Anstoss Völkerwanderung

L

Lealein

Gast
Vielleicht kennen einige von euch den Historiker Hans Delbrück.
Um 1900 hat er die Buchreihe "Geschichte der Kriegskunst" herausgebracht, deren Neuauflage ich mir durchgelesen habe.
Die Frage die sich mir stellt handelt von der Völkerwanderung und zwar behauptet er (Sachkritik) dass die Römer ja germanische Söldner in den Dienst nahmen. Das ist ja soweit anerkannt und bewiesen. Delbrück geht soweit und sagt das ganze Sippen in den Kriegsdienst gingen, samt Anhang (Weib und Kind). Diese wurden auf dem Gebiet des römischen Reiches angesiedelt und wenn es ihnen mal gepasst hat haben sie dieses Gebiet annektiert, die Römer konnten ja nichts dagegen tun.

Ist das als Anstoss möglich oder gar widerlegt?

Immerhin sind in der Zwischenzeit 100 Jahre vergangen, dass ich aber nicht einfach im Wikipedia nachschlagen will kann sicher jeder nachvollziehen der die Winkelriedsage aus der Schweiz kennt. Geschichtlich ist er zwar erst 100 jahre später in Erscheinung getreten wird aber in der Schweiz als Volksheld in der Sempacherschlacht gefeiert.

Vielen Dank
 
@schwedenmann, danke also kann man davon ausgehen das die Foederati einen Teil der Völkerwanderung ausmachen, aber wie weit? kann man sagen die hälfte der Völkerwanderung beruht darauf oder ist soetwas nicht mehr nachvollziehbar?

@sudetensache, ich weiss das es zu jederzeit eine Völkerwanderung gab und gibt, doch möchte ich die Kirche im Dorf lassen und meine hier die Wanderung der Germanen in das antike römische Reich
 
@schwedenmann, danke also kann man davon ausgehen das die Foederati einen Teil der Völkerwanderung ausmachen, aber wie weit? kann man sagen die hälfte der Völkerwanderung beruht darauf oder ist soetwas nicht mehr nachvollziehbar?
wenn die Foederaten, die im Dienste Roms standen, die Hälfte der "Völkerwanderung" ausgemacht haben, dann fragt man sich doch kopfschüttelnd, warum die andere Hälfte so verheerend gewirkt hatte (Hunnensturm, Vandalen & Alanen, Goten usw.)
 
Bist du dir aber sicher, dass diese nicht nach dem Zerfall der römischen Macht über die Grenze kamen? Von den eigenen untreuen Söldnern geschwächt, die gloreiche römische Armee nur ein Schatten ihrer selbst und keine Wehrfähigkeit im Volk wirken doch einladend. Für mich ist das dann eher die Folge das solche Stämme folgten. Vielleicht habe ich etwas falsch formuliert: haben die Foederati sinnbildlich den Limes geöffnet?
 
Das scheint mir zu kurz gefasst zu sein. Das Problem war das das römische Reich an mehreren Fronten zu kämpfen hatte. Unter anderem auf dem persischen Kriegstheater. Zum anderen kamen mehrere Wellen Steppenvölker aus dem Osten. Und die Förderten waren erst untreu, als kein Geld aus Rom kam.
Zum anderen gab es mehrere Sonderreiche, welche das Reich schwächten.

Apvar

P.S. Als einstieg in das Thema ist "Der Untergang des Römischen Weltreiches" von Peter Heather nicht schlecht. Dabei legt er auf die Gesamtsituation des Reiches und der wirtschaftlichen Randbedingungen sein Augenmerk.
 
Zuletzt bearbeitet:
Danke, ja das es mehr war als nur das eine ist mir bekannt, Geschichte ist ja ein zusammenspiel mehrer Faktoren. Jetzt alles hier aufzuführen wäre mir auch zu viel^^

Man kann also sagen die Foederati sind ein Teil aber nicht die gesamte Völkerwanderung, sprich in der Schule lernte ich, dass die Völker wanderten auf der Suche nach besseren Lebensbdingungen. Habe ich das jetzt richtig verstanden oder habe ich etwas übersehen?
 
ja und nein, den "Söldnern" stand ja zum Teil das Land, das sie später "annektierten" zu , für ihre Dienste für Rom.
Die "Völkerwanderung " ist ja ein recht langer Zeitraum, es wanderten Völker in s römische Reich ein, es wurden Völker eingeladen , einzu wandern und es drangen Völker und Verbände gewaltsam ein. Vom simplen Wirtschaftsflüchtling über die "politisch Verfolgten" über Abenteurergruppen bis zum klassischen Einwanderer ist da alles dabei.
Das ganze geht ja eigentlich schon deutlich vor 300 los und endet ~ 600, also grob ein Zeitraum von 300 Jahren. Sieht man sich die Langobarden an, wann da die ersten in der Heide/von der Elbe losmarschiert sind und wann sie endgültig in Italien angekommen sind , sogar noch länger. Wo so etwas gibts dann die unterschiedlichsten Gründe
 
Nun ja,so einfach kann man das m.e. nicht sehen.
Die klassischen römischen Föderaten in Mitteleuropa waren Stämme ,die an den Reichsgrenzen siedelten und daher zur Vorfeldsicherung in ein Bündnissystem einbezogen wurden.
Das waren also primär nicht die völkerwandernden Stämme sondern solche wie die Kleinstämme,aus denen sich später die Franken und Alamannen bildeten.Diese Stämme waren teilromanisiert und längerfristig ins römische System integriert.
Die klassischen "Wanderstämme" Goten, Langobarden, Vandalen, Burgunder kamen aus Nord-und Osteuropa und wurden eigentlich erst von den Hunnen in Richtung Italien und Mittelmeerraum verdrängt.Nach deren Eroberung Italiens und damit dem Zusammenbruch der Zentralmacht im weströmischen Reich führten in Mitteleuropa die Föderstenstämme die römischen Herrschaftsstrukturen quasi fort,allerdings nicht mehr im Namen des römischen Kaisers sondern auf eigene Rechnung.Man nutzte also nur das nach demFall Roms entstandene Machtvakuum aus,um sich zu etablieren.
In Südosteuropa war die Situation etwas anders,da hier mit den Goten ein "Wandervolk" einen Föderatenstatus erhielt oder besser gesagt sich erkämpft hatte, das nicht in die Strukturen des Reiches eingebunden war.Hier war der Föderatenstatus eher ein Status "pro forma" als "de facto" , der die Goten dann auch nicht an weiterem Vordringen hindern konnte.
Dieses Vordringen hätte es m.E. auch ohne den Föderatenstatus gegeben,da einerseits der Druck durch die Hunnen zu groß war und andererseits Rom militärisch nicht in der Lage war, die Invasion aufzuhalten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Man kann also sagen die Foederati sind ein Teil aber nicht die gesamte Völkerwanderung, sprich in der Schule lernte ich, dass die Völker wanderten auf der Suche nach besseren Lebensbdingungen. Habe ich das jetzt richtig verstanden oder habe ich etwas übersehen?
Zum Teil wird es so gewesen sein. Aber teilweise waren Stämme auch auf der Flucht vor anderen Völkern (z. B. die Goten vor den Hunnen).

Bist du dir aber sicher, dass diese nicht nach dem Zerfall der römischen Macht über die Grenze kamen? Von den eigenen untreuen Söldnern geschwächt, die gloreiche römische Armee nur ein Schatten ihrer selbst und keine Wehrfähigkeit im Volk wirken doch einladend. Für mich ist das dann eher die Folge das solche Stämme folgten. Vielleicht habe ich etwas falsch formuliert: haben die Foederati sinnbildlich den Limes geöffnet?
Alles in allem verhielten sich die Foederaten - auch die Goten - eigentlich recht kooperativ. Solange sie Land und/oder Geld erhielten, ließen sie sich recht gefügsam einsetzen und auch im Reich hin und her schieben und taten durchaus ihre Pflicht. Sie wollten das Reich in der Regel auch nicht zerstören, sondern sich - natürlich unter Beibehaltung von Autonomie - ins System integrieren. Dazu passt auch, dass manche ihrer Anführer hohe römische Ämter bekleideten. Erst wenn sie betrogen wurden oder sich zumindest vorkamen, wurden sie unkontrollierbar.
Dass die Grenzen ab dem frühen 5. Jhdt. nicht mehr gehalten werden konnten, lag auch weniger an der "Untreue" der Foederaten, sondern daran, dass diverse römischen Machthaber im Zweifel lieber gegeneinander kämpften als gemeinsam gegen den äußeren Feind, so in etwa nach dem Motto: "Lieber eine Provinz an die Germanen verlieren als meinen Thron an meinen Rivalen."
 
Bei den Vandalen kann man uU davon sprechen, zumindest, wenn man lediglich ihre Wanderung um 400 in Betracht zieht. Die Goten "wanderten" schon um 180, Langobarden "wanderten" schon zur Zeit der Markomannenkriege, Burgunder kamen schon um im 3. jahrhundert ins Maintal und ans Schwarze Meer. Alles lange vor den Hunnen.
Somit zielen im Prinzip alle "Wanderungen" auf den mediterranen Raum oder zumindest in die Nachbarschaft zu den Römern.
 
Zum Teil wird es so gewesen sein. Aber teilweise waren Stämme auch auf der Flucht vor anderen Völkern (z. B. die Goten vor den Hunnen).


Alles in allem verhielten sich die Foederaten - auch die Goten - eigentlich recht kooperativ. Solange sie Land und/oder Geld erhielten, ließen sie sich recht gefügsam einsetzen und auch im Reich hin und her schieben und taten durchaus ihre Pflicht. Sie wollten das Reich in der Regel auch nicht zerstören, sondern sich - natürlich unter Beibehaltung von Autonomie - ins System integrieren. Dazu passt auch, dass manche ihrer Anführer hohe römische Ämter bekleideten. Erst wenn sie betrogen wurden oder sich zumindest vorkamen, wurden sie unkontrollierbar.
Dass die Grenzen ab dem frühen 5. Jhdt. nicht mehr gehalten werden konnten, lag auch weniger an der "Untreue" der Foederaten, sondern daran, dass diverse römischen Machthaber im Zweifel lieber gegeneinander kämpften als gemeinsam gegen den äußeren Feind, so in etwa nach dem Motto: "Lieber eine Provinz an die Germanen verlieren als meinen Thron an meinen Rivalen."
Man verlor ja im Prinzip keine Provinz an die Germanen. Oftmals verlief die Ansiedlung im Rahmen der hospitalitas, d.h. die germanischen Föderaten wurden dort einquartiert und durch unterschiedliche Maßnahmen versorgt.
 
Ich meinte jetzt nicht die Foederati, sondern solche Invasoren, die sich nicht mehr einbinden ließen.

Aber auch bei der Ansiedlung der Foederati bestand die römische Herrschaft hinterher oft nur noch auf dem Papier. Statt (großteils) gefügiger Untertanen hatte man plötzlich Siedler, die auf ihre eigenen Anführer hörten und schon mal die nächste Stadt angriffen, wenn eine Sold-/Lebensmittellieferung ausblieb.
 
Sie wollten das Reich in der Regel auch nicht zerstören, sondern sich - natürlich unter Beibehaltung von Autonomie - ins System integrieren.

Das ist ein zentraler Punkt, der oft wenig beachtet wird. Den Germanen ging es um Teilhabe an den "Segnungen" der römischen Kultur und Zivilisation. Eine Zerstörung des Imperium Romanum lag außerhalb ihres Vorstellungsvermögens.

Wo es sich um germanische Reiche der Völkerwanderung handelte, waren die Germanen mit dem System der Hospitalitas zufrieden - das allerdings von einigen Historikern angezweifelt wird. Die Germanen, d.h. Freie und Adlige, erhielten einen Teil des römischen Staatslands und Teile des adligen Grundbesitzes. Damit verfügten sie über kultiviertes Land, über Wald und Weideflächen und anteilmäßig über Arbeitskräfte, Sklaven und Kolonen.

Aufgrund dieser Regelung konnten sich die germanischen Freien und Adligen schöne Tage machen und die einheimische Bevölkerung für sich arbeiten lassen. Der wird es egal gewesen sein, ob sie nun für de römischen oder germanischen Herren schuften musste. Lediglich der arianische Glaube der neuen Herren wird ihnen womöglich ein Dorn im Auge gewesen sein.

Es ist somit kein Wunder, dass die germanischen und römischen Eliten der Völkerwanderungsreiche rasch verschmolzen, sobald die Germanen zum Katholizismus konvertierten und das Heiratsverbot fiel - das allerdings zuvor schon nicht immer strikt beachtet wurde.
 
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