Anna von Kleve

Nergal

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Anna von Kleve wurde ja von Heinrich VIII. auf einem Bild erst für "heiratswürdig" befunden, dann aber als er sie persönlich traf, änderte er seine Meinung, er soll gesagt haben er möge sie nicht.

Es heißt ja immer das Aussehen der Anna von Kleve sei der Grund gewesen, stimmt das so?
Auf Bilder sieht sie ja nicht abstoßend aus (wenn der Künstler nicht sehr nachsichtig gewesen sein sollte, aber Henry hatte ja selbst die Brautporträtierung in Arbeit gegeben), gab es vieleicht einen anderen, politischen Grund wieso Henry sich umentschieden hat?
 
Nicht allein das Aussehen, auch ihre Erziehung war ganz anders als in England üblich. Anna von Kleve Unter dem Link ist eine ganz interessante Darstellung.

Gruß
Kassia
 
Auf Bilder sieht sie ja nicht abstoßend aus (wenn der Künstler nicht sehr nachsichtig gewesen sein sollte, aber Henry hatte ja selbst die Brautporträtierung in Arbeit gegeben), gab es vieleicht einen anderen, politischen Grund wieso Henry sich umentschieden hat?

So kompliziert würde ich das gar nicht sehen.

Ich habe bereits mehrere Bücher zu Heinrich und seinen Frauen gelesen, und nirgends ist von politischen Gründen die Rede.

Das Bild hat ihr sehr geschmeichelt, was auch schriftliche Quellen belegen (die hab ich jetzt aber nicht zur Hand). Sie machte wohl einen eher schwerfälligen und trüben Eindruck. Dazu trug sie nicht die französische Mode, die damals am englischen Hof "in" war, sondern eine schwere Wollstofftracht, die in den deutschen Landen üblich war.

Und vielleicht war sie ihm auch einfach nur unglaublich unsympathisch, und es hatte gar nichts mit alledem zu tun, das hier aufgelistet wurde (ich meine, das kennt man ja, man begegnet jemanden und findet diese Person einfach... :still:).

Heinrich hat vorher schon bewiesen, dass er bezüglich seiner Frau(en) keine Kompromisse eingehen wird. Also konnte er wohl ohne größere Probleme seinen Willen durchsetzen. Warum sollte er mit einer Frau verheiratet bleiben, die er augenscheinlich nicht mochte?
 
Heinrich hat vorher schon bewiesen, dass er bezüglich seiner Frau(en) keine Kompromisse eingehen wird. Also konnte er wohl ohne größere Probleme seinen Willen durchsetzen. Warum sollte er mit einer Frau verheiratet bleiben, die er augenscheinlich nicht mochte?
Das sehe ich auch so. Wenn es politische Gründe gegeben hätte bzw. wenn Henry auf diese gehört hätte, dann wären es wohl eher welche gewesen mit Anna von Kleve eine Ehe zu führen, welche diese Bezeichnung auch verdiente.
 
Ich habe bereits mehrere Bücher zu Heinrich und seinen Frauen gelesen, und nirgends ist von politischen Gründen die Rede.
Die Eheschließung mit Anna von Kleve war politisch. Ziel war ein starkes Bündnis mit einem einflussreichen protestantischen Herrscherhaus und die Wahl fiel dabei auf Kleve-Jülich-Berg. Einschlägige Dokumentation der alleinigen politischen Motivation dieser Eheschließung findet sich im Ehevertrag, der sicher in keiner Heinrich-Biographie - zumindest in Auszügen - fehlt.

Dazu trug sie nicht die französische Mode, die damals am englischen Hof "in" war...
Eine kleine OT-Korrektur am Rande: die spanische Mode - modisch war im 16. Jahrhundert der spanische Hof tonangebend, sowohl in Frankreich als auch in England trug man also witzigerweise die spanische Hofmode, während man an den deutschen Fürstenhöfen, insbesondere an den unbedeutenderen rez. provinzielleren Höfen diese nicht trug.

Und vielleicht war sie ihm auch einfach nur unglaublich unsympathisch, und es hatte gar nichts mit alledem zu tun, das hier aufgelistet wurde (ich meine, das kennt man ja, man begegnet jemanden und findet diese Person einfach... :still:).
Das war es sicher nicht. Heinrich VIII. und Anna von Kleve verband nach ihrer Scheidung eine enge Freundschaft, genauso wie zwischen Anna von Kleve und den beiden Prinzessinnen Mary und Elizabeth.

Heinrich hat vorher schon bewiesen, dass er bezüglich seiner Frau(en) keine Kompromisse eingehen wird
.
Dennoch ging er mit der Eheschließung mit der Kleve genau diesen Kompromiss ein. Sein Mißfallen zu ihrer Person, es war ja nicht nur ihr Äußeres, sondern ihre allgemeine Andersartigkeit, äußerte er schließlich schon vor der Ehe, dennoch schloss er die Ehe, aufgrund der äußeren und dabei insbesondere der politischen Zwänge.

Also konnte er wohl ohne größere Probleme seinen Willen durchsetzen.
Nun ja, so ganz "ohne größere Probleme" war die Scheidung von der Kleve nun nicht, sondern durchaus außenpolitisch heikel und innenpolitisch blutig.
 
Nun ja, so ganz "ohne größere Probleme" war die Scheidung von der Kleve nun nicht, sondern durchaus außenpolitisch heikel und innenpolitisch blutig.

Blutig?
Bezieht sich das nur auf Thomas Cromwell, oder ist da weit mehr passiert?
 
Das war es sicher nicht. Heinrich VIII. und Anna von Kleve verband nach ihrer Scheidung eine enge Freundschaft, genauso wie zwischen Anna von Kleve und den beiden Prinzessinnen Mary und Elizabeth.

Sie ist ja auch nie nach Deutschland zurückgekehrt, obwohl ihre Familie es wollte. Sie scheint sich dort also durchaus wohlgefühlt zu haben, mit all den Annehmlichkeiten, die ihr nach der Eheannullierung zukamen.
 
Blutig?
Bezieht sich das nur auf Thomas Cromwell, oder ist da weit mehr passiert?
Ja das bezieht sich auf Cromwell.

Sie ist ja auch nie nach Deutschland zurückgekehrt, obwohl ihre Familie es wollte. Sie scheint sich dort also durchaus wohlgefühlt zu haben, mit all den Annehmlichkeiten, die ihr nach der Eheannullierung zukamen.
Man muss an der Stelle auch anmerken, dass die Kleve bereitwillig alles unterschrieb und bestätigte (bspw. dass die Ehe nie vollzogen wurde), sich also sehr bereitwillig in ihr Schicksal fügte. Ob das wirklich nur daran lag, dass sie Angst vor einem ähnlichen Schicksal wie Katharina von Aragon hatte, oder dass die eheliche abneigung vielleicht doch gegenseitig war, kann man durchaus diskutieren. Zudem war ihr sehr daran gelegen - wie du ja schon richtig anmerkst - nicht mehr unter die Fittiche ihres Bruders zurückkehren zu müssen. Man könnte hier also durchaus auch eine Win-Win-Situation für Anna von Kleve ausmachen. Sie erreichte durch die bereitwillige Annulierung der Ehe mit Heinrich VIII. eine Maximierung ihrer Freiheit ohne größeren persönlichen Verzicht.
 
In ihrem Buch "Die sechs Frauen Heinrichs VIII." von Antonia Fraser findet sich noch eine andere Überlegung zur "Hässlichkeit" der Anna von Kleve.

Immerhin war Anna die einzige von Heinrichs Frauen, mit der Heinrich sich verlobte, ohne sie persönlich zu kennen. Alle seine anderen Frauen kannte Heinrich bereits, ehe er sie heiratete, persönlich. In Bezug auf Anna befand sich Heinrich VI. in einer für ihn neuen Situation.

Fraser hält es daher für möglich, dass Heinrich, gerade weil er eben Anna nur vom Hörensagen und durch das Bild kannte, sich während der Wartezeit wohl ganz tolle Vorstellungen von ihr gemacht haben wird. Hinzu kommt noch, dass sich Annas Anreise aus Wettergründen verzögte. Als er Anna dann zum ersten Mal traf, hatte er schon Vorstellungen von ihr, die sie nicht mehr erfüllen konnte.

Über die erste Begegnung heißt es zudem, dass Heinrich einfach aufgetaucht ist, Anna hatte also gar keine Möglichkeit, sich darauf irgendwie vorbereiten. Schon vorstellbar, dass Reisestrapazen, von denen Anna zum Zeitpunkt noch gezeichnet war, unübliche Kleidung etc. noch dazu kommen.

Was das Bild betrifft, so war es sein eigener Maler, der es in seinem Auftrag anfertigte, da stellt sich zumindest die Frage, warum der Maler, da er für Heinrich tätig war, die Braut geschönt wieder gegeben haben soll. (Erklärungen, die mir dazu untergekommen sind, wie das Holbein Anna schöner wieder gegeben hat, weil er halt sehr gutmütig war, dürften doch eindeutig unter Spekulation fallen.) Außerdem zeigt das Porträt sicher keine gänzlich unattraktive Frau, aber auch keineswegs eine ausgesprochen strahlende Schönheit. Fraser zitiert übrigens die Aussage eine Zeitgenossen, des damaligen französischen Gesandten, der offensichtlich fand, dass der Porträt recht authentisch wäre.
 
Was das Bild betrifft, so war es sein eigener Maler, der es in seinem Auftrag anfertigte, da stellt sich zumindest die Frage, warum der Maler, da er für Heinrich tätig war, die Braut geschönt wieder gegeben haben soll. (Erklärungen, die mir dazu untergekommen sind, wie das Holbein Anna schöner wieder gegeben hat, weil er halt sehr gutmütig war, dürften doch eindeutig unter Spekulation fallen.) Außerdem zeigt das Porträt sicher keine gänzlich unattraktive Frau, aber auch keineswegs eine ausgesprochen strahlende Schönheit. Fraser zitiert übrigens die Aussage eine Zeitgenossen, des damaligen französischen Gesandten, der offensichtlich fand, dass der Porträt recht authentisch wäre.
Wobei Anne Boleyn von den Gemälden her auch nicht hübscher wirkt. Ich denke, dass da die persönliche Ausstrahlung viel ausmacht. Von dem, was ich bis jetzt gelesen habe, scheint Henry auch Anna von Cleve nicht wirklich Gelegenheit gegeben zu haben positiv auf ihn zu wirken. Auf ihn mag auch eingewirkt haben, dass er von vorherein im Hinterkopf gehabt haben muss, dass er mit dieser Gemahlin ebenso wie mit seiner ersten aus außenpolitischen Gründen nicht umspringen konnte wie mit Anne Boleyn.

Danke für die stimmige gut abgewogene Analyse.
 
Wenn wir das Bild von Ehefrau Nr. 3 (Jane Seymour) nehmen, das Holbein ebenfalls gemalt hat, auch sie wirkt nicht unbedingt attraktiv. Allerdings bei den meisten männlichen Porträts ist auch nicht anders, schön würde ich die meisten der damaligen Herren nicht unbedingt nennen. Da stellt sich für mich auch die Frage, ob es vielleicht bei Porträts damals so etwas wie "Richtlinien" gab, die für uns aber heute keine Rolle mehr spielen.
 
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