2. Weltkrieg: Wie wäre es weitergegangen, wenn die Wehrmacht Moskau besetzt hätte?

Mein Fazit: Der Krieg hätte länger gedauert, das Ende wäre zwar anders, nicht aber "besser" gekommen und die Nazis wären von innen (an ihrer eigenen Unfähigkeit) und nicht von außen (militärisch) besiegt worden. Anstelle von 12 Jahren Verderben wären es mehr geworden. Seien wir froh, dass es nicht so gekommen ist.
Solwac
Sehe ich ähnlich; Die Boden-und-Blut-Idiologie war Schwachsinn und hätte keine Antworten auf eine Zukunft Deutschlands in einer modernen, kapitalistischen Welt gegeben.
Dagegen förderte der Krieg die Industrie. Am Ende des Krieges hätte die irgendwann exportieren wollen. Dem hätte ein nationalsozialistischer Staat, der mit der ganzen Welt gebrochen hat, im Wege gestanden.
Das hätte innenpolitisch, vor allem von oben her, zu Spannungen geführt.
 
Die Bedeutung der AA-Linie

Gleichwohl ich solchen Spekulationen á la "was wäre wenn" ablehnend gegenüber stehe, lässt sich doch einiges dazu sagen:



Da Moskau ein Verkehrsknotenpunkt war, wäre mit einer erfolgreichen Eroberung Moskaus der Westen der SU weitestgehend zusammengebrochen. Deshalb ist auch nicht automatisch davon auszugehen, dass "das Ganze [...] ein Phyrrussieg erster Güte geworden [wäre]".



Dasselbe Problem hätte aber auch die UdSSR gehabt.


Das mit dem Partisanenkrieg ist sehr problematisch. Zum einen waren nicht alle Partisanen pro UdSSR, zum anderen war das Partisanenproblem zu einem guten teil hausgemacht. Die Strategie der Deutschen (Vernichtungskrieg) hat gerade in der Ukraine und in Weißrussland, wo der Partisanenkrieg sich am stärksten manifestierte, diesen überhaupt erst veranlasst. Immerhin waren die Deutschen von großen Teilen der Bevölkerung zunächst als Befreier begrüßt worden, was sich dann als Irrtum herausstellte.


Das hatte sich schon frühzeitiger erledigt.



Mir ist nur bekannt, dass man die Linie Arch-Angelsk - Astrachan erreichen wollte, nicht, das es darüber hinaus gehende Planungen gab.



Nun, das ist Spekulation. Vorrangiges Ziel der Nazis war es "Lebensraum im Osten zu schaffen, Wehrbauern in Osteuropa anzusiedeln, die v.a. aus SS-Veteranen bestehen sollten und der innerdeutschen katholischen Opposition, die man auf diese Weise zersiedeln wollte. Die osteuropäische Bevölkerung wäre zu einem großen Teil ermordet oder versklavt worden, man hatte wohl auch Sterilisationen im großen Stil vor, so dass die Osteuropäer sich nicht hätten fortpflanzen können, aber noch für die Sklavenarbeit herangezogen werden könnten. Das hört sich zwar - im negativsten Sinne - phantastisch an, dass dies aber durchaus der Denkungsart entsprach kann man an der Besatzungspolitik gerade in Polen und Weißrussland deutlich erkennen.



England war nicht so sehr im Fokus der Nazis. Es war ein Kriegsgegner, aber kein eigentliches Eroberungsziel. In der sozialdarwinistischen Ideologie der Nazis, wonach das ganze Leben Kampf sei und nur mit Sieg oder Niederlage enden konnte wäre es womöglich schwer geworden, einen Frieden mit England zu erreichen.

Volle Zustimmung für diese knappen und präzisen Anmerkungen!

Es bleibt die Frage, warum die deutsche Vorkriegsplanung mit Erreichen der AA-Linie all ihre Ziele im Wesentlichsten erreicht sah. Man glaubte, dass dem Gegner danach nicht mehr genügend wirtschaftliches und logistisches Potential bliebe um gefährlich zu bleiben. Die "verbliebenen Rüstungszentren am Ural" glaubte man mit der Luftwaffe bei Bedarf niederhalten zu können, die AA-Linie mit wenigen Divisionen sichern zu können, hinter der ein besser ausgebautes Eisenbahnnetz lag, als östlich davon. So seltsam das klingen mag, hätte die Wehrmacht in diesem Fall die logistisch "kürzere" Versorgungslinie gehabt als eine eventuell weiter dagegen anrennende "Rote Armee", oder was immer nach einem denkbaren Zusammenbruch der UdSSR an ihre Stelle hätte treten können. Das ist die Vorkriegsplanung gewesen!

Warum aber die AA-Linie? Sie erschließt sich nicht sofort. Offensichtlich wollte Hitler nicht die ganze UdSSR erobern und besetzten. Dies zu verstehen muss man die weltweit damals wirkmächtigste, geostrategische Überlegung kennen. Sie beruht auf dem Werk des Amerikaners Alfred Thayer Mahan, einem ehemaligen Konteradmiral, der 1914 starb. Er verfasste das Buch „The Influence Of Sea Power upon History“ etwa im Jahre 1890, womit er die Doktrin der Seeüberlegenheit wirtschaftlich begründete. Kurz: Wer über die Meere herrsche sei in einer Position, dass er über alle wirtschaftlichen Quellen der Welt verfügen könne und diese gleichzeitig seinen Feinden verwehren. Aus diesem Grunde könne eine solche, auf Seeherrschaft begründete Macht auch niemals militärisch besiegt werden. Das Werk erregte weltweit Aufmerksamkeit, auch in GB und D, wo gerade Kaiser Wilhelm II. seinen alten Reichskanzler Bismarck entlassen hatte…
Natürlich blieben die Thesen Mahans nicht unkommentiert. Es kristallisierte sich heraus, dass es einen „Kontinentalblock“ gäbe, dessen Beherrschung eine Macht in die Lage versetze, auch gegen diese Seeherrschaft unbegrenzt durchzuhalten. Er enthielte Mittel genug, um ebenfalls lange Kriege führen zu können: Dieser Block umfasse das kontinentale Europa unter Einschluss jener Teile Russlands, dessen Eroberung die AA-Linie Deutschland sichern würde. Hitler suchte im Osten also nicht nur „Lebensraum“ gemäß seiner Ideologie, sondern auch handfeste wirtschaftliche „Beute“, die ihm erlauben sollte einen Krieg auch gegen die Seemächte England und USA (denn deren Kriegseintritt unter einem Präsidenten Roosevelt war bereits spätestens Anfang 1941 für die Nazi-Führung abzusehen) unbegrenzt führen zu können. Unter dem Eindruck eines solchen „Kontentalblocks“ hielten Teile der Nazi-Führung auch einen Ausgleich mit den Seemächten für möglich...

Gemäß diesen Planes wäre Hitler nach einem Sieg von Moskau wohl auch weiter vorgegangen. Das Fazit meiner Vorposter Solwac und Rurik wird daher dennoch nicht falsch sein.
 
Warum aber die AA-Linie?
Mit Erreichen dieser Linie wäre neben dem Verkehrskreuz Moskau auch der Zugang zum Eismeer und die Ölregion im Kaukasus erobert worden. Zusammen mit der sonstigen industriellen Basis (der Umfang der Verlagerung von Fabriken hinter den Ural war auf deutscher Seite wohl nicht vorhergesehen worden) wäre es ein großer Schritt zum Kontinentalblock gewesen.

Weniger hätte nicht gereicht und nur etwas mehr wäre unnützer Aufwand gewesen. Es hätte also gleich sehr viel mehr Raum erobert werden müssen und je weiter die Front nach Osten von Moskau weg wandert, desto ungünstiger werden wieder die Nachschublinien.

Im Gegensatz zu vielen anderen Ideen ist das Ziel der AA-Linie sinnvoll gewesen. Es wurde halt nicht geschafft.

Solwac
 
Geographisch kann man das möglicherweise am Besten eines Atlanten erahnen:

Besetzt waren von der Wehrmacht die Ukraine, Weißrußland und die baltischen Staaten am Zenit Ihrer weitesten Ausdehnung . Das Gebiet des heutigen Rußland selbst allenfalls angekratzt. Und das bei einer Bevölkerungszahl von unden 100 Millionen im Jahre 1950 in der RFSR. So liegen auch heute noch die meisten Großstädte östlich von Moskau, gleichwohl der Fall Moskaus als Zentrum einen schweren Schlag bedeutet hätte, aber keinesfalls als alleinigen Grund den Untergang der Sowjetunion.
 
Zuletzt bearbeitet:
In den ersten Tagen nach Beginn des Krieges hielt sich Stalin auffallend im Hintergrund, nahezu versteckt. Er wird schon gewusst haben, wieso.
Stalin hatte tatsächlich Angst das er abgesetzt und vor Gericht gestellt wird.

Wie schon Ravenik + EQ geschrieben haben war der Raum Moskau nicht nur ein symbolisches Ziel sondern hatte erhebliche Bedeutung auf verschiedenen Gebieten.
- eine der (oder die) wichtigste Verkehrsspinne der Sowjetunion
- Rüstungszentrum
- politisches Zentrum

Mit dem Fall von "Moskau" wäre tatsächlich die Ukraine / Leningrad / Murmansk kaum mehr zu verteidigen gewesen. Zwar hätte auch die Rüstungsindustrie im Raum Moskau verlagert werden können, das hätte allerdings das Chaos in den neuen Rüstungszentren noch weiter erhöht. Wahrscheinlich wäre die Produktion 1942 niedriger gewesen als in der Realität.
Der Ausfall von Moskau hätte den Verlust von Stalingrad sehr wahrscheinlich nach sich gezogen (Nachschubverbindungen!), damit wäre auch die Verbindung zu den Westallierten in gefährdet gewesen. Die Masse der Lend-Lease-Lieferungen, ab 42, landete im Iran und wurde über den Kaukasus / Stalingrad transportiert.
 
Zuletzt bearbeitet:
Stalin hatte tatsächlich Angst das er abgesetzt und vor Gericht gestellt wird.

Die Periode nach dem 22.06.41 bis zum 30.06.41 war durch unterschiedliche Phasen der Stimmung des "friedliebenden Stalins" gekennzeichnet, wenn man Wolkogonow bzw. Montefiore folgen möchte.

Nebenbei eine Zeit, in der "harte Männer" an den Rande des Nervenzusammenbruchs geführt wurden wie z.B. Schukow (Montefiore S. 423).

Sofern obige Aussage eine ansatzweise Berechtigung hat, bezieht sie sich auf den 30.06.41. Und dann lediglich für den ersten Teil. Ob er vermutet hat, vor Gericht gestellt zu werden, würde ich als reine Spekulation bezeichnen.

"Möglicherweise hatte Stalin anfänglich gedacht, dass der Besuch fast aller Politbüromitglieder bei ihm bedeutete, dass er nun abgesetzt würde? Vielleicht befürchtete er sogar, verhaftet zu werden (verhaftet werden vom NKWD bedeutete nicht ein Gerichtsverfahren zu erhalten)?...Stalins Atorität war viel zu gross bei seinen Mitstreitern, als dass ihnen auch nur der Gedanke in den Kopf gekommen wäre, den Führer zu stürzen" (Wolkogonow, S. 562/563).

Es liegen keine wirklich verläßlichen Aussagen darüber vor, was Stalin gedacht hat. Lediglich Vermutungen der Personen, die anwesend waren.

Weder objektiv noch subjektiv gab es in dieser Phase bzw. Woche nicht ansatzweise den Versuch einer Entmachtung von Stalin.

Vor diesem Hintergrund ist es überzogen, von einer realen Gefahr eines Coupe d Etat auszugehen.

Vielmehr befürchteten wohl sogar einige, dass es sich bei dem Verhalten von Stalin um eine Falle (in Anlehnung an "Iwan" seinem "Lehrmeister") handeln könnte, um Loyalitäten zu testen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hätte der Hund nicht.....


Schwer zu sagen, ob und inwieweit eine Einnahme Moskaus das Kriegsende beeinflußt hätte.

Versuchen wir, die einzelnen Faktoren aufzuzählen.

Die Wehrmacht war von Erfolg zu Erfolg geeilt, die Moral und die Leistungsfähigkeit von Soldaten und Offizieren war eine außerordentlich hohe, und technisch wie taktisch war die Wehrmacht der Roten Armee bis zum Herbst 1942, wenn nicht bis Frühjahr/ Sommer 1943 überlegen. Die Einnahme Moskaus hätte nicht nur für die Moral einen gewaltigen Schub gebracht, Moskau besaß als Verkehrsknotenpunkt, als industrielles, logistisches wie ideologisches Zentrum eine sehr große Bedeutung.

Im Bürgerkrieg kontrollierten die "Weißen" den größten Teil des Landes, die Bolschewisten aber die Zentren Moskau und Petrograd, und das gab (u. a.) den Ausschlag. Die Rote Armee war fast ihres gesamten Offizierskorps mit Generalsstabsausbildung durch Stalins "Säuberungen" beraubt, die Moral war schlecht, die Verpflegung und Ausstattung noch schlechter, und es bedurfte des Einsatzes von NKWD- Truppen, die eigene Soldaten gnadenlos niedermähten, um den geforderten Einsatz zu erzwingen.

Die Einnahme Moskaus hätte den Krieg für Nazideutschland bedeuten können, wenn ja wenn.

wenn Hitler mehr auf seine Generale gehört hätte, wenn der Winter nicht so kalt gewesen wäre, etc, etc.

Im Grunde genommen kann man die Dinge auf den Punkt bringen, wenn Hitler nicht Hitler gewesen wäre. Man konnte mit dem Mann nicht verhandeln, es hätte ohne ihn den Feldzug gegen die Sowjetunion vermutlich gar nicht gegeben, und es hätte der Krieg ein anderes Gesicht gehabt.

Die Wehrmacht war ausgelegt für ein Blitzkriegskonzept, Deutschland war für einen langen Krieg nicht gerüstet. Die Wehrmacht hatte in Unterzahl ganz Europa überrannt, technisch, taktisch, motivatisch war sie den anderen Armeen Europas weit überlegen, doch selbst diese großen Leistungen waren noch nicht genug, es wurde immer mehr gefordert und zugemutet. Die Kriegsziele waren monströs und noch dazu nebulativ. Und selbst wenn man Russland bis zum Ural, bis zum Kaukasus kampflos besetzen konnte, so gab es doch in ganz Europa nicht genug Soldaten, um dieses Gebiet besetzen, geschweige denn beherrschen können. Dazu kommt, dass die Besatzungspolitik der Deutschen ja Widerstand geradezu herausfordern musste, denn es war die Herrschaft der Deutschen einfach nicht zu ertragen. Menschen und Material mussten in der gewaltigen Weite der Sowjetunion einfach verschleißen, und das wäre selbst der Fall gewesen, wenn die Rote Armee weniger Widerstand geleistet hätte,wenn sie tatsächlich so ein tumber Gegner gewesen wäre, wie die Propaganda glauben machen wollte.

Die Regenerationsfähigkeit der Roten Armee war unglaublich, die Leidensfähigkeit der Soldaten immens, und in Punkto Improvisation zeigte sich die Sowjetunion als sehr fähig.

Wie man es auch wenden mag, der Feldzug gegen die Sowjetunion war mit militärischen Mitteln allein nicht zu gewinnen, es war diplomatisches Geschick und Gespür gefragt, zumal sich der Kriegseintritt der USA abzeichnete, nachdem Roosevelt klar gemacht hatte, dass er GB unterstützen werde. intelligenterweise erklärte Hitler den USA nach Pearl Harbor noch den Krieg, und wer wollte noch mit ihm verhandeln? wer sollte die politischen Chancen, einen Keil in diese sich abzeichnende, unnatürliche Allianz treiben können? Hitler hatte ja nur Rudolf Heß, den Fallschirmspringer und Herrn von Ribbentrop zu bieten. An starken Bundesgenossen hatten dieDeutschen nur Japan zu bieten, aber es gab niemals koordinierte Kriegshandlungen, denn dann hätte Rommel ja bis Sumatra marschieren müssen. Ansonsten nur Satelliten, Quislinge und der Duce, der wenigstens für die Wochenschau noch eine "bella figura abgab" na ja, ein erfolgreicher Sekthändler, Ribbentrop hatte Anneliese Henkel geheiratet, musste wohl etwas von Diplomatie verstehen, dachte sich der Gröfaz, und der Schuss ging prächtig nach hinten los.

Wie sollte das gehen? Jeder Krieg hört einmal auf, und mit wem wollte man verhandeln, wenn man alle Juden, Slawen, Zigeuner und Untermenschen, die man töten wollte, ausgelöscht hatte?

Der Einzige, mit dem Hitler überhaupt verhandeln konnte, der überhaupt auch nur im Entferntesten daran gedacht hätte, sich mit ihm an den Verhandlungstisch zu setzen, war Stalin, denn der war kein Gentleman.

Churchill hatte klargemacht, dass der Zug abgefahren war, womit wollte man ihn kaufen, beeinflussen, beeindrucken? Mr. Churchill bekommt die beiden besten deutschen Hirsche- so etwa, wie Göring 1938 schon mal die Briten schmieren wollte. oder vielleicht Zigarren und ein Puffbesuch, soll ja durchaus seine Wirkung nicht verfehlen- so etwa?


Es war die Sowjetunion für das Blitzkriegskonzept einfach eine Nummer zu groß, um in einem einzigen Aufwasch erledigt zu werden, es fehlten die Reserven, und es fehlte vor allem an einem Plan B, nachdem Hitlers Plan gescheitert war.
 
Weder objektiv noch subjektiv gab es in dieser Phase bzw. Woche nicht ansatzweise den Versuch einer Entmachtung von Stalin.

Vor diesem Hintergrund ist es überzogen, von einer realen Gefahr eines Coupe d Etat auszugehen.
Aus der Nichtexistenz, in einer Diktatur wohlgemerkt, auf obigen Schluß zu kommen hat weniger mit Geschichtsforschung - dafür erheblich mehr mit Hellseher zu tun. Man sollte sich vielleicht auch daran erinnern das der friedliebende Diktator kurze Zeit vorher ausgiebige Säuberungen in der gesamten Gesellschaft durchgeführt hat. Schriftliche Zeugnisse von eventuellen Umsturzgedanken oder gar Plänen werden solche Leute wohl kaum hinterlassen haben.
 
(...)Die rote Armee ist trotz der Verluste bis dahin nicht zusammengebrochen und der Wiederstandsgeist in den höheren Offiziersrängen war, wie die Winterschlacht vor Moskau zeigt, weiterhin hoch.(...)

Aber eben nur bei den Politkommissaren. Der "einfache" Soldat dachte da mehr an sein eigenes Leben. Ich denk grad nur an die TV-Szenen wo "zurückweichende" Angriffswellen von den eigenen Leuten erschossen wurden.

elQ schrieb:
England war nicht so sehr im Fokus der Nazis. Es war ein Kriegsgegner, aber kein eigentliches Eroberungsziel.

Aber dennoch hatte Adolf gewaltig Bammel vor den Engländern. Wenn auch kein "eroberungswürdiges" Ziel, aber dennoch ein "gefährlicher " Kriegsgegner. Nicht umsonst hat Hitler nach der Kriegserklärung Englands gefragt "...und was jetzt?"

@quasaro
Ich finde es erstaunlich das du dich in Beitrag fünf schon bedankst, nur weil einer etwas zu deiner Frage geschrieben hat.
Wenn ich jetzt in Frage vier geantwortet hätte:

Ich schreib es vorsichtshalber mal dazu ...:ironie:
Nicht das noch jemand diesen Schmarn für voll nimmt.

1. wie wäre es
weitergegangen wenn moskau erobert worden wäre ?

"Dann hätte die Wehrmacht ihre Angriffe eingestellt. Man hätte kein weiteres Ziel verfolgt weil man die russische Hauptstadt erobert hat.
Damit wäre das Ego von Hitler befriedigt gewesen. Mehr wollte man der Welt ja nicht beweisen.

2.wie sahen die strategischen planungen des OKW/hitler aus . wollte
man ganz russland erobern bis nach wladiwostok ?

Nein, es ging nur um eine Machtdemonstration.

3. was wäre nach der eroberung russlands passiert ? hätte man
sich dann auf die einnahme englands konzentriert oder wären andere ziele erstmal drangewesen ?

England hätte die Waffen gestreckt, weil man ja Moskau geknackt hatte.



Was ich damit sagen wollte. Es ist nicht gut wenn man sich im Internet auf die Aussage eines einzelnen verlässt. Du weißt doch gar nicht welch geistiges Kind dein "Antworter" ist ;) Gibt genug Scharlatane im Netz. Also lieber eine eigene Meinung bilden und die Quelle immer schön hinterfragen :winke:
 
Ich habe mir jetzt die bisherige Diskussion einmal durch gelesen.
Was ich bisher noch nicht ganz verstanden habe ist, daß immer von Spekulationen diesbezüglich gesprochen wird. Aber es muß doch Vorstellungen der Nazis darüber gegeben haben, wie weit man marschieren will, wann man den Krieg als gewonnen betrachtete und was nach einem Sieg passieren sollte - "Unternehmen Barbarossa" eben. Man wird ja kaum einfach drauflos gestürmt sein, mit dem Schlachtruf: "Schau mer mal..."

Ich habe dazu mal eine Publikation heraus gesucht:
...Die deutschen Planungen sahen 50 bis 60 Sicherungsdivisionen auf einem bis Archangelsk und Astrachan gedachten Besatzungsgebiet vor, was wiederum bedeutete, dass selbst im Fall eines Sieges über die Sowjetunion fast ein Drittel des deutschen Heeres auf Dauer dort gebunden gewesen wären, und zwar noch ohne die Idee einer weiterbestehenden Front, einer nach Osten offenen „Wehrgrenze“. Die Möglichkeit zu weiteren Angriffskriegen wäre schon dadurch stark eingeschränkt worden. Mit ihren schwachen Sicherungstruppen begründeten die Deutschen massgeblich ein Vorgehen durch Terror und Einschüchterung her, durch SS und Polizei, im Herbst 1941 bei der Partisanenbekämpfung aber vor allem durch die Wehrmacht. Beim deutschen Mord an den sowjetischen Juden spielten die Gedanken eine Rolle, sie seien potentielle Widerstandsträger und lästige Nahrungsmittelkonsumenten, wie aus Dokumenten hervorgeht...
Quelle: Christian Gerlach: Operative Planungen der Wehrmacht fr den Krieg gegen die Sowjetunion
 
Im Grunde genommen kann man die Dinge auf den Punkt bringen, wenn Hitler nicht Hitler gewesen wäre. Man konnte mit dem Mann nicht verhandeln, es hätte ohne ihn den Feldzug gegen die Sowjetunion vermutlich gar nicht gegeben, und es hätte der Krieg ein anderes Gesicht gehabt.
Wenn es denn überhaupt einen Krieg gegeben hätte.
 
Es war die Sowjetunion für das Blitzkriegskonzept einfach eine Nummer zu groß, um in einem einzigen Aufwasch erledigt zu werden, es fehlten die Reserven, und es fehlte vor allem an einem Plan B, nachdem Hitlers Plan gescheitert war.
Das Hauptproblem neben den Rohstoffen war die geringe industrielle Leistungsfähigkeit Deutschlands als Kriegswirtschaft. Der Vierjahresplan von 1936 war eher darauf ausgerichtet, dass die nötige Rüstung auch Arbeitsplätze schafft. Viele Waffen, vor allem die Panzer waren komplex in der Herstellung und die nötigen Arbeitsgänge benötigten zu viel Personal (welches noch dazu gut ausgebildet sein musste).

Was die Reserven angeht, so gibt es zwei Punkte: Zum einen die geringen Möglichkeiten an sich, aber auch der Einsatz der Reserven. So wurden aus den freigegebenen Truppen oft generalstabsmäßig Reserven gebildet, die dann auf Befehl von oben an andere Stellen abgegeben werden mussten oder die nicht wie geplant eingesetzt werden konnten.

Ich habe mir jetzt die bisherige Diskussion einmal durch gelesen.
Was ich bisher noch nicht ganz verstanden habe ist, daß immer von Spekulationen diesbezüglich gesprochen wird. Aber es muß doch Vorstellungen der Nazis darüber gegeben haben, wie weit man marschieren will, wann man den Krieg als gewonnen betrachtete und was nach einem Sieg passieren sollte - "Unternehmen Barbarossa" eben. Man wird ja kaum einfach drauflos gestürmt sein, mit dem Schlachtruf: "Schau mer mal..."
Vorstellungen waren wage, richtige Pläne gab es nicht, konnte es nicht geben. Die politische Führung war dazu nicht in der Lage (weder fachlich noch administrativ, letzteres gilt ja für viele Führungen heute auch...) noch willens. Es wurde ja darauf gesetzt, dass die vielen Hierarchien konkurrieren. Nur kommt dabei nicht der beste Plan oder der Fähigste durch, es kommt nur der Geschickteste durch. So wurden fast überall die Ressourcen des Reichs verplant ohne sich abzustimmen und am Ende scheiterten viele Pläne, weil die Möglichkeiten nicht für alles reichten.

Solwac
 
NmA sollte man bei der Aussage von C.Gerlach noch folgendes bedenken. Zwar wäre, wie er schreibt, ca. 1/3 der deutschen Divisionen gebunden gewesen. Dabei sollte man sich allerdings vor Augen halten welche anderen Gegner, nach dem Zusammenbruch der SU, mit welchem Potential vorhanden waren. Und dabei muß man einfach konstatieren das 100-120 (OHNE mögliche Neuaufstellungen) Divisionen für die Beherrschung Europas und des Mittelmeerraumes vollkommen ausreichend waren. Selbst der Vorstoß in den Nahen Osten bis Indien wäre Heereskräftemäßig leicht möglich gewesen.
 
Vorstellungen waren wage, richtige Pläne gab es nicht, konnte es nicht geben. Die politische Führung war dazu nicht in der Lage (weder fachlich noch administrativ, letzteres gilt ja für viele Führungen heute auch...) noch willens.

Das Eingangs-Kalkül des Feldzuges war eigentlich klar umrissen, woraus sich auch die Frage beantwortet:

100(0) Schlüsseldokumente / Bayerische Staatsbibliothek (BSB, Mnchen)

"... der Abzug kampfkräftiger Teile in die Weite des russischen Raumes verhindert werden.

In rascher Verfolgung ist dann eine Linie zu erreichen, aus der die russische Luftwaffe reichsdeutsches Gebiet nicht mehr angreifen kann. Das Endziel der Operation ist die Abschirmung gegen das asiatische Rußland aus der allgemeinen Linie Wolga–Archangelsk. So kann erforderlichenfalls das letzte Rußland verbleibende Industriegebiet am Ural durch die Luftwaffe ausgeschaltet werden."

Hinzuweisen wäre daneben auf
1) Weisung Nr. 32: Beherrschung des europäischen Rußlands mit anschließender Verringerung des Heeres bei Vermehrung der Panzerwaffe
2) Weisung Nr. 35: Taifun (verbunden mit der Erwartung, um Moskau den Großteil der verbliebenen Roten Armee zu zerschlagen)
 
Abgesehen von der spekulativen Frage finde ich den Interessenkonflikt Hitler/ OKW in Bezug auf Moskau viel spannender, da gerade das OKW und Halder an der Spitze mit der Einnahme Moskaus dogmatische Grundsätze (einnahme einer Hauptstadt ist das vorrangigste Ziel) verband und Hitler viel pragmatischer, ökonomisch denkender, an den Ostfeldzug heranging, sich hier aber bei Barbarossa nicht durchsetzte, was schlußendlich in der Kompromißschlacht Kiew endete und anschließend Taifun im schon weit fortgeschrittenen Kalender starten ließ, als Hitler dem Drängen Halders auf Moskau wiederum keinen Gegenpol setzen konnte.
 
...da gerade das OKW und Halder an der Spitze mit der Einnahme Moskaus dogmatische Grundsätze (einnahme einer Hauptstadt ist das vorrangigste Ziel) verband und Hitler viel pragmatischer, ökonomisch denkender, an den Ostfeldzug heranging, sich hier aber bei Barbarossa nicht durchsetzte, was schlußendlich in der Kompromißschlacht Kiew endete und anschließend Taifun im schon weit fortgeschrittenen Kalender starten ließ, als Hitler dem Drängen Halders auf Moskau wiederum keinen Gegenpol setzen konnte.

Das sollte man klar auseinander halten:

Bei dem Konflikt Kiew/Moskau im Juli und August 1941 setzte sich Hitler durch, was in der förmlichen Anweisung vom 21.8.1941 an den Generalstab gipfelte. Das Resultat war der Südschwenk einer Panzergruppe sowie einer Armee der Heeresgruppe Mitte zur Kesselschlacht von Kiew (und gegen den sofortigen ansatz auf Moskau).

Richtig ist, dass von einigen Historikern die Ansicht vertreten wird, dass der über den Kulminationspunkt getriebene Vormarsch auf Moskau der Verantwortung von Halder, Bock und Brauchitsch zuzurechnen ist. Die Wertung wird ebenso problematisiert (zB unter dem Aspekt, dass die letztgenannten Akteure eben das mögliche Scheitern des Feldzugsplans vor Augen hatten).
 
Wenn es denn überhaupt einen Krieg gegeben hätte.
Ich denke, ein Krieg, in welcher Konstellation auch immer, war unvermeidlich. Hitler hat Deutschland ja nicht aus dem Nichts umgekrempelt, sondern die Kräfte genutzt, die am Wirken waren. Der Faschismus und der Sowjetsozialismus existierten auch ohne Hitler in Europa. In Deutschland war die KPD eine große Partei und ohne die Nazis als Gegner wäre für sie die Weltwirtschaftskriese mit ihrer Massenarbeitslosigkeit ein unheimlicher Schub geworden. Welche Bürgerliche Partei hätte da gegensteuern können? Die SPD mit ihrem Hin und Her?
Als Stalin in Finnland einmarschierte, stand England auch kurz davor, den Finnen zur Hilfe zu eilen.
Potential war genug vorhanden.
Japan z.B. hätte den Krieg auch ohne die politische Entwicklung in Europa angefangen.
Ich möchte es mal bildlich ausdrücken; Die Suppe war eingebrockt und die Wurst noch nicht gegessen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Richtig ist, dass von einigen Historikern die Ansicht vertreten wird, dass der über den Kulminationspunkt getriebene Vormarsch auf Moskau der Verantwortung von Halder, Bock und Brauchitsch zuzurechnen ist. Die Wertung wird ebenso problematisiert (zB unter dem Aspekt, dass die letztgenannten Akteure eben das mögliche Scheitern des Feldzugsplans vor Augen hatten).

Wenn man Tashjean (Smolensk 41. Zum Kulminationspunkt in Theorie und Praxis, in: Die operative Idee und ihre Grundlagen, S. 41ff) folgen möchte, dann wäre Smolensk im Sinne der Clausewitschen Interpretation (im Sinne des Überganges vom Angriff zur Verteidigung) der historische Ort des Kulminationspunktes gewesen.

Interessanterweise soll es Absprachen zwischen Beria und Stalin (Montefiore: Stalin) gegeben haben, die eine Preisgabe von Teilen der SU (Baltikum, Teile der Ukraine etc.) im Rahmen eines Friedensvertrags 41 vorgesehen hätten (nicht eindeutig belegte Gerüchte!!)

Unter dieser Perspektive hätte der Kulminationspunkt durchaus eine Chance gehabt, seinen theoretischen Platz zu verlassen und in Form von Realpolitik als Friedensvertrag in Erscheinung zu treten.

Und das nicht alles so laufen wird, wie man es sich aus der Sicht des OKW vorstellte, belegt eine Studie des OWK vom September 41 (vgl. z.B. Rudolf Hoffman: Die Schlacht m Moskau, in Entscheidungsschlachten des zweiten Weltkriegs, S. 145, und auch Halder KTB Bd. 3, S. 226).

Die Kernidee des Blitzkriegs war zu diesem Zeitpunkt im Prinzip bereits beerdigt! Es blieb ein Restoptimismus, dass man den Rest der RKKA im Jahr 42 zerschlagen kann.
 
Zuletzt bearbeitet:
Wenn man Tashjean (Smolensk 41. Zum Kulminationspunkt in Theorie und Praxis, in: Die operative Idee und ihre Grundlagen, S. 41ff) folgen möchte, dann wäre Smolensk im Sinne der Clausewitschen Interpretation (im Sinne des Überganges vom Angriff zur Verteidigung) der historische Ort des Kulminationspunktes gewesen.

Raum, Kraft, Zeit, oder anders: Smolensk August 1941 oder Wjasma/Brjansk Oktober 1941?

In der Literatur wird mE zu sehr Moskau fokussiert. Das Problem der überdehnten Linien betraf die Ostfront auf 3000 km.

HG Nord: Tichwin und Demjansk
HG Mitte: der Vormarsch nach den Kesselschlachten von Wjasma/Brjansk, verstärkt durch die excentrischen Bewegungen (Orel-Tila sowie Wolga/Kalugin) wegen der Vorgabe der Umfassung
HG Süd: Rostow/Krim/Kursk-Tim

Die Rückschläge ereigneten sich auf ganzer Linie.
 
Zuletzt bearbeitet:
Unter dieser Perspektive hätte der Kulminationspunkt durchaus eine Chance gehabt, seinen theoretischen Platz zu verlassen und in Form von Realpolitik als Friedensvertrag in Erscheinung zu treten.
An so etwas, wie verhandeln, hat der Hasardeur, Hitler, sicher keine Sekunde gedacht. Bis dahin lief ja auch alles gut und ein Spieler will immer verdoppeln. Logik oder der gesunde Menschenverstand spielen da keine Rolle mehr.
Für ihn wäre es sicher die Chance gewesen.
 
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