Alltag auf hoher See

Die Frage des Zopfes und damit der Perücke, denn das waren wohl viele dieser Zöpfe, war wohl eher eine Modeerscheinung. Im Gefolge der französischen Revolution fielen die Zöpfe eben. Danton und Marat kennt man mit offenem Haar. Napoleon kann man sich mit Perücke kaum vorstellen, obwohl er in jungen Jahren sicher eine getragen hat. Robbespierre trug sie auch bis zuletzt. Aber 20 Jahre später war diese Haarmode auch in konservativsten Kreisen einfach passee. Mode ist eben immer auch Ausdruck des Zeitgeistes und der hatte die Natur und die Natürlichkeit Ende des 18. Jahrhunderts längst entdeckt (Rousseau).
Es ist schwer zu sagen wer von denen Perücke trug. Ich kenne beispielsweise kein Bild, was nahelegt, dass Bonaparte eine Perücke getragen habe. Auf den frühen Bildern bin um 1800 erkennt man, dass er die modische Frisur hatte, welche auch das Reglement für Soldaten schon um 1790 vorschrieb: oben kurze Haare, an den Seiten längere und hinten einen nicht allzu langen Zopf.

Bis auf die Engländer ist mir kein Volk bekannt, was im 18.Jh. rigeros die eigenen Haare abgeschnitten hätte und stattdessen Perücken getragen hätte. Wobei ich auch in dieser Hinsicht nur von den wohlhabenden Herren sprechen möchte.

Die Unterschicht hatte gerade auf dem Land oftmals keine Zöpfe, sondern etwa schulterlanges Haar, was ungebunden herabfiel. Bei Darstellungen von Handwerksmeistern aus zwei Reichsstädten ist mir aufgefallen, dass es bei denen wohl sowohl Perücken als auch die Mode mit den offenen Haaren gab.
In manchen Büchern findet man die Erwähnung, dass mit der Aufklärung Perücken aus der Mode gekommen seien und man eher seine eigenen Haare frisierte. Eine Wachsbüste des Kaisers Leopold II., der offenbar eine ziemliche Glatze hatte und seine wenigen restlichen Haare zu einem Zopf zusammenbinden ließ, deutet zumindest auf diese Tendenz hin.
Es gibt allerdings einige Frisuren, die offenbar ohne Perücke kaum zu machen waren. So scheint es, dass zumindest Honorationen, Beamte, Ratsmitglieder, Professoren und Geistliche häufig bei ihren aufwändigeren Frisuren auf Perücken zurückgriffen. In Kotzebues "Die deutschen Kleinstädter"(1803) kommt dies zum Ausdruck, als der karikiert dargestellte Bürgermeister Sabinchen schickt, seine Perücke zu holen, da er auf das Rathaus ginge (1. Akt, 6. Szene). Dazu muss man anmerken, dass zwar 1803 Zöpfe durchaus noch topmodisch waren, aber Perücken wohl nichtmehr.

Zum Militär und Zöpfen ist mir einiges bekannt. Generell muss man davon ausgehen, dass natürlich keine Armee der Welt darauf gekommen wäre, seine Soldaten komplett mit Perücken auszustatten. Es gab zwar auch schon billige Modelle, ich habe so Preise um die 1-2 Taler im Hinterkopf, aber das war sicher nicht ausschlaggebend. In den Armeen Frankreichs und Österreichs fand ich bereits explizite Anordnungen, welche anbefahlen wie die Haare der Soldaten geschnitten werden sollten. Die Franzosen hielten bis 1803 an den Zöpfen fest und lagen damit ziemlich im Trend, wobei daraufhin offenbar nicht so streng Zöpfe verboten wurden, zumal es auch weiterhin große Ausnahmen wie bei der Alten Garde gab. Die Haarmode scheint auch vom Geschmack des Regimentschefs danach noch abgehangen zu haben.

Zu den Matrosen weiß ich leider nicht viel, würde aber sagen, dass sie einfach mit ihren Zöpfen der zeitgenössischen Mode entsprachen. Mir scheint auch von Bildern her nie der Eindruck entstanden zu sein, dass sie besonders lange daran festhielten. In England wie in Frankreich wurden Zöpfe und Haarpuder von konservativeren Herren noch nach 1810 getragen.
Auch Jane Austen erwähnt Haarpuder, wenn auch etwas satirisch Sir Walter in den Mund gelegt:
"One day last spring, in town, I was in company with two men, striking instances of what I am talking of; Lord St Ives, whose father we all know to have been a country curate, without bread to eat; I was to give place to Lord St Ives, and a certain Admiral Baldwin, the most deplorable-looking personage you can imagine; his face the colour of mahogany, rough and rugged to the last degree; all lines and wrinkles, nine grey hairs of a side, and nothing but a dab of powder at top."
*

Die Bedeutung der Zöpfe kann ich mir nur in dem Kontext vorstellen, dass man eben auffiel wenn man keinen Zopf hatte. In Krankenstationen wurden wegen Ungeziefer und ähnlichen Gründen ja die Haare kurz geschnitten. Von daher würde sich vielleicht erklären wieso man ohne Zopf wie ein Aussätziger gewirkt haben könnte.
Wobei es im 18.Jh. durchaus auch falsche Zöpfe, also ohne komplette Perücke gab. Ich habe gerade keine Abbildung zur Hand, erinnere mich aber an einen Stich mit einem Perückenhändler, der auch neben diesen auch Zöpfe verkaufte. In Kombination mit der damals üblichen Haarlänge bei der Unterschicht, sah es mit falschem Zopf dann sicher auch ziemlich komplett aus.

* Jane Austen: "Persuasion" (vollendet 1816 / erschienen 1818 / Handlungszeit: 1814/15) Kapitel 3
 
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entschuldigung, dass ich den etwas alten thead hervorhole, doch ich habe gerade die ersten drei bücher der aubrey-maturin-serie von patrick o'brian gelesen.

zur haarmode:

jack aubrey trägt sein haar lang (er gibt im buch an, er macht es aus gründen seiner verehrung für lord nelson)

stephen maturin trägt eine perücke

und die einfachen matrosen geben sich viel mühe mit ihren zöpfen, bei denen manche bis auf den halben rücken herabreichen. während der nachmittäglichen sonntagsruhe pflegte die freiwache ihre haare zu waschen, zu kämmen, das haar mittels fett zu bändigen und sich gegenseitig die zöpfe zu flechten.

zopf abschneiden als strafe kenne ich aus allen meinen büchern nicht, dagegen die schon erwähnten auspeitschungen mit der neunschwänzigen katze auf einer gräting oder über einer kanone (in einer episode wird ein midshipman in der kajüte aubreys mit dem tampen bearbeitet, weil ihn die anderen fähnriche betrunken an deck geschickt haben und er darauf hin sehr frech zum commander war, aber auf die frage von maturin, der sich durch eklatantes unwissen bzw auch desinteresse in nautischen dingen auszeichnet, ob auch er einmal ausgepeitscht werden könnte, verneint das maturin) vor allem wegen trunkenheit im dienst, soweit ich das verstanden habe, das häufigste dienstvergehen.

oder entzug der rumration, die ganz schön gewaltig war, ein halber liter rum pro tag stand einem matrosen zu, allerdings verdünnt, aber trotzdem.

zur todesstrafe und zur auspeitschung um die flotte ist schon geschrieben worden.
 
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ps: aubrey trägt sein haar mit einem schwarzen band zusammengehalten und einmal wird erwähnt, dass er sein haar zum zopf geflochten trägt.
 
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