Die Versorgung römischer Truppen in der Germania

Salve Sepiola,
einverstanden!
Bleibt nur die Frage, wer von denen wohnte an der Oberweser, wer im Nordharz und wer an der Elbe?
Ich finde immer wieder Karten, da drängelt sich alles zwischen Weser und Rhein.....hinter der Elbe waren die Sueben, und dazwischen wohnte......keiner?;)
 
Ich möchte jetzt kurz auf meine zweite Fragestellung vom 5.März eingehen:
2. Welche politische Basis hatte eine Provinzialisierung in den lokal ansässigen Stämmen? Gab es Bedingungen wie in Gallien, in denen unterworfene und verbündete Gentes (wie die Häduer und Boier) die römischen Okkupationstruppen mit Getreide versorgten?

Hermundure stellt die Hypothese auf, dass Germanicus Bündnispartner bei den Cheruskern gehabt hätte, die ihn als pro-römische Fraktion unterstützt haben könnten. Inzwischen ist es mir auch aufgefallen, was Sepiola vor kurzem geschrieben hat, dass wir die Themen schon mehrfach durchgekaut haben. Beteiligt war ich an einer Diskussion vor drei Jahren, im Thread Ort der Varusniederlage zweifelhaft (Mai/Juni2015).
Hermundures Interesse ist es, Argumente zu sammeln für seine (unsichtbare) These, dass sich die clades variana in Thüringen oder Sachsen-Anhalt abgespielt hat. Dafür werden jede Menge Hilfskonstruktionen gebildet, wie jetzt die Cherusker betreffend:
Der Einflußraum der Cherusker wird bis zur Elbe ausgeweitet, während er bestreitet, dass die Cherusker auch westlich der Weser siedelten :
So ist es!
Wenn Velleius mitteilt, dass die Cherusker wieder gewonnen wurden, andere aber militärisch bezwungen, dann sollte man schon mal darüber nachdenken warum das so ist. Die Cherusker saßen laut den Quellen zwischen Weser und Elbe. Grüße
Die Bedeutung der prorömischen Fraktion innerhalb der Cherusker wird erhöht und mit Cäsars Bündnispartnern in Gallien (Remer, Häduer, Boier etc.) verglichen:
@Biturigos
Nochmal warum finde ich Germanicus-Münzen zwischen Werra und Elbe und nicht zwischen Weser und Rhein ? Und warum zog Maximinus mit seinem riesigen Heer in die Elbe-Region ? Wer hatte Getreide für Caesar in Gallien gestellt ? Caesar hatte nicht nur Feinde. Es gab zu Germanicus-Zeiten zwei Parteien bei den Cheruskern (pro- und antirömisch). Mal drüber nachdenken.Grüße

Zum Siedlungsgebiet der Cherusker,
einfachheitshalber zitiere ich meine Antwort vom 5.5.2015:
Zum Stammesgebiet der Cherusker: nach den Quellen ist das "ethno-gentile" Zentrum der Cherusker im Weserbergland und Leinetal zu finden, dies ist jedoch nicht deckungsgleich mit dem politischen Einfluss - und Machtgebiet - Hermundure, du schreibst Bsp. vom Bevölkerungswechsel in B1a im Eichsfeld und thüringischen Becken d.h. eine auch im archäologischen Fundmaterial nachweisbaren Wechsel vom rheinwesergermanischen Keramik, Begräbnissitten (http://www.vfgarch.uni-bonn.de/vfg/mitarbeiter/wissenschaftler-2/veroeffentlichungen/bemmann_elbe) - ich würde diesen Umbruch jedoch mit dem Sieg der Arminiuskoalition gegen Marbod 17 AD in Verbindung bringen. Einen direkten Zusammenhang mit den römischen Feldzügen 9 - 16 AD sehe ich nicht - falls sich das Einflussgebiet des "arminischen Reiches" Richtung Elbe ausgeweitet hat, dann weit über das ursprünglichere gentile Zentrum hinaus. Peter Kehne gibt für das Stammesgebiet der Cherusker zu unserem relevanten Zeitraum folgende Grenzen an:Nördlich bis zur Aller-Weserlinie, östlich bis zur Oker und Harz (der unbewohnt blieb), südlich bis zur Leine, nicht bis zur Werra, und westlich im Weserbergland auch links der Weser (Terra Inkognita? „Zur Lokalisierung, Organisation und Geschichte des Cheruskerstammes“, Tagungsband, 2001). Kurz noch zur Keramik: Kehne sieht eine Zuordnung zu einzelnen Stämmen innerhalb des rheinwesergermanischen Formenkreises kritisch, eine ältere Zuordnung der Cherusker zu einer südhannoveranischen Gruppe ist inzwischen umstritten.
Zu den antiken Quellen: in meiner Übersetzung von Strabon steht " wie den Cheruskern und ihren Vasallen, bei denen drei römische Legionen mit ihrem Anführer Quintilius Varus von einem Hinterhalt aus vernichtet wurden" - dies lässt, wenn hier die Brukterer, Marser, Chatten gemeint sind, als in der Koalition unter dem Oberbefehl des Heerkönigs Arminius stehende Gefolgschaften, einen großen Spielraum, wo die Varusniederlage stattfand.
Zu Tacitus, Annalen, fällt mir noch auf, dass Germanicus als er von der Belagerung des Segestes hört, nach dem Chattenfeldzug umschwenkt (hinschwenkt), auch dort ist nicht von einer Überquerung der Weser die Rede, um Segestes, immerhin ein Prinzeps der Cherusker aus der Belagerung zu entsetzen - deswegen lokale Vermutungen über seinen Sitz westlich der Weser, wie Eresburg, Desenberg bei Warburg und andere...
Bei Cassius Dio findet sich auch eine Stelle zum Drususfeldzug 11 BC, dass sich die Cherusker auf das östliche Ufer der Weser zurückgezogen hätten - auch hier ein Indiz, dass das Stammesgebiet auch links der Weser war.
Zwei Monate später, 5.Juli2015 schrieb ich Folgendes:
....
Jetzt führst du einen Forscher aus den 70er Jahren als Gewährsmann für eine wieder einmal kritische ethnische Festlegung an, diesmal sind es die Chatten: auf meine damalige Infragestellung einer ethnischen Deutung für diesen Raum, in der ich skizzenhaft einen Abriss verschiedener ethnischer Deutungen der letzten Jahrzehnte aufführte, und dann sogar Gabriele Rasbach um Auskunft zur Ethnisierung des Rheinwesergermanischen Horizont bat, gab es keine Antwort mehr von dir - um knapp zwei Monate später frischfröhlich hier Wiederauferstehung zu feiern -
Ich hatte in der Nacht davor (Beitrag 4263, 5.5.2015) einen Text eingestellt, veröffentlicht 2009,Jan Bemmann: "Das Elbegebiet zwischen Wittenberg und Bad Schandau von der Spätlatènezeit (Stufe D2) bis zum Ende der älteren römischen Eisenzeit".
In diesem Artikel findet sich folgende Darstellung;
Es zeigt sich, dass zahlreiche Friedhöfe zwischen Harz und Thüringer Wald trotz des Wechsels von einer archäologischen Kultur zur nächsten kontinuierlich von der Stufe Latène D1 mit latènezeitlicher Drehscheibenware,über den Großromstedter Horizont mit den charakteristischen Situlen und kugelbauchigen Gefäßen, zu rheinwesergermanischen Gefäßen der Form Uslar I und Uslar II bis hin zur jüngerkaiserzeitlichen Phase C1a, in der die Belegung der meisten Friedhöfe endet, genutzt wurden. Dies gilt beispielsweise für Schlotheim, Unstrut-Hainich-Kreis (Dušek 2001), sowie Mühlhausen Wachkuppe (Grasselt –Walther 1988; Grasselt in diesem Band) und lässt sich für Zangenberg, Burgenlandkreis (Hoffmann – Schmidt 1955, 238, Taf. 67: 1; Voigt 1959, 290 ff., Abb. 2; Becker 1996, 130 f., Nr. 243, Taf. 115–116), anhand der publizierten Grabfunde genauso vermuten wie für Nordhausen, Lkr.Nordhausen (Peschel 1978, 70Abb. 4: 4; 1981, 636 f., Anm. 67; Dušek 1987)....Exemplarisch lässt sich hier zeigen, dass trotz Wechsels der archäologischen Kulturen und damit einhergehenden Wechsels in der Sachkultur und den Veränderungen im Totenritual die Gemeinschaften weiterexistierten und denselben Friedhof weiterhin nutzten. Lesefunde aus Siedlungen geben ein ähnliches Bild der Platzkontinuität (Peschel 1981, 642 ff.; Seidel 2006, 44 ff.) ...
Nur im sogenannten Expansionsraum der elbgermanischen Kultur, der ab der Phase B1b bzw. Völling Gruppe IV rheinwesergermanisch geprägt ist, treten große, ausschließlich in dieser Phase genutzte Gräberfelder auf, zu denen bekanntlich Schkopau und Großromstedt sowie vermutlich die noch unpublizierten Bestattungsplätze von Profen und Ballstädt zu zählen sind...Genau aus der Zeit, in die die Herausbildung der Markomannen und die Herrschaft Marbods fällt (Völling Gruppen II und III bzw. Stufe D2 und B1a bzw. ca. 50/40 v. bis 15 n. Chr.), fehlen in der Region zwischen Pirna und Wittenberg Siedlungsindikatoren fast gänzlich.In der Phase B1b,in die der Sturz Marbods fällt, setzen die Gräberfelder in der Untersuchungsregion ein und mehrere große, westlich der Weißen Elster gelegene Bestattungsplätze wie Ballstädt, Großromstedt, und Schkopau werden aufgelassen. Aber ob das eine etwas mit dem anderen zu tun hat, bleibt offen."
der ganze Text: http://www.vfgarch.uni-bonn.de/vfg/mitarbeiter/wissenschaftler-2/veroeffentlichungen/bemmann_elbe
Peter Kehne lässt in seinen Versuchen der Verortung der Cherusker offen, ob Cherusker im nordwestlichen Thüringen gesiedelt haben. Auch Jan Bemmann weigert sich, das chronologische Zusammenfallen des Auflassens großer Bestattungsplätze mit dem Sturz Marbods und seiner Niederlage gegen die Arminius-Koalition 17.n.Chr. zu begründen. In keiner mir bekannten Darstellung wird jedoch davon ausgegangen, dass der politische Einflußraum der Cherusker jemals bis zur Elbe reichte.
Kehne, 2011, in Das latène-kaiserzeitliche Scheiterhaufengräberfeld bei Sorsum, Stadt Hildesheim sowie zur Ethnogenese der Cherusker, Hrsg. Erhard Kosack
und in Michael Zelle (Hrsg.), Terra incognita? Die nördlichen Mittelgebirge im
Spannungsfeld römischer und germanischer Politik um Christi Geburt. Akten des.
Kolloquiums im Lippischen Landesmuseum Detmold vom. 17. bis 19. Juni 2004
 
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Zum zweiten Teil der Antwort, der prorömischen Fraktion bei den Cheruskern (14.bis 16.n.Chr):
In meinem letzten Beitrag habe ich schon die Belagerung des Segestes (Tacitus, Annales,1,57-58) angeführt.

Tacitus schreibt: "Nicht lange darauf kamen Gesandte von Segestes, um Hilfe gegen die Gewalt seiner Landsleute zu erbitten, da Arminius mehr bei ihnen galt, weil er zum Kriege riet." in Tac. Ann1,55 steht:
"Segestes blieb, trotz seines Volkes Einigkeit mit in den Krieg hineingezogen, anderen Sinnes, und sein Privathaß wuchs noch, weil Arminius seine einem anderen versprochene Tochter entführt hatte. So war der Schwiegersohn verhaßt, und die Schwiegereltern verfeindet;"
In 1,60 werden wieder die Kräfteverhältnisse innerhalb der politischen Stammesorganisation deutlich:
"Hierdurch wurden nicht nur die Cherusker, sondern auch die angrenzenden Völkerschaften in Bewegung gesetzt, und auch Inguiomerus, des Arminius Onkel gewonnen, ein Mann von altem Ansehen bei den Römern"

Wenn ein "consensis gentis" Segestes mit in den Krieg zieht, dann klingt dies als hätte die cheruskische Heeresversammlung einstimmig den Krieg beschlossen oder diesem per Akklamation zugestimmt (zur germanischen Heeresversammlung Tac. ann. 11,17,3). Die prorömische Fraktion ist so geschwächt, dass ein mächtiger Gefolgschaftsführer wie Inguiomerus aus der prorömischen Fraktion sich dem Krieg anschließt. Bei der Belagerung sieht sich Segestes adverus vim popularis gegenüber, die auf Seiten des Arminius stehen; auch dies zeigt, wie wenig Rückhalt die prorömische Fraktion innerhalb der Stammesverfassung genoss. So blieb ihnen auch nichts anderes übrig, als sich von Germanicus unter Bedeckung an das gallische Ufer des Rheins bringen zu lassen, d.h. nach Germania inferior/Niedergermanien (tac.ann.1,58).

Dies alles spricht gegen eine Möglichkeit, Bündnispartner der Römer innerhalb des cheruskischen Stammesverbandes zu finden, die mächtig genug gewesen wären, offen das römische Heer logistisch zu unterstützen. Ein Vergleich mit den gallischen Verbündeten Cäsars und ihrer logistischen Unterstützung ist daher so pauschal historisch falsch.
 
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Salve Sepiola,
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Bleibt nur die Frage, wer von denen wohnte an der Oberweser, wer im Nordharz und wer an der Elbe?
Ich finde immer wieder Karten, da drängelt sich alles zwischen Weser und Rhein.....hinter der Elbe waren die Sueben, und dazwischen wohnte......keiner?;)
Das verstehe ich überhaupt nicht, Strabon, Tacitus, Ptolemaios, die alten Völkertafeln, die Feldzugberichte, die Weltkarten und Geographien geben doch genügend Anhaltspunkte um die (meisten) Stammesterritorien Anfang des 1.Jahrhunderts n.Chr. wahrscheinlich zu machen:
von Norden nach Süden zwischen Weser und Elbe an der Küste die Chauken bis etwa zur Aller, eventuell darüber hinaus (nordseegermanische Kultur), danach (nach Mehrheitsauffassung) die Angrivarier, eventuell auf beiden Seiten der Weser bis zum Weserbergland (Eilershausener Gruppe?), südöstlich der Aller, nach einem siedlungsleeren Ödlandbereich, auf beiden Seiten der Elbe die Langobarden, südwestlich von ihnen die Cherusker, (möglicherweise mit ihrem Klientelstamm der Foser im Norden des Harz bis zur Oker, überwiegend elbgermanisches Fundgut), südöstlich von den Cheruskern, die auf beiden Seiten der Weser siedeln, insbesondere im Leinegraben, die Hermunduren im Thüringer Becken bis zur Elbe.
Nun, und zum Teil wird die Gegend einfach unbewohnbar gewesen sein (der Harz war unbewohnt), siehe auch Großes Bruch – Wikipedia
 
Salve Sepiola,
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Bleibt nur die Frage, wer von denen wohnte an der Oberweser, wer im Nordharz und wer an der Elbe?
Ich finde immer wieder Karten, da drängelt sich alles zwischen Weser und Rhein.....hinter der Elbe waren die Sueben, und dazwischen wohnte......keiner?;)

Links der Elbe wohnten (laut Ptolemaios) die Großen Chauker, die Angrivarier, die Lakkobarden, die Dulgubnier, die Cherusker, die Chatten, die Tubanter und die Teuriochämen. Die Kalukonen siedelten zu beiden Seiten der Elbe.
"Sueben" war offensichtlich eine Sammelbezeichnung, Ptolemaios unterscheidet da mehrere Stämme:
"Von den im Innern des Landes wohnenden Vöälkern sind die grössten das Volk der Angilischen Sueben, die sich östlich der Langobardischen Sueben nach Norden bis zur Mitte der Elbe erstrecken, dann das Volk der Semnonischen Sueben, die jenseits der Elbe von eben genannten Teil nach Osten bis zum Fluss Suebus reichen.

Auch Tacitus spricht eindeutig davon, dass die Sueben verschiedene Stämme umfassen: "... sie haben den größeren Teil Germaniens inne und sind noch in eigenen Stämme und Namen geschieden, obwohl sie im allgemeinen Sueben genannt werden".
An Einzelstämmen nennt Tacitus Langobarden, Reudigner, Avionen, Anglen usw. usw.
 
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