Die Griechen im Atlantik

Island soll also zur Zeit der Wikinger gelegentlich von den Färöern aus sichtbar gewesen sein? Habe ich das richtig verstanden?
Von den Färöern bis Island sind es 500 km, das ist m. W. außerhalb jeder Sichtweite. Und die Entfernung bzw. die Erdkrümmung dürfte sich seit der Zeit der Wikinger auch nicht wesentlich geändert haben.

Kann mir jemand auf die Sprünge helfen oder schreibt Roller hier einfach Mist?
ich habe gerade nachgeschaut, die geodätische Sichtweite unter Berücksichtigung der Erdkrümmung, ergibt für ein 2000 m hohes Objekt (den Vulkan) eine Sichtweite von 159 km bei außergewöhnlich guten Wetterbedingungen.
Einen Schiffsmast eingerechnet, kommen noch 10 - 15 km dazu. Daher halte ich eine Sichtbarkeit von den Faröer Inseln aus für ausgeschlossen.
 
Von Tarifa konnte ich gerade so hinüber nach Marokko sehen, dass waren soweit ich mich erinnere 14 km (Straße von Gibraltar). Eine Sichtbarkeit über 430 km (diese Angabe habe ich gefunden als Entfernung) kann meiner Ansicht nach nicht stimmen. Erdkrümmung, optisches Instrument nur das Auge - wie soll das gehen? Hohe Berge auf Island? Vulkanische Rauchwolken?

Rein theoretisch wäre vom einem 880 m hohen Punkt aus (höchster Berg der Färöer) ein 2110 m hoher Punkt (höchster Berg in Südostisland) zu sehen, wenn diese Punkte nicht mehr als 304,67 km auseinander sind. So rechet es dieser Rechner hier aus:
Sichtweite berechnen: Entfernung bis zum Horizont

Praktisch müsste dazu extrem trockenes und klares Wetter herrschen, da wird man auf den Färöern eher schlechte Karten haben:
faeroeer%20inseln%20klima%20torshavn.gif

Färöer Wetter & Klima: Klimatabelle, Temperaturen und beste Reisezeit
 
Von Tarifa konnte ich gerade so hinüber nach Marokko sehen, dass waren soweit ich mich erinnere 14 km (Straße von Gibraltar).
Als ich das erste Mal unten in Andalusien war, war ich für ca. vier Wochen in Tarifa. In diesen vier Wochen hatten wir jeden Tag klaren Himmel und Sonnenschein. Dennoch war die Sicht von Tarifa auf Marokko jedes Mal anders. An zwei Tagen konnte man die marokkanische Küste klar sehen, die meiste Zeit sah man sie nur schummrig, an manchen Tagen gar nicht. Erkennbaren Dunst oder gar Nebel gab es nicht. Dass es dunstig war, hat an eigentlich nur daran gesehen, ob und wie gut die marokkanische Küste zu sehen war. Das war auch tageszeitenunabhängig. Also anders als etwa in Südkalifornien, wo du morgens um 9:00 denkst, der Tag wird diesig und um 11:30 knallt die Sonne vom Himmel runter.
 
800 Jahre? Die Getreidekörner auf Färöerinseln werden auf die Mitte des 4. Jhdt. datiert und Pytheas lebte von ca. 380 v. Chr. bis ca. 310 v. Chr. Wenn man annimmt, dass er diese Reise in jungen Jahren unternommen hatte, dann ist dieser Zeitraum von 350 v.Chr. bis 350 n.Chr., was 700 Jahre ausmacht, und nicht 800-900 Jahre, wie du zuerst meintest, und auch nicht 800 Jahre, wie du es jetzt meinst.
Das ist doch Haarspalterei.
 
Als ich das erste Mal unten in Andalusien war, war ich für ca. vier Wochen in Tarifa. In diesen vier Wochen hatten wir jeden Tag klaren Himmel und Sonnenschein. Dennoch war die Sicht von Tarifa auf Marokko jedes Mal anders. An zwei Tagen konnte man die marokkanische Küste klar sehen, die meiste Zeit sah man sie nur schummrig, an manchen Tagen gar nicht. Erkennbaren Dunst oder gar Nebel gab es nicht. Dass es dunstig war, hat an eigentlich nur daran gesehen, ob und wie gut die marokkanische Küste zu sehen war. Das war auch tageszeitenunabhängig. Also anders als etwa in Südkalifornien, wo du morgens um 9:00 denkst, der Tag wird diesig und um 11:30 knallt die Sonne vom Himmel runter.

Das liegt am Wassergehalt der Luft. je höher desto geringere Sicht. Hat man öfters an der Küste so.
 
wenn dann ganz viel Wasser in der Luft ist nennt man das Nebel, gibts auch abseits der Meere.

Wenn Nebel ist ist der maximale Sättigungsgrad der Luft mit Wasser überschritten. Was die Trübung erzeugt ist flüssiges Wasser, mir einer sehr geringen Tropfengröße. Das ganze nennt man , wenn es über einem ist Wolken.
Mir geht es um das Wasser, welches in der Luft gelöst ist. Dadurch sich die Lichtbrechung, abhängig vom Wassergehalt der Luft. Übrigens auch Luftfeuchtigkeit genannt, der Wassergehalt der Luft.
 
Irgendwie hat sich die Diskussion etwas verzettelt, ich habe mir daher überlegt passend zur neutraleren Überschrift "Griechen im Atlantik" etwas beizusteuern, und nicht direkt auf den Anlass (Hypothese der Atlantiküberquerung durch griechische Seefahrer) einzugehen. Die Diskussion von der Historizität von Phyteas Entdeckungsfahrt nach Nordeuropa könnte man vielleicht in einem eigenem Thread fortsetzen?

Ich hatte weiter oben einen Text von Ronald Bockius zitiert, er erwähnt darin archäologische Funde von mediterranen Schiffen, die ins 2.Jahrhundert oder frühe erste Jahrhundert vor Chr. datiert werden, einen Bleiankerstock gefunden in Wales (Porth Felen) onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1111/j.1095-9270.1977.tb01011.x/abstract , und einen Eisenanker entdeckt in Dorset (Bulbury) aus dem 1.Jahrhdt. BC (abgebildet in Ancient Boats in North-West Europe: The Archaeology of Water Transport to AD 1500 ...von Sean Mcgrail, S.254). Im verlinkten Artikel werden drei weitere Anker erwähnt, die ein französiches Taucherteam im Departement Var an einem Riff mit dem Namen La Chretienne gefunden haben. Alle Anker waren von relativ geringen Gewicht, und daher für kleine Boote geeignet (der von Porth Felen hatte nur 71 kg Gewicht). Den neuesten Fund verlinke ich hier: Caitlin Green: A Mediterranean anchor stock of the fifth to mid-second century BC found off the coast of Britain
Das phokäische Massalia hatte an der Loiremündung ein Handelskontor in der Stadt Corbilo, ein Handelsplatz der keltischen Namneter, dessen Lage bisher nicht identifiziert ist (vorgeschlagen sind Nantes, aber auch Saint Nazaire). Strabon erwähnt diesen Ort aus einem verschollenen Buch Polybios zitierend (Buch IV,2). In Konkurrenz zu Karthago versuchte Massalia über kombinierte Land-Seerouten Anschluß an den Atlantikhandel mit Zinn zu behalten (Diodor V 22,2-4, Plinius nat.hist. V 16,9-11) - die Hauptrouten waren Rhone-Loire/Liger oderSaone- Saine, oder die Aude-Garonneroute bis zum Gallischen Isthmus. Archäologische Funde (Amphoren, Münzen) lassen auf einen regen Handel mit den keltischen Gentes in Südwestfrankreich schließen, mit Einfluß bis nach Zentralgallien, die Schweiz und Süddeutschland.
Grundsätzlich kann man daher nicht ausschließen, dass griechische Seefahrer auf dem Atlantik reisten, um neue Märkte zu entdecken und Handelsbeziehungen zu knüpfen (siehe auch der gut belegte Brauch der Gastgeschenke in hallstattzeitlichen /frühlatenzeitlichen "Fürsten"-Sitzen wie dem Mont Lassois).
Der römische Dichter Avienus benutzte als Vorlage für sein Lehrgedicht Ora maritima wahrscheinlich einen alten griechischen Periplus, dessen Alter umstritten ist, und mit Pytheas von Massalia (4.Jahrhdt.BC) oder Euthymenes verbunden (6.Jahrhundert BC) wurde, und die Atlantikküste bis zu den Skandinavischen Ländern beschreibt. Ein maritimes Wissen über den Atlanitk wird ab dem 6.Jahrhundert BC in Massalia vorhanden gewesen sein.http://www.zobodat.at/pdf/Abh-Naturhist-Ges-Nuernberg_43_0009-0022.pdf
 
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Vielleicht schaust Du nochmal auf Seite 1 nach, worüber hier diskutiert wird?





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Was fällt mir an der Karte auf? Das lange stück Richtung Spitzbergen , etwa 900 sm in unwirtlichem Gewässer, nördlich des Polarkreises. Da gibt die Route an den Britischen Inseln vorbei über die Shettlands und Orkneys mehr sinn. Und dann die lange fahrt an der Grönländischen Küste. lang. Ein weiteres Problem ist Neufundland und die Eisberge mit Nebel. Was auch mit den uns bekannten Navbigationsinstrumenten kein Sinn ergibt, ist der Sprung in den Nordatlantik und dann der Knick Richtung Mittelmeer. Da würde es mehr sinn ergeben bis etwa Boston runter zu segeln und dann "einfach " Richtung Europa.
 
Was fällt mir an der Karte auf? Das lange stück Richtung Spitzbergen , etwa 900 sm in unwirtlichem Gewässer, nördlich des Polarkreises. Da gibt die Route an den Britischen Inseln vorbei über die Shettlands und Orkneys mehr sinn. Und dann die lange fahrt an der Grönländischen Küste. lang. Ein weiteres Problem ist Neufundland und die Eisberge mit Nebel. Was auch mit den uns bekannten Navbigationsinstrumenten kein Sinn ergibt, ist der Sprung in den Nordatlantik und dann der Knick Richtung Mittelmeer. Da würde es mehr sinn ergeben bis etwa Boston runter zu segeln und dann "einfach " Richtung Europa.
Die Frage ist, was alles diese „Wikinger-Entdeckungswelle“ angetrieben hat.
Zu den Bedingungen würde ich weniger die nackte Landkarte heranziehen, als vielmehr Wind- und Strömungsverhältnisse im Nordatlantik. Warum wurden diese Verhältnisse und Entfernungen nun relativ schnell überwindbar?

Die Wind- und Strömungsverhältnisse lassen so auch von „Süden“ abgetriebene Boote auf dem one-way-ticket auf den Faröern erwarten.

@Biturigos: wird abgetrennt.
Schau Dir mal oben den verlinkten Artikel zum Bristol-Kanal an. An der jahrhundertelangen direkten Verbindung zum Mittelmeerraum kann eigentlich kein Zweifel bestehen.
 
@silesia: was wird abgetrennt? Und welchen Artikel meinst du zum Bristolkanal? In einem deiner Beiträge? Leidr hat das verlinken mit dem Artikel zum Bleiankerstock von Porth Felen nicht geklappt, daher hier ein anderer Link und ein Bild des Fundes aus den 70er Jahren. Angor ROMAN Anchor
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Sorry, der letzte Beitrag handelt vom Handel 500 - 700 n.Chr. - das habe ich auf die Schnelle übersehen.
Mich hat eigentlich auch der Titel gewundert, dark Ages, jetzt ist es mir klar warum.
 
Genau, der war gemeint. Randweise wird hier erwähnt, dass der Kontakt tausende Jahre älter ist, und bereits in der Spätbronzezeit/frühen Eisenzeit archäologische Funde die Kontakte vermuten lassen. Mindestens der Kanal und auch die Überfahrten Irland sind gemeistert worden.

Um AD 500 scheint da schon reichlich traffic gewesen zu sein, rund um die britischen Inseln.
 
Dass bereits im Endneolithikum (spätestens) Bootsfahrten möglich waren und vollzogen wurden steht ja auch gar nicht in Abrede. In Abrede steht letztlich nur, dass Griechen regelmäßig in den Atlantik hinaus fuhren und zwar über die Küstensicht hinaus.

Die Diskussion von der Historizität von Phyteas Entdeckungsfahrt nach Nordeuropa könnte man vielleicht in einem eigenem Thread fortsetzen?
Die Historizität wurde eigentlich nicht angezweifelt, nur in Frage gestellt, wohin Pytheas tatsächlich gelangte. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass der Umstand, dass Pytheas' Berichte von antiken Autoren als unglaubwürdig betrachtet wurde, nicht gerade dafür spricht, dass Nordatlantikfahrten häufiger oder gar regelmäßig vorkamen.
 
Auf die Pytheas-Diskussion möchte ich nicht weiter einsteigen, ist sicher ein spannendes Thema. Strabon zitiert oft Polybios, und der hält Pytheas für unglaubwürdig. Andere Autoren haben dies anscheinend nicht getan.

Mit meinem kleinen Beitrag wollte ich, da ja auch die Autoren der Hypothese der Atlantiküberquerung zugeben, keinerlei handfeste Beweise (z.B. archäologische) zu haben, zurückzukehren zu dem, was inzwischen
belegbar ist und verfiziert werden kann. Ugh Valencia zitiert z.B. Strabons Polybios Zitat, dass die Massalioten Scipio keine weitere Auskunft über Britannien geben konnten, ebenso keiner aus Korbilo oder Narbo, obwohl dies die bedeutensten Städte (Handelsplätze) jener Gegend waren (Strab.Geo III,2). Die archäologischen Funde bestätigen jedoch für das 3.Jahrhundert BC einen intensiven Handel auch mit Britannien genau über die oben genannten Routen - die Historikerin Helga Botermann spricht in "Wie aus Galliern Römer wurden" sogar von Zinnstraßen, die entlang der Routen Aude-Garonne und Rhone-Loire bestanden (S.69). Falls die Anekdote von Polybios wahr ist, wäre vielmehr zu vermuten, dass auch die bündnistreuen Massalioten noch versuchten, den Britannienhandel und innerkeltischen Handelsrouten zu monopolisieren, und keinerlei Interesse hatten, den Römern Informationen zu liefern. Es gibt eine Geschichte an den Atlantikküsten, von der "wir" relativ wenig wissen und wenig überliefert ist. Die Massalioten hatten einige hundert Jahre Zeit, relativ ungestört den gallischen Raum zu erforschen, politische Beziehugen zu knüpfen und die regionalen Märkte zu erschließen (ab 550 BC lösten sie langsam Etrurien in seiner Monopolstellung in Gallien ab). Erst nach dem Ende des zweiten punischen Krieges stieg Rom zu einem ernsthaften Konkurrenten (politisch und ökonomisch) im massaliotischen Einflußraum auf, das gallische Hinterland geriet in die Interessenssphäre römischer Politik.
Der Einfluss griechischer Schrift, der Vorbildcharakter massaliotischer Münzen im gallischen Raum, die Drachme aus Massalia, Rhoda und Emporion war dort eine Art Leitwährung, die schon vor dem 2.Jahrhundert BC nachgeprägt wurde (schönes Beispiel ist die Drachme aus Rhoda mit einer vierblättrigen Rose auf dem Revers - Vorbild für das Kreuzrevers der Münzen der Volcae Tectosagae (170 BC?) - rhoneaufwärtswandernd erreichte das tectosagische Revers auch den Neckar (Kreuzquinare, eventuell Prägung Anfang 1.Jahrhundert BC), alles dies spricht dafür, dass griechische Händler, Diplomatische Delegationen und Forscher (wie Poseidonios, der eines seiner Hauptwerke Über den Okeanos und seine Probleme nannte, von dem leider nur Fragmente erhalten sind -man könnte diesen Titel als bewusste Anlehnung an Pytheas Hauptwerk Über den Ozean interpretieren) sich weitläufig in Gallien und an seinen Küsten bewegen konnten. Dies könnte dazu geführt haben, dass das Interesse am Atlantik gewachsen ist, und auch an seiner ökonomischen Erschließung und Erforschung - alles Weitere hätte die Kräfte Massalias und seiner Stützpunkte überfordert.
 
Dass bereits im Endneolithikum (spätestens) Bootsfahrten möglich waren und vollzogen wurden steht ja auch gar nicht in Abrede. In Abrede steht letztlich nur, dass Griechen regelmäßig in den Atlantik hinaus fuhren und zwar über die Küstensicht hinaus.

Mir ging es oben um etwas ganz anderes, als um den randweisen Hinweis auf bronzezeitliche oder noch frühere Schifffahrt. Schon den „Material“-Vergleich mit griechisch-römisch-keltischen Schiffen würde ich auch für abwegig halten.

1. Abseits davon war die eigentliche Absicht, auf den harten Kontrast beim traffic im Vergleich mit den Faröern hinzuweisen.

2. Von den Westschottischen Inseln, Hebriden, Shetland gibt es jeweils massenweise, tausende Fundlagen seit dem Neolithikum. Sämtliche besiedelte Inseln waren bei bestimmten Materialien auf Zufuhr angewiesen, wie die Fundlage zeigt. Vergleichbare Fundlage Faröer: Null.

3. Die angesprochenen anderen nordatlantische Insellagen weisen sämtlich invasive Fauna auf, die eben durch Besiedlung und den Schiffsverkehr eingeschleppt wurde. Beispiel Mäuse: ausschließlich genetische Herkunft Skandinavien (durch Wikinger eingeschleppt), nix britisches nachweisbar.

Für die Faröer gibt es damit einen völligen Kontrast zu den übrigen Insellagen, die nah an den Irland/Schottland liegen. Und ein paar verbrannte Getreidekörner nebst vermeintlichen/vermuteten/durch Wikinger überbaute Steinfundamente, die auch auf ein paar Havarien (sie oben: ohne „Rückfahrkarte“) passen.

Das ist der Forschungsstand für die Zeit vor AD 350, alles andere ist derzeit etwas für Fantasy-Romane.

Was zwischen AD 350/700(625?) pre-viking abgelaufen ist, abgetriebene orientierungslose Transporte/Fischer, oder eine Siedlung, ist völlig unklar. Mäuse (oder anderes Getier) haben sie jedenfalls nach derzeitigem Kenntisstand offenbar nicht mitgebracht. Wenn mehr gefunden würde (archäologisch oder genetisch), kann darüber weiter spekuliert werden.
 
Voschlag, den Dion und EQ auch schon gemacht haben: zurück zum Plutarch-Zitat, und dies diskutieren. Am Anfang machte z.B. Ugh Valencia auf den Widerspruch zwischen beschriebenen Fahrtziel und Neufundland aufmerksam - wenn das bei Plutarch beschriebene Ziel jedoch der "Insel der Seligen" entspricht, dem Elysion, dann musste Plutarch diese westlichste Insel im Ozean so darstellen. Das Zitieren aus der Odyssee (Elysion in Odyss.4,563), oder der Insel Ogygia (als Wohnort der Nymphe Kalypso) spricht ebenso gegen eine reale Fahrtroute oder geographische Kartierung von realen Entdeckungen. Genau dies war jedoch ein Leitthema der hellenischen philosophischen und wissenschaftlichen Auseinandersetzung, beispielhaft Strabons erstes Kapitel, in dem er Homer als ersten Weltbeschreiber huldigt und gegen Kritiker wie Eratosthenes verteidigt, der die Suche der von Homer in der Odyssee beschriebenen Orte als Irrtum bezeichnet. Strabon selbst teilt die Auffassung seines Vorbildes Polybios, die Irrfahrt des Odysseus hätte sich bei Italien und Sizilien abgespielt.
Greift Plutarch hier Partei für den Säulenheiligen Homer, den Dichter, und gegen Eratosthenes, der Homer einen Possenschwätzer genannt hätte (So Strabon, Geog.1,2,7)?
 
Ich habe festgestellt, dass meine letzte Frage zu spekulativ ist. Da ich den kompletten Text von Plutarchs "Mondgesicht" nicht kenne, und ich mir kein Urteil auf Basis der englischen Version zu bilden getraue, ziehe ich meine Frage zurück. Kurz gelesen habe ich im Band Der Dialog in der Antike (de Gruyter, 2013) den Artikel von Alexander Müller zu zwei anderen Dialogen von Plutarch (‚De Pythiae oraculis’ und ‚De defectu oraculorum’) . Nach seiner, Müllers, Auffassung meidet Plutarch mit der Form des Dialogs bewusst geschlossene autoritative Aussagen zugunsten ausgewogener logischer Prüfung des ausgewählten Diskussionsgegenstandes (S.79, Das Orakel und das Dialogische). Daher ist es fraglich, ob man Plutarchs eigene Auffassung aus dem Inhalt der Aussagen einzelner auftretender Personen extrahieren kann. Der Dialog in der Antike

Beitragen kann ich etwas anderes, was mir aufgefallen ist, einmal erwähnt Plutarch eine Insel, auf der Kronos gefangen gehalten wird, auch im Dialog De defectu oraculorum. ich hatte dies, aus Bernhard Maier zitierend, Die Religion der Kelten, Beck, 2004, schon hier erwähnt, Beitrag 15: Die Religion der Kelten - eine Naturreligion? .
Für die Aufmerksamkeit und das Interesse der griechischen Ethnographie an (für die Kelten) religiös bedeutsamen Inseln im Atlantik gibt es einige Beispiele:

1. Strabon zitiert Poseidonios, dass es eine kleine Insel in der Mündung der Loire gebe, die Männer nicht betreten dürften, und die dem Dionysos geweiht sei (Geo 4,4,6).

2. Pomponius Mela beschreibt eine Orakelstätte auf der Insel Sena vor der bretonischen Küste (bei den Ossimern), auf der neun Jungfrauen Priesterinnen wären (Pom.Mela, 3, 48). Seine Vorlage war eventuell Artemidoros oder Timagenes, so Maier, S.95.

3.Plutarch im Dialog De defectu oraculorum: "Demetrios sagte, von den Inseln in der Nähe von Britannien seien viele einsam und abgeschieden, und einige davon seien nach Gottheiten oder Heroen benannt. Er selbst sei im Auftrag des Kaisers zu Erkundungs-und Aufklärungszwecken zur nächstgelegenen Insel gesegelt, die nur wenige Einwohner besaß, welche bei den Britanniern alle als heilig und unverletzlich galten. .... Dort gebe es auch eine Insel, auf welcher der in seinem Schlaf von Briareus bewachte Kronos gefangengehalten werde."

4. Artemidoros von Ephesos hat um 100 v.Chr. berichtet, dass vor der Küste Britanniens eine Insel wäre, auf der ein Kult ähnlich dem der Demeter und ihrer Tochter Kore auf Samothrake bestanden habe (Strabon,Geo 4,4,6).

Maier versucht nun in inselkeltischer Mythologie und Entymologie z.B. den Namen der kleinen Felseninsel Bull Rock vor Irland "Tech nDuinn" (Haus des Donn) Beispiele zu finden, dass die Berichte der antiken Autoren eine griechische Interpretation authentischer Überlieferungen sind. Meiner Ansicht nach gelingt ihm dies oft nur sehr hypothetisch und bleibt disparat: den in einer anderen Welt gefangenen keltischen Maponos (als hypothetisch jugendlicher Vegetationsgott, der im Winter in einer anderen Welt gefangen ist) verbindet Maier mit dem schlafenden Kronos, der meines Wissens (oder täusche ich mich?) als Vater von Zeus nicht dem jugendlichen Frühlingsgott entspricht, dies wäre dann eher das Attribut des Dionysos.

Alle diese Inseln, von denen die griechischen Ethnographen berichteten, oder die in der mittelalterlichen inselkeltischen Überlieferung mit der "anderen Welt" identifiziert wurden, sind jedoch nicht weit von den Küsten entfernt, und eignen sich nicht für die Aufklärung eines offensichtlich seit der Odyssee schriftlich überlieferten "Westmythos" in der griechischen Weltbeschreibung. Man könnte vermuten, dass die griechischen Ethnographen versucht waren, mit genaueren Kenntnissen des Westens Europas diesen West-Mythos weiter hinaus in den atlantischen Ozean zu verschieben.

Noch etwas ist mir aufgefallen:
Strabon beginnt seine Geographika mit einer Hommage an Homer als ersten Erdbeschreiber und Weltweisen, und betrachtet die Erde als Gesamtes, und besonders den Ozean.
In Buch 1, Kap.1,8 schreibt er: "Es ist aber nicht wahrscheinlich, dass der Atlantische Ozean ein Doppelmeer sei, durch so schmale, die Durchfahrt hindernde Landengen geschieden, sondern er ist vielmehr ein zusammenfließendes und zusammenhängendes Ganzes. Denn die, welche eine Umschiffung versuchten und dann umkehrten, sagen nicht, daß sie durch ihnen in den Weg tretendes und die Fortsetzung der Fahrt verhinderndes Festland zurückgestoßen worden sind, sondern durch Mangel und Verlassenheit, während das Meer nichtdestoweniger die Durchfahrt verstatte."
Leider nennt Strabon hier nicht,von welchen Expeditionen er spricht. Dies klingt aber nicht nach Küstenschiffahrt, oder täusche ich mich?
 
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Leider nennt Strabon hier nicht,von welchen Expeditionen er spricht. Dies klingt aber nicht nach Küstenschiffahrt, oder täusche ich mich?
Du täuscht dich wahrscheinlich nicht, denn laut Geschichte der Seefahrt konnte man um 100 BC auch auf hoher See segeln – Zitat:

Das Wissen um die Monsunwinde im Indischen Ozean führt dazu, dass jetzt auch Mittelmeerschiffer in neun Monaten vom Roten Meer nach Indien und zurück fahren (Römisch-indische Beziehungen). Bisher hat solch eine Fahrt an der Küste entlang fast zwei Jahre gedauert. Von den ägyptischen Häfen am Roten Meer, Myos Hormos und Berenike, laufen in der Folge bis zu 120 Schiffe jährlich nach Indien aus.

Das heißt aber auch, dass Griechen/Römer spätestens zu dieser Zeit hochseetüchtige Schiffe besaßen.
 
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