Römische Signaltürme und Hellwege

Zum Hellweg

Heute Abend habe ich mal wieder eine gute Geschichte :)

Ich habe mich schon immer gefragt, was eigentlich ein Hellweg ist, und warum es die meisten Hellwege in der oder rund um die westfälische Bucht gibt, also in dem Teil von Magna Germania, der am längsten zur selbigen römischen Provinz gehörte, weil vom Rhein (Neuss, Xanten) aus die Erschließung Germaniens begann. Die Eigenschaft 'hell' (licht, frei von Bewuchs) oder die Verwendung zum Salztransport (Hal) haben Hellwege ja mit allen anderen alten Handelsstraßen gemeinsam, das kann also nicht die Bedeutung von hell sein. Höllenweg halte ich jetzt auch eher für unwahrscheinlich.

Ich selbst hatte auch gedacht, dass ein Hellweg ein Hügelweg ist (s. Kirchhellen oder engl. 'hill'), und damit eigentlich auch Altstraße bedeutet. Aber was sind dann die ganzen Hellberge, wie der folgende an der Kreuzung von Haarweg und Frankfurter Weg:

TIM-online MiniMap

Hügelberg macht ja keinen Sinn. Des Weiteren verläuft z.B. der westfälische Hellweg im Gegensatz zu den meisten anderen Altstraßen auch gar nicht über Hügelketten.

Also muss die Häufung der Hellwege in Westfalen, dem Kernland der römischen Provinz Magna Germania, etwas mit der Erklärung des Namens zu tun haben. Durch die Sparrenberger Egge weiß man, dass die Römer Wach- bzw. Signaltürme in Westfalen errichtet haben, da ein einzelner Turm keinen Sinn macht demnach Signalturmketten, so wie 100 Jahre später auch am Limes. Die zwischen den Türmen übermittelten Signale waren sowohl optischer Art (Licht von Fackeln) als auch akkustischer Art (Signalhörner). Letztere hatten den Vorteil auch bei Blendung durch Sonnenlicht oder bei Nebel zu funktionieren, die Störanfälligkeit war also geringer als bei den optischen Signalen.
Jetzt könnte man sagen "Ahh, durch das Licht der Fackeln war es also ganz schön hell entlang der Signalturmkettenwege." Das war es nachts sicherlich auch, nur hat dass dann kaum jemand gemerkt, weil die meisten Menschen sich tagsüber auf diesen Wegen bewegten. Und tagsüber war es entlang der Signaltumrkettenwege vor allen Dingen eines: es war laut. Damit die Übermittlung der akkustischen Signale auch über größere Entfernungen funtionierte, müssen die Signalhörner einen unglaublichen Lärm gemacht haben. Und wenn man sich jetzt mal die ursprüngliche bedeutung von 'hell' anschaut, nämlich

http://www.duden.de/rechtschreibung/hell:

mittelhochdeutsch hel = glänzend; tönend, althochdeutsch -hel (in Zusammensetzungen) = tönend, verwandt mit ↑Hall, ursprünglich nur auf akustische Sinneseindrücke bezogen


könnte man 'hell' demnach mit 'tönend' gleichsetzen, und der Kreis zwischen der Signaltumkette und dem Hellweg wäre geschlossen. Auch von den Hellbergen entlang der Hellwege hätte es dann ganz schön gehallt.


Mit den Römern verschwand auch der Lärm, die Eigenschaft als Fernstraßen behielten die Hellwege aber, weswegen später, als die eigentliche Bedeutung von Hellweg nicht mehr bekannt war, auch andere Fern(handels)straßen als Hellwege bezeichnet wurden.

Hier sind Beschreibungen. Teilweise beruhen die Erkenntnisse auf den Forschungen der jeweils ortsansässigen Heimatforscher.
Hellweg ? Wikipedia
 
Forscher finden Hinweise auf Römerlager in Elverdissen

Ein weiterer Zeitungsartikel zum Thema
Neue Römerlager in Ostwestfalen-Lippe


Im Zusammenhang der Signaltürme interessant:

„Sven Spiong, Chefarchäologe des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe hat sich die vier im Buch erwähnten Römerlager-Fundstellen angesehen. Im lippischen Lage gab es eine Erhebung, die näher untersucht werden soll, so Spiong. In Elverdissen habe man solche Hinweise nicht gefunden. „Es gab keine Veränderungen, die ich erkennen konnte", so der Archäologe weiter.

Allerdings gebe es rund um den im Buch vermuteten Standort des Lagers archäologische Spuren, die älter sind als es Funde aus der Römerzeit wären. Dass Legionäre in Elverdissen ein Lager errichteten, will er aber auch nicht ausschließen. „Die Daten des Bodenradars liegen mir nicht vor", so der Archäologe.
Und dass Römer an der Stelle des heutigen Herford militärische Einrichtungen betrieben, erscheint nicht unwahrscheinlich.

So wird vermutet, dass sich auf dem Stuckenberg – genau dort, wo heute der Bismarckturm steht, ein römischer Turm befand – davon gingen Archäologen nach Funden in Bielefeld aus. Nachrichten zwischen den vorrückenden Truppen wurden von den Besatzungen dieser Türmen wahrscheinlich per Spiegel- oder Feuerzeichen weitergeleitet. Der Turm selbst muss etwa vier mal vier Meter groß gewesen sein. Beim Bau des Bismarkturms, so die These, wurden aber die Reste des Bauwerks zerstört.

Es ist im Artikel aber etwas konfus wer da was vermutet. Wahrscheinlich sind die erwähnten Funde in Bielefeld die der Sparrenberger Egge?
 
Beim Bau des Bismarkturms, so die These, wurden aber die Reste des Bauwerks zerstört.
Das ist der große Schwachpunkt der These, dabei meine ich gar nicht mal, dass sie sich mit Annahme der Abräumung archäologischer Funde beim Bau des Bismarckturms der Falsifizierbarkeit entzieht, sondern, dass ausgerechnet aus einer Zeit, die absolut archäologiegeil im nationalistischen Sinne war, überhaupt gar keine Nachrichten über archäologische Spuren beim Bau eines nationalistischen Projekts des Bismarckturms erhalten geblieben sein sollen.
 
dass sie sich mit Annahme der Abräumung archäologischer Funde beim Bau des Bismarckturms der Falsifizierbarkeit entzieht

Sie entzieht sich dadurch nicht der Verifizierbarkeit oder Falsifizierbarkeit, gute Archäologen und Geschichtswissenschaftler können natürlich auch mit Überbauungen umgehen, bei denen sich eine Theorie nicht so einfach mit dem Spaten beweisen oder widerlegen lässt. Z. B. indem man - wie du es ja auch vorschlägst - schaut, ob es es Quellen gibt die über Funde vor Ort vor der Überbauung berichten. Was aber natürlich auch nur bei neuzeitlichen Überbauungen so richtig funktioniert. Wenn da etwa vor dem Bismarckturm ein mittelalterlicher Turm gestanden hätte würde es eng für Hinweise auf einen Römerturm an dieser Stelle, Quellen aus dem 8. Jahrhundert die berichten dass für den Bau eines Wehrturms alte Fundamente abgetragen wurden sind nicht zu erwarten. Zumindest sind diese sehr selten, wie der Bericht über König Heinrich I., der im Jahr 922 in Merseburg eine antike Anlage der Römer mit einer Mauer befestigen ließ: "Antiquum opus Romanorum muro rex praedictus in Mersburg decoravit lapideo." (www.dgmh.de: Monumenta Germaniae Historica).
 
Sie entzieht sich dadurch nicht der Verifizierbarkeit oder Falsifizierbarkeit, gute Archäologen und Geschichtswissenschaftler können natürlich auch mit Überbauungen umgehen, bei denen sich eine Theorie nicht so einfach mit dem Spaten beweisen oder widerlegen lässt

Dann hast du den von dir zitierten Text nicht ordentlich gelesen. Da steht:

Beim Bau des Bismarkturms, so die These, wurden aber die Reste des Bauwerks zerstört.
Die "These" vom römischen Turm auf dem Stuckenberg in Herford geht also davon aus, dass die Belege restlos abgeräumt wurden und entzieht sich somit der Falsifizierbarkeit. Natürlich kann es "theoretisch" sein, dass das tatsächlich so ist, dass es archäologische Überreste gab und diese alle abgeräumt wurden. Nur ist das eben 1904 extrem unwahrscheinlich, dass diese a) nicht bemerkt und b) ignoriert wurden. Sprich, die Urheber der These "Römerturm Stuckenberg" entziehen sich mit der Annahme der Abräumung archäologischer Überreste der Belegpflicht.
Wissenschaftstheoretisch handelt es sich um eine sogenannte Hilfshypothese und Hilfshypothesen sind wissenschaftstheoretisch unzulässig.

Zumindest sind diese sehr selten, wie der Bericht über König Heinrich I., der im Jahr 922 in Merseburg eine antike Anlage der Römer mit einer Mauer befestigen ließ: "Antiquum opus Romanorum muro rex praedictus in Mersburg decoravit lapideo." (www.dgmh.de: Monumenta Germaniae Historica).
Thietmar war kein Archäologe des 21., Thietmar war ein Mönch des 10. Jhdts. Von dem wir sogar einen Autographen (der sogen. Dresdner Autograph) haben, also eine ganz tolle Quelle, an der man redaktionelle Überarbeitungen untersuchen kann. Aber - ¡¡¡Sancta Simplicitas!!! - einem Mönch aus dem 10. Jhdt. abzunehmen, dass eine Mauer, die im 10. Jhdt. repariert wurde und vermutlich mit Zinnen bekrönt wurde (so jedenfalls würde ich decoravit lapideo interpretieren) aus der Römerzeit stammte, dazu fällt mir wirklich nichts mehr ein!

Ich darf einen Beitrag vom Juli 2016 zitieren (schade, dass das scheinbar notwenig ist):
Was die Thietmarstelle angeht: Auf Altersangaben im Mittelalter kann man nicht viel geben, vor allem dann nicht, wenn der Schreiber aus der Stadt kommt, so wie eben Thietmar. Im Mittelalter gilt immer je älter desto edler. So machten sich die Trierer älter als Rom und erfanden einen assyrischen Königssohn Trebetas, der Trier gegründet habe oder die schottischen König bestimmten, dass ihr Krönungsstein das Kofkissen Isaaks gewesen sein. Zu dieser Thematik der Veredlung durch Alter im Mittelalter gibt es ganze Bibliotheken.
 
@ ELQ

du müsstest es doch am besten Wissen - wir wollen keinen unangenehmen Besuch. Ist doch logisch oder?! Je mehr Zeilen ich veröffentlicht hätte, wüsste jeder wo er nachschauen kann (geht ganz gut über GoogleBooks hätte ich nicht gedacht.) Hachelbich hatte auch schon Besucher der unangenehmen Art. Du musst dich leider noch ein wenig gedulden. Sorry, ich will auch keinen Ärger aus Halle haben. Fotos sind im Moment nicht drin!
 
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