Soldaten: Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben

Man kennt ja die Gespräche aus den britischen und amerikanischen Abhörprotokollen in POW-Camps. Nur ein Bruchteil davon ist wirklich über solche Verbrechen und man kann nicht immer sicher sein, daß alles der Wahrheit entspricht oder Angeberei ist oder Hörensagen etc.

Diese Kritik ist ausführlich durch die Autoren diskutiert worden und man hat versucht, eine neutrale und distanzierte Sichtweise auf die Beschreibungen der Kriegsteilnehmer zu gewinnen.

Und aus meiner Sicht ist es gelungen, eine authentische Rekonstruktion der unterschiedlichen Sichten von Anhängern Hitlers und seinen Gegnern vorzunehmen.

Auch, indem man die Aussagen durch reale historische Prozesse validiert hat und insgesamt ergibt sich eine stimmige Interpretation auch von dem Hintergrund der Arbeiten anderer in diesem Bereich arbeitenden Historikern, wie beispielsweise durch Omer Bartov.

Hitlers Wehrmacht: Soldaten, Fanatismus und Die Brutalisierung Des Krieges - Omer Bartov - Google Books

Zudem ist durch die Wahl des TSI als Bezugspuntk für die Interpretation der einzelnen Aussagen ein Bezugspunkt gewählt worden, der es erlaubt, die einzelnen Aussagen zu systematisieren.

Und das ermöglicht, die "Übertreibungen" zu erkennen. Wenn es denn überhaupt möglich war, unwidersprochen, im Kreise von anderen Soldaten, die den Krieg kannten, "Dönikes" zu erzählen oder als "Dampfplauderer" den Krieg als "Abenteuerspielplatz" zu inszenieren.

Deswegen ist es unverständlich, wenn diese pauschalen Urteile formuliert werden, ohne sich wirklich mit dem Thema beschäftigt zu haben.
 
Diese Kritik ist ausführlich durch die Autoren diskutiert worden und man hat versucht, eine neutrale und distanzierte Sichtweise auf die Beschreibungen der Kriegsteilnehmer zu gewinnen.

Und aus meiner Sicht ist es gelungen, eine authentische Rekonstruktion der unterschiedlichen Sichten von Anhängern Hitlers und seinen Gegnern vorzunehmen.

Auch, indem man die Aussagen durch reale historische Prozesse validiert hat und insgesamt ergibt sich eine stimmige Interpretation auch von dem Hintergrund der Arbeiten anderer in diesem Bereich arbeitenden Historikern, wie beispielsweise durch Omer Bartov.

Hitlers Wehrmacht: Soldaten, Fanatismus und Die Brutalisierung Des Krieges - Omer Bartov - Google Books

Zudem ist durch die Wahl des TSI als Bezugspuntk für die Interpretation der einzelnen Aussagen ein Bezugspunkt gewählt worden, der es erlaubt, die einzelnen Aussagen zu systematisieren.

Was ist denn "TSI"?

Und das ermöglicht, die "Übertreibungen" zu erkennen. Wenn es denn überhaupt möglich war, unwidersprochen, im Kreise von anderen Soldaten, die den Krieg kannten, "Dönikes" zu erzählen oder als "Dampfplauderer" den Krieg als "Abenteuerspielplatz" zu inszenieren.

guter Hinweis! Ich habe leider das Buch (noch) nicht gelesen. Ich hatte nur aus den Rezensionen und einem Hinweis hier im Thread über einen Luftwaffensoldaten, der sich mit "(Un-)Helden-Taten" brüstete und dabei gar nicht im Einsatz war, den falschen Eindruck bekommen, dass in den Berichten auch einiges an Übertreibungen/fantastischen Ausschmückungen enthalten ist. Und dass diese dann auch ohne Validierung ins Buch eingegangen sind (ich hoffe, ich habe mich nicht mißverständlich ausgedrückt).

Danke für die Richtigstellung!

Deswegen ist es unverständlich, wenn diese pauschalen Urteile formuliert werden, ohne sich wirklich mit dem Thema beschäftigt zu haben.

Beorna hat das m. E. nicht pauschal formuliert. Dass nicht alles der Wahrheit entpricht, heißt ja nicht, dass alles nicht wahr ist.
 
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Deswegen ist es unverständlich, wenn diese pauschalen Urteile formuliert werden, ohne sich wirklich mit dem Thema beschäftigt zu haben.
Ist das auf meine Aussage bezogen? Wenn ja, wo pauschaliere ich denn in dem posting? Und wenn ja, woher weißt du, daß ich mich mit dem Thema nicht wirklich beschäftigt habe?
 
Ist das auf meine Aussage bezogen? Wenn ja, wo pauschaliere ich denn in dem posting? Und wenn ja, woher weißt du, daß ich mich mit dem Thema nicht wirklich beschäftigt habe?

Die pauschale Infragestellung, indem Du schreibst "Nur ein Bruchteil...daß alles der Wahrheit entspricht", der inhaltlichen Aussagen, zeigt das m.E. sehr deutlich. Und das halte ich für falsch, zumal diese pauschale Aussage nicht ansatzweise argumentiert wird.

Ansonsten steht es Dir ja frei, eine differenzierte Sicht auf die Bewertung der Protokolle vorzunehmen, die methodische Sichtweise der Autoren zu kritisieren und alle sind glücklich.

Und deswegen habe ich ja auch diese Kritik in den richtigen Thread gelegt, in dem dieses ja auch diskutiert wurde.
 
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1. Was ist denn "TSI"?

2. Beorna hat das m. E. nicht pauschal formuliert. Dass nicht alles der Wahrheit entpricht, heißt ja nicht, dass alles nicht wahr ist.

1. Das ist die Abkürzung für die "Theorie des Symbolischen Interaktionismus" im wesentlich von Mead, Goffman und anderen.

Symbolischer Interaktionismus ? Wikipedia

Erving Goffman ? Wikipedia

2. Das nicht alles, was dort erzählt wurde der Wahrheit entsprach ist überhaupt nicht strittig. Da besteht Konsens.

Das ist aber kein Argument mit diesem Hinweis die Relevanz dieser Aussagen entkräftigen zu wollen. Und dagegen habe ich mich lediglich ausgesprochen.

Nicht zuletzt, weil die Autoren auf diesen methodischen Aspekt sehr viel Wert gelegt haben und wenn man einfach darüber hinweggeht, habe ich meine Probleme damit. Und dann vermute ich halt, dass die entsprechende Bücher oder die methodischen Überlegungen nicht gelesen worden sind.

Sollte ich mich irren, dann ist das ja problemlos aus der Welt zu schaffen durch ein paar entsprechende inhaltliche Hinweise. Und nur das habe ich als Fundierung einer Kritik an den Autoren "angeregt".
 
Die pauschale Infragestellung, indem Du schreibst "Nur ein Bruchteil...daß alles der Wahrheit entspricht", der inhaltlichen Aussagen, zeigt das m.E. sehr deutlich. Und das halte ich für falsch, zumal diese pauschale Aussage nicht ansatzweise argumentiert wird.

Ansonsten steht es Dir ja frei, eine differenzierte Sicht auf die Bewertung der Protokolle vorzunehmen, die methodische Sichtweise der Autoren zu kritisieren und alle sind glücklich.

Und deswegen habe ich ja auch diese Kritik in den richtigen Thread gelegt, in dem dieses ja auch diskutiert wurde.
Vielleicht nimmst du dir ja mal Welzer und Neitzel zur Hand, da kannst du nachlesen, daß Verbrechen nur einen Bruchteil der Diskussionen ausmachen. In selbigem Buch findest du auch, daß beide davon ausgehen, daß Geschichten erfunden wurden. Desweiteren möchte ich dich bitten, daß, wenn ich mich vielleicht (für dich) nicht klar genug ausdrücke, du nachfragst, bevor du etwas behauptest. Außerdem wäre ich dir dankbar, wenn du meine Aussagen nicht wider meinen Sinn zusammenstückelst wie "Nur ein Bruchteil...daß alles der Wahrheit entspricht". Ich schrieb nämlich "Nur ein Bruchteil davon ist wirklich über solche Verbrechen und man....". Vielen Dank!
 
Vielleicht nimmst du dir ja mal Welzer und Neitzel zur Hand, da kannst du nachlesen, daß Verbrechen nur einen Bruchteil der Diskussionen ausmachen.

Was ein Bruchteil ist, darüber kann man streiten.

Es wird in "Soldaten" in einer Reihe von Kapiteln auf "Verbrechen" eingegangen. Dieses beispielsweise explizit von ca. S. 83 bis 166.

Dann gehen sie dazu über, den Referenzrahmen, in Anlehnung an Goffman, für Verbrechen zu entwickeln: "welchen Stellenwert das gigantische Verbrechen der Judenverfolgung in der Lebenswelt der Soldaten hat" (S. 167).

Soldaten: Protokolle vom Kämpfen, Töten und Sterben - Sönke Neitzel, Harald Welzer - Google Books

Und machen deutlich, dass durch die NS-Erziehung bzw. Indoktrination ein Werte- bzw. Moralsystem aufgebaut worden ist, dass bestimmt Formen von Gewalt an "Untermenschen" im Rahmen der "NS-Rasselehre" als unproblematisch erscheinen läßt.

Dieser Befund der Profanisierung bzw. Veralltäglichung von Gewalt und Verbrechen deckt sich dabei mit den Ergebnissen von Gross. Der die Entwicklung genau dieses "NS-Moralsystems" beschreibt.

Anständig geblieben: nationalsozialistische Moral - Raphael Gross - Google Books

Und ist bei Gellately der Ansatzpunkt für die Erklärung, warum die überall sichtbaren Außenlager der Konzentrationslager und die damit zusammenhängende Wahrnehmung von Not, Gewalt, Unterdrückung in Bezug auf die Häftlinge etc. in der deutschen Bevölkerung auch Hilfe und Unterstützung, deutlich häufiger Teilnahmlosigkeit und teilweise aggressive Ablehnung hervorgerufen hat.

Backing Hitler: Consent and Coercion in Nazi Germany - Robert Gellately - Google Books

Und deswegen sind diese Protokolle von Kriegsgefangenen, in "Soldaten" oder in "Abgehört", wichtige historische Quellen und ein durchaus verläßlicher Indikator für die Kenntnis und die Beurteilung von Gewalt durch die WM im Rahmen der Endlösung.
 
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Was ein Bruchteil ist, darüber kann man streiten.

Es wird in "Soldaten" in einer Reihe von Kapiteln auf "Verbrechen" eingegangen. Dieses beispielsweise explizit von ca. S. 83 bis 166.
Dann lies mal Soldaten, S.146. Die Abhörprotokolle die über den Mord an Juden berichten, machen 0.2% aus. Wenn das kein Bruchteil ist, sollte man vielleicht den Begriff ganz aus deutschen Sprachgebrauch streichen.

Und deswegen sind diese Protokolle von Kriegsgefangenen, in "Soldaten" oder in "Abgehört", wichtige historische Quellen und ein durchaus verläßlicher Indikator für die Kenntnis und die Beurteilung von Gewalt durch die WM im Rahmen der Endlösung.
Dann zeig mir mal, wo ich abgestritten habe, daß die Abhörprotokolle keine wichtige Quelle sind. In wie weit aber 0.2% ein verläßlicher Indikator sind, um zu beweisen, daß alle was wußten, mag ich bezweifeln. Und wenn es um Kenntnis und Beurteilung von Gewalt durch die WM im Rahmen der Endlösung geht, dann könntest du auch"Soldaten" zitieren, die Seite muß ich nachreichen, wenn es darum geht, daß nur eine kleine Minderheit, die Verbrechen gegen die Juden gutheißt, vornehmlich junge Leutnants, Personen, die im Nazireich groß geworden und bereits im Jugendalter indoktriniert worden sind.

Und falls du dich dafür entschuldigen möchtest, daß du meine Aussagen falsch zusammengestückelt hast, darfst du das immer noch gerne tun!
 
Ich sagte ja, es gibt Aufzeichnungen und Wissen. Aber wieviel Feldpostbriefe hat man mit solchem Wissen und wieviel Feldpostbriefe wurden verschickt? Wieviel Feldpostbriefe die man nicht kennt, enthielten Geschichten über die Verbrechen. Man kennt ja die Gespräche aus den britischen und amerikanischen Abhörprotokollen in POW-Camps. Nur ein Bruchteil davon ist wirklich über solche Verbrechen und man kann nicht immer sicher sein, daß alles der Wahrheit entspricht oder Angeberei ist oder Hörensagen etc.

Back to the roots. Der zentrale Sinn dieser Aussage ist:
1. die Infragestellung, ob diese Quellen in einem substantiellen Sinne Informationen über die Vernichtung der Juden enthalten haben.
2. die Infragestellung, ob dann der Inhalt, der sich auf die Auslöschung der Juden bezieht einen angemessenen Wahrheitsgehalt hat.

Dazu wird auf die geringe Anzahl an Gesprächen (ca 0,2%) über Massenverbrechen an den Juden im Rahmen der Abhörprotokolle verwiesen.

Die generelle Aussage, die ich aus dieser Darstellung lese, ist, das es keine substantielle Informationen von Seiten der WM gab, um die "Heimat" über die Vernichtung der Juden zu informieren.

Und genau dieser Sichtweise habe ich widersprochen, da ich bei "beorna" von einer Interpretation der zentralen Aussagen von Neitzel und Welzer ausgehe, die nicht der Intention der Autoren entspricht.

Dazu hatte ich relativ ausführlich auf den "Referenzrahmen" verwiesen und die Arbeiten von ihnen in den Kontext anderer Ergebnisse eingebettet.

Die von "beorna" angeführte Passage lautet im Langtext wie folgt: " In den Abhörprotokollen kommen Gespräche über die Massenverbrechen an den Juden nur selten vor, nur in 0,2 Prozent aller Fälle. Doch die absolute Zahl ist hier weniger relevant, da im Referenzrahmen der Soldaten Verbrechen ohnehin keine Rolle spielten. Gleichwohl wird in den Gesprächen deutlich, dass praktisch alle wußten, oder zumindest erahnten, dass die Juden umgebracht wurden." (S. 146).

Es ist somit nicht entscheidend, dass die Vernichtung thematisiert wird, sondern relevant ist für den Referenzrahmen, dass es kein ungläubiges Erstaunen, oder gar Widerspruch an der Glaubwürdigkeit gab, sondern dieser eigentlich ungeheuerliche Akt ohne Widerspruch akzeptiert wird.

Und dieser Referenzrahmen ist, via NS-Moral, auch in der Heimat im gleichem Umfang anzutreffen (vgö. beispielsweise die Aussage vom Kommandeur des Fliegerhorstes Mainz-Finthen, über die Einstellung seines Schwiegervaters S. 171/172)

Abschließend zur Methode ein Wort. Der Verweis auf die geringe Anzahl geht ins Leere, wie Welzer und Neitzel zu Recht betonen, da nicht die Menge der Protokolle für die Analyse entscheidend ist, sondern das "Universum der Argumente". Sofern es eine "Konvergenz in der Argumentation" der Abhörprotokolle gibt, kann auf eine "stabile Einstellung" der WM-Angehörigen geschlossen werden. Und deswegen ist es methodsich durchaus nachvollziehbar, von einem Referenzrahmen auszugehen, in dem die Vernichtung der Juden eine Form von allseits geteiltem Wissen darstellte.

Zumal, und das übersieht die Diskussion über die Bekanntheit von Konzentrationslagern bzw. der Endlösung, es bereits ab 1933 eine ausführliche Propaganda des NS-Systems zu den Konzentrationslagern gab (vgl. ausfürlich dazu Gellately). Die allerdings eher als "Erziehungslager" deklariert waren, aber bereits zu diesem Zeitpunkt eine Einlieferung ohne Gerichtsverfahren erfolgte und dieser rechtsfreie Raum beispielsweise schon in 1936 durch die evangelische Kirche kritisiert wurde.

@beorna: Und wenn man Deine Sicht / Interpretation sachlich kritisiert, dann wüßte ich nicht, warum ich mich für diese sachliche Kritik entschuldigen sollte. Sollte ich Dich unbeabsichtigt persönlich beleidigt haben, was nicht meine Absicht war und ich wüßte auch nicht wie ich das getan haben könnte, dafür entschuldige ich mich gerne.

Die inhaltliche Kritik oder den Widerspruch, den erhalte ich natürlich in vollem Umfang aufrecht.
 
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Back to the roots. Der zentrale Sinn dieser Aussage ist:
1. die Infragestellung, ob diese Quellen Informationen über die Vernichtung der Juden enthalten haben.
2. die Infragestellung, ob dann der Inhalt, der sich auf die Auslöschung der Juden bezieht einen angemessenen Wahrheitsgehalt hat.

Dazu wird auf die geringe Anzahl an Gesprächen (ca 0,2%) über Massenverbrechen an den Juden im Rahmen der Abhörprotokolle verwiesen.

Die generelle Aussage, die ich aus dieser Darstellung lese, ist, das es keine substantielle Informationen von Seiten der WM gab, um die "Heimat" über die Vernichtung der Juden zu informieren.

Und genau dieser Sichtweise habe ich widersprochen, da ich bei "beorna" von einer Interpretation der zentralen Aussagen von Neitzel und Welzer ausgehe, die nicht der Intention der Autoren entspricht.
Was ist denn die Intention der Autoren? Ich habe schon mehrmals über die Autoren diskutiert und ich möchte deutlich machen, ich finde ihr Buch hervorragend. meine Diskutanten haben aber stets diese Buch zitiert, um zu zeigen wie schlecht die Deutschen waren und zwar der durchschnittliche Deutsche und auch möglichst viele. Nun mag das die Intention der Autoren sein und meine Interpretation falsch. ich sehe das Buch als eine Untersuchung über Soldaten, ihre Gefühle, ihre Taten und Untaten, ihre Motive und all dies. es geht nicht darum zu zeigen wie schlecht deutsche Soldaten waren, sondern, wie du richtig erwähnst, um ihren Referenzrahmen. Was taten sie, warum taten sie es, was taten sie nicht, warum sahen sie, nahmen aber nicht war.....Ich meine, das erkennt man sehr gut aus dem Schlußteil, wo eben auch Soldaten anderer Nationen und ihre taten/Untaten behandelt werden.

Dazu hatte ich relativ ausführlich auf den "Referenzrahmen" verwiesen und die Arbeiten von ihnen in den Kontext anderer Ergebnisse eingebettet.
In dem thread aus dem du meine Aussage kopiertest ging es aber nicht um den Referenzrahmen, sondern um das Wissen um den Holocaust. Wie du dort sehen kannst, zählte ich alle Gruppen auf, die etwas wußten, schon allein, weil sie in der einen oder anderen Weise beteiligt waren. Was ich lediglich verneine sind vermutungen alle hätten Bescheid gewußt, basierend auf wilden Schätzungen aufgrund von ein paar Abhörprotokollen und Feldpostbriefen. Damit verneine ich nicht, daß alle Bescheid gewußt haben könnten. Möglich und beweisbar sind aber zwei Paar Schuhe.

Die von "beorna" angeführte Passage lautet im Langtext wie folgt: " In den Abhörprotokollen kommen Gespräche über die Massenverbrechen an den Juden nur selten vor, nur in 0,2 Prozent aller Fälle. Doch die absolute Zahl ist hier weniger relevant, da im Referenzrahmen der Soldaten Verbrechen ohnehin keine Rolle spielten. Gleichwohl wird in den Gesprächen deutlich, dass praktisch alle wußten, oder zumindest erahnten, dass die Juden umgebracht wurden." (S. 146).
Wieder der Referenzrahmen. Aber du bekommst die Kurve, ohne jedoch sie zu sehen. "oder zumindest erahnten" steht dort. Die Autoren wissen es also selber nicht. Es können alle geahnt haben oder alle gewußt. Es können alle ein wenig geahnt haben oder ein wenig gewußt. Es könnte aber auch anders gewesen sein. Könnte, könnte, könnte.

Der Text bei neitzel und Welzer lautet im Übrigen:" In welchem Ausmaß die judenverfolgung generell die Aufmerksamkeit der Soldaten fand, ist schwer zu sagen. Da man davon ausgehen kann, dass die alliierten Abhöroffiziere daran interessiert waren, etwas über die vernichtungsaktionen zu erfahren, werden Kommunikationen darüber sicher überproportional häufig aufgezeichnet worden sein (Man höre und staune!) gemessen daran machen dann die etwa 0.2% Erzählungen, die sich um die vernichtungsaktionen drehen, im Gesamtmaterial überraschend wenig aus - und dies, obwohl das Spektrum der Erzählungen den vollen Umfang der Judenverfolgung, Ghettoisierung, Erschießung und Massentötung mit Gas umfaßt....." dann folgen Sätze zum referenzrahmen, zur Wahrnehmiung der Soldaten.

Es ist somit nicht entscheidend, dass die Vernichtung thematisiert wird, sondern relevant ist für den Referenzrahmen, dass es kein ungläubiges Erstaunen, oder gar Widerspruch an der Glaubwürdigkeit gab, sondern dieser eigentlich ungeheuerliche Akt ohne Widerspruch akzeptiert wird.

Und dieser Referenzrahmen ist, via NS-Moral, auch in der Heimat im gleichem Umfang anzutreffen (vgö. beispielsweise die Aussage vom Kommandeur des Fliegerhorstes Mainz-Finthen, über die Einstellung seines Schwiegervaters S. 171/172)
Soweit ich weiß, kritisiert der Schwiegervater das Töten während der Reichspogromnacht und wußte demnach 1938 wohl kaum was vom Holocaust nach 1941. Vielmehr ist er für eine Abschiebung der Juden.

Abschließend zur Methode ein Wort. Der Verweis auf die geringe Anzahl geht ins Leere, wie Welzer und Neitzel zu Recht betonen, da nicht die Menge der Protokolle für die Analyse entscheidend ist, sondern das "Universum der Argumente". Sofern es eine "Konvergenz in der Argumentation" der Abhörprotokolle gibt, kann auf eine "stabile Einstellung" der WM-Angehörigen geschlossen werden. Und deswegen ist es methodsich durchaus nachvollziehbar, von einem Referenzrahmen auszugehen, in dem die Vernichtung der Juden eine Form von allseits geteiltem Wissen darstellte.
Wie gesagt, die Autoren erähnen gerade eine ablehnende Haltung zum Judenmord bei der Mehrzahl der Abgehörten. Und wieviele wußten, sagen sie nicht, viele, zweifellos. Viele ist aber keine besonders exakte zahl!

Zumal, und das übersieht die Diskussion über die Bekanntheit von Konzentrationslagern bzw. der Endlösung, es bereits ab 1933 eine ausführliche Propaganda des NS-Systems zu den Konzentrationslagern gab (vgl. ausfürlich dazu Gellately). Die allerdings eher als "Erziehungslager" deklariert waren, aber bereits zu diesem Zeitpunkt eine Einlieferung ohne Gerichtsverfahren erfolgte und dieser rechtsfreie Raum beispielsweise schon in 1936 durch die evangelische Kirche kritisiert wurde.
Jetzt kommen wir zu einem ganz anderen Thema, der Gewalt und des unrechts im NS-Staat schlechthin. Da das hier überhaupt nicht Thema ist, werde ich zumindest hier, nicht weiter draufeingehen.

@beorna: Und wenn man Deine Sicht / Interpretation sachlich kritisiert, dann wüßte ich nicht, warum ich mich für diese sachliche Kritik entschuldigen sollte. Sollte ich Dich unbeabsichtigt persönlich beleidigt haben, was nicht meine Absicht war und ich wüßte auch nicht wie ich das getan haben könnte, dafür entschuldige ich mich gerne.
Es geht mir nicht um irgendeine sachliche oder unsachliche Kritik, sondern darum, daß man meine Aussagen nicht sinnentfremdend zusammenkürzt. gegen Kürzungen, wenn sie nicht weiter wichtig sind, habe ich nichts. Es sollte hinterher aber der Sinn nicht ins Gegenteil gekehrt sein.

Die inhaltliche Kritik oder den Widerspruch, den erhalte ich natürlich in vollem Umfang aufrecht.
das kannst du gerne. kritisieren solltest du aber was ich geschrieben habe, nicht was du daraus gemacht hast!
 
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