Die Griechen im Atlantik

Hallo Dion

Ersetze bitte verzichten mit ergänzen. Um eine Reise von 3 Tagen zu machen nimmt man meist kein Hochseetaugliches Schiff. Die sind viel aufwendiger im Bau und Unterhalt als küstentaugliche Schiffe.
 
Du täuscht dich wahrscheinlich nicht, denn laut Geschichte der Seefahrt konnte man um 100 BC auch auf hoher See segeln – Zitat:

Das Wissen um die Monsunwinde im Indischen Ozean führt dazu, dass jetzt auch Mittelmeerschiffer in neun Monaten vom Roten Meer nach Indien und zurück fahren (Römisch-indische Beziehungen). Bisher hat solch eine Fahrt an der Küste entlang fast zwei Jahre gedauert. Von den ägyptischen Häfen am Roten Meer, Myos Hormos und Berenike, laufen in der Folge bis zu 120 Schiffe jährlich nach Indien aus.

Das heißt aber auch, dass Griechen/Römer spätestens zu dieser Zeit hochseetüchtige Schiffe besaßen.
Ich war mir nicht ganz sicher, da die geographische Vorstellung immer noch war, dass der Ozean die Kontinente wie ein großer Strom umfließt. Allerdings ist das vieldeutig, deswegen zitiere ich noch vollständig Strabon, vor meinem obigen Zitat:
"Daß nun die bewohnte Erde eine Insel sei, ist zuerst aus der Anschauung und Erfahrung zu entnehmen. Überall nämlich, wo es denn Menschen nur irgend möglich war, bis zu den äußersten Enden der Erde vorzudringen, findet sich Meer, welches wir eben den Ozean nennen; und wo es nicht möglich war dies durch Anschauung zu erkennen, zeigt es die Vernunft. Denn die östliche Seite bei den Indern und die westliche bei den Iberiern und Marusiern wird ganz umschifft auf eine weite Strecke sowohl des südlichen und nördlichen Teils hinaus; was aber von uns bis jetzt noch unbeschifft übrig bleibt, weil kein Verkehr zwischen uns und den die entgegen gesetzten Teile Umschiffenden stattfindet, ist nicht viel, wenn man es aus den parallelen, von uns erreichten Abständen berechnet." (Geo 1,1,8)
Strabon könnte hier auch die Vorstellung einer Umschiffung nach Süden und Norden an den Küsten entlang gemeint haben, bis man "die Insel" (bewohnte Landmasse der Kontinente) umfahren hatte, und die Verlassenheit bezieht sich dann nicht auf die Weite des Ozeans, sondern auf unwirtliche, menschenleere Gegenden. Da Strabon jedoch auch von der Kugelförmigkeit der Erde überzeugt ist (1,1,20), eine Überzeugung, die uns bekannt zuerst Eratosthenes äußerte, kann auch ein Versuch der Überquerung des Ozeans gemeint sein. Unten die Weltkarte des Eratosthenes, der die geographischen Angaben von Pytheas von Massalia (Lage von Britannien und Thule) übernommen hatte.

Mappa_di_Eratostene.png
 
Die antiken Seefahrer betrieben Küstennavigation.

Ganz überwiegend, aber es gab ab dem 1. Jh. v. Chr. zumindest eine partielle Hochsee-Navigation:

"Hochsee-Sch[iffahrt] wird als längere Fahrt über die offene See ohne Landsicht definiert. Sie war nur mit Segelschiffen von ausreichender Größe und Seetüchtigkeit möglich. Für das Mittelmeer wurde schon im frühen 1. Jt. v. Chr. eine partielle Hochsee-Navigation entwickelt. Auf Nordsee und Nordatlantik wurde die weiterreichende Hochsee-Sch. erstmals im 8. Jh. nach ir. Anregungen von den Wikingern durchgeführt."

Reallexikon der germanischen Altertumskunde

Partiell heißt: Außer den "normalen" Routen an der Küste entlang wurden auch "Abkürzungen" befahren, insbesondere zu Jahreszeiten, wo man mit zuverlässigen und konstanten Winden in die richtige Richtung rechnen konnte. (Kreuzen gegen den Wind war nur sehr eingeschränkt möglich.)

Im Periplus Maris Erythraei aus dem 1. Jh. n. Chr. wird neben der Küstenroute nach Indien auch eine Route von der Arabischen Halbinsel übers offene Meer beschrieben. Der Südwest-Monsun wird hier als "Hippalos" bezeichnet, seine Entdeckung einem gleichnamigen Steuermann zugeschrieben.
 
Dass man von Rom nach Karthago nicht segelte, indem man das halbe Mittelmeer umrundete, ist klar.

Wir sprechen hier von Hochseenavigation. Die Strecke zwischen Sizilien und Kap Bon erfordert keine Hochseenavigation, Landsicht ist zumindest auf die Insel Pantelleria (bis 836 m hoch) gegeben.

Eine doppelt so lange Strecke ohne Hochseenavigation war die Überquerung des Ionischen Meers bis zur Insel Kephallenia (Kefalonia). Diese war weithin sichtbar (1628 m). Ein Pirat, der diese Insel beherrschte, war in der Lage, das ganze "Meer abzusperren":

"Infestum id latrocinio Lacedaemonius Hybristas cum iuventute Cephallanum faciebat, clausumque iam mare commeatibus Italicis erat."

Krieg, Handel und Piraterie
 
Ausschnitt aus Plinius der Ältere Naturgeschichte, Buch 6,36-37:

"Alle Nachrichten über diese Gegenden sind so unsicher, dass Statius Sebosus angiebt, von den
Inseln der Gorgonen schiffe man bei der Atlasinsel vorbei in 40 Tagen zu den hesperischen Inseln, und von diesen in einem Tage zum Vorgebirge Hesperion ceras. Ebenso wenig Bestimmtes weiss man von den mauritanischen Inseln. Nur so viel ist gewiss, dass einige dem Gebiete der Autololer gegenüber liegen, die Juba entdeckt hat und auf denen er das Färben mit gätulischem Purpur lehrte.

37.

Nach Angabe einiger Schriftsteller liegen hinter diesen die glückseligen Inseln und noch mehrere andere,
deren Zahl und Entfernung derselbe Sebosus ebenfalls angibt. Nach ihm beträgt die Entfernung der Insel Junonia von Gades 750,000 Schritte; ebensoweit sei es von dieser Insel westlich bis Pluvialia und Capraria. Auf Pluvialia soll kein anderes Wasser sein, als was der Regen bringt-250,000 Schritte von derselben liegend, der linken Seite Mauritaniens gegenüber, nach der achten Tagesstunde (Südwest, Bitu)
hin die glückseligen Inseln, von denen die eine wegen ihrerconvexen Gestalt Invallis, die andere wegen ihrer ebenen Gestalt Planaria heisst. Invallis hat einen Umfang von 300,000 Schritten und die Bäume auf ihr sollen eine Höhe von 114 Fuss erreichen.
Juba hat über die glückseligen Inseln folgende Nachrichten eingezogen: sie liegen ebenfalls zwischen Süden
und Westen, 625,000 Schritte von den Purpurinseln, so dass man 250,000 Schritte gegen Westen und dann 375,000 Schritte östlich schiffen müsste. Die erste hiesse Ombrios; auf ihr
träfe man keine Spur von Gebäuden an, im Gebirge befinde sich ein Sumpf, die Bäume wären dünn, und aus ihnen würde ein Wasser gepresst, welches von den schwarzen Bäumen bitter, von den weissen aber angenehm schmecke. Eine zweite Insel hiesse Junonia, auf der nur ein kleiner steinerner Tempel stände. In ihrer Nähe läge noch eine kleinere mit demselben Namen. Dann folge Capraria^welche von grossen Eidechsen wimmele. Im Gesichtskreise dieser Inseln liege Nivaria, die diesen Namen von ihrem
beständigen Schnee und Nebel habe. Dieser zunächst Canaria, so genannt von den vielen grossen Hunden, von denen dem Juba 2 überbracht wurden; hier findet man noch Spuren von Gebäuden. Alle aber hätten Ueberfluss an Obst und Vögeln aller Art, und letztere wäre überdiess reich an Palmfrüchten und Piniennüssen. Auch gäbe es dort viel Honig; in den Flüssen kämen Papyrus und Siluri vor; man würde aber durch die faulenden, vom Meere ausgeworfenen Thiere sehr belästigt."

Beschreibt Plinius hier die Kanarischen Inseln? Ich bin verblüfft....
 
Beschreibt Plinius hier die Kanarischen Inseln?

Scheint so.

Alle aber hätten Ueberfluss an Obst...
So ähnlich schildert auch Pomponius Mela die "Inseln der Glückseligen"; diese "bringen überreichlich Selbstgewachsenes hervor; und weil eins nach dem anderen immer sofort nachwächst, ernähren sie die völlig unbekümmerten Einwohner glücklicher als andere Städte mit sorgfältigem Anbau. Eine ist besonders bemerkenswert durch zwei einzigartige Quellen: Wer von der einen trinkt, lacht sich tot. Das Heilmittel dagegen ist, aus der anderen zu trinken."

Contra Fortunatae insulae abundant sua sponte genitis et, subinde aliis super aliis innascentibus, nihil sollicitos alunt beatius quam aliae urbes excultae: una singulari duorum fontium ingenio maxime insignis: alterum qui gustavere, risu solvuntur in mortem; ita affectis remedium est ex altero bibere.

Pomponius Mela scheint die Nachrichten Jubas II. nicht benutzt zu haben.
 
Unten die Weltkarte des Eratosthenes, der die geographischen Angaben von Pytheas von Massalia (Lage von Britannien und Thule) übernommen hatte.

Vorsicht! Es gibt keine erhaltene antike Weltkarte, das sind alles Rekonstruktionen.
Je nachdem, was für eine Rekonstruktion Du ergooglest, sieht die Lage von Britannien und Thule wieder ganz anders aus:

upload_2018-2-26_22-4-15.png


upload_2018-2-26_22-6-23.png


Die älteste Weltkarte, die sich zuverlässig rekonstruieren lässt, ist die des Ptolemaios, da er für alle Orte genaue Koordinaten angibt. Das war bei Ptoelamaios' Vorgängern nicht der Fall. Ptolemaios hatte die Erdkunde nach Marinos vor sich, die als die modernste "mit großem Arbeitsaufwand" erstellte Arbeit dieser Art ansah. Daraus eine korrekte Karte anzufertigen, war zum Verzweifeln: "Diese passiert gerade jetzt den meisten beim Versuch, eine Karte nach Marinos zu zeichnen; da ihnen keine Kartenvorlage auf der Basis der letzten Ausgae seiner Abhandlung zur Verfügung steht, improvisieren sie aufgrund seiner Aufzeichnungen und verfehlen in den meisten Punkten allgemein anerkannte Schlussfolgerungen..."
 
Scheint so.


So ähnlich schildert auch Pomponius Mela die "Inseln der Glückseligen"; diese "bringen überreichlich Selbstgewachsenes hervor; und weil eins nach dem anderen immer sofort nachwächst, ernähren sie die völlig unbekümmerten Einwohner glücklicher als andere Städte mit sorgfältigem Anbau. Eine ist besonders bemerkenswert durch zwei einzigartige Quellen: Wer von der einen trinkt, lacht sich tot. Das Heilmittel dagegen ist, aus der anderen zu trinken."

Contra Fortunatae insulae abundant sua sponte genitis et, subinde aliis super aliis innascentibus, nihil sollicitos alunt beatius quam aliae urbes excultae: una singulari duorum fontium ingenio maxime insignis: alterum qui gustavere, risu solvuntur in mortem; ita affectis remedium est ex altero bibere.

Pomponius Mela scheint die Nachrichten Jubas II. nicht benutzt zu haben.

Pomponius Mela, dessen Herkunftsort Tingentera wohl in Südspanien (Bucht von Algeciras) bzw. laut Plinius dem Älteren evtl. in Mauretanien zu verorten ist, könnten, vor seinem vermutlichen Übersiedeln nach Rom um das Jahr 40 u.Z., Informationen quasi aus erster Hand zur Verfügung gestanden haben.
Wenn ich mit grottigen Spanischkenntnissen die folgend verlinkte Publikation holpernd stolpernd anlesend richtig deute, wird eine wirtschaftliche Verbindung zwischen Gades und den kanarischen Inseln (mögliche Purpur-Fabrikationsstätte auf der Fuerteventura vorgelagerten Islote de Lobos) für die frühe Kaiserzeit angenommen.
Bleibt zwar latent OT, doch dieser Thread schippert ja ohnehin nicht mehr ausschließlich nur griechisch in die Weiten des Atlantiks.

Lobos desde Gades. De los romanos en Canarias
 
Die Frage ist, was alles diese „Wikinger-Entdeckungswelle“ angetrieben hat.
Zu den Bedingungen würde ich weniger die nackte Landkarte heranziehen, als vielmehr Wind- und Strömungsverhältnisse im Nordatlantik. Warum wurden diese Verhältnisse und Entfernungen nun relativ schnell überwindbar?

Die Wind- und Strömungsverhältnisse lassen so auch von „Süden“ abgetriebene Boote auf dem one-way-ticket auf den Faröern erwarten.
Offenbar hat sich damit hier niemand beschäftigt.
 
Gerade deshalb war mein Vorschlag in #111 so, wegen der Strömung und der Windrichtung. Guck mal in das Handbuch des Atlantischen Ozeans der Kaiserlichen Seewarte.
 
Wieso Kaiserliche Seewarte?

Hast Du Dir mal die Witterungs- und Strömungsverhältnisse im 1. Jhtsd, oder in Bezug auf die Wikinger-Explorationen angeschaut?
 
Die Kaiserliche Seewarte hat über einen relativ langen Zeitraum die Logbücher der Kapitäne ausgewertet. Und so schnell ändern sich die großen Wettersysteme nicht. Stichwort Passatwind. Und zum Ausgleich gibt und gab es ausgeprägte Westwindzonen.
 
Und so schnell ändern sich die großen Wettersysteme nicht. Stichwort Passatwind.

Meinst Du wirklich?

50% Temperaturunterschied (4/6 Grad für AD1850/900) sind Welten. Da meinst Du, habe sich am Norwegischen bzw. Atlantikstrom (NAC) und am Irminger Strom (IC) nichts geändert?

Nehmen wir mal die Passage Schottland/Faröer. Welcher Strömungsdruck und welcher Winddruck hat auf Schiffsrümpfe gewirkt, von welchem Versatz kann man da ausgehen (zB 30 auf 100 km in östlicher Richtung)? Wie schätzt Du ein, ob man dagegen anrudern könnte (nehmen wir mal die Olympias, bei der bereits unter Schönwetterverhältnissen in der Badewanne Mittelmeer mit einem Ministrömchen und etwas Brise 50 % der Ruderleistung glatt neutralisiert wurde).
 
50% Temperatutunterschied? Eigentlich sollte man von 0 Kelvin als Nullpunkt ausgehen, für Temperaturunterschiede. Und da sind wir schon nur noch bei etwa 1,5%. Und die Strömungsgeschwindigkeit wird sich auch nicht so stark geändert haben, da gleichzeitig mit dem geänderten Wasserstand sich auch das Profil der Rinne, wo das Wasser fliest sich ändert.
 
50% Temperatutunterschied? Eigentlich sollte man von 0 Kelvin als Nullpunkt ausgehen, für Temperaturunterschiede. Und da sind wir schon nur noch bei etwa 1,5%.

Bemerkenswert.

Da schreibt dann doch tatsächlich die Masse aller Paleoklimatologen und naturwissenschaftlichen Forscher der atlantischen Wind- und Strömungsverhältnisse der letzten 2000 Jahre glatt am Thema vorbei. Und dann sind die mehrheitlich noch so doof, Gradtabellen zu verwenden. Diskussionen über die Mittelalterliche Klima-Anonalie und Kleine Eiszeit im Nordatlantik ist einfach nur eine Frage der Indexierung: schwupps, ... und weg.
 
Zur Verdeutlichung meiner These von nur 1,5%. In der Physikalischen-Chemie wird vieles auf den absoluten 0-Punkt bezogen. Der liegt bei etwa -273 Grad Celsius. Oder eben 0 Kelvin. Gasvolumina bei gleichem Druck verändern sich pro Kelvin um 1/273. Daher wird in der Naturwissenschaft meist mit Kelvin als Temperatur gerechnet. Und Temperaturen werden meist als Lufttemperaturen angegeben. Der Boden oder das Wasser haben meist eine andere Temperatur als die Umgebungsluft.
Wasser hat durch seine hohe Wärmekapazität und Schmelzenthalpie einen stark dämpfenden Effekt auf das Klima. Das sieht man heute daran das wir es eigentlich schon viel wärmer haben müssten als wir es haben.
 
Apvar, Du bist mir bestimmt nicht böse, wenn ich für solche Fragen lieber bei der ausgewiesenen Fachliteratur bleibe.

Aber besten Dank für die Erklärungsversuche.
 
Zur Verdeutlichung meiner These von nur 1,5%. In der Physikalischen-Chemie wird vieles auf den absoluten 0-Punkt bezogen. Der liegt bei etwa -273 Grad Celsius. Oder eben 0 Kelvin. Gasvolumina bei gleichem Druck verändern sich pro Kelvin um 1/273. Daher wird in der Naturwissenschaft meist mit Kelvin als Temperatur gerechnet. Und Temperaturen werden meist als Lufttemperaturen angegeben. Der Boden oder das Wasser haben meist eine andere Temperatur als die Umgebungsluft.
Wasser hat durch seine hohe Wärmekapazität und Schmelzenthalpie einen stark dämpfenden Effekt auf das Klima. Das sieht man heute daran das wir es eigentlich schon viel wärmer haben müssten als wir es haben.
Das geht hier aber am Punkt vorbei. Treibender Effekt ist die Temperaturdifferenz, denn das System versucht hier auszugleichen. Und da ist eine Differenz von 6° deutlich größer als 4°, mit nur geringem Einfluss der absoluten Temperatur.
 
Warum wir in anderen Threads über die Bedeutung eines Wortes in der Lateinischen Sprache seitenlang diskutiert? Gleichzeitig darf man dann nicht über ungenaue Wortwahl reden? Danke.
 
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