlich kompetenten Diskurse.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ohne in die Feinheiten einzusteigen, möchte ich anmerken, dass "Trinitarier" ebensowenig ein geeigneter Begriff ist wie "Arianer". Wie bereits erwähnt, glaubte auch Arius an Vater, Sohn und Heiligen Geist, die er als drei "Hypostasen" umschrieb. Das Konzil von Nicaea verwarf diese Auffassung, setzte Hypostasis und Ousia ("Wesen") gleich und verdammte alle, die von verschiedenen Wesen oder Hypostasen sprechen.

Zersplittert sind nach meinem Verständnis auch nicht die "Arianer" (wie auch, es gab keine solche Gruppe, wenn man von den unmittelbaren Anhängern des Arius absieht), sondern eher die große Mehrheit der Bischöfe, die alle das Nicaenum unterschrieben hatten, die eine oder andere Formel aber doch wieder anders interpretierten oder in Frage stellten (Näheres siehe Beitrag 41, letztes Zitat).

Erst nach jahrzehntelangen Diskussionen kristallisierte sich eine "neunizänische" Richtung heraus, die sich auf die Formel "ein Wesen - drei Hypostasen" (und noch einige weitere Formeln) einigte und sich in Ost und West weitgehend durchsetzte.

Sehr gut zusammengefasst, Sepiola.


Damit soll es aber von meiner Seite genug mit theologischen Erläuterungen sein. Mit wirklichen Feinheiten, mit denen man "heutige Examenskandidatinnen wie -kandidaten zur Verzweiflung bringen kann", habe ich gar nicht angefangen - und da fehlt mir auch die Kompetenz.

Ich halte es aber für möglich, sich auch ohne solche Feinheiten die damaligen politischen Ereignisse anzuschauen. Polarisierende Schlagworte sind zur Einordnung der jeweiligen Akteure und ihrer Ziele jedenfalls nicht geeignet, eine gewisse Differenzierung muss schon sein.

Eigene weltanschaulich-religiöse Basteleien zu „Trinität, Hypostase und Ousi“ interessieren hier aufgrund der Forenregeln nicht.

Soweit die „historische Diskussion“ über Konflikte geführt wird, sind Faktenbehauptungen zur diesbezüglichen Ereignisgeschichte auch zu belegen. Und dieses wird - wie bereits von mehreren Teilnehmern mit Blick auf Forenkompetenzen ausgeführt - nicht mit Wikipedia-Zitaten oder etwa persönlichen Weltanschauungen erledigt, sondern mit dem Hinweis auf den Stand der fachlich kompetenten Diskurse.

Dem gibt es nichts mehr hinzu zufügen. So begegnen einem manche Fragmente der hier in leidlicher Breite immer wieder angebotenen Behauptungen/'Basteleien' in diversen, schlichten Wikipedia-Artikeln und anderen im Netz leicht greifbaren 'Texten', manchmal auch in Verbindung mit seit langem überholter, früherer Fachliteratur.
Mir fällt dabei die überwältigend ausgeprägte und erstaunlich schlichte Instrumentalisierung sehr auf.
 
Bevor nun von Chan die nächsten weltanschaulich-religiösen Fässer aufgemacht werden, wird von ihm zu beiden Faktenbehauptungen der Stand der Fachdebatte anhand von Publikationen nachgereicht. Dies mit dem nächsten posting.

Eigene weltanschaulich-religiöse Basteleien zu „Trinität, Hypostase und Ousi“ interessieren hier aufgrund der Forenregeln nicht.

Welche zwei „Faktenbehauptungen“ du meinst, kann ich jetzt nur erraten.

Dass Konstantin vom arianischen Bischof Eusebius auf dem Sterbebett getauft wurde? Muss das mit Fachliteratur belegt werden? Gehört das nicht zum Basiswissen eines jeden, der sich mit der Geschichte des Christentums ernsthaft befasst, und kann das nicht in Nullkommanichts im Internet recherchiert werden?

Dass Konstantin eventuell schon in seiner aktiven Zeit arianisch eingestellt war, ohne das aber nach außen zu zeigen? Das habe ich ausdrücklich als „naheliegende Vermutung“ bezeichnet, ist also keine „Faktenbehauptung“.

Dass der Arianismus auch eine homöische Richtung hatte? Auch das ist religionswissenschaftliches Basiswissen und kann im Internet leicht recherchiert werden. Ich nenne trotzdem eine fachliterarische Quelle (die ich aber nicht genutzt hatte):

Hartmut Leppin, ´Von Constantin dem Großen zu Theodosius II.´, S. 96:

Anders als der Westen wurde der Osten nach dem Tode Jovians von einem Gegner der Orthodoxie, Valens, beherrscht, der wie zuletzt Constantius II. die homöische Richtung des Arianismus förderte.

Mein von dir nicht akzeptierter Beitrag über „Trinität, Hypostase und Ousia“ war eine historisch fundierte Darstellung der orthodox-katholischen Trinitätslehre mit Bezugnahme auf den neoplatonischen Hintergrund und auf die Entwicklungsstufen der Lehre in den diversen Konzilen. Ich habe da keinerlei eigene „Weltanschauung“ eingebracht. Eine solche Darstellung hielt ich für sinnvoll, da der Kenntnisstand einiger User in diesem Punkt noch Luft nach oben hat.

Im übrigen halte ich diese immer wiederkehrenden „Weltanschauungs“-Vorhaltungen für überflüssig, da es einen weltanschauungsfreien Standpunkt nicht gibt und nicht geben kann. Wer das nicht erkennt, ist nicht auf dem neuesten Stand der Philosophie (seit den 1960ern), hinkt philosophisch in diesem Punkt also um über ein halbes Jahrhundert hinterher. Der Standpunkt „Ich selbst bin weltanschaungsfrei, und wer anders denkt als ich, hat eine Weltanschauung“ ist sehr narzisstisch und auch alles andere als originell, denn so denkt ja fast jeder…
 
Hartmut Leppin, ´Von Constantin dem Großen zu Theodosius II.´, S. 96:

Leppin bezieht sich verkürzend auf Hanns Christof Brennecke, siehe Sepiola. Brennecke gehört und gehörte zu den Wissenschaftlern, die die ''Homöer'' nicht zum Arianismus rechnen.
Vielleicht schaust Du mal in die Publikation seiner Abschiedsvorlesung von 2013 an, Arianismus - Inszenierungen eines Konstrukts.
Schade, dass Du die Hinweise auf die Referenz-Artikel oben nicht beachtest (religionswissenschaftliches Basis-Wissen?).

Da Du endlich mal Quellen nennst, kann man auf diese entsprechend reagieren. Warum nicht früher? Dein Hinweis auf das Internet ohne Nennung weiterer Literatur wg. der Zuordnung der Homöer zum 'Arianismus' ist natürlich nutzlos.
 
Zuletzt bearbeitet:
In einer langen Darstellungstradition sind die Homöer bis in die jüngere Zeit mehr oder minder als Kryptoarianer gewertet worden. Dazu gehört eine Sprachregelung, nach der das Kennwort Ómoioj durchgängig mit „ähnlich“ wiedergegeben wurde (und zum Teil noch wiedergegeben wird). Unter dem Einfluß der Quellen der siegreichen Partei wird so letztlich eine Etikettierung aus der antihäretischen Polemik des vierten Jahrhunderts fortgeschrieben. [..]
Einer differenzierteren Erfassung der Homöer und ihrer theologischen und kirchlichen Intentionen kann die überkommene Sprachregelung jedoch nicht standhalten. [...]
Q: Knut Schäferdiek, Der vermeintliche Arianismus der Ulfila-Bibel. Zum Umgang mit einem Stereotyp, in: Zeitschrift für antikes Christentum, 2002, Band 6, Heft 2, S. 21f.

In dem Artikel geht es nebenbei um den angeblichen 'Arianismus' der Goten, die eigentlich 'Homöer' sind.
 
Für eine Vertiefung hinsichtlich der homöischen Trinitätslehre bzw. ihrer Entstehung ab etwa 357, die ja weitgehend via Wulfila & Constantius II. & Valens auch den Weg zu den Ost- und Westgoten fand:

Hanns Christof Brennecke, Annette von Stockhausen, Christian Müller, Uta Heil, Angelika Wintjes (Hrsg.): Athanasius Werke. Dritter Band, erster Teil. Dokumente zur Geschichte des arianischen Streites. 4. Lieferung: Bis zur Synode von Alexandrien 362. Walter de Gruyter, Berlin/Bosten 2014.

Der Titel kann vollständig und öffentlich, kostenfrei & legal von der Website ''Athanasius Werke'' (u.a. mit Brennecke), angesiedelt bei der Uni Erlangen, runter geladen werden - in exzellenter PDF-Aufmachung:

http://www.athanasius.theologie.uni-erlangen.de/data/2014_AthanasiusWerke_III4.pdf
 
Ein sehr gute und allgemein verständliche Übersicht zur Entstehung der Trinitätslehre & zum Trinitäts-Streit (Tertullian/Origenes!), liefert dieses neueste Werk:

Wolf-Dieter Hauschild, Volker Henning Drecoll: Lehrbuch der Kirchen- und Dogmengeschichte. Band 1. Alte Kirche und Mittelalter. 2016. Hier S. 42 - 104.

Zudem empfehlenswert, wenngleich ohne ganze Differenziertheit beim ''Arianismus'' und gelegentlichen Unsicherheiten bei der Zuordnung der Personen zu den verschiedenen Strömungen (z.B. Acacius von Caesarea), aber mit überschaubaren Einzeldarstellungen der theologischen Positionen so ziemlich aller denkbaren 'Beteiligten':

Jan Rohls: Gott, Trinität und Geist (Ideengeschichte des Christentums, Band III/1). Mohr Siebeck, Tübingen 2014.
Anspruchsvoll.
 
Ich bin mir nicht sicher, ob dieser Hinweis hier gestattet ist: Die Wikipedia-Lemma 'Arianismus', 'Arianischer Streit' + 'Arius' (und weitere in Zusammenhang mit dem 'Arianismus') sind mittlerweile wesentlich von mir überarbeitet und auf einen aktuellen Stand gebracht sowie auf eine breitere bzw. überhaupt auf eine Basis der Wissenschaftsliteratur gestellt worden.
 
Zurück
Oben