100 Jahre Berliner Dom

Livia

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Hunderttausende besichtigen den Berliner Dom jedes Jahr, bewundern seinen Säulenprunk, die tiefen Schattenzonen und reichen Gebälke, Statuen, bezahlen ohne Murren Eintritt für die gewaltige Kuppelhalle mit der großen Sauer-Orgel, studieren die in Deutschland einzigartige, nur der Wiener Kapuzinergruft und den Gräbern der polnischen Könige in Krakau vergleichbare Sammlung fürstlicher Sarkophage.

Eine Hauptsehenswürdigkeit ist der Dom immer gewesen, seitdem er am 27. Februar 1905 mit großem Staatsakt in Anwesenheit der kaiserlichen Familie, des Monarchen selbst, der Regierung, der Abgeordneten des preußischen Landtags und des deutschen Reichstags eröffnet wurde. Und doch erfreut sich der Bau auch bis heute einer an Hass grenzenden Verachtung. Schon 1905 sprach die Kritik von dekadenter "Hofarchitektur" und ätzte über die "Reichsrenommierkirche". Den Linken war er zu kaiserlich, der Avantgarde zu pompös, den evangelischen Altpreußen mit seiner dem Petersdom entlehnten Kuppel zu katholisch, den Katholiken zu auftrumpfend-evangelisch, den Nationalisten zu italienisch, den in der Nietzsche-Nachfolge schwelgenden Kulturpessimisten zu lautstark optimistisch.

http://www.berlinonline.de/berliner-zeitung/feuilleton/425658.html?2005-02-26
 
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