Die Rolle der Frau.

Das klingt mir eher nach FNZ als nach MA, aber auch da sind mir keine Darstellung bekannt.
Ja gut, mit den als Hexen dargestellten älteren Frauen habe ich mich an diesem Sonntag Morgen sehr weit aus dem Fenster gelehnt. :oops: Mein erstes Beispiel will mir nun auch sonst nicht so richtig gefallen; es ist zwar anzunehmen, dass die sehr schlanke Frau im Spätmittelalter Schönheitsideal war, denn anders wurde sie nicht dargestellt. Richtig ist aber auch, dass Fettleibigkeit generell kaum dargestellt wurde. Ob dies etwa mit einer gesunden Lebensweise, mit wenig Nahrung, oder mit ästhetischen Präferenzen bei der Darstellung zusammenhängt, wird wohl kaum mit absoluter Sicherheit zu beantworten sein.

Das mit der sich anbahnenden Gleichberechtigung in der Malerei ab 1500 überrascht mich doch eher. Das scheint mir doch gut 3 - 500 Jahre zu früh angesetzt zu sein. (300 Jahre wäre etwa Olympe de Gouges und die Erklärung der Frauenrechte).
Was bei mir auch Irritationen auslöst: "Wenig begehrenswerten jüngeren Frau" und "Abkehr von der Reduktion auf die Attraktivität". Bei ersterem habe ich den Eindruck entweder eines Schreibfehlers bei dir oder eines Missverständnisses bei mir, bei zweiterem verstehe ich, um ehrlich zu sein, nicht, was du eigentlich sagen möchtest.
Verstehe nicht ganz die Irritation darüber, dass es auch weniger attraktive (weniger begehrenswerte) jüngere Frauen gab (deren Chancen, Aufmerksamkeit zu erregen, bzw. abgebildet zu werden, sehr viel kleiner war). Dass die holländische Malerei mit Abbildungen unattraktiver Menschen als Wandschmuck Erfolg hatte, ist in meinen Augen Ausdruck eines gewissen Humanismus. Hierzu gehört auch das Bild der hässlichen Frau, die dennoch als begehrt gezeigt wurde.(Bsp. liefert etwa Pieter Bruegel d.Ä.)

Insofern dürfte Sexualität in unserer Gesellschaft keine Rolle mehr spielen, dabei werden wir gnadenlos oversexed (was nicht ausschließt, dass der ein oder die andere underfucked ist).
Das ist m.M.n. tatsächlich so; sexuelle Begierde ist heute stark regressiv, was auch die Steigerung der lustfördernden Praktiken erklärt. Außerdem müssen sich Männer mit Hochleistungstraining und mit Mittelchen zu wilden Übermännern formen und sich tätovieren lassen (sollten sie keine Millionen als Lockmittel zur Verfügung haben), während sich Frauen die Brüste ausstopfen lassen und sich wie Cleopatra bemalen. Die Notwendigkeit der Fortpflanzung schwindet nun mal mit dem Wohlstand und der wachsenden Anzahl der Bevölkerung; abzulesen an diversen heutigen Tendenzen, die hier auszuführen, zu weit führen würde.

Das scheint mir die Kunst zu sehr auf einen Genderkonflikt zuzuspitzen, was ich so nicht sehe. […]
Sicherlich ist diese Aufteilung der Formensprache auf geschlechtspezifische Präferenzen zugespitzt. Und dennoch fand ich sie bisher recht hilfreich, da passend; bei den sexistischen Auswüchsen der Spätrenaissance (bzw. des Manierismus) etwa, mit den wie angekettet wirkenden nackten Figürchen und den ihre Busen mit absurder Verrenkung heraustreckenden Sphynx; bei den verklemmten antikisierenden Pinseleien (häufig recht unbegabt ausgeführt), welche die lebensfreudige Leichtigkeit der Barockmalerei durchwegs begleiten; und schließlich bei der unverblümten Schlüpfrigkeit der Malerei des 19. Jhs., um nur paar Bsp. zu nennen.

Höchst interessant finde ich auch das genderspezifische Verhalten der Männer samt ihrer Bekleidung in den Epochen; mal betont männlich mit Bragetto, mal im Selbstschmücken mit den Frauen wetteifernd, und mal den Frauen untertänig wirkend, indem sie die Bequemlichkeit für die Frau reservieren.
 
Zuletzt bearbeitet:
es ist zwar anzunehmen, dass die sehr schlanke Frau im Spätmittelalter Schönheitsideal war, denn anders wurde sie nicht dargestellt.
Da haben wir vielleicht untereschiedliche Vorstellungen. Die mittelalterlichen Darstellungen von Personen (egal welchen Geschlechts), die ich kenne, fallen nicht durch einen ungesunden BMI auf. Weder auf der einen noch auf der anderen Seite des Pendels.

Richtig ist aber auch, dass Fettleibigkeit generell kaum dargestellt wurde. Ob dies etwa mit einer gesunden Lebensweise, mit wenig Nahrung, oder mit ästhetischen Präferenzen bei der Darstellung zusammenhängt, wird wohl kaum mit absoluter Sicherheit zu beantworten sein.
Ich denke, das war einfach nicht wichtig, wenn nicht entweder die Völlerei als eines der sieben Hauptlaster dargestellt oder in der Prä-Reformations- und Reformationszeit Kritik an bestimmten Personen/-kreisen geübt werden sollte. Es gibt ja im MA noch recht wenig indiviualisierte Darstellungen.

Verstehe nicht ganz die Irritation darüber, dass es auch weniger attraktive (weniger begehrenswerte) jüngere Frauen gab (deren Chancen, Aufmerksamkeit zu erregen, bzw. abgebildet zu werden, sehr viel kleiner war).
Da habe ich dich dann falsch verstanden (auf die Möglichkeit, dass das der Fall sein könnte, habe ich ja hingewiesen). Ich hatte dich so verstanden, dass jüngere Frauen eher weniger attraktiv seien.

Dass die holländische Malerei mit Abbildungen unattraktiver Menschen als Wandschmuck Erfolg hatte, ist in meinen Augen Ausdruck eines gewissen Humanismus.
Das ist eine These, die man in einem kunsthistorischen Thread mal diskutieren könnte.

Hierzu gehört auch das Bild der hässlichen Frau, die dennoch als begehrt gezeigt wurde.(Bsp. liefert etwa Pieter Bruegel d.Ä.)
Da ich nicht weiß, auf welche Bilder du dich beziehst: Du bist sicher, dass da kein religiöser Subtext vorhanden ist?

Die Notwendigkeit der Fortpflanzung schwindet nun mal mit der Anzahl der Bevölkerung; abzulesen an diversen heutigen Tendenzen, die hier auszuführen, zu weit führen würde.
Das hat aber doch nichts mit dem Lustempfinden zu tun. Frag mal Hersteller von Verhüterli. Und je unkreativer die PR-Leute sind, desto mehr setzen sie auf sex sells, weil sie genau wissen, dass ihnen das - so oversexed wir auch sind - die Aufmerksamkeit sichert.

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Bekleidung ist eine Sache für sich. Es gibt da aus heutiger Sicht fast schon schizophrene Epochen, die bei der Frau recht freizügig waren, was das Dekolleté angeht, aber wehe, dieselbe Frau zeigte Knöchel, das galt dann als unschicklich.
 
Da ich nicht weiß, auf welche Bilder du dich beziehst: Du bist sicher, dass da kein religiöser Subtext vorhanden ist?
Ich bezog mich auf die frühe Genremalerei. Gegen die ausschließlich mahnende Wirkung der Bilder spricht die äußerst fleißige Produktion und die lustvolle Darstellung, bis hin zu pornographischen Inhalten im 17. Jh. Weder Männer noch Frauen wurden schön dargestellt, sondern häufig sogar verunstaltet, was eher die Lust am Deftigen unterstreicht als davor zu warnen. Wie dem auch sei, bei Bruegel scheint (mal die zahlreichen Deutungsversuche zur Seite schiebend), das Dokumentarische im Fokus zu stehen, wie bspw. bei seinem berühmten ›Wimmelbild‹ Kinderspiele.(1) Die Frau wird weder hervorgehoben, noch idealisiert, resp. dem eigenen Gusto angepasst abgebildet, sondern als gleichwertiges Mitglied einer homogenen Gruppe/Szene gezeigt. Eine Innovation, nachdem noch sein Vorbild H. Bosch idealisierte Körper malte.

1. »Die Kinderspiele«, dt. Wikipedia.
 
Aber das sind alles Kinder. Ich habe lediglich eine erwachsene Frau auf dem Bild entdeckt, die aus einer Tür heraus über raufenden Jungs eine Flüssigkeit (ihren Nachttopf?) ausschüttet. Ich sehe hier weder Sexualität noch irgendwie abstoßende Individuen. Die Malerei eirnnert fast an die art naïf.
 
Aber das sind alles Kinder. Ich habe lediglich eine erwachsene Frau auf dem Bild entdeckt, die aus einer Tür heraus über raufenden Jungs eine Flüssigkeit (ihren Nachttopf?) ausschüttet. Ich sehe hier weder Sexualität noch irgendwie abstoßende Individuen. Die Malerei eirnnert fast an die art naïf.
Frauen gibt es einige auf dem Bild. Abstoßend dargestellte Gestalten hingegen kaum, da das Bild irgendwo zwischen Bosch und Genremalerei einzuordnen wäre.

Aber ok, nehmen wir das Gemälde Hochzeitstanz des Malers, ganz ohne auf Attraktivität getrimmte Frauen. (@ WikiArt)
 
Auch hier sehe ich keine abstoßende Frau. Frauen, die nicht dem heute gängigen Schönheitsideal des medialen Main Streams entsprächen, ja, aber keine abstoßenden.

Wir sollten wirklich mal wieder einen kunsthistorischen Thread eröffnen, ich könnte zwar nichts beitragen, aber viel lernen.
 
Unter Berücksichtigung des Zeitraumes zwischen Zeugung und Geburt ist es allerdings durchaus plausibel anzunehmen, dass es Gesellschaften gegeben haben könnte, denen der Zusammenhang zwischen Zeugung und Geburt nicht klar war. Der Zeitpunkt zwischen Zeugung und Geburt ist jedenfalls zu lang, um den Zusammenhang aus unmittelbarer Beobachtung eruieren zu können. Hier können dann schon magische Vorstellungen (beispielsweise einen Zusammenhang zwischen Zu- und Abnahme des Mondes) ins Spiel gekommen sein.

Es ist mir nun wirklich nicht vorstellbar, dass einem Brutpfleger (Vögel und Säugetiere) der Zusammenhang nicht klar sein kann. Müsste er nicht schnell aussterben, wenn seinem Handeln diese Erkenntnis nicht zugrunde läge?



Wir haben vor Sumer und Ägypten keine Kenntnis über die Stellung von Mann und Frau. ...

So ist es und es ist auch die Frage, ob man es wagen darf die vorhandenen Kenntnisse über die letzten „forager societies“ auf diese vorherige Zeit rückzuübertragen.
Das ist zugegeben ein wackeliger Ansatz und es ergeben sich dabei sehr problematische Gegenwartsdeutungen.
..

Changon ist für seine Schlussfolgerungen sehr kritisiert worden. Changon hat die Kultur der Yanomami als gealtsam und blutgierig beschrieben, wohingegen andere meinen, das seien spezielle historische Situationen gewesen, in denen die Yanomami vor brutaler Gewalt nicht zurückgeschreckt haben (vor allem Konflikte um Land). Was aber beobachtet wurde, ist, dass sie bei Überfällen auf andere Indianerdörfer gezielt Müttern ihre Kinder entrissen haben sollen, und diese, also die Kinder, töteten. Laut Helena Valero/Ettore Biocco allerdings vorwiegend Jungen, um die Rache der Herangewachsenen für den Tod ihrer Väter zu verhindern.

So wie ich es verstehe wurden die Schlussfolgerungen kritisiert, während die Zahlen selbst zitierfähig sind. Und die fügen sich, so würde ich vermuten, insgesamt in ein Bild.


Frauenraub ist ein hoch Thema der Mythen und Epen. Das ist der Stoff aus dem die großen Legenden unserer Kultur gemacht sind. Frauenraub ist eines der wesentlichen Themen im Hauptwerk Homers, immer wieder auf neuste und in verschiedensten Spielarten. Eigentlich gibt es keine Frau, die nicht geraubt wird. Beim Nibelungenlied geht auch um kaum etwas anderes. Episodisch taucht das Thema auch im Alten Testament auf, insbesondere in der Person des König David.



Frauenraub, Rache und Blutrausch sind die Themen einer Kriegergesellschaft....

Wenn man davon ausgeht, dass die noch wenigen jetzigen forager-societies als eine solche Gesellschaft vergleichbar besonders physisch gewalttätig sind und Funde aus neusteinzeitlichem Geschehen ebenso einen solchen Umstand belegen,
Dann könnte man annehmen, dass auch die Rolle der Frau vergleichbar gewesen sein könnte.
Ob man das machen darf, ich weiß es nicht.


Um aus solchen und ähnlichen heutigen Erscheinungen eins-zu-eins auf prähistorische Gesellschaften zu schließen, müsste erst einmal zweifelsfrei festgestellt werden,

Zweifelsfrei kann vor der von EQ genannten Marke ohnehin das soziale Miteinander nicht direkt festgestellt werden. Und man wäre überheblich aus heutigen Erscheinungen„ eins-zu-eins“ auf das Früher schließen zu wollen.
Aber fragen soll man sich schon.

So ist es. In Anlehnung an Kelly, betont Cummings vor allem beim Referieren des Forschungsstandes die Vielfalt der Formen früher Gesellschaften. Und eine generalisierende Aussage über die sozialen Beziehungen von Männern und Frauen in dieser Periode macht wenig Sinn, da gerade diese Form der sozialen Beziehung in ihrer vollen Komplexität schwerlich rekonstruiert werden kann. ..

Es kann mE ja hier nicht darum gehen die Rekonstruktion der vollen Komplexität der sozialen Beziehungen zu fordern. Denn dieser Ansatz wäre selbst bei der Betrachtung der britischen Suffragetten herausfordernd.
Kolumbus segelte ohne Messung des Längengrads. Was nicht heißen soll, dass blinde Hühner auch immer finden.
 
Es kann mE ja hier nicht darum gehen die Rekonstruktion der vollen Komplexität der sozialen Beziehungen zu fordern.

Es war nicht meine Idee die "Rolle der Frau" einmal quer durch die Historie zu betrachten. Und ich habe auf die Notwendigkeit einer Einschränkung hingewiesen, um genau diese Komplexität inhaltlich beherrschbarer zu machen

Und die Definition der Rolle der Frau wird, so eine These in der Literatur, nicht unwesentlich durch die spezifischen Herrschafts- und Gewaltverhältnisse in Gesellschaften definiert. Da durch diese sozialen Beziehungen Unter- und Überordnung definiert wird in Kombination mit den Funktionen, die als genderspezifisch zugeschrieben werden.

Insofern muss man wohl die Frage der Rolle von Frauen relativ präzise lokalisiert diskutieren und kann angesichts des heutigen Diskussionsstandes nicht einmal quer durch die Historie sich fabulieren.

Dieses gilt umso mehr, da diese Diskussion einen direkten hochpolitischen Stellenwert hat und historischen Sichten auf die Rolle der Frauen die Sicht auf ihre aktuelle Rolle strukturiert.

Dieses kann man sehr gut an der struktur-funktionalistischen Theoriebildung eines Talcott Parsons nachvollziehen, der mit seiner Sicht eine Rechtfertiung für die Arbeits- und Rollenteilung der westlichen Kleinfamilie geliefert hatte. So der Tenor seiner Kritiker.

Das Thema ist in der Tat sehr komplex und auch weil es sehr politisch ist, sind Aussagen zur Rolle der Frau auch immer mit einer gewissen "Brisanz" versehen. Und deswegen auch meine zweifelnde Sicht auf das Thema., da ich bisher nicht überzeugt bin, daß das Thema angemessen thematisiert wird.

Denn dieser Ansatz wäre selbst bei der Betrachtung der britischen Suffragetten herausfordernd.

Ansatzweise beispielsweise in einem erweiterten Sinn geleistet

Steinbach, Susie (2005): Women in England 1760 - 1914. A social history. London: Phoenix
 
Es ist mir nun wirklich nicht vorstellbar, dass einem Brutpfleger (Vögel und Säugetiere) der Zusammenhang nicht klar sein kann. Müsste er nicht schnell aussterben, wenn seinem Handeln diese Erkenntnis nicht zugrunde läge?
Die Brutpflege durch den Vater kann auch durch Instinkte, also ohne den bewussten Gedanken erfolgen, der Vater zu sein. Auch dass Löwen den Nachwuchs anderer Löwen erkennen und töten, wonach sie ihren eigenen Nachwuchs (zumeist) verschonen, muss nicht unbedingt mit ihrer Aufklärung zu tun haben. Jedenfalls aber passiert da was nach dem Geschlechtsverkehr im Gehirn des Männchens, was schlicht eine friedlichere Gesinnung gegenüber dem Weibchen samt ihrem Nachwuchs sein kann, wofür auch das z.T. recht aggressive Paarungsverhalten der Katzenarten spricht.
Dass auch der Mann beim Beschützen seines Nachwuchses Instinkten folgt, anstatt ausschließlich nach einer wohldurchdachten Vernunft zu handeln, ist anzunehmen. Es ist eher umgekehrt: der denkende Mann neigt dazu, seine Instinkte zu verdrängen, um sich von der biologisch vorgesehenen Rolle zu drücken. :p
 
Aber ok, nehmen wir das Gemälde Hochzeitstanz des Malers, ganz ohne auf Attraktivität getrimmte Frauen. (@ WikiArt)

Das fällt mir schon auf dem Kinderwimmelbild auf. Und so auch hier: Die Frauen haben ein Kopftuch auf und eine Schürze umgebunden. Zeichen von Züchtigkeit und Arbeitsamkeit? Die Männer zeigen, um was es ihnen bei einer Hochzeit hauptsächlich geht. Der stattliche Herr unten links zeigt in seiner roten Hose stolz, was er da zu bieten hat.
Eine attraktive Frau ist hier doch zu sehen. Links unten zeigt eine Frau ihr aufgelöstes prachtvolles rotes Haar. Und sie hat keine Schürze an. Ein Ausbruch von Individualität - oder welche Rangordnung soll das wohl symbolisieren?
 
Ich weiß nur von einer Kultur, in der das Prinzip der biologischen Vaterschaft unbekannt war. Es handelt sich um die Bewohner der Trobriand-Inseln in der Nähe von Papua-Neuguinea. Sie wurden Anfang des 20. Jahrhundert von Bronislaw Malinowski erforscht.
Der komplette Zusammenhang zwischen Geschlechtsverkehr und Empfängnis wurde in dieser Kultur nicht erkannt, stattdessen hatte man andere eher magisch anmutende Erklärungsmodelle für die Empfängnis und auch für Ähnlichkeit zwischen den Kindern einer Frau und ihrem Ehemann.

Malinowski hat seine Erkenntnisse aus erster Hand gewonnen, leider sind sie heute nicht mehr aus erster Hand nachprüfbar. Angezweifelt werden sie gleichwohl:

Diese Zusammenhänge blieben Malinowski und weiteren Zeitgenossen verborgen; er selbst hat sich gewundert, dass die gleichen Menschen, obwohl sie in Unkenntnis der Vaterschaft seien, gleichzeitig behaupteten, bei Tieren sei Geschlechtsverkehr Voraussetzung dafür, dass ein Weibchen trächtig werde und Junge werfe. Die vermeintliche Disktepanz begründeten sie mit dem Hinweis, dass schließlich Menschen keine Tiere seien! Was diese Menschen so prägnant auf den Punkt brachten, war, dass Verwandtschaft eine soziale und nicht eine natürliche Tatsache ist.
Brigitta Hauser-Schäublin, "Blutsverwandtschaft", in: Mythen des Blutes (Hg. Christina von Braun, Christoph Wulf, Frankfurt/Main 2007)

Wenn ich mich richtig erinnere, gab es für die Ähnlichkeit zwischen den Kindern einer Frau und ihrem Ehemann weniger "magisch anmutende Erklärungsmodelle" als vielmehr ein gesellschaftliches Tabu, darüber zu sprechen. (Kann aber auch sein, dass ich mich falsch erinnere.)

Nun bedeutet ein Tabu, einen Sachverhalt zu thematisieren, keineswegs, dass niemand über den Sachverhalt Bescheid weiß.

(Wenn es im gräflichen Hause tabu ist, die Ähnlichkeit des gräflichen Sohns mit dem Butler zum Gesprächsthema zu machen, heißt das ja auch nicht, dass niemand Bescheid weiß...)
 
..

Insofern muss man wohl die Frage der Rolle von Frauen relativ präzise lokalisiert diskutieren und kann angesichts des heutigen Diskussionsstandes nicht einmal quer durch die Historie sich fabulieren.
Thane, da will ich Dir widersprechen. Denn wenn über die Räume und die Zeiten die Frauenrolle ein signifikant ähnliches Muster aufwiese, dann könnte man dieses diskutieren. Denn die Entwicklung der Frauenrechte, mit dem Recht Gruppen anzuführen, ist ja eine sehr neue Sache
Davor sind in dieser Hinsicht die Fortschritte bestenfalls zäh, egal wohin man schaut.
Und es lässt sich möglicherweise das große Muster, so denn eines vorhanden ist, besser betrachten wenn man zunächst auf die Forderung verzichtet die Sache präzise lokalisiert zu diskutieren.
Also was ich gemacht habe, ich hab ein paar Wegmarken auf die Leinwand geworfen und eine grobe Linie drüber gelegt. Da hast Du recht, das ist „fabulieren“.

Das Thema ist in der Tat sehr komplex und auch weil es sehr politisch ist, sind Aussagen zur Rolle der Frau auch immer mit einer gewissen "Brisanz" versehen. Und deswegen auch meine zweifelnde Sicht auf das Thema., da ich bisher nicht überzeugt bin, daß das Thema angemessen thematisiert wird.

... Der Sinn liegt einfach darin, "entlastende" Argumentationen zu verhindern, nach denen sozusagen ein menschlicher Drang zu Krieg, Mord und Gewalt determiniert sei (zB genetisch). Darauf würde sich ansonsten - platt gesagt - jeder Völkermörder strafmindernd berufen. Von daher positioniert man in diesem Kontext Recht und Ethik.

Runtergebrochen auf einen Einzelfall wäre das damit vergleichbar, dass sich jeder beliebige Mörder strafmildernd auf eine krankhafte Veranlagung zurückziehen könnte.

Bzw. auch der Mann, so er denn ein genetisch gesteuerter Macho wäre.
Und das vermute ich, ist vergleichbar hier der Kern des 'politischen' Teils. Aber wer glaubt denn heute noch an den „physiologischen Schwachsinn des Weibes“?
 
In Kiel findet im März ein Workshop über Gender Transformations 15.000 - 1 BCE statt. Wenn du dort einen Vortrag hältst, Chan, würde ich mich als Zuhörer anmelden.
aktuelles-2017-08-Gender-480px.jpg

Anmeldebedingungen: https://www.sfb1266.uni-kiel.de/de/aktivitaeten/gender-workshop-2018
 
Dies scheint mir hierher zu passen: Grabungen belegen Zuzug von Frauen – Zitat: „Die genetischen Analysen zeigen eine große Diversität weiblicher Linien, das deutet darauf hin, dass mit der Zeit zahlreiche Frauen aus der Fremde kamen“.

Jetzt ist nur noch die Frage, ob all diese Frauen freiwillig gekommen sind, oder ob sie geraubt wurden?
 
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