Antiklerikale Gewalt der Nationalisten im Spanischen Bürgerkrieg

iamNex

Aktives Mitglied
Hey,

die antiklerikalen Exzesse auf Seiten der Republikaner und Anarchisten während des Spanischen Bürgerkrieges (1936-39) sind ja recht gut erforscht und bekannt.

In einem Buch bin ich aber gerade auf folgende Passage gestoßen:

"Gefestigt wurde das Bündnis zwischen den Mächtigen von Kirche und >>Neuem Staat<< noch durch die Abwehrhaltung gegen den haßerfüllten Antiklerikalismus, der zu beginn des Bürgerkrieges zerstörerisch aufbrach und sich in Form von Ausschreitungen, Kirchenverbrennungen und Priestermorden äußerte - übrigens auf beiden Seiten, wenn auch die Übergriffe der >>Nationalen<< nicht so bekannt geworden sind."

(Bernecker/Brinkmann: Kampf der Erinnerungen, S. 132f.)

Von nationalistischen antiklerikalen Ausschreitungen im Spanischen Bürgerkrieg habe ich zuvor noch nie etwas gehört...hat da jemand noch ein paar Infos vielleicht? Ist ein recht interessanter Randbefund, wie ich finde..

Cheers,

nex.
 
Von Bernecker halte ich nicht allzu viel (aber das mag auch eine Ungerechtigkeit meinerseits zu sein, der Disgusto resultiert aus fehlerhaften Darstellungen im Bereich des spanischen Mittelalters und seiner Positionierung auf Seiten der damaligen spanischen Regierung bei 11-M [Terroranschläge von Atocha am 12. März 2003, wo ganz klar war, dass diese nicht die Handschrift der ETA trugen, er aber mit der Regierung Aznar genau diese offensichtlich falsche und hinterher auch als falsch herausgestellte Auffassung vertrat]). Aber immerhin ist er einer der wenigen, die regelmäßig auf Deutsch zur neueren spanischen Geschichte publizieren.

Wie du weißt, waren die spanischen Nationalen ja kein monolithischer Block, sondern ein Konglomerat aus Militaristen, Faschisten, Kirche und Christsozialen, Landbesitzern etc.

Wenn du dich mit Faschismustehorien auseinandergesetzt hats, dann wirst du auch wissen, dass der Faschismus zwar antimarxistisch, antimodernistisch, antiliberalistisch etc. ist, aber durchaus auch antikatholisch (hier insbesondere der deutsche Faschismus, respektive Nationalsozialismus). In wie weit die Falange antikatholisch war, vermag ich jetzt nicht zu sagen, in Spanien neigt man manchmal etwas undifferenziert dazu, alle politischen Familien des Franquismus zu "faschistisieren", also zu Art einer Monolithisierung des Konglomerats. Und gerade in Bezug auf Spanien sprechen wir ja auch häufig vom Nationalkatholizismus.
Ob in Andalusien, der Extremadura oder der kastilischen Meseta nun Nationalisten, und am ehesten wohl die Falange, gegen Kirchen und Klöster oder Angehörige des Klerus vorgingen, ist mir nicht bekannt, es ist aber so, dass die Situation zum Teil paradox, war. Während in Andalusien, Madrid und der spanischen Levante Priester und Nonnen in den Wirren des Bürgerkriegs um ihr Leben fürchten mussten, stellten sich im Baskenland und in Navarra national gesinnte Priester (nämlich national im Sinne von baskisch gesinnt) auf die Seite der Republik und kämpften insbesondere gegen die Falange. (Verwirrend ist zusätzlich, dass die Basken sehr lange die aus dem Mittelalter tradierten fueros zu verteidgen suchten, Sonderrechte, welche die liberalen Verfassungen Spaniens seit 1812 ihnen aberkannten, und deshalb der Carlismus, als eine sehr reaktionäre monarchistische Bewegung, die den Absolutismus reinstallieren wollte, bei den Basken so einen Erfolg hatte).
Wenn diese Kirchenverfolgungen von Seiten der Nationalen also auf das Baskenland fokussiert wären, dann wäre die Parteinahme baskischer Priester im Bürgerkrieg für die legitime Regierung als plausibelster Grund dafür anzuführen. Ich hoffe, dass das eine geeignete Rechercheanregung ist.
 
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Wenn diese Kirchenverfolgungen von Seiten der Nationalen also auf das Baskenland fokussiert wären, dann wäre die Parteinahme baskischer Priester im Bürgerkrieg für die legitime Regierung als plausibelster Grund dafür anzuführen. Ich hoffe, dass das eine geeignete Rechercheanregung ist.

Das ist m.E. der richtige Ansatz. Im Baskenland gab es eine enge Beziehung zwischen dem lokalem Klerus und der baskischen nationalistischen Bewegung (PNV). In diesem Sinne gab es im Baskenland zu Beginn des Bürgerkrieges kaum Exzesse gegen die Kirche, dafür aber militant agierende Pfarrer die gegen den Aufstand eintraten, teilweise sogar mit der Waffe in der Hand.

Es gab in der Folge eine ganze Reihe von Geistlichen die nach der Eroberung der Baskischen Republik eingesperrt oder gar hingerichtet wurden. Im restlichen Spanien gab es auch einige wenige Fälle von Armenpriestern die ihre Anteilnahme mit dem Leben bezahlten. Vor kurzem fand man beim öffnen eines Massengrabs in der Rioja die Reste eines Priesters, der durch die Falange erschossen wurde. Es gab dort zwar einen Verdacht, den Beweis fand man erst beim öffnen der Grube.

Ich meine, es wurde sogar mindestens ein Bischof abgesetzt und in ein Kloster verfrachtet.

Unter Franco hat man die Verfolgung und das "Martyrium" zahlreicher Geistlichen immer an die große Glocke gehängt (es wurden ja auch nicht gerade wenige, hauptsächlich durch Anarchistische Milizen umgebracht) die Opfer durch die eigene Seite jedoch geflissentlich verschwiegen.

Nach Francos Tod und zu den Zeiten einer gewissen Offenheit und Modernitätsbestrebungen innerhalb der katholischen Kirche (ich genoss damals gerade die Vorzüge einer katholischen Schule in der spanischen Provinz) wurden auf einem Male diese Opfer aus dem Schrank hervorgekramt um zu beweisen, dass die Kirche ja auch immer schon auf der Seite der Demokratie, des Volkes und der Schwachen gewesen war.

Als dann Wojtyla kam wurden diese Skelette wieder diskret begraben und man konzentrierte sich auf die tradierte und bewiesenen Werte des traditionellen Antibolschewismus. Einen militant-nationalistischen Katholizismus gibt es jedoch bis heute. Es gab auch Zeiten, wo der einzige Ort an den man gefahrlos in der öffentlichkeit baskisch sprechen konnte, die Kirche war.

Wenn jedoch aus dieser Facette den Schluss ziehen will, dass die Kirche ein unschuldiges Opfer beider Parteien des Bürgerkrieges gewesen zu sein, liegt man m.E. eindeutig falsch. Die Kirche war überwiegend auf der Seite der Aufständischen und legitimierte deren Verbrechen.
 
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Ich meine, es wurde sogar mindestens ein Bischof abgesetzt und in ein Kloster verfrachtet.
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Es war der von Vitoria, Bischof Múgica, für den die Junta die Absetzung forderte weil er Ihnen nicht weit genug ging und die Republikanischen Basken nicht exkomunizieren wollte, und sich später weigerte einen offenen Brief der Bischöfe mitzuunterzeichnen. Er wurde dann nicht direkt abgesetzt sondern man brachte ihn dazu von selbst zurück zu treten.

Hier ist eine recht gute Zusammenfassung (auf Spanisch) der Situation der Kirche im Bürgerkrieg:

Razón Española, nº 104; Alzamiento o cruzada

Es gab eine Intervention der kirchlichen Führung vor Franco um baskische Pfarrer zu retten, dieser hat sich jedoch die Hände gewaschen und behauptet er wüsste von nichts, und die bereits stattgefundenen Erschiessungen hätten vor seiner Ernennung zum Staatschef stattgefunden (was eindeutig eine Lüge war).

Hier ein Artikel über Múgica in dem auch über die Situation konkret im Baskenland angesprochen wird.

http://www.hamaikabide.org/info.php?id=34&letra=

Der Papst hat übrigens Franco im Dezember 1936 seinen apostolischen Segen und einen vollkomenen Ablass gesendet.
 
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