1809 Aufstände und Freischärler in Südwestdeutschland

Aber natürlich waren sie das.
Das alte Herrscherhaus, die alte Selbstverwaltung, das waren die Ziele - gerade in Tirol wurden ja nicht nur die Bayern bzw. die Franzosen als Fremdherrschaft bekämpft, sondern vor allem die zentralistischen bairischen Reformen.
Und an die zentralistischen theresianisch-josephinischen Reformen hatte man sich gewöhnt?:grübel:

Gut ein Teil wurde auch rückgängig gemacht unter Leopold II..
 
Aber natürlich waren sie das.
Das alte Herrscherhaus, die alte Selbstverwaltung, das waren die Ziele - gerade in Tirol wurden ja nicht nur die Bayern bzw. die Franzosen als Fremdherrschaft bekämpft, sondern vor allem die zentralistischen bairischen Reformen.


Die Steuern nicht zu vergessen! Kannte man ja in der Vergangenheit gar nicht. Da gab es die "Feudalabgaben" fertig aus. Die blieben, die "alte" Herrschaft brauchte ja weiter ihre Einnahmen, dazu kamen neu die Steuern, die neue Herrschaft führte ständig Krieg, will bezahlt sein.

Im Deutschordensgebiet Mergentheim kannte man zuvor auch keine Aushebungen, das wurde dann direkt zum Anlass. Ich glaube auch in der Landgrafschaft Nellenburg (war ein paar Jahre württ.) war das der Anlass.

Politischer Führer des Vorarlberger Aufstandes war der höchste österr. Beamte. also restaurativen Charakter hatte das schon.

Mir imponieren einfach Kerle, die, wenn ihnen was nicht passt, die alte Wildererflinte unter dem Hühnerstall ausgraben und sich mal ein paar Staatsvertreter greifen.:devil: (lässt sich so schön drüber filosofieren, vom Sessel aus vor dem Bildschirm....:winke:)
 
Und an die zentralistischen theresianisch-josephinischen Reformen hatte man sich gewöhnt?
Da kenne ich mich nicht so im Detail aus - aber die waren wohl lange nicht so weitgehend wie die bayrischen, insbesondere respektierten sie die Tiroler Stände und die Landesorganisationen.

Und natürlich kam die Fremdherrschafts-Problematik noch hinzu, auch wenn ich die Reformablehnung für den wichtigeren Aspekt halte.

Und eines fällt mir noch ein: Die Wehrpflicht.
Zu Habsburger Zeiten wurden die Tiroler nur zur Landesverteidigung eingesetzt.
Aber die zur bairischen Armee Eingezogenen wurden ja europaweit für Napoleons Feldzüge verheizt - das ist schon eine sehr starke Motivation für Gegenwehr.
 
Und eines fällt mir noch ein: Die Wehrpflicht.
Zu Habsburger Zeiten wurden die Tiroler nur zur Landesverteidigung eingesetzt.
Aber die zur bairischen Armee Eingezogenen wurden ja europaweit für Napoleons Feldzüge verheizt - das ist schon eine sehr starke Motivation für Gegenwehr.

Das spielte, siehe oben in Mergentheim und der Landgrafschaft Nellenburg ebenfalls eine große Rolle
 
Auch der gehört, obgleich ein paar Jahre vorher, mit hinein:

aus dem Link:
Nachdem französische Truppen bereits im März 1806 Nürnberg besetzt hatten, erschien im Juli im Verlag von Palms Buchhandlung ein 144 Seiten umfassendes Schriftstück mit dem Titel Deutschland in seiner tiefen Erniedrigung, in dem zum Widerstand gegen die Franzosen und deren bayerische Verbündeten aufgerufen wurde. In Augsburg geriet diese Schrift in die Hände französischer Offiziere, die das Ganze anzeigten. Am 28. Juli und 4. August fanden im Hause Palms in Nürnberg Hausdurchsuchungen statt. Palm war jedoch auf Geschäftsreise und begab sich zunächst zu seinem Onkel in das noch preußische und damit sichere Erlangen. Trotz Warnungen kehrte er heimlich nach Nürnberg zurück, wo er von einem Bettler, dem er kurz zuvor ein paar Taler Almosen gezahlt hatte, denunziert wurde.

Hinrichtung Palms durch französische Truppen (Zeitgenössische Darstellung)


Am 14. August wurde er zusammen mit seinem Anwalt Rudolf Christoph Karl Siegmund Freiherr von Holzschuher (Nachfahre von Hieronimus Holzschuher, gemalt 1526 von Albrecht Dürer) zum französischen Oberkommandierenden General Jean Baptiste Jules Bernadotte (1753-1844, ab 1818 als Karl XIV. König von Schweden) nach Ansbach gebracht. Dieser überstellte ihn am 22. August in die Festung von Braunau am Inn.
Hier erklärte man ihm, dass seine Verhaftung aufgrund eines Dekrets Napoleons vom 5. August erfolgt sei und verurteilte ihn am 25. August trotz seiner Unschuldsbeteuerungen zum Tode. Bei der Exekution am folgenden Tage wurde Palm zweimal durch Schüsse nur verwundet, so dass er erst im dritten Versuch durch einen Pistolenschuss getötet wurde.
 
Und eines fällt mir noch ein: Die Wehrpflicht.
Zu Habsburger Zeiten wurden die Tiroler nur zur Landesverteidigung eingesetzt.
Aber die zur bairischen Armee Eingezogenen wurden ja europaweit für Napoleons Feldzüge verheizt - das ist schon eine sehr starke Motivation für Gegenwehr.
Stimmt dagegen hatte man was. War wohl auch ein Mitgrund für die Erhebungen unter Joseph II..
 
hallo

hi hi.

war es nicht auch so das sich damals erste anzeichen von einem "deutschlandgefühl" gab?
und viele der einfachen Bevölkerung waren 1809 franzosenfeindlich? und damit auch gegen dessen Vasallen? diese galten in weiten teilen der bevölkerung doch sicher als verräter.

es ist doch auch bezeichnend, dass z.B die bayrische armee arge probleme hatte die aufständischen niederzuschlagen, einfach weil die moral der Armee um ein vielfaches schlechter war.

oder irre ich mich da??:red:
 
hi hi.

war es nicht auch so das sich damals erste anzeichen von einem "deutschlandgefühl" gab?
und viele der einfachen Bevölkerung waren 1809 franzosenfeindlich? und damit auch gegen dessen Vasallen? diese galten in weiten teilen der bevölkerung doch sicher als verräter.

es ist doch auch bezeichnend, dass z.B die bayrische armee arge probleme hatte die aufständischen niederzuschlagen, einfach weil die moral der Armee um ein vielfaches schlechter war.

oder irre ich mich da??
Bei Arndt, Körner und Lützow würde ich Dir recht geben. Diese hatten schon einen gewissen Nationalismus in ihren Äußerungen.

Bei den anderen wäre ich da vorsichtiger. Zu der Motivation der Tiroler wurde ja schon etwas gesagt. Dabei darf man natürlich nicht vergessen, dass die Tiroler immer wieder den Bayern erbitterten Widerstand leisteten. Das war schon im Spanischen Erbfolgekrieg so und blieb auch in den späteren Auseinandersetzungen. Bei den Tirolern gab es Unmut über die Regierungsweise in Bayern und den Reformkurs wohl auch. Bezeichnenderweise stand ein Kapuzinerpater - Joachim Haspinger - Hofer sehr nahe. Haspinger war gegen die Pockenschutzimpfung bsw. eingetreten.

Oftmals sehe ich bei den Erhebungen selbst vor allem regionalen Unmut. Manche Anführer aber mögen wohl den Gedanken eines Turnvater Jahn oder Arndt näher gestanden haben.

Natürlich setzte auch eine schwärmerische Verklärung des Alten Reiches ein. Diese ist sogar recht gut mit dem Reichspatriotismus zu vergleichen, der sich noch im ersten Koalitionskrieg gezeigt hatte und gegen Frankreich von der kaiserlichen Seite aus instrumentalisiert wurde.
 
war es nicht auch so das sich damals erste anzeichen von einem "deutschlandgefühl" gab?
Ja - aber da muß man sehr differenzieren.
Zuerst gab es nur einzelne Vorläufer (die erst in der nationalen Geschichtsschreibung später groß herausgestellt wurden), der Umschwung der öffentlichen Meinung dauerte etwas.

Es war erst einmal nicht so, daß eine große Mehrheit dem alten Reich nachtrauerte. Es galt in seiner Endphase als überholt, die modernen französischen Ideen hatten eine große Anhängerschaft.

Und diverse Widerstandsaktionen bezogen sich weniger auf Deutschland, als auf Regionen oder Einzelthemen.

Wahrscheinlich hätten sich viele Deutsche recht gut mit der neuen Ordnung identifizieren können, wenn nicht Napoleon entgegen der großen Versprechen von Freiheit und Brüderlichkeit die Rheinbundstaaten als unterworfene Gebiete behandelt hätte, mit drückend harten Forderungen an Steuern und Soldatenstellung.

Die deutschen Nationalbewegung war 1809 noch am Anfang, und hat erst in den Folgejahren Fahrt aufgenommen und größeren Anhang gefunden.
 
Es war erst einmal nicht so, daß eine große Mehrheit dem alten Reich nachtrauerte. Es galt in seiner Endphase als überholt, die modernen französischen Ideen hatten eine große Anhängerschaft.
Sagen wir es so. Es gibt mehr Zeugnisse einer Anhänglichkeit als es bsw. die DDR-Geschichtsschreibung wahrhaben wollte (da war das garkein Thema natürlich wie auch überhaupt die Royalisten in der franz. Revolution nicht so ganz ins Konzept passten), aber diese Zeugnisse haben 2 Haken.
1. Sie sind regional begrenzt.
In Gebieten, wo das HRR noch sehr lebendig war, trauerte man diesem eher nach. Offensichtliche Fälle von Reichspatriotismus hatte ich schon an anderer Stelle mal in einem anderen Thread aufgeführt.
Am emsigsten war der Reichspatriotismus freilich in den Regionen, in welchen man die Angriffe der Franzosen als besonders bedrückend empfand.

2. Der Reichspatiotismus war grundsätzlich auch von kaiserlicher Seite gesteuert. Zum Breisgau weiß ich, dass Dichter, welche Polemik im Sinne von Kaiser und Reich verfassten, versteckt von österreichischen/kaiserlichen Beamten unterstützt wurden. Zum einen wurden natürlich die Nachteile des revolutionären Chaos und die Verwüstungen durch die französischen Truppen hervor gehoben. Zum anderen wurde ein Bild vermittelt, welches darstellen sollte, dass ohnehin alle Untertanen Seiner Kaiserlichen Majestät ganz treu derselben ergeben wären und nie an Aufruhr denken würden...;)
 
Es galt in seiner Endphase als überholt, die modernen französischen Ideen hatten eine große Anhängerschaft.
Da wäre ich sehr vorsichtig!

Klar gab es Jakobinerklubs, auch in Altona. Aber viele, die wie Hölderlin den französischen Ideen anhingen gehörten eben auch Randgruppen an, welche zusehends mehr insgeheim agieren mussten bzw. dann und wann einfach als ausgemachte Narren ignoriert wurden.

Starke profranzösische und prorepublikanische Kräfte gab es vor allem in den Städten, während die Landbevölkerung nicht selten erzkonservativ war. Am schönsten sieht man die Gegensätze am Beispiel der Städte und ländlichen Gegenden am Rhein, wo es verschiedene republikanische Bestrebungen gab, wobei eben die cisrhenaische und die Mainzer am bedeutensten waren.

Anhänger der französischen Neuerungen finden wir also vor allem in der gebildeten Oberschicht. Aber auch eben dort finden sich natürlich auch viele Verteidiger ihrer sozialen Stellung, welche eng mit den politischen Verhältnissen des Ancien Régime verknüpft war.

Schön anschaulich wird auch die Skepsis vieler Deutschen wenn man anschaut, wer bei den Errichtungen der Freiheitsbäume in den Städten zugegen war. Da haben natürlich einige Intellektuelle die Franzosen begrüßt. Aber ein großer Teil der Bevölkerung stand auch skeptisch abseits und betrachtete eher achselzuckend diese aufgepfropften neuen Symbole und Administrationen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Einige Freiburger begaben sich auch nach Tirol, um wiederum für ihren (ehemaligen) Landesherren zu kämpfen. Passt das auch in das Thema, Repo?
Ich fand beim Nachschlagen beispielsweise 14 Freiburger Studenten, die überwiegend aus Freiburg und anderen ehemals vorderösterreichischen Orten stammten, die auszogen, um sich den Tiroler Aufständischen von 1809 anzuschließen. Besonders bekannt wurde unter ihnen Georg Hauger, der ein Sohn eines Registrators der vormaligen vorderösterreichischen Regierung gewesen ist. Er zeichnete sich beim Kampf an der Lienzer Klause aus und wurde später Leutnant der Kaiserjäger.
(Hauger entführte übrigens 1823 die Gebeine von Andreas Hofer von Mantua nach Innsbruck, wo sie beigesetzt wurden. Neben Hofers Grab fand dann auch Hauger in den 1930ern eine letzte Ruhestätte, wohl da man die große Nähe zueinander da höher einschätzte als zuvor.)

Die Anhänglichkeit an Österreich in V.Ö. hatte ich ja schon erwähnt. Beim Wiener Kongress wurde das nochmal spruchreif. 1814 rechnete man in Freiburg ganz stark auf die Wiedervereinigung mit dem Erzhaus. Davon kündet nicht nur eine Delegation der Stadt Freiburg, welche den Kaiser 1814 in Basel aufsuchte, sondern auch eine ganz eindeutige Adresse an den Kaiser, welche die "Hoffnung auf Wiedervereinigung mit Österreich" beinhaltete. Sogar eine Denkmünze auf mit der Umschrift "Zum Andenken an die Wiedervereinigung Breisgaus mit Österreich" ließ man herstellen. (Alles sehr in Richtung: :anbetung:)
Neben der direkten Adresse des Magistrats von Freiburg an den Kaiser, gab es auch den Versuch einer Eingabe an Metternich, dessen Mutter eine Kageneck und Freiburgerin war. Die Versuche beim ehem. Polizeiminister Sumeraw indes blieben natürlich nicht aus. Aber der wollte ja ohnehin von keiner anderen leitenden Position einer Regierung wissen, als von der als Regierungspräsident der Vorlande.

In Karlsruhe soll man über die doch leicht zu entdeckenden Pläne der Freiburger Anhänger des Erzhauses sehr verstimmt gewesen sein. Zusammengenommen klingt das Ganze auch wie Hochverrat, aus badischer Sicht, was aber den treuen ehemaligen Untertanen des Kaisers Franz II. nicht im Traum einfiel.

Quelle:
"Vorderösterreich - Eine geschichtliche Landeskunde" Verlag Rombach, Freiburg i. Br., 1959 S. 340-341
 
Zuletzt bearbeitet:
Da wäre ich sehr vorsichtig!
Da gebe ich Dir, wie bei Deinen übrigen Ausführungen, völlig recht.
Das Hauptproblem ist ja, daß es damals noch viel weniger als heute möglich war, eine "Bevölkerungsmeinung" festzustellen.
Und daß diese nicht nur regional sehr unterschiedlich war, sondern sich gerade in diesem Zeitraum von Jahr zu Jahr sehr änderte.

Ich würde mich also nicht aus dem Fenster hängen wollen und behaupten, die Neuordnung hätte bei der Bevölkerung der Rheinbundstaaten mehrheitlich Zustimmung gefunden. Eher war wohl das Gegenteil der Fall.

Wobei eine Ablehnung der Neuordnung in den ersten Jahren nach HRR-Auflösung noch recht wenig mit "deutschen Nationalgefühlen" zu tun hatte (danach ging ja die Ausgangsfrage von AlexvonM). Das entwickelte sich erst in den Folgejahren, eben weil auch die Menschen sich bewußt wurden, daß die alten Zustände nicht mehr wiederkehren würden, und eine andere Zielvorstellungen brauchten, wenn sie das Rheinbundsystem ablehnten.

Aber es gab eben anfangs einiges an Unterstützung (auch z. B. in Form von Mitarbeit bei der Staatsneugestaltung in Staaten wie Westfalen oder Berg) - und das zerbröselte eben innerhalb weniger Jahre.
 
Aber es gab eben anfangs einiges an Unterstützung (auch z. B. in Form von Mitarbeit bei der Staatsneugestaltung in Staaten wie Westfalen oder Berg) - und das zerbröselte eben innerhalb weniger Jahre.
Da wurden natürlich viele Beamte übernommen. Ich kenne manche Leute, die sich mit diesem Thema ein bisschen beschäftigt haben. Natürlich ließ man die Beamten, da gut ausgebildet und über die wirtschaftliche und infrastrukturelle Lage gut im Bilde nicht ungenutzt. Und die Beamten selber konnten ja auch kaum was anderes mit ihrem begrenzten Vermögen tun, als Bleiben und sich in die neuen Dienste mit neuen Anforderungen stellen. Wenige werden vielleicht nach Wien gegangen sein.

Teilweise ist das nachweisbar und wird auch erforscht, was die ehemalig meinetwegen vorderösterreichischen Beamten dann nach 1805 so trieben. Sie gingen entweder im Verwaltungskörper der neuen Herren auf oder folgten ihrem alten Herren, wenn dieser denn wusste, was für gute Leute er sonst verlöre.

Dann gibt es natürlich auch eine Schicht von Gebildeten, welche sich gleich den Franzosen oder neuen Machthabern andernorts anschlossen. Diese werden im geistigen Umfeld eines Eulogius Schneider zu finden sein. Auch ehemalige Revoluzzer, die schon beim Vormarsch der franz. Revolutionsheere nicht nur frohlockt hatten, sondern auch von den administrativen Armen der Armeen in führende Positionen für provisorische Regierungen oder sowas gehoben wurden, fanden sich teilweise mit dem napoleonischen Regime zurecht. Freidenker im Untergrund - Jakobiner - Bonapartist, auch ein Werdegang.:D In den französischen Verwaltungen in den besetzten Gebieten, welche ab 1798 zu regulären französischen Departements umgeformt wurden, mussten ja auch Anhänger der neuen Ordnung oben sitzen.

Klar gab es dazu auch das totale Gegenteil: Joseph Görres. Der war Anhänger der franz. Revolution gewesen und hatte das HRR scharf verurteilt, geriet aber dann mit dem Aufkommen des bonapartistischen Empires in die deutsch-nationale Bewegung.
Für diejenigen wie Görres war das natürlich eine Gradwanderung zwischen der ehemaligen Ablehnung des Heiligen Römischen Reiches und dann der Ablehnung auch des neuen Französischen Kaiserreiches. Einen dritten Weg, so sollte sich zeigen, gab es vorerst realpolitisch nicht. Die Nutznießer des Länderschachers von 1803-1806 würden nicht ein Widererstarken eines HRR mit allen seinen Funktionen zustimmen. Während sie ja jetzt erst eine vermeintliche staatliche Integrität (und oft territorialen Zuwachs, ohne selbst eigentlich einen Krieg gewonnen zu haben(!)) gewonnen hatten, würden sie diese nicht für eine Rückkehr in kaiserliche Bevormundung aufgeben.
 
Da wurden natürlich viele Beamte übernommen. Ich kenne manche Leute, die sich mit diesem Thema ein bisschen beschäftigt haben. Natürlich ließ man die Beamten, da gut ausgebildet und über die wirtschaftliche und infrastrukturelle Lage gut im Bilde nicht ungenutzt. Und die Beamten selber konnten ja auch kaum was anderes mit ihrem begrenzten Vermögen tun, als Bleiben und sich in die neuen Dienste mit neuen Anforderungen stellen. Wenige werden vielleicht nach Wien gegangen sein.

Teilweise ist das nachweisbar und wird auch erforscht, was die ehemalig meinetwegen vorderösterreichischen Beamten dann nach 1805 so trieben. Sie gingen entweder im Verwaltungskörper der neuen Herren auf oder folgten ihrem alten Herren, wenn dieser denn wusste, was für gute Leute er sonst verlöre.

Dann gibt es natürlich auch eine Schicht von Gebildeten, welche sich gleich den Franzosen oder neuen Machthabern andernorts anschlossen. Diese werden im geistigen Umfeld eines Eulogius Schneider zu finden sein. Auch ehemalige Revoluzzer, die schon beim Vormarsch der franz. Revolutionsheere nicht nur frohlockt hatten, sondern auch von den administrativen Armen der Armeen in führende Positionen für provisorische Regierungen oder sowas gehoben wurden, fanden sich teilweise mit dem napoleonischen Regime zurecht. Freidenker im Untergrund - Jakobiner - Bonapartist, auch ein Werdegang.:D In den französischen Verwaltungen in den besetzten Gebieten, welche ab 1798 zu regulären französischen Departements umgeformt wurden, mussten ja auch Anhänger der neuen Ordnung oben sitzen.

Klar gab es dazu auch das totale Gegenteil: Joseph Görres. Der war Anhänger der franz. Revolution gewesen und hatte das HRR scharf verurteilt, geriet aber dann mit dem Aufkommen des bonapartistischen Empires in die deutsch-nationale Bewegung.
Für diejenigen wie Görres war das natürlich eine Gradwanderung zwischen der ehemaligen Ablehnung des Heiligen Römischen Reiches und dann der Ablehnung auch des neuen Französischen Kaiserreiches. Einen dritten Weg, so sollte sich zeigen, gab es vorerst realpolitisch nicht. Die Nutznießer des Länderschachers von 1803-1806 würden nicht ein Widererstarken eines HRR mit allen seinen Funktionen zustimmen. Während sie ja jetzt erst eine vermeintliche staatliche Integrität (und oft territorialen Zuwachs, ohne selbst eigentlich einen Krieg gewonnen zu haben(!)) gewonnen hatten, würden sie diese nicht für eine Rückkehr in kaiserliche Bevormundung aufgeben.


Das Verhältnis wird man wohl als gespalten ansehen müssen:
Aus Wiki zu Uhland
Politisch und dichterisch mahnte er nach dem Napoleonischen Krieg immer wieder die versprochenen deutschen Landesverfassungen an: Ihr Fürsten seid zuerst gefragt, | Vergaßt ihr jenen Tag der Schlacht, | An dem ihr auf den Knieen lagt | Und huldigtet der höh’ren Macht?.

Ähnliches galt für Turnvater Jahn, überhaupt für die "Turner", die soch überhaupt um die versprochenen Rechte und Freiheiten geprellt sahen.

Man wird wohl vereinfachend davon sprechen können, dass von vielen "Freiheitskämpfern" ein "Deutsches Reich" mit den Bürger-Rechten des "Code Napoleon" angestrebt wurde.
 
Ähnliches galt für Turnvater Jahn, überhaupt für die "Turner", die soch überhaupt um die versprochenen Rechte und Freiheiten geprellt sahen.

Man wird wohl vereinfachend davon sprechen können, dass von vielen "Freiheitskämpfern" ein "Deutsches Reich" mit den Bürger-Rechten des "Code Napoleon" angestrebt wurde.
Du meinst jetzt die Anführer oder die Masse der Kombatanten? Meinst Du die "Freiheitskämpfer" von 1809 oder von 1813?

Es mag sein, dass man sich die Rosinen bei beiden Seiten rauspickte. Zum anderen kann man leicht ein verschwommenes Zukunftsbild von einer Staatlichkeit haben. Ob diese umsetzbar ist und ob sie sogar dann im eigenen Sinne agieren würde, steht freilich auf einem anderen Blatt.

Ob wir ein Deutschland nach den Vorstellungen Arndts, Jahns und Körners wirklich heute positiv bewerten würden, kann ich mir garnicht vorstellen. :S Wenn man dies und das ausblendet, wie das z.B. die DDR-Geschichtsschreibung machte, kann man sich natürlich seine Helden hübsch zurecht biegen.
 
Du meinst jetzt die Anführer oder die Masse der Kombatanten? Meinst Du die "Freiheitskämpfer" von 1809 oder von 1813?

Es mag sein, dass man sich die Rosinen bei beiden Seiten rauspickte. Zum anderen kann man leicht ein verschwommenes Zukunftsbild von einer Staatlichkeit haben. Ob diese umsetzbar ist und ob sie sogar dann im eigenen Sinne agieren würde, steht freilich auf einem anderen Blatt.

Ob wir ein Deutschland nach den Vorstellungen Arndts, Jahns und Körners wirklich heute positiv bewerten würden, kann ich mir garnicht vorstellen. :S Wenn man dies und das ausblendet, wie das z.B. die DDR-Geschichtsschreibung machte, kann man sich natürlich seine Helden hübsch zurecht biegen.


Gute Frage, wen meine ich?
Mir ist jetzt zuerst mal Uhland eingefallen, unbeugsam in seiner Forderung nach "dem alten Recht", die ständische württ. Verfassung nach dem Tübinger Vertrag, noch 1848 ein führender Demokrat. Oder dann eben Jahn.
Aber klar letztlich arrangiert hat sich, muss sich, ja jeder (von was soll man leben?) außer Uhland, der hat reich geheiratet und seinem König den "schwäbischen Gruß" entboten. Was halt auch nicht jeder kann/tut.

Aber es ist wahr, das führt weit über das Jahr 1809 hinaus.
 
Da wurden natürlich viele Beamte übernommen.
Klar, und die hatten natürlich wenig Wahl und mußten mitmachen.

Aber es gab eben auch Leute, die neu und freiwillig mitmachten.
Nicht nur in der Verwaltung, sondern auch in den neugeschaffenen Gremien.

Es gab dazu letztes Jahr in Kassel die "König Lustik"-Ausstellung, da wurde ganz gut illustriert, wie der Neuanfang des Königreichs Westphalen erst einmal eine Reihe von Unterstützern fand.
Die neue Verfassung, die Gerichtsreformen, die Gewerbefreiheit etc. wurden gut aufgenommen. Obwohl die Voraussetzungen eigentlich viel ungünstiger waren als in Süddeutschland - schließlich wurde hier ein französischer Herrscher auf ein Sammelsurium von Gebieten unterschiedlichster Struktur aufgesetzt.

Die Unterstützung war aber in kürzester Zeit deutlich eingebrochen, weil Napoleon den neuen Staat finanziell auspresste. Und weil (siehe auch Repos Beitrag für den Südwesten) die Wehrpflicht zu großem Widerstand führte.
Schon 1809 (also gerade zwei Jahre nach Staatsgründung) gab es dann den Aufstand von Dörnberg (den hattest Du ja schon erwähnt) und vor allem die Verweigerung der Armee, die durchziehenden Truppen des Herzogs von Braunschweig zu bekämpfen.
 
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