Die germanische Bezeichnung für 'Römer'

Eine Fremdbezeichung hat nichts damit zu tun, ob die Bezeichneten ein Gruppenbewusstsein hatten.
Wenn das deutsche Wort "Welsche" sowohl Italiener wie auch Franzosen bezeichnet, folgt ja nicht daraus, dass sich Italiener und Franzosen als Angehörige eines "welschen Volks" fühlten.

Meine Frage zielt auch mehr dahin, ob überhaupt eine etnische Komponente in den Bezeichnungen zu sehen ist, oder ob die Bezeichnung "Welsche" nicht mehr analog zu "Barbaren" zu verstehen ist. Also jemand, den man nicht versteht.
Die sprachliche Komponente hat sich ja in Begriffen wie "Rotwelsch" und "Kauderwelsch" erhalten, und wie du schon sagtest, verwenden die Briten sie für die Waliser.
Ich denke den damaligen Chatten oder Brukterern war ziemlich egal, ob nun Römer mit Galliern verwandt waren oder nicht.
 
Meine Frage zielt auch mehr dahin, ob überhaupt eine etnische Komponente in den Bezeichnungen zu sehen ist, oder ob die Bezeichnung "Welsche" nicht mehr analog zu "Barbaren" zu verstehen ist. Also jemand, den man nicht versteht.

"Welsche"/"Walchen" als Ethnonym bezieht sich allerdings immer auf keltische oder romanische Gruppen.
Besonders deutlich wird das bei den Walachen - in Abgrenzung zu den ungarischen, albanischen, griechischen oder slawischen Nachbarn:
Walachen ? Wikipedia

Slawische Gruppen wurden nie als Welsche bezeichnet, sondern als Wenden/Windische.

Die sprachliche Komponente hat sich ja in Begriffen wie "Rotwelsch" und "Kauderwelsch" erhalten
Ein vergleichbarer Begriff wäre "Fachchinesisch".
 
Dank Sepiolas Hinweis auf die Göttinger Germanistin Birgit Meineke in einem anderen Thread stoße ich in deren Publikationsliste auf folgenden Aufsatz:
(Zusammen mit Kirstin Casemir:) Zum Ortsnamen "Kattenvenne". In: Kattenvenne. Das Dorf mit seiner Entwicklung. Band II, hg. von der Kattenvenne 1312 eG. Lengerich 2014, S. 45-54.
 
Nochmal zurück zu Kattenvenne. Der Erstbeleg Hadunveni ist seltsam.

Damit wirst Du recht haben. Scheint typischer Wiki-Käse zu sein:

Das Internet bietet dem Benutzer heute eine Fülle von frei zugänglichen und kostenlosen Informationen. Mit dem Drücken weniger Tasten kann man zu jedem beliebigen Thema recherchieren und erhält auf jeden Fall auf seine Frage auch eine Antwort. Ob diese Antwort allerdings richtig ist, ist in vielen Fällen fraglich, denn im World Wide Web kursieren auch recht zweifelhafte Mitteilungen oder schlicht falsche Auskünfte. Wenn man sich also im Internet auf die Suche begibt, muss man eigentlich schon über ein gewisses Vorwissen verfügen, um beurteilen zu können, welche Qualität eine Information besitzt, oder sich auf fachliche und offizielle Internetseiten verlassen.

Zu den ersten Suchmaschinen-Treffern bei einer Recherche gehört in vielen Fällen auch die „freie Enzyklopädie“ Wikipedia. Durch seine Bekanntheit genießt dieses Online-Lexikon einen gewissen „offiziösen“ Charakter. Doch trügt der Schein. Zwar gibt es auch bei Wikipedia einige vorzügliche Artikel, aber diese Feststellung lässt sich leider nicht verallgemeinern. Viele Informationen sind veraltet oder einfach falsch. Das hängt damit zusammen, dass die Inhalte in der Regel nicht fachkompetent überprüft und redigiert werden. Vor allem die ortsgeschichtlichen Beiträge sind häufig mangelhaft und/oder stark veraltet. So findet sich z.B. im Wikipedia-Eintrag (Stand: 12.04.2015) des kleinen Ortes Kattenvenne (Gemeinde Lienen, Kreis Steinfurt) folgender Aussage: „Die erste Erwähnung des Namens Kattenvenne ist in einem Vertrag aus dem Jahr 836, der im Kloster Corvey unterzeichnet wurde, zu finden. Hier heißt es: ‚Tradiderunt Frekin et Heriman in Hadunveni quidquid ibi habuerunt. (…)‘. Frekin und Heriman übertrugen, was sie in Hadunveni besaßen. Es wird vermutet, dass unter ‚Hadunveni‘ die Urform des Namens Kattenvenne zu verstehen ist.“

Diese Ansicht ist allerdings schon lange überholt. Warum Hadunveni nicht mit Kattenvenne identisch sein kann, ist hier aus gegebenem Anlass noch einmal darzustellen:
...
Hadunveni ist nicht Kattenvenne!

Spannhoff plädiert für die Bedeutung "Katzenmoor":
Es ist der Ort an einem Katzenmoor / Der Sprachwitz der Vorfahren spielt auch eine Rolle
 
Letztlich läuft es ja bei Spannhoff in der WN ja auf diese Aussage hinaus:

Egal, ob das Tier selbst gemeint ist oder eine Metapher darstellt: an der „katte“ (Katze) im Ortsnamen „Kattenvenne“ führt nichts vorbei.
Ich mag das ja gerne glauben, nur ist mir die Begründung ein wenig dünn und zu "basta!". Seine Zurückweisung von Hadunveni in seinem Blog finde ich wesentlich stärker :

Eine Verbindung mit Kattenvenne (Gemeinde Lienen, Kreis Steinfurt) ist aber mit Verweis auf Leopold Schüttes Untersuchungen trotzdem auszuschließen, weil die in der Schenkung genannten Personen eher auf das Gebiet des Bistums Paderborn (evtl. die Umgebung von Höxter oder Marsberg) hinweisen. Zudem ist für die Gegend um Kattenvenne kein Besitz des Klosters Corvey nachzuweisen.[9] Sollte man zudem in Hadunueni eine unverderbte Form annehmen dürften, passen die Belege des Namens Kattenvenne schon wegen ihres durchgängigen k-Anlautes[10] nicht zum Beleg der Corveyer Traditionen (siehe Belegliste), denn h und k stehen in allen Sprachstufen des Deutschen in phonologischer Opposition (hahn vs. kahn, horn vs. korn, hammer vs. kammer). Hadunueni muss also endgültig von Kattenvenne getrennt werden!​
 
Oftmals sind Ortsnamen aber auch recht beständig und unterliegen nur phonetischen Transformationen:

Ein anderes Katzen-Beispiel: der Katzensee z'Züri. Hier haben wir es aber mit dem Wortstamm hadu zu tun:

"Die Herkunft des Wortes Katzensee hat nichts mit einer Katze zu tun. Der See wurde im 6. oder 7. Jahrhundert n. Chr. nach einem Alemannen namens Hatto benannt. Mit der Zeit verschob sich das «H» zu einem «K», und das Gewässer wurde so zum Katto-, dann zum Katten- und schliesslich zum Katzensee."

https://de.wikipedia.org/wiki/Katzensee#Namensherkunft

Hatto:
"Kurzform eines Namens, der aus hadu „Kampf“ (vgl. nhd. hadern) und einem weiteren unbekannten Bestandteil zusammengesetzt ist (wie z.B. Hadubrand, Hadbert, Hadwin)."

https://de.wikipedia.org/wiki/Hatto#Herkunft_und_Bedeutung_des_Namens


Und jetzt ein paar Katzenvideos auf Youtube.
 
Oftmals sind Ortsnamen aber auch recht beständig und unterliegen nur phonetischen Transformationen:

Der See wurde im 6. oder 7. Jahrhundert n. Chr. nach einem Alemannen namens Hatto benannt. Mit der Zeit verschob sich das «H» zu einem «K»

Eine "Lautverschiebung" von "«H» zu einem «K»" - wann soll die sich ereignet haben, in welcher Sprache?

Das riecht auch sehr nach Käse. Dass der Name Hatto irgendwo und irgendwann zu einem Katto oder gar zu einem Katzo geworden ist, wäre mir neu. Im alemannischen Sprachraum zieht man auch heute noch Hosen an und keine Kosen. Und wenn man eine Weile gelaufen ist, macht man halt und nicht kalt.
 
Ich mag das ja gerne glauben, nur ist mir die Begründung ein wenig dünn und zu "basta!". Seine Zurückweisung von Hadunveni in seinem Blog finde ich wesentlich stärker :

In seinem Buch "Alles für die Katz'?" (BoD Norderstedt 2013) setzt er sich ausführlicher mit den Alternativen auseinander und listet Vergleichsbeispiele auf, die seine These stützen sollen, auch Verbindungen zwischen "Katze" und "Sumpf" (Katzenbruch, Kattenstroth). Allerdings habe ich (nach eiligem Durchlesen) nicht den Eindruck gewonnen, dass Spannhoffs Deutung allen anderen so haushoch überlegen ist...
 
Eine "Lautverschiebung" von "«H» zu einem «K»" - wann soll die sich ereignet haben, in welcher Sprache?

Im Grenzgebiet zwischen keltischen und germanischen Dialekten.

Das keltische Wort für Kampf war 'catu' (Wikipedia: Caen) und die Abgrenzung zwischen germanischen und keltischen Dialekte war anscheinend fließend, ersichtlich am Namen des chattischen Adeligen Catumar (vs. Hathumar – Wikipedia ).

Und auch wenn im Allgemeinen K zu H wurde,

Vernersches Gesetz – Wikipedia ,

muss das im Speziellen nicht so gewesen sein.
 
Im Grenzgebiet zwischen keltischen und germanischen Dialekten.

Ja, eben.
Dieses Grenzgebiet verlief aber nicht in der Gegend von Zürich und schon gar nicht nach dem 6./7. Jahrhundert.
Da wurde dann auch kein T zum Z mehr verschoben, denn das T von Turiacum hatte sich da schon zum Z von Zürich gewandelt.

Und auch wenn im Allgemeinen K zu H wurde,

Vernersches Gesetz – Wikipedia ,
Ähm, schau doch mal in den verlinkten Artikel. (Das Vernersche Gesetz beschreibt eigentlich etwas anderes...)


...muss das im Speziellen nicht so gewesen sein.
Wenn Ausnahmen vorliegen, müssen diese begründet werden.
Im vorliegenden Fall scheint es eher so zu sein, dass ein Hobby-Sprachforscher die grundlegenden Lautverschiebungen nicht auf die Reihe bekommen hat.
 
Zuletzt bearbeitet:
Kattenvenne ist bereits anderen Varusschlachtsortverortern ins Auge gefallen, auch das lässt sich im Buch von Spannhoff (Alles für die Katz'?) nachlesen und erinnert mich stark an dich, lieber LEG XVII.
Spannhoff rekurriert auf eine These des Majors Lühl, die dieser in den 1930er bis 50er Jahren vertrat. Major Lühl meinte, den tumulus des Germanicus detektiert zu haben (Lühls tumulus war die Haskenau bei Münster-Handorf) und dann hat er sich ein Moor in der Nähe gesucht und ist auf das Kattenvenner Moor gekommen. Einen nahegelegenen Flurnamen (Up'n Slade) hat Lühl dann - falsch!* - als "auf dem Schlachtfeld" gedeutet. Allein unter der Annahme, die Deutung des Flurnamens sei nicht falsch sondern richtig, wäre es immer noch vollkommen willkürlich, diesen Ortsnamen auf die Varusschlacht zu beziehen, so als sei die Region ansonsten völlig geschichtslos. Diesen Vorwurf, den Spannhoff Lühl macht, habe ich dir, lieber LEG XVII ja bereits auch recht häufig gemacht, wenn du irgendwelche Ruinen im Wald oder auch nur einen Stein der römischen Okkupationszeit zugeordnet und somit die Geschichte der Regionen östlich des Rheins auf die dreißig Jahre reduziert hast.

*Spannhoff führt das weiter aus, weist nach, dass erstens die etymologische Herleitung falsch ist und zweitens das Wort Schlacht erst um 135o im Sinne der militärischen Auseinandersetzung verwendet wird.
 
Da müsste man sich aber schon auch mal fragen wo denn die Allemannen herkamen und was zur Genese des Allemanischen beigetragen hat.

Aber gut, der Katzensee wurde also nicht nach dem Allemannen Hatto benannt sondern nach einer Katze. Oder der See wurde nach Hatto benannt, und dann später, analog zu Kattenvenne (die ursprünglich eventuell nach einem Westfalen namens Hadun benannt wurde), nach der besagten Katze.
 
Da müsste man sich aber schon auch mal fragen wo denn die Allemannen herkamen und was zur Genese des Allemanischen beigetragen hat.

Aber gut, der Katzensee wurde also nicht nach dem Allemannen Hatto benannt sondern nach einer Katze. Oder der See wurde nach Hatto benannt, und dann später, analog zu Kattenvenne (die ursprünglich eventuell nach einem Westfalen namens Hadun benannt wurde), nach der besagten Katze.
Siehe Spannhoff: Hadunveni ist offenbar doch nicht Kattenvenne gewesen. Da hat sich eine alte Mutmaßung zu einem Faktoid entwickelt. Dem Züricher Hatto habe ich heute morgen versucht nachzuforschen, ich bin ihm nirgends begegnet. Es bleibt nach wie vor dabei: germanisches h wird nicht zu deutschem k! Und die Verschiebung tt - ts/tz war im 6./7. Jhdt. am Alemannischen längst vorbei. Da hätten schon die Urenkel von unserem mutmaßlichen Hatto sagen müssen "hey, wir haben Opas Namen nicht lautverschoben, lasst uns das nachholen."
Es wäre schon schön, wenn solche Sachverhalte nicht andauernd ignoriert würden.
Selbst wenn ein Hatto am Katzensee nachzuweisen wäre, wäre damit längst noch nicht gesagt, dass von diesem der See seinen Namen hat. Ich habe keinen Nachweis dafür gefunden. Der einzige Hatto, den ich gefunden habe, war Abt auf der Reichenau.
 
Wenn ich auf Hochalemannisch "Chatz" sage, dann liegt der ch-Laut irgendwo in der Mitte zwischen k und h.

Vom Gefühl her liegt er sogar näher am h, geschrieben wird es aber Katz(e).
 
Wenn ich auf Hochalemannisch "Chatz" sage, dann liegt der ch-Laut irgendwo in der Mitte zwischen k und h.

Vom Gefühl her liegt er sogar näher am h, geschrieben wird es aber Katz(e).
Ja, da ist aber im Schweizerischen wiederum dasselbe passiert wie bei der ersten/germanischen Lautverschiebung, wo k zu h umgelautet wurde (und entspricht der Regel, die Schuchardt vor fast hundert Jahren formulierte). LEG XVII versucht aber genau die gegenteilige Verschiebung zu argumnetieren von h zu k. Dabei muss man sich die Genese seiner These mal anschauen. Er meinte ursprünglich bei seinem Versuch, Orte römischer Anwesenheit anhand ihrer Namen entdecken zu können, dass Katt-Orte in D etwas mit Caesar zu tun hätten und "entwickelte" seine These "weiter", als ich ihm schrieb, dass Kattenvenne wohl als Hadunveni erstbelegt sei (was sich ja offenbar als falsch herausstellte) und Hadu vielleicht/eventuell/möglicherweise mit haþu ('Kampf') zusammenhinge: Da hat er dann aus haþu den Kämpfer gemacht und festgestellt, dass Römer ja Kämpfer seien...
 
Werden Personennamen gewöhnlich lautverschoben oder bleiben sie unverändert?
Das kann man so pauschal kaum sagen. Als Teil der Sprache unterliegen Namen der sprachlichen Veränderung. Ein Bsp. für einen lautverschobenen Personennamens wäre

Þiudareiks - Dietrich.​

Andere Namen werden kontrahiert (Ralf von Radulf, Rolf von Rudolf).

Personennamen in Ortsnamen sind aber meist ihrer ursprünglichen Bedeutung entrückt; aber auch Ortsnamen unterliegen der sprl. Entwicklung, ob nun Tolbiacum zu Zülpich wird oder Toricum zu Zürich, Colonia zu Köln, Astnide zu Essen oder Ad Monachum zu München.
 
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