Adoptivkaiser (humanitäres Kaisertum)? antoninische Dynastie

Tacitus macht das in den Annalen schon recht geschickt mit der Augustuskritik. Er lässt erst beim Totengericht die Augustusbefürworter zu Wort kommen, um ihnen dann durch die Augustusgegner, denen er etwa den doppelten Raum an Text zugesteht, zu widersprechen. Erneute Gelegenheit zur Widerrede erhalten die Augustsbefürworter dann nicht mehr. Insofern ist in Frage zu stellen, ob Augustus wirklich eine allzu gute Berichterstattung hatte.
 
@ Ravenik:

Nein, zum fraglichen Zeitpunkt war Marc Aurel definitiv tot und der Erbe ließ sich offensichtlich die Macht nicht nehmen. Da ist der Verzicht darauf die Gelegenheit selbst die Macht zu übernehmen Selbstmord.

Und nein, es ging nicht darum woanders einen neuen Krieg zu führen, sondern darum, ob ein alter Krieg fortgeführt wird.
 
Cassius Dio hat ihn noch selbst erlebt und schildert besonders sein vollkommen irres Verhalten, wenn er die Arena selbst betrat aus eigener Ansicht der Szenen. Er schrieb sein Werk für Leser, die teilweise auch noch den Kaiser erlebt hatten. Folglich dürfte er keine vollkommenen Unmöglichkeiten über Commodus geschrieben haben, wenn er als Geschichtsschreiber ernst genommen werden wollte.
Fast alle "verrückten" römischen Kaiser hatten eine Gemeinsamkeit. Sie waren viel zu jung und ohne eigenes Verdienst zur Herrschaft gelangt. Commodus war 19, Nero 17 , Caligula 25 , Caracalla 23 und Heliogabalus war erst 14 Jahra alt als ihnen der Purpur zufiel. Alle noch im mehr oder weniger jugendlichen Rowdyalter. Domitian war mit 30 nicht mehr ganz so jugendlich , galt aber, trotz charakterlicher Schwächen, zumindest in den ersten Jahren seines Prinzipates als fähiger Regent. Sie waren alle nicht die Ersten einer Dynastie sondern die Herrschaft war ihnen mehr oder weniger in den Schoß gefallen. Sie dürften sich wie Kinder gefühlt haben, die sich im Süßwaren -und Spielzeugladen ungestraft bedienen durften. Da war überdrehtes Verhalten beinahe vorprogrammiert.
Auch Octavian war in seinen jungen Jahren ziemlich grausam und skrupellos ,musste sich aber den Weg zur absoluten Macht erst erkämpfen, sodass er sein Werk später nicht durch sinnlose Morde leichtfertig aufs Spiel setzte . Seneca schrieb ,sinngemäß in seiner Schrift über die Milde (Clementia) am Beispiel von Augustus ,dass er dessen gnädiges, späteres Auftreten nicht für Milde sondern nur für ausgetobte, ermüdete Grausamkeit hielt.

Teresa C wie zuverlässig sind eigentlich die Berichte über Commodus
Wie Galeotto schon sagte, hat ihn Cassius Dio noch selbst gekannt. Cassius Dios Geschichtswerk gilt unter den schriftlichen Quellen zu Commodus Regierungszeit als die verlässlichste. Leider sind viele Bände nur fragmentarisch erhalten. Weniger Ansehen als Cassius Dio genießt oder genoss unter Historikern das Geschichtswerk des Herodian und die Historia Augusta eine spätantike Sammlung von Kaiserbiographien. Herodian (178-ca 250) prüfte Quellen weit weniger kritisch als Cassius Dio und erfand wohl auch manche Details. Ein Kritiker, Geza Afföldy, schrieb, Herodians Berichte gleiche eher einem historischen Roman, als einem Geschichtswerk. Trotzdem ist sein Stil nicht ohne Finesse, und er ist für die zeit Commodus und der Severer durchaus eine wichtige Quelle, da von Cassius Dios Geschichtswerk Teile fehlen. Herodian benutzte auch Ammianus Marcellinus und der unbekannte Autor der Historia Augusta. Diese Sammlung von Kaiserbiographien ist eine der umstrittensten Quellen der Antike. Der Autor übernahm recht unkritisch Anekdoten und Klatsch. Der Quellenwert ist oft zweifelhaft.

Dennoch muss man eigentlich froh darüber sein, über diese Quelle verfügen zu können, manche Kaiser und Usurpatoren der Soldatenkaiserzeit sind nur in der HA überliefert, und manche Ausgrabungen haben Details der HA bestätigt. So bei Ausgrabungen bei Kremna in Pisidien. Zur Zeit des Kaisers Probus setzte sich ein isaurischer Lokaldynast namens Lydios in der Stadt Krema fest und nahm die Bevölkerung als Geisel bis die Römer unter Probus die Stadt belagerten und zurückeroberten. Diese Episode ist nur in der Historia Augusta und im Geschichtswerk des byzantinischen Historiographen Zosimus überliefert, und die Berichte galten als unsicher, bis archäologische Ausgrabungen in Kremna eine römische Belagerung samt aufwändigem Belagerungswall in genau diesem Zeitraum bestätigten.

Die HA erwähnt Strafexpeditionen des Maxminus Thrax in Germanien. Bevor das Schlachtfeld am Harzhorn entdeckt wurde, hätten wohl die wenigsten Historiker der römischen Armee in der beginnenden Reichskrise des 3. Jhds einen Feldzug so tief in die Germania libera zugetraut.

Daher sollte man, auch wenn die HA streckenweise sicher zweifelhaft ist, doch froh sein, dass es diese schriftliche Quelle gibt.

Doch zu Commodus: außenpolitisch war die Bilanz seiner Regierungszeit gar nicht so übel, und das Imperium erlebte nach der Krise der Einfälle von Parthern, Germanen und Sarmaten noch einmal eine Periode der Ruhe und Stabilität. Wie weit das Projekt der Einrichtung zweier neuer Provinzen Marcomannia und Sarmatia wirklich fortgeschritten war, ist bisher noch unbekannt. Dennoch spricht einiges dafür, dass es durchaus vernünftig war, den Krieg zu beenden und mit der Armee nach Italien zurückzukehren. Das Zentrum des Imperiums nach einem Regierungswechsel unbeaufsichtigt zu lassen, konnte gefährlich werden und Usurpationen ermutigen.

Fast alle Quellen berichten, dass Commodus, im Gegensatz zu seinem Vater, systematische Regierungsarbeit vernachlässigte und das Reich von Favoriten und Freigelassenen regieren ließ. Tigidius Perennis, der Präfekt der Prätorianer, war wohl ein sehr tüchtiger Mann, der allerdings 185 gestürzt und von Soldaten getötet wurde. Commodus verfiel immer mehr in einen Caesarenwahn und überwarf sich völlig mit dem Senat. Sein Vater hatte niemals Senatoren hinrichten lassen und peinlich genau, selbst bei Krankheit, an Senatssitzungen teilgenommen. Commodus war aus einem ganz anderen Holz, was er schon im Zuge der Lucilla-Verschwörung bewies. In den folgenden Jahren wurde die Opposition des Senats so groß, dass Spottmünzen geprägt wurden. In der Silvesternacht des Jahres 192 fiel Commodus einer Palastverschwörung zum Opfer. Die Verschwörer hatten allerdings keinen Thronkandidaten, so dass die Prätorianer den Purpur an den Meistbietenden, Didius Julianus versteigerten. Commodus verfiel zunächst der Damnatio memoriae, wurde aber durch Septimius Severus rehabilitiert, der seine Herrschaft durch fiktive Adoption der Antonine zu legitimieren versuchte, Commodus vergöttlichte und sich Sohn des Marc Aurel und Bruder Commodus nannte.
 
Dennoch muss man eigentlich froh darüber sein, über diese Quelle verfügen zu können, manche Kaiser und Usurpatoren der Soldatenkaiserzeit sind nur in der HA überliefert, und manche Ausgrabungen haben Details der HA bestätigt. So bei Ausgrabungen bei Kremna in Pisidien. Zur Zeit des Kaisers Probus setzte sich ein isaurischer Lokaldynast namens Lydios in der Stadt Krema fest und nahm die Bevölkerung als Geisel bis die Römer unter Probus die Stadt belagerten und zurückeroberten. Diese Episode ist nur in der Historia Augusta und im Geschichtswerk des byzantinischen Historiographen Zosimus überliefert, und die Berichte galten als unsicher, bis archäologische Ausgrabungen in Kremna eine römische Belagerung samt aufwändigem Belagerungswall in genau diesem Zeitraum bestätigten.

Die HA erwähnt Strafexpeditionen des Maxminus Thrax in Germanien. Bevor das Schlachtfeld am Harzhorn entdeckt wurde, hätten wohl die wenigsten Historiker der römischen Armee in der beginnenden Reichskrise des 3. Jhds einen Feldzug so tief in die Germania libera zugetraut.

Daher sollte man, auch wenn die HA streckenweise sicher zweifelhaft ist, doch froh sein, dass es diese schriftliche Quelle gibt.
Ein weiteres Beispiel:
In der HA-Biographie von Kaiser Valerianus steht (8. Kap.), sein jüngerer Sohn Valerianus sei von einer anderen Mutter gewesen als sein älterer Sohn und Mitkaiser Gallienus. Diese Angabe wurde lange Zeit aus mir unbekannten Gründen als fiktiv verworfen (so wie viele Angaben zu Eltern in der HA); Valerianus habe nur eine Ehefrau gehabt. Eine 2004 publizierte Inschrift belegt allerdings zumindest, dass Kaiser Valerianus tatsächlich noch ein zweites Mal verheiratet war (mit einer Cornelia Gallonia).

Augustus hat, wie fast alle Kaiser nach ihm, und aus verständlichen Gründen, wichtige Posten mit Leuten besetzt, die ihm genehm waren. Im weniger genehme Leute hat er beseitigen lassen. Unter seiner Herrschaft gab es umfangreiche Subscriptionslisten, der Beginn seiner Herrschaft war äußerst blutig.

Warum werden ihm seine politischen - und privaten - Morde nicht vorgeworfen?
Werden sie doch - gerade auch in der antiken Geschichtsschreibung.

Warum nennt man seine willkürliche Besetzung wichtiger Ämter nicht "Günstlingswirtschaft"?
Dass ein Kaiser nicht alles selbst machen kann, ist eh klar. Der Unterschied zwischen Commodus und Augustus ist jedoch, dass Augustus die Zügel selbst in der Hand behielt und nicht seine Gehilfen nach deren Gutdünken schalten und walten ließ, während er selbst sich dem Vergnügen widmete.
Im Übrigen waren Augustus' Gehilfen doch würdigere Erscheinungen als etwa Commodus' Günstling Saoterus, sein Geliebter aus Nikomedia.

Es ist doch nur die Art der Berichterstattung, die hier den Unterschied macht.
Nein.
 
Woher sicher interessant wäre, einmal zu überprüfen, warum eigentlich Augustus' Helfer "würdigere" Erscheinungen waren, die von Commodus aber weniger.

Aufschlussreich wäre sicher, ob diese bzw. solche "unwürdige/n" Erscheinungen bereits unter den Vorgängern des Commodus zu finden sind, aber bei diesen toleriert wurden, weil eben der Eindruck vorherrschte, dass der Kaiser selbst regierte und nicht regieren ließ.

Misstrauisch stimmt mich vor allem, dass "unwürdige" Erscheinungen bzw. schlechte Ratgeber immer nur ei negativ besetzten Herrschern auftauchen. (Besonders lustig übrigens, wenn neuere Forschungen dann ergeben, dass so mancher angeblich schwache Herrscher in Wirklichkeit gar kein schwacher Herrscher war, auch wenn er es durchaus vorzog, seine Ratgeber vorzuschicken.)

Positiv besetzte Herrscher haben schlimmstenfalls "mittelmäßige" Ratgeber.

Ein weiteres Merkmal von "unwürdigen" Ratgeber ist, dass ihnen oft der Ruch eines (meistens fragwürdigen) Aufsteigers anhaftet.
 
Im Übrigen waren Augustus' Gehilfen doch würdigere Erscheinungen als etwa Commodus' Günstling Saoterus, sein Geliebter aus Nikomedia.

Tauchst du jetzt nicht etwas sehr tief in die antike Klatsch- und Boulevardpresse ein?
Wenn es in den Kram passt, ist dann sogar die Historia Augusta plötzlich eine zuverlässige Quelle.
 
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Woher sicher interessant wäre, einmal zu überprüfen, warum eigentlich Augustus' Helfer "würdigere" Erscheinungen waren, die von Commodus aber weniger.

Eben.

Die Frage war doch, wie zuverlässig die Berichterstattung über in Ungnade gefallene Kaiser wie etwa Commodus ist.
Da hilft es wenig, wenn Ravenik gebetsmühlenartig die Berichterstattung wiederkaut, da gerade diese eben Gegenstand des Hinterfragens ist.

Positiv besetzte Herrscher haben schlimmstenfalls "mittelmäßige" Ratgeber.

Ich hatte ja oben schon erwähnt, dass Herrscher, die sich gegen den Senat stellten, immer als irrsinnig, unfähig und größenwahnsinnig dargestellt werden. Weitere Vorwürfe wie unfähige Ratgeber, Homosexualität, Verschwendung usw. kommen auch stets hinzu.
 
Eben.

Die Frage war doch, wie zuverlässig die Berichterstattung über in Ungnade gefallene Kaiser wie etwa Commodus ist.
Da hilft es wenig, wenn Ravenik gebetsmühlenartig die Berichterstattung wiederkaut, da gerade diese eben Gegenstand des Hinterfragens ist.
Dann sollte man aber auch hinterfragen weshalb ein Kaiser in Ungnade gefallen war. Das passierte nicht einfach nur so, sondern auch Verachtung muss man sich erarbeitet haben. Die Damnatio konnte nicht willkürlich ausgesprochen werden.
Weshalb findet man immer, dass die antiken Autoren lügen, sobald sie einen Kaiser negativ bewerten aber wo dieselben Biographen etwas Positives über den gleichen Herrscher zu berichten haben, ist das die Wahrheit, denn genau diese guten Eigenschaften heben die Kritiker hervor ?!
Jeder der heute eine Biografie über einen römischen Kaiser schreibt, muss natürlich etwas vollkommen neues, die antiken Autoren Lügen strafendes herausgefunden haben. Ich habe in noch keinem dieser neuen Bücher erlebt, dass auch nur eine positive Geschichte Suetons, Cassius Dios etc. über Caligula ,Nero, Domitian ...angezweifelt wurde. Alle ,die Lieblingsfigur ins schlechte Licht rückende Anekdoten dagegen, sind übertrieben oder vollkommen erlogen.
Homosexualität wurde nicht als prinzipiell negative Eigenschaft unterstellt. Auch Trajan soll einen Hang zu Lustknaben gehabt haben und der galt als guter Kaiser. Bei Claudius dagegen, der bei Sueton nicht besonders gut wegkommt, betont dieser, dass der keinerlei Interesse am eigenen Geschlecht hatte.
Immerhin schrieben die antiken Kaiserbiografen für ihre Zeitgenossen und zwar für die gebildete Schicht. Wenn sie sich nicht lächerlich machen wollten, konnten sie nicht einfach vollkommen absurdes Zeug erfinden. Auch die Kaiser, in deren Regierungszeit die Autoren lebten, lasen vermutlich die Schriften und waren wohl kaum daran interessiert, dass ihre Vorgänger zu vollkommen absurden Karikaturen verzerrt wurden. Sie mussten ja damit rechnen, später auch als Witzfigur in die Geschichte einzugehen, wenn ein zukünftiger Biograf sich ihrer annimmt.
 
Woher sicher interessant wäre, einmal zu überprüfen, warum eigentlich Augustus' Helfer "würdigere" Erscheinungen waren, die von Commodus aber weniger.

Aufschlussreich wäre sicher, ob diese bzw. solche "unwürdige/n" Erscheinungen bereits unter den Vorgängern des Commodus zu finden sind, aber bei diesen toleriert wurden, weil eben der Eindruck vorherrschte, dass der Kaiser selbst regierte und nicht regieren ließ.
Misstrauisch stimmt mich vor allem, dass "unwürdige" Erscheinungen bzw. schlechte Ratgeber immer nur ei negativ besetzten Herrschern auftauchen. (Besonders lustig übrigens, wenn neuere Forschungen dann ergeben, dass so mancher angeblich schwache Herrscher in Wirklichkeit gar kein schwacher Herrscher war, auch wenn er es durchaus vorzog, seine Ratgeber vorzuschicken.)
Dass Kaiser nicht alles selbst machten ist vollkommen logisch, dann auch sie waren nur Menschen. Es kam aber immer darauf an, an wen sie ihre Aufgaben verteilten. Das ist heute nicht anders.
Sehr junge Regenten benötigen kluge Berater. Als Nero noch auf Seneca und Burrus hörte, galt er als recht vorzeigbarer Kaiser. Nun werden alte, belehrende Männer einem Jugendlichen recht schnell lästig und er wird sich ihrer irgendwann entledigen und sie durch Leute ersetzen, die nicht ständig herumnörgeln sondern die Ermahnungen durch übertriebenes Lob und Arbeit durch Spaß ersetzen. Ab diesem Punkt wird fast jeder Charakter verdorben. 17- und 19-Jährige haben selten eine so gefestigte Persönlichkeit ,dass sie den Verlockungen der Macht nicht erliegen würden und das reine Vergnügen nicht der Mühsal der echten Regierungstätigkeit vorziehen würden. Sie besitzen auch nicht die Lebenserfahrung und Menschenkenntnis, um richtig einschätzen zu können, wer in welcher Position die beste Arbeit leisten kann. Es hat seinen Grund, dass man heute, in der Regel keine derart jungen Leute in höchste Machtpositionen in einem Staat einsetzt.
Ich finde es auch gar nicht ungewöhnlich, dass Kaiser nach ihren Beratern und Günstlingen beurteilt wurden. Sie selbst hatten diesen ja ihr Vertrauen ausgesprochen und sie selbst schalten und walten lassen. Kluge Kaiser werden sich nicht mit Dummköpfen umgeben haben, Kaiser mit weniger geistiger Potenz und Neigung zur Grausamkeit, suchten sich wahrscheinlich auch Leute, die etwas ähnlich tickten, wie sie aus.
Es ist auch gar nicht der Fall, dass sämtliche Günstlinge über einen Kamm geschoren wurden. So findet Cassius Dio durchaus lobende Worte über Commodus' Gardepräfekten Perennis. Er schrieb: " Perennis, welcher nach Paternus dieLeibwache befehligte ,wurde von seinen, wider ihn sich erhebenden Soldaten umgebracht. Da Commodus nur an Wagenrennen und Schwelgereien Vergnügen fand und sich beinahe gar nicht der Staatsgeschäfte annahm, musste Perennis nicht nur das Kriegswesen, sondern auch alles Übrige besorgen und den Staat regieren....." Über die, durch die Soldaten erzwungene Hinrichtung des Perennis schreibt Dio: " Jener wurde gegeißelt und niedergemacht, und auch seine Gemahlin, seine Schwester und seine zwei Söhne verloren mit ihm ihr Leben.
So wurde dieser Mann geopfert, der teils wegen seines Charakters, teils wegen seiner Verdienste um den Staat ein ganz anderes Schicksal verdient hätte. Nur eines kann man ihm zur Last legen, dass er aus Herrschsucht die Hauptschuld an der Ermordung seines Kollegen Paternus gehabt hatte. Sonst tat er nichts , um für sich Auszeichnungen oder Reichtümer zu gewinnen, sondern war der uneigennützigste und anspruchloseste Mann und auf nichts als die Sicherheit des Commodus und des Reiches bedacht."
 
So findet Cassius Dio durchaus lobende Worte über Commodus' Gardepräfekten Perennis.

Er lobt ihn ja sogar über den grünen Klee, was in so fern interessant ist, da Herodion im Gegensatz zu Dio beschreibt, wie sich Perennis auf Kosten unliebsamer Senatoren bereicherte, dabei zum reichsten Mann Roms aufstieg und gemeinsam mit seinen Söhnen eine Verschwörung plante, um selbst die Herrschaft zu übernehmen.

Dio dagegen macht ihn ja geradezu zu einem Heiligen, was nicht wirklich glaubwürdig erscheint.
 
Ich hatte ja oben schon erwähnt, dass Herrscher, die sich gegen den Senat stellten, immer als irrsinnig, unfähig und größenwahnsinnig dargestellt werden.
Vielleicht könntest Du ja einmal hinterfragen, wieso sich eigentlich manche Kaiser offen gegen den Senat stellten. Immerhin repräsentierte der Senat nicht nur die überkommene Ordnung, sondern fungierte (zumindest formal, realpolitisch kaum) auch als Gegengewicht zum Kaiser. Aus ihm rekrutierten sich außerdem die hohen Amtsträger. Daher wurde von Kaisern einfach erwartet, dass sie zumindest so taten, als würden sie den Senat respektieren und mit ihm zusammenarbeiten. (Wie es in der Realität um seine Macht bestellt war, war auch den Senatoren selbst sehr wohl bewusst.) Sogar die Soldatenkaiser im 3. Jhdt. bemühten sich in der Regel noch um die formale Anerkennung durch den Senat.
Was sagt es also über einen Kaiser aus, wenn er mit dieser Ordnung brach und nicht einmal etwas vernünftiges Neues an ihre Stelle setzte, sondern einfach irgendwelchen Günstlingen das Regieren überließ? (Um moderne Ausdrücke zu verwenden: Manche Kaiser wendeten sich weg von einer Art Konstitutionalismus hin zu einer offenen Diktatur.)
Ist es denn so abwegig zu vermuten, dass bevorzugt Kaiser, die glaubten, auf alles pfeifen zu können und über allem zu stehen, diesen Weg beschritten?

Ich hatte ja oben schon erwähnt, dass Herrscher, die sich gegen den Senat stellten, immer als irrsinnig, unfähig und größenwahnsinnig dargestellt werden. Weitere Vorwürfe wie unfähige Ratgeber, Homosexualität, Verschwendung usw. kommen auch stets hinzu.
Und wieder einmal verweise ich auf Hadrian, der in der antiken Geschichtsschreibung relativ gut wegkam, trotz seines belasteten Verhältnisses zum Senat und trotz seiner recht publiken Beziehung mit Antinous.

Anmerken möchte ich außerdem noch, dass Herodian nicht aus dem Senatorenstand stammte. Über den Verfasser der Historia Augusta weiß man im Prinzip nichts.
Sueton gehörte dem Ritterstand an, und die Ritter rivalisierten traditionell eigentlich mit den Senatoren.

Er lobt ihn ja sogar über den grünen Klee, was in so fern interessant ist, da Herodion im Gegensatz zu Dio beschreibt, wie sich Perennis auf Kosten unliebsamer Senatoren bereicherte, dabei zum reichsten Mann Roms aufstieg und gemeinsam mit seinen Söhnen eine Verschwörung plante, um selbst die Herrschaft zu übernehmen.

Dio dagegen macht ihn ja geradezu zu einem Heiligen, was nicht wirklich glaubwürdig erscheint.
Wenn jemand negativ dargestellt wird, ist das unglaubwürdig. Wenn jemand positiv dargestellt wird, ist das unglaubwürdig. Ja was denn nun?

Woher sicher interessant wäre, einmal zu überprüfen, warum eigentlich Augustus' Helfer "würdigere" Erscheinungen waren, die von Commodus aber weniger.
"Würdig" meinte ich nicht im Sinne von individueller Befähigung, sondern dessen, was in Rom erwartet wurde. Augustus setzte noch auf Gehilfen aus dem Ritter- und Senatorenstand, Männer, die über entsprechende dignitas und auctoritas verfügten. Das waren für Römer zentrale Werte. Freigelassene hatten sie nicht, und erst recht nicht Personen, die im Bett des Kaisers Karriere machten.

Ein weiteres Merkmal von "unwürdigen" Ratgeber ist, dass ihnen oft der Ruch eines (meistens fragwürdigen) Aufsteigers anhaftet.
Weil ihn das im römischen Wertesystem unwürdig machte.

Misstrauisch stimmt mich vor allem, dass "unwürdige" Erscheinungen bzw. schlechte Ratgeber immer nur ei negativ besetzten Herrschern auftauchen.
Auch hier meine Anregung, das einmal andersherum zu betrachten: Wie wählte ein Kaiser seine Gehilfen und Ratgeber aus? Was sagt die Auswahl über den Kaiser aus?
Wer würde eher einen "Unwürdigen" auswählen: ein Kaiser, der zumindest den Schein der Beibehaltung der Ordnung zu wahren sucht, oder ein Kaiser, der offen auf alles pfeift? Und wer würde eher seinen Günstlingen das Regieren überlassen: ein Kaiser, der seine Regierungsgeschäfte ernst nimmt, oder ein Kaiser, der sich lieber amüsieren will?
Was aber sagt es über einen Kaiser aus, wenn er auf alles pfeift und sich amüsiert, während seine Günstlinge tun und lassen was sie wollen?
 
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Er lobt ihn ja sogar über den grünen Klee, was in so fern interessant ist, da Herodion im Gegensatz zu Dio beschreibt, wie sich Perennis auf Kosten unliebsamer Senatoren bereicherte, dabei zum reichsten Mann Roms aufstieg und gemeinsam mit seinen Söhnen eine Verschwörung plante, um selbst die Herrschaft zu übernehmen.

Dio dagegen macht ihn ja geradezu zu einem Heiligen, was nicht wirklich glaubwürdig erscheint.
Dann sollte man sich die Lebensumstände beider Geschichtsschreiber betrachten. Herodian war ein Kind als Commodus herrschte und vermutlich noch syrischer Sklave oder Freigelassener. Cassius Dio dagegen war bereits 17-jährig als Commodus an die Macht kam und gehörte der politischen Oberklasse an. Das dürfte ihm, bei den intimeren Kenntnissen der Herrschaft des Commodus einen großen Vorsprung gewähren. Er kannte ihn vermutlich persönlich und erlebte das Ganze aus der Nähe. Auch Perennis dürfte er näher gekannt haben als Herodian.
Üblicherweise werden immer alle in Zweifel gezogen, die über Begebenheiten schrieben, die vor ihrer Lebenszeit stattfanden, wie Polybios über die punischen Kriege oder Sueton über die ersten Cäsaren. Nun hat man mit Dio einen Zeitzeugen ,aber da wird wieder behauptet, dass der ja als Mitglied des Senates tendenziös berichtet und Commodus verleumdet hat. Als ob Geschichtsschreibung jemals unparteiisch gewesen wäre.
Dio konnte über die Kaiser, die in seiner Lebenszeit herrschten nicht einfach etwas erfinden, da es noch viel zu viele Leser gegeben hätte die die Epoche ebenfalls aus eigenem Erleben kannten.
Besonders Dinge, die im öffentlichen Raum stattfanden, wie die unwürdige Maskerade des Kaisers in verschiedenen Götterkostümen, die Auftritte im Amphitheater, dass Commodus im Hercules-Outfit ,als Ungeheuer verkleidete Behinderte mit der Keule erschlug , hatten Tausende römische Bürger gesehen, die Umbenennung der Monatsnamen und die Umbenennung Roms in Colonia Commodiana erlebten zahlreiche Menschen.
 
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Dann sollte man sich die Lebensumstände beider Geschichtsschreiber betrachten. Herodian war ein Kind als Commodus herrschte und vermutlich noch syrischer Sklave oder Freigelassener. Cassius Dio dagegen war bereits 17-jährig als Commodus an die Macht kam und gehörte der politischen Oberklasse an. Das dürfte ihm, bei den intimeren Kenntnissen der Herrschaft des Commodus einen großen Vorsprung gewähren. Er kannte ihn vermutlich persönlich und erlebte das Ganze aus der Nähe. Auch Perennis dürfte er näher gekannt haben als Herodian.

Das ändert nichts daran, dass wir aus heutiger Sicht überhaupt nicht sagen können, wessen Beschreibung zutrifft, und wessen nicht. Alles andere ist nicht mehr als Spekulation. Es geht ja nicht darum, dass der eine etwas wusste, was der andere nicht wusste. Man kann davon ausgehen, dass beide über die Ereignisse gut informiert waren, und ihre jeweiligen Gründe hatten, sie so zu schildern, wie sie es letztlich taten. Herodions Glaubwürdigkeit herabzusetzen, weil er wenige Jahre jünger war, ist schlichtweg Unsinn.

Die beiden stellen die Person Perennis diametral entgegengesetzt dar. Ganz offensichtlich spielen hier politische Gründe eine Rolle.
Der eine, Dio, überhöht die Person Perennis ("der uneigennützigste und anspruchloseste Mann und auf nichts als die Sicherheit des Commodus und des Reiches bedacht") so sehr, dass es schon fast nach Ironie klingt, der andere, Herodion, beschreibt ihn als geldgierigen Schurken.
Angesichts der Position, die Perennis bekleidete, der Beseitigung seines Vorgängers und seines eigenen Schicksals erscheint die Version des Herodion deutlich glaubwürdiger. Aber selbstverständlich ist auch das nur Spekulation, sonst nichts.

Nachtrag:
Auffällig finde ich dagegen, dass bei Cassius Dio Cleander und Saoternus, beides Freigelassene, als unfähig und korrupt geschildert werden, wogegen der dem Senatorenstand angehörende Perennis natürlich der beste unter den Besten war.
Das würde allerdings der Aussage widersprechen, dass Commodus nur unfähigen Leuten die Regierung überließ.
 
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Eine schlechtes Urteil der Berichterstattung ist nicht Ursache und Grund der Damnatio Memoriae. Das war ein offizielles Urteil des Senats. Dem folgte dann natürlich eine schlechte Berichterstattung. Das Urteil über Commodus war vielleicht politisch zustande gekommen, aber es wurde nicht von der Berichterstattung gefällt, sondern war ein hochoffizieller Akt.

Und weil das so war, war die zeitgenössische Geschichtsschreibung eben nicht frei in der Beurteilung.

Umgekehrt war die Geschichtsschreibung nicht frei in Bezug auf Kaiser, deren Erinnerung hochgehalten werden sollte. Im stillen Kämmerlein mögen die Senatoren Augustus verflucht haben, offen war das nicht möglich. Wenn ein Kaiser keinen Wert auf seinen Vorgänger legte, oder es ihm egal war, konnte die Geschichtsschreibung loslegen und mit der Kritik vorgeben, frei zu sein. Und über den, über den der Senat die damnatio memoriae verhängt hatte, durfte man nicht gut reden. Aufgrund der mangelnden Quellenkritik perpetuierten sich dann die entsprechenden Bilder der Kaiser. "An den Adoptivkaisern war vor allem ihr Angedenken gut." Ich kann mich gerade nicht erinnern, von wem das stammt, aber es charakterisiert das Problem gut.

Das ist keine willkürliche Einordnung, das ist seit langem gut untersucht.

Die Autoren sprachen es selber an. Tacitus betonte, dass er den Flaviern seinen politischen Aufstieg verdankte, weswegen er ihnen nicht übel wolle, auf der anderen Seite sei er aber nach dem Tod des Domitian auch frei zu berichten. So ist dann auch sein "sine ira et studio" zu verstehen. Auch über Domitian war die damnatio memoriae verhängt worden. Also schreibt auch Tacitus über ihn wie erwartet - trotz seiner erwähnten Dankbarkeit.

Auch Nero verfiel der damnatio. Damit haben wir aber schon die drei offiziellen Monstren der Zeit, wenn wir die Severer als Grenze nehmen.

Unnötig zu sagen, dass über zu Göttern erhobene Kaiser gutes zu sagen war. Auch das ist zu relativieren. Und auch das ist lange bekannt.

Da in dieser Zeit der Nachfolger und der Senat die damnatio memoriae verhängten, ist dann wieder das Verhältnis zum Senat interessant: Haben die Senatoren den neuen Kaiser bedrängt, das Urteil aussprechen zu dürfen, oder war das Urteil, das sie sprachen aufgezwungen?

Bei Commodus weißt einiges darauf hin, dass er sich bei den Senatoren unbeliebt machte, weil er sich stärker auf die anderen Machtfaktoren stützte, zu denen das Volk Roms, das Militär und seid Claudius immer mächtiger geworden die kaiserlichen Freigelassenen und die Freunde des Kaisers zählten. Auch diese Gruppen sind nicht neu, sondern schon oftmals erwähnt. Die im Folgenden aufgestiegene Gruppe war die Provinzbevölkerung. Auch wenn schon Einzelne aufgestiegen waren, denken wir an Trajan und Seneca, war sie als solche noch eine verachtete Randgruppe, deren Mitglieder als Einzelne erst als Militärs, als Senatoren den entsprechenden Status bekamen. Und bekanntlich schrieben die Senatoren auch über sie schlecht. Ihre Mittel waren das Hüten der Tradition und die Römischen Sitten. Dementsprechend teilten sie gegenüber den genannten Gruppen aus, was auch altbekannt ist, und uns ein weiteres Mittel der Kritik an die Hand gibt.

Das Commodus alles "Schändliche, Anstößige und Grausame" in den acta diurna veröffentlicht haben soll, dürfte ein starker Hinweis darauf sein, dass es ganz und gar nicht so 'schändlich, anstößig und grausam' war.

Mitunter können wir aber nur nacherzählen. Oftmals sind die Anhaltspunkte nicht stark genug, um Wissen zu können. Da bleibt nur zu benennen, wo die Quellen wieso problematisch sind. Bei Commodus haben wir es ganz offiziell mit Geschichtsklitterung zu tun, da sein Angedenken verdammt wurde. Und daher dürfen wir hier nicht nur, sondern müssen danach suchen, wie er wirklich zu beurteilen ist.

Ich gebe hier ungern lange Leselisten, aber jetzt sei zumindest auf Dieter Flach, Römische Geschichtsschreibung, Darmstadt 1998 verwiesen. Bei ihm findet sich weitere Literatur. (Ursprünglich als Einführung in die Römische Geschichtsschreibung erschienen.)
 
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Auffällig finde ich dagegen, dass bei Cassius Dio Cleander und Saoternus, beides Freigelassene, als unfähig und korrupt geschildert werden, wogegen der dem Senatorenstand angehörende Perennis natürlich der beste unter den Besten war.
Das würde allerdings der Aussage widersprechen, dass Commodus nur unfähigen Leuten die Regierung überließ.
Nach dieser Logik könnte man umgekehrt sagen, Herodian war selbst Freigelassener weshalb er Perennis zum Monster machte. Woher stammt es, dass Perennis ein Senator war ? Bei Herodian finde ich nur, dass er italischer Herkunft war und Cassius Dio erwähnt den Stand des Perennis überhaupt nicht.
Es wäre auch eher unüblich, dass Senatoren den Prätorianerpräfekt stellten. Eine der Ausnahmen war Titus, der diesen Posten unter seinem Vater Vespasian inne hatte.
Nach Herodian stachelte Perennis den Kaiser gegen den Senat auf und ließ zahlreiche Senatoren beseitigen und bereicherte sich an deren Vermögen. Einen solchen Verräter an seinen Standesgenossen hätte ein Senator Cassius Dio wohl nicht im hellen Licht erscheinen lassen.
Es bleibt natürlich alles spekulativ, wenn sich zwei Überlieferungen an einer Stelle derart unterscheiden, wie bei der Beurteilung des Perennis. Wir werden es aber wahrscheinlich nicht herausfinden können, welcher Biograf hier der tatsächlichen Rolle des Präfekten am nächsten kommt. Im allgemeinen tendiert man dazu, in Herodian mehr einen Romanschriftsteller als einen Geschichtsschreiber zu sehen. Aber auch das ist Spekulation.

Ich wundere mich nur darüber, dass in diesem Thread von einigen Usern behauptet wird, dass Commodus ein viel fähigerer Kaiser gewesen sei, aber keine neuen Quellen benennen können sondern lediglich aus den bekannten Quellen einiges heraussuchen, was in dieses Bild passen könnte.

Man kann aber nicht ignorieren, dass keine der drei wichtigsten Quellen, bei allen Widersprüchen in Einzelheiten, in Commodus einen fähigen Kaiser sah.
 
Ich wundere mich nur darüber, dass in diesem Thread von einigen Usern behauptet wird, dass Commodus ein viel fähigerer Kaiser gewesen sei.

Wo liest du das denn heraus? Ich lese hier nur, dass die Quellen angezweifelt werden, dass es also sein könnte, dass Commodus von den gängigen Autoren falsch beschrieben wurde.
 
Ja ja, dass er falsch beschrieben wurde steht fest. Nur ist fraglich, wie falsch er beschrieben wurde.

Eine überragende Gestalt war er sicher nicht. Aber ein Monster wohl auch nicht.

Ich habe ja einige Punkte dargestellt, ohne die eine Quellenkritik nicht wirklich gegeben ist. Über Freigelassenen wird eigentlich immer gemeckert. Wenn über Freigelassenen also gemeckert wird, ist zu fragen, ob es Anhaltspunkte gibt, dass es Ausnahmsweise wahr ist. Wenn nicht, sind die Nachrichten unglaubwürdig. U.s.w.
 
Eine schlechtes Urteil der Berichterstattung ist nicht Ursache und Grund der Damnatio Memoriae. Das war ein offizielles Urteil des Senats. Dem folgte dann natürlich eine schlechte Berichterstattung. Das Urteil über Commodus war vielleicht politisch zustande gekommen, aber es wurde nicht von der Berichterstattung gefällt, sondern war ein hochoffizieller Akt.

Und weil das so war, war die zeitgenössische Geschichtsschreibung eben nicht frei in der Beurteilung.

Umgekehrt war die Geschichtsschreibung nicht frei in Bezug auf Kaiser, deren Erinnerung hochgehalten werden sollte. Im stillen Kämmerlein mögen die Senatoren Augustus verflucht haben, offen war das nicht möglich. Wenn ein Kaiser keinen Wert auf seinen Vorgänger legte, oder es ihm egal war, konnte die Geschichtsschreibung loslegen und mit der Kritik vorgeben, frei zu sein. Und über den, über den der Senat die damnatio memoriae verhängt hatte, durfte man nicht gut reden. Aufgrund der mangelnden Quellenkritik perpetuierten sich dann die entsprechenden Bilder der Kaiser.
So einfach ist das eben nicht.
Ich hatte es bereits geschrieben: Commodus wurde unter Septimius Severus rehabilitiert und sogar vergöttlicht. Zur Zeit, als Cassius Dio negativ über ihn schrieb, gehörte Commodus offiziell also zu den "Guten"!
Zum vergöttlichten Augustus hat bereits El Quijote darauf hingewiesen, dass Tacitus keineswegs so positiv über ihn schrieb.

Auch Nero verfiel der damnatio.
Otho und Vitellius rehabilitierten ihn allerdings.

Da in dieser Zeit der Nachfolger und der Senat die damnatio memoriae verhängten, ist dann wieder das Verhältnis zum Senat interessant: Haben die Senatoren den neuen Kaiser bedrängt, das Urteil aussprechen zu dürfen, oder war das Urteil, das sie sprachen aufgezwungen?
Im Fall von Hadrian wollte der Senat ihm zumindest die Vergöttlichung verweigern, Antoninus Pius setzte sie aber dann doch durch.

Auffällig finde ich dagegen, dass bei Cassius Dio Cleander und Saoternus, beides Freigelassene, als unfähig und korrupt geschildert werden, wogegen der dem Senatorenstand angehörende Perennis natürlich der beste unter den Besten war.
Nicht übertreiben: Cassius Dio lastet Perennis zumindest die Schuld am Tod seines Vorgängers/Kollegen Paternus an.
Wie Galeotto ist auch mir nicht bekannt, dass er dem Senatorenstand angehört hätte.
 
Wo liest du das denn heraus? Ich lese hier nur, dass die Quellen angezweifelt werden, dass es also sein könnte, dass Commodus von den gängigen Autoren falsch beschrieben wurde.
Zum Beispiel im Beitrag 22 schreibt Acricola: " Wobei Commodus ein besserer Kaiser war, als er dargestellt wurde und immer noch wird. "
oder jetzt im Beitrag 55 schreibt Riothamus:" Ja ja, dass er falsch beschrieben wurde steht fest. Nur ist fraglich, wie falsch er beschrieben wurde." Wieso steht das fest ?
 
Mir kommt Commodus so vor, wie der im 14. Jhdt. regierende kastilische König Peter der Grausame bzw. Gerechte. An den beiden Beinamen erkennt man schon die unterschiedliche Rezeption. Die bürgerliche Tradition nannte ihn den Gerechten, die adelige den Grausamen. Wie kommt es zu dieser so unterschiedlichen Auffassung? Peter förderte die Städte und beschränkte die Macht des Adels. Commodus versuchte seine Staatskassen auf Kosten der Patrizier zu füllen und dabei die Plebejer zu entlasten und zu vergnügen. Insofern kann man schon verstehen, dass Commodus von denen, welche die die Mittel hatten ihre Meinung zu publizieren, in ein schlechtes Licht gerückt wurde.
 
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