Afrikafeldzug und die Ausgangssituation Italiens - Sept40/Feb41

Einen weiteren Aspekt des Griechenland-Engagements möchte ich einführen.

Russel Grenfell kritisiert Winston Churchill sehr scharf in seinem Buch "Das Ende einer Epoche" (Tübingen 1955) für dessen Hilfe für Griechenland. Grenfell sieht jedoch keine Entscheidung "Nordafrika - Griechenland", sondern "Malaya - Griechenland". Während Malaya und Singapur von britischen Truppen weitgehend verlassen war, wurden britische Ressourcen nach Griechenland verschoben. In Griechenland gingen 209 britische Flugzeuge (hauptsächlich Jagdflugzeuge) verloren. Als dann die Japaner Ende 1941 die britischen Kolonien in Fernost angriffen, standen dort gerade mal 141 (überwiegend veraltete) Kampfflugzeuge zur Verteidigung bereit. Die Kritik britischer Militärs am Griechenlandengagement 1941 sind so einfach nicht von der Hand zu weisen.
 
Aber die britischen Probleme waren nichts gegen die der Italiener, und die Deutschen waren noch weit entfernt: "Die Einschiffung der 5. Le.Div. konnte nicht vor dem 20. März beginnen und die der 15. Pz.Div. nicht vor Mai" (Cartier, Der Zweite Weltkrieg, Bd. 1, S. 298).

Wahrscheinlich meint er die Abschlußtermine: komplette Versammlung der 5. leichten Division Mitte März. Bereits am 16.2. befand sich nämlich ein deutscher Sperrverband auf dem Weg nach Syrte, die ersten Gefechte mit britischen Truppen fanden am 20.2. statt. Mit der 8. Transportstaffel am 5.3.1941 waren mit 35 Frachtern rd. 13000 Mann, 4100 Fahrzeuge und 105.000 to. Material nach Tripolis verbracht worden. Für die 15. PD wurden 5 Wochen ab Anfang April veranschlagt.

Kriegstagebuch der Seekriegsleitung, 5. März 1941: Aus Libyen werden die vordersten britischen Truppen 7 km südöstlich von El Agheila gemeldet. Die Landenge 29 km westlich ist durch deutsche Truppen mit unterstellten italienischen Einheiten gesperrt.

Die britischen Verbände trafen wie folgt ein:
Zwischen dem 7. und 31.3.1941 das I. neuseeländische Korps bei Piräus und Solos (6. australische, 2. neuseeländische Division, eine Panzerbrigade). Die Brigade wird westlich Saloniki vorgeschoben, die 2. neuseeländische Division nördlich des Olymp, die 6. austral. Division sperrte die Enge des Aliakmon-Tales bis zum Vermion-Gebirge. Die 6. australische D. hatte man nach Beda Fromm abgezogen, da sie bereits über Kampferfahrung verfügte. Sie wurde durch die gerade aufgestellte 9. australische D. bei Tobruk ersetzt.

Zur späten Realisation der Stationierung muß berücksichtigt werden, dass Griechenland noch Anfang März mit Deklarationen versuchte, das Deutsche Reich vom Einmarsch abzuhalten. Stellungnahmen: "britische Truppen nur auf Kreta". Die Verschiebungen waren aber bereits eingeleitet. Parallel übte die SU massiven Druck auf Bulgarien wegen der Gefahr eines deutschen Durchmarsches aus.
 
silesia schrieb:
zunächst und das Wichtigste: die Türkei von der Achse fernzuhalten. Stichwort: Chrom - außerordentlich wichtig für den absehbar längeren Krieg.

Und das war gar nicht so einfach, denn die türkische Neutralität gegenüber dem Deutschen Reich war doch zumindest sehr wohlwollend. Die folgenden Beispiele sollen das verdeutlichen.

Inönü hat Hitler schon im Vorfeld des deutschen Eingreifens auf dem Balkan zugesichert, das kein Gefahr von der Türkei drohen werde. Und der stellvertretende türkische Generalstabschef Gündüz signalisierte ebenfalls, das die Türkei "ruhig" bleiben werde, wenn ihr keine Gefahr drohe.Hitler konnte sich also der turkischen Zurückhaltung relativ sicher sein.

Interessant ist, als Atnonescu den Türken ankündigte, kein Petroleum mehr zu liefern, da er nicht beabsichte Großbritannien zu versorgen, antwortete der türkische Gesandte, das die Türkei auch nicht eingreifen würde, wenn die Wehrmacht durch Bulgarien marschiert. (1)Das war natürlich für die Bulgaren von Bedeutung, da die sich ja in dieser Hinsicht so gewissen Sorgen gemacht haben.

(1)Krecker, Deutschland und die Türkei im Zweiten Weltkrieg, S.134, Frankfurt 1964
 
jschmidt schrieb:
Nichtsdestotrotz hat es ja seit dem Sommer 1940 Vorschläge gegeben, sowohl seitens des Heeres (Halder, Jodl) als auch der Marine (Raeder) und sogar Görings, ihm eine "vernünftige" Strategie gerade auch im Mittelmeerraum einzugeben. Die hätte ja auch den Vorteil gehabt, Italien tatsächlich militärisch einzubinden, und obendrein rechnete man sich gewisse Chancen in Bezug auf Spanien und Vichy-Frankreich aus.

Ich habe ja schon eine Andeutung in diese Richtung gemacht:

Turgot schrieb:
Hitler hätte sich entweder sinnvollerweise für die Mittelmeerstrategie unter Einbindung Japans und möglicherweise der UDSSR oder "nur" für den Feldzug gegen die Sowjetunion entscheiden sollen ja müssen, aber eben nicht auf beide Kriegsschauplätze auf einmal parallel , zumal Großbritannien als Kriegsgegner ja noch gar nicht besiegt worden war.

Briten und Franzosen haben während des Bürgerkriegs versucht, die demokratische Regierung in Madrid zu versucht zu erhalten. Die Franzosen haben die Republik auch militärisch unterstützt, was Franco sicher nicht vergessen haben dürfte. Vor dem Kriegsaubruch haben die Franzosen von Franco verlangt, das sie eine Neutralitätsgarantie für den Fall eines europäischen Krieges abgeben sollen. Das kam bei Frnaco nicht wirklich gut an und er hat das französische Ansinnen glatt abgelehnt. Die französischen-spanischen Beziehungen vor Ausbruch des Krieges waren alles andere als entspannt.

Die Chancen, das Franco auf Seiten der Achse einschließlich Vichy-Frankreichs in den Krieg eintrat, waren doch sehr gering, zu groß waren schon allein die Interessengegensätze zu den Franzosen. Entsprechend hoch schraubte Franco seine Forderungen, die unbedingt für ein Kriegseintritt Spaniens erfüllt sein müssten. Aber Spanien hat Eisenerze und Schwefelkies an das Deutsche Reich geliefert und zwar in deutlich größeren Mengen, als an Großbritannien.
 
Ihr dürft in diesem Zusammenhang Ostafrika nicht vergessen. Wesentlich realer als Spanien und die Türkei;)
Dort hatten die Italiener 1940 fast 300.000 Mann stehen.
U-Boot-Basen, Luftwaffe alles da.

Aber nicht zuletzt einen Gegner der keine Gefangenen machte, und bevorzugt Zivilisten massakrierte.
 
Ihr dürft in diesem Zusammenhang Ostafrika nicht vergessen.
Ich denke, dass silesia seine Themenstellung bewußt so eingegrenzt hat, dass Ostafrika herausfällt, zumal ein direkter Einfluss zum Geschehen an der Mittelmeerküste nicht bestand.

Der Abessinienkrieg wäre allerdings - mitsamt der Vorgeschichte (vor 1900) - eine eigene Diskussion wert, speziell auch im Hinblick auf die Art der Kriegführung dort!
 
Ich denke, dass silesia seine Themenstellung bewußt so eingegrenzt hat, dass Ostafrika herausfällt, zumal ein direkter Einfluss zum Geschehen an der Mittelmeerküste nicht bestand.

Der Abessinienkrieg wäre allerdings - mitsamt der Vorgeschichte (vor 1900) - eine eigene Diskussion wert, speziell auch im Hinblick auf die Art der Kriegführung dort!


Meines Wissens doch, die dort freiwerdenden britischen Truppen wurden umgehend in Lybien eingesetzt. Und umgekehrt.

Rommels sofortiger Angriff hatte ja nur deshlab den durchschlagenden Erfolg, weil die britischen Kampftruppen aus Lybien nach Somalia und Eritrea verlegt worden waren.
Es war an Zahl eine gewaltige Streitmacht die die Italiener dort hatten.
 
Rommels sofortiger Angriff hatte ja nur deshlab den durchschlagenden Erfolg, weil die britischen Kampftruppen aus Lybien nach Somalia und Eritrea verlegt worden waren.

Verlegt wurde aus der Cyrenaika die kampfkräftige und motorisierte 4. indische Division, die dann auch eine wichtige Rolle spielte, siehe oben. Weiterhin hatte Großbritannien "afrikanische" Divisionen aufgestellt. Dazu kam die 1. südafrikanische Division, beide sind später wieder in Nordafrika gegen Rommel eingesetzt worden. Zusätzlich trat die 5. indische Division auf.
East African Campaign (World War II) - Wikipedia, the free encyclopedia

Fast parallel zum Ägypten-Feldzug sind die italienischen Truppen dort auch als erste aktiv geworden, Sommer 1940.

Der Kriegsschauplatz band damit in dem Zeitraum erhebliche britische Kräfte, die insgesamt eben zu gering waren, wenn die Erfordernisse des Balkans, des Mittleren Ostens und von Malaya (siehe Beitrag von flavius-sterius) betrachtet werden.


Nachtrag: war Eden nicht zur Jahreswende 1940/41 in der Türkei, um die materielle Unterstützung und die Entsendung von Truppen zu besprechen?
 
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silesia schrieb:
Nachtrag: war Eden nicht zur Jahreswende 1940/41 in der Türkei, um die materielle Unterstützung und die Entsendung von Truppen zu besprechen?

Eden war Ende Februar 41 in Ankara und führte dort Gespräche mit Inönü, Saydam, Saracoglu und General Cakmak. Churchill bezeichnete das Ergebnis der Gespräche nicht als sehr ermutigend.

Die Türken haben auf die Defizite in der Ausrüstung der türkischen Armee hingewiesen und das es der gemeinsamen Sache dienlicher sei, wenn die Türkei sich aus dem Krieg heraushielt, zumindest bis zu dem Zeitpunkt, wo das Gewicht der Türkei eine entsprechende große Wirkung erzielen könne. Auch wurden die türkischen Befürchtungen, nämlich das die Sowjetunion während einer Auseinandersetzung zwischen der Türkei und dem Deutschen Reich gegen die Türkei vorgehen könnte, vorgestellt.
 
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Nachtrag: war Eden nicht zur Jahreswende 1940/41 in der Türkei, um die materielle Unterstützung und die Entsendung von Truppen zu besprechen?
Turgot war schon wieder schneller...
Hier wenigstens zwei Quellen: Krecker: Deutschland und die Türkei ... - Google Buchsuche und The Politics of Turkish Democracy ... - Google Buchsuche). Der deutsche Botschafter Franz von Papen soll durch seinen sehr guten Kontakt zu Staatspräsident Inönü mit dazu beigetragen haben, dass die britischen Avancen zu nichts führten.
 
Turgot war schon wieder schneller...
Hier wenigstens zwei Quellen: Krecker: Deutschland und die Türkei ... - Google Buchsuche und The Politics of Turkish Democracy ... - Google Buchsuche). Der deutsche Botschafter Franz von Papen soll durch seinen sehr guten Kontakt zu Staatspräsident Inönü mit dazu beigetragen haben, dass die britischen Avancen zu nichts führten.


Krecker ist auch die von mir verwendete Quelle. Hätte ich sinnvoller Weise dazuschreiben müssen.
 
Ein Blick auf die Entwicklung des Seekriegs im Mittelmeer in dieser Phase, der für die Vorgänge in Nordafrika bedeutsam war:

- die italienische Marine verlor fast 100 Handelsschiffe bei den Versorgungsfahrten nach Libyen

- 9.Juli 1940: abgebrochene Seeschlacht bei Punta Stilo mit Beschädigung der "Giulio Cesare"
Seeschlacht bei Punta Stilo ? Wikipedia

- 11. November 1940: Angriff auf Tarent mit Beschädigung der "Caio Duilio" und der "Littorio", Versenkung der "Conte di Cavour"
Angriff auf Tarent ? Wikipedia

- 6. Februar 1941: Beschießung von Genua durch HMS Renown und HMS Malaya, wobei die moralische Wirkung sicher die materielle noch überstieg.
HMS Renown (1916) ? Wikipedia

- 28. März 1941: Seeschlacht bei Kap Matapan, Beschädigung der "Vittorio Veneto" und Versenkung von 3 Schweren Kreuzern.
Schlacht bei Kap Matapan ? Wikipedia


Die Royal Navy ging diesen Seekrieg mit großem Einsatz an, was ein Faktor für die Ereignisse darstellt. Sie war darüber hinaus gut informiert, mindestens die Seelschlacht bei Kap Matapan geht - neben Irrtümern der Achsenmächte - auf ULTRA zurück. Dazu ein Zitat:
""Die Navy braucht drei Jahre um ein neues Kriegsschiff zu bauen, aber sie würde 300 Jahre brauchen, um eine neue Marinetradition zu schaffen." Admiral Sir Andrew Cunningham, Oberbefehlshaber der britischen Mittelmeerflotte im Mai 1941 zu seinem Stab

Dazu die Ölprobleme der Regia Marina Italiana:
http://www.regiamarina.net/others/fuel/fuel_us.htm
 
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silesia schrieb:
Ein Blick auf die Entwicklung des Seekriegs im Mittelmeer in dieser Phase, der für die Vorgänge in Nordafrika bedeutsam war:

- die italienische Marine verlor fast 100 Handelsschiffe bei den Versorgungsfahrten nach Libyen

- 9.Juli 1940: abgebrochene Seeschlacht bei Punta Stilo mit Beschädigung der "Giulio Cesare"
Seeschlacht bei Punta Stilo ? Wikipedia

Die Kriegsmarine war ja zügig bemüht ihren Einfluss, obwohl die Italiener die stärkeren Kräfte stellten, durchzusetzen, dass sie quasi den deutschen Oberbefehl verlangte. Dabei übersah man geflissentlich, dass das Mittelmeer, auch gemäß einer Vereinbarung zwischen den beiden Marinen, italienisches Operationsgebiet war.

Aber bereits vor dem italienischen Kriegseintriit haben die Militärs eindringlich vor den Folgen gewarnt. Graziani hat Mussolini noch vor dem Kriegseintritt Italiens unmissverständlich daraufhingewiesen, dass die italienischen Mittel selbst bei einem Zusammenbruch Frankreich nicht für Aktionen taugen. (1) Des Weiteren erlaubte sich Graziani den Hinweis, dass eine Offensive aus Äthiopien oder Libyen gegen Ägypten abzulehnen sei. Der Oberbefehlshaber hat ganz offenkundig so seine berechtigten Zweifel, wie der spätere Verlauf der Ereignisse zeigen sollte, hinsichtlich Mussolinis Äußerung, in Afrika in der Defensive zu bleiben, gehabt.

Pricolo, der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, hat seinen Duce ebenfalls über die sehr beschränkten Möglichkeiten der italienischen Luftwaffe aufgeklärt. Ebenfalls hat Cavagnaris Mussolini in einem Memo sich warnend über die Risikien einen Kriegseintritts geäußert. (1) Ein großes Problem der italienischen Marine war das fehlende Öl.

Mussolini hat sich anscheinend auch nicht an den Ratschlägen seiner Generäle gehalten.

(1) Schreiber,Revionismus und Weltmachtstreben, S.263ff, Stuttgart 1978
 
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Pricolo, der Oberbefehlshaber der Luftwaffe, hat seinen Duce ebenfalls über die sehr beschränkten Möglichkeiten der italienischen Luftwaffe aufgeklärt. Ebenfalls hat Cavagnaris Mussolini in einem Memo sich warnend über die Risikien einen Kriegseintritts geäußert. (1) Ein großes Problem der italienischen Marine war das fehlende Öl.

Mussolini hat sich anscheinend auch nicht an den Ratschlägen seiner Generäle gehalten.

(1) Schreiber,Revionismus und Weltmachtstreben, S.263ff, Stuttgart 1978


Das ist alles richtig, und muss eben auch gesehen werden. Des Duce Anspruch und die Wirklichkeit lagen schon sehr weit auseinander.

Was man aber auch beachten sollte, auf manchen Gebieten hatten die Italiener durchaus beachtenswerte Leistungen vollbracht.

Aus Wiki:
Der Einsatz von Kleinkampfmitteln und Kampfschwimmern hat in der italienischen Marine eine lange Tradition (die Marinetaucherschule entstand in Genua am 24. Juli 1849). Im Zweiten Weltkrieg operierten die Spezialeinheiten der Marine unter dem Decknamen Xª Flottiglia MAS (10. Schnellbootflottille). Von Juni 1940 bis September 1943 war dieser Verband für die Versenkung oder die schwere Beschädigung von militärische Schiffseinheiten im Umfang von 72.190 Tonnen verantwortlich. Dazu kamen 130.572 Tonnen an zivilem Schiffsraum. Unter den Opfern italienischer Kampfschwimmer befanden sich die britischen Schlachtschiffe HMS Queen Elizabeth und HMS Valiant, der schwere Kreuzer HMS York, die Zerstörer HMS Jervis und HMS Eridge, sowie über 20 Handelsschiffe. Die beiden o.g. Schlachtschiffe waren u.a. das Ziel eines Einsatzes, der im Dezember 1941 von Luigi Durand de la Penne und fünf weiteren Kampfschwimmern als Torpedoreiter im Hafen von Alexandria durchgeführt wurde. Weitere Einsätze dieser oder ähnlicher Art gab es in Malta (hier fand am 27. Juli 1941 der Kampfschwimmer und Marineoffizier Teseo Tesei den Tod), in Gibraltar ("Gamma"-Spezialeinheit vom Tanker Olterra in Algeciras aus) und in Kreta (HMS York).
Insbesondere der Einsatz in Alexandria hätte für das Mittelmeer durchaus eine ähnliche Bedeutung wie umgekehrt Tarent haben können. Die tragweite der Beschädigungen der beiden Schlachtschiffe wurden aber wohl nicht erkannt, da sie auf flachem Kiel sanken.
 
Die Tragweite der Beschädigungen der beiden Schlachtschiffe wurden aber wohl nicht erkannt, da sie auf flachem Kiel sanken.

Ein katastrophaler Monat für die britischen Großkampfschiffe. Dazu die Versenkung der PoW und der Repulse vor Malaya. Daher doch auch die Abstellung der US-Schlachtschiffe, zumal man außerdem auf den Ausbruch von Scharnhorst und Gneisenau aus Brest wartete und diesen auch für den Atlantik nicht ausschließen konnte.
 
Wobei am 25.11.1941 - wenige Tage vor diesem Dezember - "HMS Barham" durch Torpedos der "U 331" versenkt worden war. Und das wurde der britischen Bevölkerung im Dezember 1941 noch verheimlicht. Der Verlust der HMS "Ark Royal" am 12.11.1941 durch U 81 wog noch schwerer. Für die Royal Navy war das eine schwierige Phase.

Ende März beziehungsweise Anfang April 1942 wurde dies wieder ausgeglichen, als die britische Ostflotte mit 5 Schlachtschiffen im Indischen Ozean mit einigem Glück der Vernichtung durch die Japaner entging.
 
Zuletzt bearbeitet:
Ein Nachtrag zu den Transportverlusten.
Diese nahmen schnell kritische Ausmaße an, und bestimmten von Beginn an der Verlauf des Feldzuges in Nordafrika (Verlust an Kapazitäten, aber auch an transportiertem Material):

Italienische Verluste, Juni-Dezember 1940: 74 Schiffe, 166.040 BRT
Achsenverluste, Januar-Mai 1941: 115 Schiffe, 251.916 BRT (davon 104 italienische)
Achsenverluste, Juni-September 1941: 101 Schiffe, 270.452 BRT (davon 96 italiensiche)
Achsenverluste, Oktober-Dezember 1941: 81 Schiffe, 185.796 BRT (davon 78 italienische)


Roskill, The War at Sea 1939-1945, HMSO, Band 1, diverse Tabellen.
 
Eine Reaktivierung (da gerade ein Gast im Thema liest):


Der Sperrverband für Afrika hatte ursprünglich die Funktion, die britische Besetzung von Tripolitanien zu verhindern. Unter dem Kommandeur Rommel bekam die Verstärkung allerdings rasch - statt offensiv-beweglicher Verteidigung - eine Vorwärtsstrategie. Rommel plante die Rückeroberung der Cyrenaika, kaum dass er schwache deutsche Verbände versammelt hatte.

Diese Planungen beobachtete das Oberkommando des Heeres unter dem Generalstabschef Halder mit großer Sorge, ausweislich seines Kriegstagebuches. Die operativ geschulten Generalstäbler erkannten - selbstredend -, dass die Versorgungsfrage für einen Vorstoß Rommels der entscheidende Faktor werden würde. Hinzu kamen zwei Aspekte: die schweren Transportverluste, denen nur mit kräftiger Unterstützung der Luftwaffe abzuhelfen war sowie die im OKH natürlich bekannte Planung BARBAROSSA mit dem "eingeschobenen" Griechenland-Feldzug, die eine nachhaltige und durchgängige Luft-/Landunterstützung Rommels für das Frühjahr 1941 ausschließen mußten.

Rommel griff dennoch an, und schob seine zT schwachen Verbände gegen die überraschte britische Seite in die Cyrenaika vor. Die Propaganda-Fanfaren ertönten. Der erste "feste Platz", Tobruk, erwies dann die Beurteilung des OKH als zutreffend. Dort stand die 9. australische Division, zwar unerfahren, aber mit unterstellten 4 Regimentern stärker als Rommels Afrika-Truppen. Tobruk erwies sich als Pfahl im Fleisch. Die mit unzureichenden Mitteln unternommenen Angriffe auf die Festung schlugen nicht durch, zumal die Royal Navy von März bis November 1941 die Seeversorgung sicherstellen konnte (in dem Zuge wurde sogar später die in der Festung befindliche 9. austr. Division ausgetauscht und abgelöst!).

Der Verlauf des Jahres 1941 zeigte dann die Problematik des Vormarsches: den Briten gelang es, sukzessive Verstärkungen nach Nordafrika zu überführen und schließlich, zur Offensive überzugehen. Die Transportverluste stiegen in katastrophale Höhen, da die Luftwaffe in Rußland gebunden war. Das wiederum führte im November 1941 zum Abzug bedeutender Luftwaffenstreitkräfte von der Ostfront. Die Luftwaffe erwies sich erstmals als überfordert im 4-Fronten-Krieg (Kanalküste, Nordmeer, Ostfront, Mittelmeer).

Ein weiterer Effekt, wenig beachtet, aber zum Beispiel aus den SD-Sicherheitsmeldungen aus dem Reich ablesbar: der Kriegsschauplatz Nordafrika, an sich ein Neben-Kriegsschauplatz, entwickelte politisch-propagandistisches Gewicht (ganz prägnant ein extremes Beispiel aus späterer Zeit: die Nordafrika-Landungen im November 1942 und El Alamein beschäftigten zunächst die Bevölkerung in höherem Maße als die Vorgänge um Stalingrad). Dieser politisch-propagandistische Faktor bestimmte schließlich auch militärische Entscheidungen und entschied über Schwerpunktbildungen der unzureichenden militärischen Kapazitäten. Nach den Siegesmeldungen vom Frühjahr 1941 und der Popularität konnte man sich offenbar temporäre Rückschläge nicht leisten.
 
Afrikafeldzug und die Ausgangssituation Italiens

Durch Zufall bin ich mal wieder auf den Beginn des Afrikafeldzuges gestolpert und verstehe so einiges bei den Italienern nicht. Hier der Ablauf wie ich die wichtigsten Punkte sehe:
1911-1912 Italien erobert Libyen vom Osmanischen Reich
bis 1931 Italien bekämpft den Widerstand und hat teilweise nur Kontrolle über den Küstenstreifen, 100000 Italiener ziehen ins Land
1934 Libyen wird zur Kolonie erklärt
Bis 1935 Einigung mit den Briten (Ägypten) und Franzosen über die Grenzen
1935-1936 Eroberung Äthiopiens
bis 1940 Ausbau der Infrastruktur (Straßen, Eisenbahn usw.) nach den Vorgaben für die italienischen Siedler
1939-1940 Aufstellung der ersten Truppenverbände mit Einheimischen (Arabern)
10.6.1940 Kriegserklärung Italiens an Frankreich und Großbritannien

Wie war nun die Situation in Nordafrika am 10.6.1940?

Die Italiener hatten zwei Armeen mit etwa 250.000 Mann in Libyen und etwa dieselbe Stärke in Ostafrika. Die Ausrüstung war nicht ausreichend, die Bewaffnung zu leicht und die Transportmöglichkeiten unzureichend.

Im Westen ergaben sich keine größeren Kämpfe, da der Zusammenbruch Frankreichs (22. bzw. 25. Juni) schnell erfolgte. Im Osten konnten die insgesamt etwa 36000 Mann unter britischem Befehl leichte Vorteile bei den Grenzgefechten erzielen.

Am 28. Juni verloren die Italiener ihren Oberkommandierenden Balbo, die Nachfolger setzten den Angriffsbefehl von Mussolini für den 8. August erst am 9. September um.
Nach nur einer Woche wurde die Offensive aufgegeben, die Ziele wurden nur bruchstückhaft erreicht.

Für mich ist die Kernfrage, warum waren die italienischen Kräfte so dermaßen schlecht ausgestattet? Es geht ja nicht nur um einen Angriffsbefehl an eine nicht fertige Truppe (vgl. das Fiasko in den französischen Alpen), es geht um eine längerfristig aufgestellte große Steitmacht.
Selbst mit den geringen industriellen Ressourcen hätten die libyschen Armeen doch besser trainiert und besser aufgestellt sein müssen. Während des Vormarschs wurden wenigstens 600 Maultiere gefordert, nachdem alle anderen Anforderungen schon erfolglos blieben.
 
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Für mich ist die Kernfrage, warum waren die italienischen Kräfte so dermaßen schlecht ausgestattet? Es geht ja nicht nur um einen Angriffsbefehl an eine nicht fertige Truppe (vgl. das Fiasko in den französischen Alpen), es geht um eine längerfristig aufgestellte große Steitmacht.
Selbst mit den geringen industriellen Ressourcen hätten die libyschen Armeen doch besser trainiert und besser aufgestellt sein müssen. Während des Vormarschs wurden wenigstens 600 Maultiere gefordert, nachdem alle anderen Anforderungen schon erfolglos blieben.

Die Italienische Armee war nicht sooo schlecht ausgestattet, hatte jedoch ein Großteil ihrer Ressourcen im Äthiopienkrieg und im Spanischen Bürgerkrieg verpulvert. Nach 1939 fehlten vor allem die Finanzmittel um das verschlissenen und verlorene Material zu ersetzen. In Spanien verwendete man modernes, eigen entworfenes und gebautes Material, in Nordafrika Österreichisch-Ungarisches Beutematerial aus dem 1 WK.

Die Moral war zudem sehr unterschiedlich. Neben einiger hochmotivierten und gut trainierten Eliteeinheiten war die Masse unlustig und schlecht ausgebildet.
 
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