Apartheid in Südafrika

Traklson

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Hallo,
ich habe mich die letzten Tage ein wenig mit der Apartheid beschäftigt und als Gedächtnisstütze parallel einen kleinen Beitrag geschrieben.
Entschuldigt, dass er so lang geworden ist, aber vor allem entschuldigt, dass er trotzdem noch viel zu kurz ist. Vielleicht hat ja der/die Eine oder Andere Lust zu ergänzen.
 
A. Die Politik der Apartheid

Der Begriff „Apartheid“ wurde nach 1948 von der „National Party“ Südafrikas geprägt, die mit der afrikaanse Übersetzung des englischen Worts „segeration“ die Neuartigkeit ihrer Politik der Rassentrennung unterstreichen wollte. Eine neue Benennung macht freilich noch keine neue Politik. Vielmehr handelte es sich um eine Fortführung der bereits seit Gründung der Südafrikanischen Union 1910 von allen südafrikanischen Regierungen proklamierten rassistischen Politik und um eine Reaktion auf die in den 1940er Jahren kriegsbedingt eingesetzte Liberalisierung der Rassenpolitik.
Einer der Architekten der Apartheid war Jan Smuts, von 1919 bis 1924 und 1939 bis 1948 Premierminister Südafrikas, nachdem er sich 1913 für die Grundlage der späteren Homelandpolitik, den Native Land Act verantwortlich zeichnete. International besaß er dennoch bis zu seinem Tode hohes Ansehen, war an der Gründung des Völkerbundes und der UNO beteiligt und unterzeichnete beide Versailler Friedensverträge nach dem 1. und 2. Weltkrieg. Bis in die Sechziger Jahre soll die Politik Südafrikas kaum internationale Kritik hervorgerufen haben (C. Marx).


1911 Native Labour Regulation Act: Das Brechen von Arbeitsverträgen, und damit auch das Mittel des Streiks, wird für Schwarze kriminalisiert.

1911 Mines and Works Act: Weiße Arbeiter erhalten per Gesetz den Vorzug bei der Jobvergabe höherqualifizierter und administrativer Stellen. So durften etwa nur Weiße „Sprengmeister“ werden.

1913 Native Land Act: Enteignung Schwarzer und Errichten von Reservaten. Gezielte Förderung des Phänomens der Wanderarbeiter. Den Minen sollten billige, schwarze Arbeitskräfte zugeführt werden, deren Familien in den Reservaten durch Farmarbeit autark leben sollten, sodass eine Unterstützung durch die in den Minen arbeitenden Wanderarbeiter überflüssig wird, ebenso wie eine staatliche Sozialsicherung oder eine solche durch den Arbeitgeber, da die Familien in den Reservaten im Krankheitsfall für die Pflege aufkommen sollten. Da also Familien nicht von den Löhnen der Arbeiter mitfinanziert werden mussten und keine Ausgaben für die soziale Sicherung der schwarzen Wanderarbeiter anfielen, bot sich den Minenbesitzern ein großes Potential extrem billiger Arbeitskräfte.

Das Gesetz wird außerdem als grundlegend für die weitere Entwicklung der Apartheid in Südafrika betrachtet, in deren Folge das Konzept der räumlichen Trennung der verschiedenen „Rassen“ weiter ausgebaut wurde.
Der 1913 festgelegte Anteil von 7,3% der Gesamtfläche Südafrikas für Reservate wurde 1936 auf 13% erhöht. Dennoch war die Fläche gemessen am Anteil Schwarzer an der Gesamtbevölkerung zu gering um die oben angedachten Ziele einer Versorgung der Familien schwarzer Arbeiter in den Reservaten zu gewährleisten.
Die räumliche Trennung wurde 1923 durch den Native Urban Areas Act verschärft. Schwarze mussten in den urbanen Gebieten Passdokumente als Nachweis des berechtigten/genehmigten Aufenthalts in der Stadt mit sich führen und wurden andernfalls verhaftet und in die ländlichen Reservate deportiert.

Ab 1924 fand die 1911 begonnene gesetzliche Bevorzugung weißer Arbeitskräfte
Ihre Fortsetzung in der „Civilized Labour Policy“, die der „Absicherung des weißen Proletariats gegen die Konkurrenz der Afrikaner auf dem gesamten Arbeitsmarkt“ diente.

Eine umfangreiche Liste der rassistischen Gesetzgebung in Südafrika von 1806 bis 1947 findet sich hier.

Die mit der Beteiligung am 2. Weltkrieg einhergehende Liberalisierung in der Handhabung rassendiskriminierender Gesetze wird auf zwei Faktoren zurückgeführt.
Zum einen sei man auf das Wohlwollen der schwarzen Bevölkerungsmehrheit angewiesen gewesen, zum anderen habe die Knappheit weißer Arbeitskräfte Afrikanern den Zugang zu davor Weißen vorbehaltenen Berufen ermöglicht. Nach Kriegsende führte die Gegenbewegung zu dieser Liberalisierung 1948 zum Wahlsieg der National Party unter Malan, die mit dem Versprechen, das „Flickwerk“ der Rassengesetzgebung durch ein stimmiges System zu ersetzen zur angetreten war. Die National Party wurde 1914 von burischen Nationalisten gegründet und bekam durch den ökonomischen Abstieg vieler Buren starken Zulauf. Der burische Kulturnationalismus fand 1949 im Voortrekker Denkmal eine „sakrale Weihestätte“. „Historische Ereignisse wie der große Treck des 19. Jh. wurden zu mythischen Ereignissen einer von Gott geleiteten Schicksalsgemeinschaft hochstilisiert.“ (C. Marx)

Ideologische Rechtfertigungsversuche der Apartheid:

Nach dem „Prinzip der Treuhandschaft“ seien die „zivilisierten“ Europäer verpflichtet den Afrikanern, die auf der untersten Entwicklungsstufe angesiedelt wurden, wohlwollende Hilfe zu gewähren, da sie wie Kinder nicht in der Lage seien, sich aus eigener Kraft aus dem Zustand der „Barbarei“ emporzuheben.

Andere widersprachen dem und standen den Afrikanern sehr wohl eigene Kulturen zu, in die man eben nicht eingreifen dürfe und weshalb man sie von „verderblichen Einflüssen“ fernhalten und auf eine agrarische Lebensweise beschränken müsse.

Ein theologischer Ansatz stellt fest, dass die Verschiedenheit der „Rassen“ Teil der gottgewollten Ordnung sei, an der man nicht rühren dürfe.
Dieser Ansatz wurde weitergedacht, um Südafrika als Land vieler Minderheiten zu definieren, indem man die Afrikaner in eine Vielzahl „Stämme“ (Rassen) aufspaltete. So versuchte man die Tatsache zu vertuschen, dass eine Minderheit Privilegierter über eine unterdrückte Bevölkerungsmehrheit herrschte.

Leicht ist zu erkennen, dass die widersprüchlichen Aussagen bequemerweise je nach Bedarf vorgebracht werden konnten, um jedes Vorgehen zu legitimieren.

Zweck der Apartheid war eine soziale und räumliche Trennung der definierten „Rassen“. Die gesellschaftliche Mobilität wurde unter anderem durch die Passgesetzte, die Job Reservation und den Bantu Education Act blockiert. Gezielt sollten die Privilegien der weißen Minderheit geschützt werden. Dass zu diesen Privilegien auch das den Weißen vorbehaltene Wahlrecht gehört sei nur der Vollständigkeit halber erwähnt. Immerhin gab es bis in die 30er Jahre in der Kapprovinz ein eingeschränktes Wahlrecht für Afrikaner.
Der zweite Aspekt der Apartheid, die räumliche Trennung, wird von Van den Berghe in 3 Kategorien unterteilt. Die Meso-Segeration wurde unter anderem durch den Group Areas Act erreicht und umfasst die Gettoisierung und Trennung der Wohngebiete. Die Makro-Segeration bezeichnet die räumliche Trennung in getrennte Siedlungsgebiete und Reservate wie in der Homelandpolitik verwirklicht. Die Mikro-Segeration beinhaltet die Trennung im Alltag, bei Toiletten, Parkbänken, Bussen, Eingängen, u. v.m.


Population Registration Act 1950: Hier wurde die Zuordnung aller Südafrikaner zu einer der drei „Rassen“ beschlossen, den „White”, „Black“ und den „Coloured“. Die Coloured wurden in Cape Malay (Kapmalaien), Griqua, Indian, Chinese and Cape Coloureds. Die Zuordnung erfolgte durch Weiße, und zwar nach dem subjektiven Eindruck des jeweiligen Beamten und nicht nach prüfbaren Kriterien.

Group Areas Act 1950: Jeder der drei „Rassen“ werden eigene Wohngebiete zugewiesen.

1952. Natives Laws Amendment Act 1952: Es war Afrikanern nur noch mit Genehmigung erlaubt von einem Wohngebiet in das andere umzuziehen. So sollte auch der Anteil Schwarzer in Städten reduziert werden. Sie durften sich ohne Genehmigung nicht mehr als 72 Stunden in einer Stadt aufhalten. Da die Beweislast für die bisherige Länge des Aufenthalts bei ihnen lag, konnten auf Grundlage des Gesetzes willkürlich Festnahmen vorgenommen werden.

Natives Abolition of Passes & Coordination of Doc's Act 1952: Alle Afrikaner mussten statt des Passes ein reference book mit sich tragen, in dem auch Arbeitsstelle und Begegnungen mit der Polizei verzeichnet waren.

Native Education Act 1953: Durch den Native oder Bantu Education Act wurde das Bildungssystem der Afrikaner staatlicher Aufsicht unterstellt. Eine der Folgen war ein extremes Ungleichgewicht in der finanziellen Ausstattung weißer und schwarzer Bildungseinrichtungen. Das daraus resultierende Bildungsdefizit bei den betroffenen Bevölkerungsteilen war tatsächlich das eigentliche Ziel des Acts. Den Missionsschulen sollte die Bildung Schwarzer aus der Hand genommen werden, da man dort die Vermittlung liberaler Gedanken und einen zu hohen Bildungsgrad der Schüler befürchtete. Der spätere Premierminister Verwoerd selbst erläutert den Zweck des Gesetzes und zeigt zugleich wie er sich die Rollenverteilung in Südafrika vorstellt:
„There is no place for [the Bantu] in the European community above the level of certain forms of labour ... What is the use of teaching the Bantu child mathematics when it cannot use it in practice? That is quite absurd. Education must train people in accordance with their opportunities in life, according to the sphere in which they live.“
(Zitat Wikipedia)

Suppression of Communism Act 1950: Dank der extrem weiten Definition des Begriffs „Kommunismus“ als „any doctrine or scheme... which aims at bringing about any political, industrial, social or economic change within the Union ... by unlawful acts or omissions or by the threat of such acts or omissions ... or under the guidance of any foreign or international institution” wurde mit dem Gesetz die Grundlage für umfangreiche Repressalien gegen all jene mit oppositionellen Positionen geschaffen sowie ein Mittel der Zensur. Es war auch Rechtsgrundlage des Rivonia-Prozess, bei dem u.a. Nelson Mandela, Denis Goldberg und Govan Mbeki zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Ihre Haft traten sie natürlich nach „Rassen“ getrennt an, wiederholte Anträge Goldbergs nach Robben Island verlegt zu werden wurden ebenso regelmäßig abgelehnt. Eine der Maßnahmen die aus dem Gesetz abgeleitet wurden war die Bannung, die ohne richterlichen Beschluss verhängt werden konnte. Sie beinhaltete u.a. Hausarrest, strenge Meldepflicht bei Polizeidienststellen, Einschränkung der Bewegungsfreiheit und der Kommunikation.
(Zitat: Lapping 1986: 168)

Mischehen (1949, Prohibition of Mixed Marriages Act) sowie sexuelle Kontakte (1927, 1950, 1957, Immorality Act) zwischen „whites“ und „non-whites“ waren per Gesetz verboten.

Homelandpolitik: Bei der Homelandpolitik kommt ein weiterer Aspekt der „Rassentrennung“ zu tragen, die politische Segeration. Auf der oben skizzierten ideologischen Grundlage gab man vor, den verschiedenen „Nationen“ Südafrikas die Möglichkeit zur Selbstentfaltung geben zu wollen ('separate development'), mit dem Ziel ein „weißes Südafrika“ zu schaffen, das 87 % der Gesamtfläche umfasste. Die Afrikaner sollten ihres Status als Staatsbürger beraubt werden. Sie wurden zu Gastarbeitern im eigenen Land. Denn allen blacks wurde eine Stammesangehörigkeit und das entsprechende Homeland zugewiesen, obwohl viele dieses nur dem Namen nach kannten.
Der Bantu Authorities Act von 1951 sollte politische Selbstverwaltung vorbereiten. Schon in den 50er Jahren kam es zu Protesten und Unruhen in den reserves, die sich gegen die Machtstellung der von der Regierung bezahlten chiefs richteten. Mit dem Promotion of Bantu Self-Government Act wurden 1959 erst acht, später zehn Bantu Homelands mit einem gewissen Grad der Selbstverwaltung geschaffen. Man konnte dabei auf die Land Acts von 1913 und 1936 zurückgreifen. Die damals festgelegten Reservate bildeten die Kernstücke der späteren Homelands. Mit dem Bantu Homelands Constitution Act wurde 1963 in Transkei eine legislative Versammlung mit gewissem Spielraum geschaffen. 1971 folgten weitere Homelands. Ab 1976 erklärten eine Reihe von Homelands „konstitutionelle Unabhängigkeit“ von Südafrika. Die Homelandpolitik war eine Politik des „divide and rule“.
Die Kinder sollten schon in der Schule an ihre „Stammeswurzeln“ herangeführt werden. Die Unterrichtssprache war auch nicht Englisch. Schließlich wurden sie praktisch ausgebürgert. Die „Stammeszugehörigkeit wurde schließlich auch Von oben oktruierte und es handelte sich nicht um gewachsenen Strukturen.
Es fällt auf, dass, da die Verschiedenheit Rechtfertigung der der Trennung war, besonders darauf geachtet wurde, die Verschiedenheit zu erhalten und fördern. Die Ideologie stand dabei in der Praxis in einem Widerspruch zu den wirtschaftlichen Interessen. Man wollte die Afrikaner aussondern, aber sich zugleich ihrer Arbeitskraft bedienen.

Eine umfangreiche Liste der Gesetzgebung nach 1948 findet sich hier
 
Fortsetzung

Ich bin auf ein, offenbar recht bekanntes Zitat von Henrik Verwoerd gestoßen, in dem er die Apartheid als „policy of good neighbourliness“ beschönigt. Nun lässt sich die Art wie das Zusammenleben gestaltet wurde sicher nicht als gut nachbarschaftlich bezeichnen. Diese Aussage wirkt umso absurder, wenn man ihr die Geschichte des District 6 in Kapstadt entgegenhält. Auf Grundlage des Group Areas Act wurde 1965 der multikulturelle Bezirk 6 zu einer „whites area“ erklärt. Bis 1982 wurden ca. 60000 Menschen vertrieben, Häuser wurden dem Erdboden gleich gemacht, Nachbarn getrennt und Familien auseinandergerissen. Viele mussten wohl nach Cape Flats, einem ca. 25 km entfernten Township umsiedeln. Seit Ende der 80er Jahre erinnert ein Museum an die Geschichte des Viertels und seiner ehemaligen Bewohner. Ein weiteres bekanntes, früheres Beispiel für die Umsetzung des Group Area Acts ist dass Vorgehen in Sophiatown, einem Vorort Johannesburgs. Aus der englischen Wikipedia:
By the 1920s whites had moved out, leaving behind a vibrant community of black Africans, Coloureds, Indians, and Chinese. But on 9 February 1955 2 000 policemen, armed with guns, rifles, and African Clubs (knobkerries) forcefully moved the black families of Sophiatown to Meadowlands, Soweto. Over the next eight years Sophiatown was flattened and removed from the maps of Johannesburg to give way for a suburb for whites and the area was renamed Triomf - Afrikaans for Triumph by the apartheid government.



B. Die Opposition gegen die Apartheid

Die schwarze Protestbewegung in Südafrika und die anderer diskriminierter Gruppen (Gandhi) ist älter als die Südafrikanische Union selbst. Der ANC (African National Congress) ging aus dem South African Native National Congress hervor, der sich 1912 formierte. Ihr Protest richtete sich gegen die rassistische Gesetzgebung. 1952 wurde der 1960 als erster Afrikaner mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Albert Luthuli Präsident des ANC. Der gewaltlose Widerstand während der 50er Jahre verschaffte dem ANC eine breite Basis in der schwarzen Bevölkerung. 1955 wurde die Freiheitscharta formuliert.
Besonders hatte sich jeher der Protest an den verschiedenen Passgesetzen entzündet. Schon Gandhi hatte gegen die Meldepflicht für Inder gekämpft. Das Jahr 1960 sollte das „Jahr des Passes“ werden, der ANC plante landesweite Kampagnen. 1959 spaltete sich der PAC als rein schwarze Organisation von dem gewaltlosen Widerstand frustriert vom ANC ab und plante eigene Anti-Pass-Kamapgnen. Eine der Aktionen des PAC fand am 21.03.1960 in dem 50 km von Johannesburg entfernten Township Sharpville statt. Als gewaltloser Protest in Tradition Mahatma Gandhis geplant, bewegten sich mehrere Tausend Afrikaner ohne Pässe auf ein Polizeirevier zu, um sich verhaften zu lassen. Die Aktion führte zum Massaker von Sharpville, bei dem 69 Demonstranten ums Leben kamen, meist von hinten erschossen. Die Behauptung, das Werfen von Steinen seitens der Demonstranten sei der Auslöser gewesen, konnte nicht belegt werden. Sowohl ANC als auch PAC wurden 1960 verboten. Letztlich führten das Massaker und der darauf folgende internationale Protest zum Austritt Südafrikas aus dem Commonwealth und zur Gründung der Republik Südafrika. 1961 formierte sich auch im ANC unter Führung Mandelas ein militanter Flügel, der Umkhonto We Sizwe. 1963 bis 1964 fand der Rivonia Prozess statt, in dem Mandela und andere zu lebenslanger Haft verurteil wurden.

Nach dem tödlichen Attentat 1966 auf Verwoerd begann die Apartheidspolitik der NP unter dem neuen Premierminister Vorster zu erlahmen. Das Bewahren des Status quo stand im Vordergrund. Entsprechend widmete sich der ehemalige Justizminister Vorster dem Ausbau des Sicherheits- und Polizeistaates. In den 70er Jahren entstanden aber auch die ersten starken schwarzen Gewerkschaften. Mit einer neuen Generation bildete sich unter ihrem führenden Kopf Steve Biko das von der amerikanischen Black Power Bewegung beeinflusste Black Consciousness Movement. Elementar war der Stolz auf die eigene Kultur, die schwarze Hautfarbe und das „Afrikanersein“, um sich auch mental von verinnerlichten Abhängigkeiten zu befreien. Am 16. Juni demonstrierten Tausende Schüler in Soweto gegen die Einführung von Afrikaans als Unterrichtssprache, dem nur wenige von ihnen mächtig waren. Bei Zusammenstößen mit der Polizei eröffnete diese das Feuer. Nach Angaben der Polizei beläuft sich die Opferzahl auf 575, andere sprechen von etwa tausend Toten in wenigen Tagen. Viele Schüler flohen ins Ausland und schlossen sich im Exil dem ANC an, der in den 80er Jahren den bewaffneten Widerstand verstärkte. Eine wichtige Rolle spielten in den 80er Jahren die Gewerkschaften, die man nicht verbot, was als Zeichen für eine Machtverschiebung gilt. 1972 waren nur ca. 14000 Arbeiter gewerkschaftlich organisiert, 1979 waren es 85000 und 1989 über eine Million. Filmaufnahmen der zahlreichen Demonstrationen findet man in diesem Filmarchiv.
1978 wurde Botha Premierminister. Aufgrund des inneren und internationalen Drucks und unter dem Eindruck der Vorgänge in Angola und Mosambik versuchte er 1983 das System zu öffnen, indem er die Inder und coloureds als Juniorpartner an der Regierung beteiligte. Sie erhielte jeweils eigene Parlamente. 1984 trat die neue Verfassung in Kraft, die Botha als Staatspräsidenten mit weitreíchenden Vollmachten ausstattete. Einige Gesetze wie das Mischehenverbot und, nach erheblichem Druck, 1987 die Passgesetze wurden aufgehoben. 1986 wurde der Ausnahmezustand ausgerufen. Drei Jahre später trat de Klerk Bothas Nachfolge an. Bothas Strategie, eine Mischung aus Zugeständnissen und polizeistaatlichen Repressalien, hatte das Land immer tiefer in die Krise getrieben.
De Klerk war reformbereit, wenn auch nicht gewillt die Vormachtstellung der Weißen aufzugeben, und nach und nach fielen die Apartheidgesetze. Das von ihm angestrebte System „ethnisch-kultureller Gruppenrechte“ konnte nicht verwirklicht werden. Der ANC setzte sich bei den einsetzenden Verhandlungen über ein Ende der Apartheid mit „one person one vote“ durch. 1994 fanden die ersten allgemeinen freien Wahlen statt.


C. Ausblick:


Soweit der Überblick den ich mir verschafft habe. Ich hoffe andere fühlen sich aufgerufen das skelettartige Gerüst der Apartheid, das ich hier gezeichnet habe, kräftig zu unterfüttern und wenn gegeben zu korrigieren.
Besonders in Teil B habe ich versucht mich sehr kurz zu fassen. Aber jedes angesprochene Thema ließe sich nach beliebig vertiefen. Besonders Beispiele aus dem Alltag während der Apartheid und mehr zu der praktischen Umsetzung der Acts, besonders der Siedlungs- und Passgesetzte fehlt mir noch. Auch die Zensur, die Gesundheitsvorsorge, die Polizeimaßnahmen u.v.m. ließen sich noch einbringen. Von Mandela, dem ANC, der internationalen Politik und den vielfältigen Akteuren und Formen des Protestes ganz zu schweigen.

Neben den Internetquellen habe ich mich auf die Welt- und Kulturgeschichte Bd.15 u. 16 (C. Marx) sowie die Fischer Weltgeschichte gestützt.

 
D. Anhang:

Allgemeines:

EDIT: Die defekten Links (Verlinkung nicht möglich?)führen alle auf
South African History Online
Die Benennung ist den Überschriften gefolgt (Googlesuche) oder schaut unter media - library.

Timelines

Liste mit Anti-Apartheids Organisationen (international)

Constitution of the South African Native National Congress, September 1919

ANC Youth League Manifesto 1944

The Freedom Charter 26 June 1955

http://www.sahistory.org.za/20th-century-south-africa/sharpeville-massacre-21-march-1960

Nelson Mandela to F. W. de Klerk 12 December 1989

Contents - The O'Malley Archives
South African History Online
http://www.persee.fr/web/revues/home/prescript/article/cea_0008-0055_1966_num_6_23_3075

Nelson Mandela Foundation – Home
Apartheid Museum
District Six Museum
http://content.sabinet.co.za
http://www.ajol.info/

Medien:

Die Homepage eines südafrikanischen Projekts, auf dem es Videomaterial zum Kampf gegen die Apartheid in Hülle und Fülle gibt:
CVET - Community Video Education Trust

Hier sieht man eine gute Auswahl kommentierter Aufnahmen des bekannten Fotografen Ernest Cole (Kole), der unter anderem das oft zu sehende Bild der alten Dame auf einer „whites only“ Parkbank in Johannesburg gemacht hat. Sehr sehenswert:
AFRICA.VISUAL_MEDIA Blog Archive Ernest Cole: Photographer. Pioneer. Rebel. Exile.


Videosuche:

Pretoria, South Africa, 1950s
Johannesburg, South Africa, 1950s
Cape Town, South Africa, 1950s

Apartheid in South Africa: Raw Documentary Footage (1957 Film)


Hendrik Verwoerd Defines Apartheid
Cape Town's District Six
Apartheid, District Six, Cape Town, South Africa
The Life and Death of Steve Biko (1977) Part 1
Steve Biko - rare TV interview

Wikipedia:

http://de.wikipedia.org/wiki/Kategorie:politiker_%28S%C3%BCdafrika%29

Mohandas Karamchand Gandhi ? Wikipedia

Padraig O'Malley - Wikipedia, the free encyclopedia

Liste der Premierminister von Südafrika ? Wikipedia

Kategorie:Historische Rechtsquelle (Südafrika) ? Wikipedia

District Six, Cape Town - Wikipedia, the free encyclopedia

Rivonia-Prozess ? Wikipedia

Aufstand in Soweto ? Wikipedia

Sophiatown, Gauteng - Wikipedia, the free encyclopedia

African National Congress ? Wikipedia


Bantu Administration ? Wikipedia
 
Zuletzt bearbeitet:
Homelandpolitik: Bei der Homelandpolitik kommt ein weiterer Aspekt der „Rassentrennung“ zu tragen, die politische Segeration. Auf der oben skizzierten ideologischen Grundlage gab man vor, den verschiedenen „Nationen“ Südafrikas die Möglichkeit zur Selbstentfaltung geben zu wollen ('separate development'), mit dem Ziel ein „weißes Südafrika“ zu schaffen, das 87 % der Gesamtfläche umfasste.

Für die Verfechter der Apatheidpolitik schien es angesichts der zunehmenden weltweiten Ächtung des weißen Regimes nur noch eine letzte Möglichkeit zu geben, dem sich immer mehr verschärfenden Wirtschaftsboykott zu entgehen: die Aufspaltung Südafrikas in einen weißen und schwarzen Staat.

Dieses Konzept hatte allerdings eine Reihe von Geburtsfehlern. Zunächst hätte man die südafrikanische Bevölkerung völlig entflechten und große Teile umsiedeln müssen - ein von vornherein problematischer Weg. Ferner wäre die südafrikanische Wirtschaft bei einem Ausfall des schwarzen Bevölkerungsteils sicherlich in Kürze zusammengebrochen, denn die Übernahme aller bislang von Schwarzen verrichteten Arbeiten in Bergbau, Handel und Industrie durch die weiße Bevölkerung wäre ein utopisches Unterfangen gewesen.

Die dann gefundene Lösung mit den so genannten Homelands - die kein Staat der Welt anerkannte - war lediglich Kosmetik und Augenwischerei. Die Weißen behielten den weit überwiegenden Teil des Bodens, während der schwarzen Bevölkerung nur wirtschaftlich wertlose Gebiete vorbehalten sein sollten. Da zudem die südafrikanische Wirtschaft nicht auf schwarze Arbeitskräfte verzichten konnte, scheiterte das Projekt der Homelands, ganz abgesehen von ihrer zweifelhaften moralischen Begründung, die einzig auf einem rassistischen Ansatz basierte,

 
Vollkommen richtig.
Allerdings war man laut Van den Berghe, nachdem man erkannt hatte, dass das Ziel eines eines „weißen Südafrikas“ nicht realisierbar war, bemüht so viel schwarze Afrikaner wie möglich in die Homelands zu pferchen. Es kam auch zu Enteignungen und Zwangsumsiedlungen. Insofern fände ich Angaben über die Bevölkerungsverschiebungen in die Homelands nützlich.

Die Homelandpolitik war zwar an ihrem eigenen „utopischen“ Ansatz gescheitert, aber nichtsdestotrotz hatten die eingeleiteten Maßnahmen erheblichen Einfluss auf die Situation der Afrikaner in den Homeland-Gebieten: So war der Widerstand gegen die „Pseudo-Stammestrukturen“ nachempfundene Verwaltung ungebrochen.
(In Transkei z.B.:
On 6 June, 1960, at Nguza Kop in Pondo-land, the police fired on a number of insurgents and eleven were killed. However, this did not mean the end of all opposition in Pondoland. As an act of revenge the insurgents killed several headmen and others who had been co-operating with the government.)
So bestand die Legislative in den Homelands fast zur Hälfte aus ex officio chiefs, die nicht demokratisch gewählt und „Angestellte“ der südafrikanischen Regierung waren. Van den Berghe spricht von puppet chief. Die Regierung der Homelands konnte diktatorische Formen annehmen wie in Ciskei in den frühen 80ern.
Ich habe gelesen, dass die Zahl schwarzer Homeland Polizisten, die eng mit dem südafrikanischen Regierung zusammenarbeiteten, bis 1990 bemerkenswert angestiegenen war (ca. 20.000). In den Homelands kam es zu Menschrechtsverletzungen wie Entführung, Folter, Hinrichtungen und Misshandlungen.

So weit ich das verstanden habe, starb der ideologische Kerngedanke mit Verwoerd selbst. Kontrolle und Dominanz über ganz Südafrika war das Ziel.
“[...] and we shall retain White leadership all over South Africa and not only in parts as Dr Verwoerd would have us to do.”
Darüber hinaus konnten in den „weißen“ Zonen Aufgegriffene in ihr formales Homeland verbracht werden, die rechtliche Situation der außerhalb der Homelands lebenden Schwarzen hatte sich auch verschlechtert. Da würde ich auch gerne Detaillierteres erfahren.
Es scheint, als hätte sich der Akzent der Homelandpolitik von einem Mittel der Ausgrenzung zu einem Mittel der Kontrolle verlagert.
 
Vollkommen richtig.
Allerdings war man laut Van den Berghe, nachdem man erkannt hatte, dass das Ziel eines eines „weißen Südafrikas“ nicht realisierbar war, bemüht so viel schwarze Afrikaner wie möglich in die Homelands zu pferchen.

Allerdings nicht diejenigen Schwarzen, die z.B. in den Minen und Bergwerken einen satten Teil des Bruttosozialproduktes erbrachten. Auch nicht diejenigen, die in vielen Fabriken als Arbeiter unersetzlich waren. Es traf also nur solche Schwarze, die als Arbeitslose dem Staat zur Last fielen.

Insgesamt war das Projekt Homelands ein verzweifelter Versuch, die weiße Vorherrschaft in Südafrika gegenüber einer zahlenmäßig weitaus größeren schwarzen Bevölkerung zu zementieren. Die Frage ist ob es Pläne gab, ein solches Projekt mit allen Konsequenzen umzusetzen: Teilung Südafrikas in zwei ökonomisch und geografisch gleichwertige Teile, von denen der eine schwarz, der andere weiß regiert worden wäre. Ob es dafür eine Zukunft gegeben hätte?
 
Von gleichwertig war meines Wissens nie die Rede. Eher war "Divide et impera" die Devise. So wurde schon die Zuordnung der ethnischen Einheiten, die den Homelands zugehören sollten, aufgrund strategischer Erwägungen betrieben. Südafrika wurde als "multinational" bezeichnet und der Trick war ja gerade, aus einer weißen Bevölkerungsminderheit eine Mehrheit zu machen (s. Citizen Act). Keinesfalls wollte man ein "scharzes" und ein "weißes Südafrika", vielmehr mehrere abhängige, miteinander konkurrierende schwarze "Nationen".
Tatsächlich kam die Homelandpolitik in eine krise, als sich gegen die versprochene Unabhängigkeit zunehmend eine weiße Opposition bildete, man aber auch die chiefs nicht brüskieren wollte.

Betroffen waren übrigens auch vor allen Anderen die Besitzer sogenannter black spots, schwarze Afrikaner, die vor dem Native Land Act Land erworben hatten, das außerhalb der Homelands lag.

Bei der Frage wieviele Zwangsumsiedlungen es gab, bin ich einen Schritt weiter:

Der Anteil in Homelands (de fakto) lebender schwarzer Afrikaner
1960 37, 6% (3,76 Mio.)--------------- 1980 56 % (16,2 Mio)

Aus Isert: Die Homeland-Politik in Südafrika, Lang 1997

Die Kapitel über die "Denationalisierung" der Schwarzen durch den Bantu Homelands Citizenship Act 1970 und die Zwangsumsiedlungen muss ich mit noch anschauen.
 
Von gleichwertig war meines Wissens nie die Rede. Eher war "Divide et impera" die Devise.

Das war eher ein Gedankenspiel meinerseits. Es hätte dann immerhin - ganz im Sinne der Apartheidspolitiker - einen kleineren weißen und einen stattlichen schwarzen Staat in Südafrika gegeben, wobei der schwarze - bei einer gerechten Aufspaltung der wirtschaftlichen Ressourcen - wirklich lebensfähig gewesen wäre. Damit wäre die weiße Minderheit zur Mehrheit im eigenen Staat geworden und es hätte daneben einen schwarzen südafrikanischen Staat mit guter ökonomischer Basis gegeben. Vermutlich wäre aber ein Problem unlösbar gewesen: Wie wollte man die ineinander verzahnten Bevölkerungsgruppen entflechten?

Vielleicht kannst du mir bei dieser Gelegenheit noch eine Frage beantworten. Es ist mir bis heute unerklärlich, warum das weiße Regime und Präsident de Klerk völlig kampflos ihre eigene Entmachtung betrieben haben und den Staat innerhalb kürzerster Zeit durch freie Wahlen der schwarzen Bevölkerungsmehrheit übergaben.

Nach Jahrzehnten strengster Apartheidspoltik, einer sogar theologisch untermauerten strikten Rassentrennung und eines gnadenlosen Rassismus war das keinesfalls zu erwarten. Man hätte eher erwarten können, dass die Weißen die Macht unter ständigem Druck über Jahre und höchstens stückweise aus der Hand geben würden - woher also diese plötzliche "Erleuchtung"? In der Wiki-Biografie des de Klerk fand ich keine Antwort darauf.
 
Nach ein paar Tagen im Urlaub will ich mal einen Erklärungsversuch wagen:

Zunächst muss man feststellen, dass es ja eine Ära der Kompromisse bereits seit Bothas Regierungsantritt gab, diese jedoch das Land nur noch mehr in die Krise getrieben hat. Seit 1968 galt der Ausnahmezustand im ganzen Land. Die Provinz Natal (Buthelezi) war zuletzt aufgrund blutiger Auseinandersetzungen zwischen dem UDF und der Inkatha faktisch unregierbar. Der von Botha immer weiter ausgebaute repressive Sicherheitsapparat und die Apartheidsbürokratie verschlangen ungeheuere Summe, gleichzeitig kam es aufgrund des Verfalls des Goldpreises zu hohen Steuerausfällen. Hinzu kamen der internationale, stärker werdende Druck und wirtschaftliche Sanktionen, sowie die Arbeit von Gewerkschaften und UDF.
Als de Klerk also 1989 Präsident wurde, war sein Handlungsspielraum also schon stark begrenzt. Er war zu Reformen gezwungen, seine Verhandlungsbasis war jedoch schwächer als sie es 10 Jahre zuvor gewesen wäre. Außerdem gab es ja eigentlich gar keine Alternative zu einem extremen Machtschwund der NP. Freie Wahlen nach unserem modernen Demokratieverständnis mussten ja zu einem machtpolitischen Umschwung führen. Hinzu kommt das Verhandlungsgeschick der ANC-Vertreter, die den Druck der Straße zu nutzen wussten.
Mein persönlicher Eindruck ist auch, dass beide Seiten primär an der Gestaltung eines möglichst gewaltfreien Übergangs interessiert waren. Eigentlich ein kleines Wunder, dass das geklappt hat. Die Angst vor einem Ende der Apartheid war bereits seit den 50ern tief im Denken der weißen Bevölkerung verwurzelt. In diesem Zusammenhang sei die von Joe Slovo eingebrachte „sunset clause“ erwähnt, die der NP während einer Übergangzeit Kabinettsposten garantierte. Es gab also Zugeständnisse von beiden Seiten und Protest in den verschiedenen radikalen Flügeln. De Klerk und seine Mitarbeiter konnten ihr Modell „ethnisch kultureller Gruppenrechte“ nicht durchsetzen, versucht haben sie es aber.
Wesentlich war wie gesagt für beide Seiten, dass das Land nicht in einem blutigen Chaos versinkt und angesichts des aufgestauten Hasses und der vielen Vorurteile und Ängste halte ich es für ein Wunder, wie diese schwierige Situation gemeistert wurde. Man hätte ja durchaus auf die Idee kommen können, auch die wirtschaftliche Gleichstellung mit Enteignungen zu beschleunigen (aber siehe Globalisierung der Wirtschaft, Abschrecken der Investoren, etc.).
Sowohl de Klerk als auch Mandela hatten es geschafft, der Vernunft zu folgen und die Erfordernisse der Zeit zu erkennen.
 
Als de Klerk also 1989 Präsident wurde, war sein Handlungsspielraum also schon stark begrenzt. Er war zu Reformen gezwungen, seine Verhandlungsbasis war jedoch schwächer als sie es 10 Jahre zuvor gewesen wäre. Außerdem gab es ja eigentlich gar keine Alternative zu einem extremen Machtschwund der NP. Freie Wahlen nach unserem modernen Demokratieverständnis mussten ja zu einem machtpolitischen Umschwung führen. Hinzu kommt das Verhandlungsgeschick der ANC-Vertreter, die den Druck der Straße zu nutzen wussten.

Nein, großen Spielraum hatte er nicht, Südafrika war wirtschaftlich isoliert und moralisch unter Druck. Das Apartheidsystem hatte mindestens 30 weitere Jahre an einem eigentlich unhaltbaren, überlebten System festgehalten.


Mein persönlicher Eindruck ist auch, dass beide Seiten primär an der Gestaltung eines möglichst gewaltfreien Übergangs interessiert waren. Eigentlich ein kleines Wunder, dass das geklappt hat.

Das ist untertrieben. Man kann die Qualität dieses friedlichen Machtwechsels und den fast einmaligen Versuch einer geordneten Aufarbeitung durch die Versöhnungskommision nicht oft genug als Positivbeispiel hervorheben.

Die Angst vor einem Ende der Apartheid war bereits seit den 50ern tief im Denken der weißen Bevölkerung verwurzelt. In diesem Zusammenhang sei die von Joe Slovo eingebrachte „sunset clause“ erwähnt, die der NP während einer Übergangzeit Kabinettsposten garantierte. Es gab also Zugeständnisse von beiden Seiten und Protest in den verschiedenen radikalen Flügeln. De Klerk und seine Mitarbeiter konnten ihr Modell „ethnisch kultureller Gruppenrechte“ nicht durchsetzen, versucht haben sie es aber.
Wesentlich war wie gesagt für beide Seiten, dass das Land nicht in einem blutigen Chaos versinkt und angesichts des aufgestauten Hasses und der vielen Vorurteile und Ängste halte ich es für ein Wunder, wie diese schwierige Situation gemeistert wurde. Man hätte ja durchaus auf die Idee kommen können, auch die wirtschaftliche Gleichstellung mit Enteignungen zu beschleunigen (aber siehe Globalisierung der Wirtschaft, Abschrecken der Investoren, etc.).
Sowohl de Klerk als auch Mandela hatten es geschafft, der Vernunft zu folgen und die Erfordernisse der Zeit zu erkennen.

Beide Seiten hatten den großen Vorteil aus den Fehlern der Geschichte lernen zu können. Diesen Vorteil genutzt zu haben, ist ein Beweis für das hohe Zivilisitions-/Vernunftpotential, dass alle Völker im Prinzip hatten und haben.

OT: Es tut mir ein bißchen leid, Traklson, dass sich aus dem von dir so umfassend und informativ vorgetragenen Thema, keine richtige Diskussion entwickeln will. Wahrscheinlich verfügt hier keiner über Detailwissen auf deiner Augenhöhe und da fällt es schwer, sich mit einfachen Meinungen vorzuwagen.
 
Allerdings nicht diejenigen Schwarzen, die z.B. in den Minen und Bergwerken einen satten Teil des Bruttosozialproduktes erbrachten. Auch nicht diejenigen, die in vielen Fabriken als Arbeiter unersetzlich waren. Es traf also nur solche Schwarze, die als Arbeitslose dem Staat zur Last fielen.
Hast Du hierfür eine Quelle? Ich zweifle nämlich an dieser Es-traf-nur-Arbeitslose-These. Meiner Erinnerung nach hatten die Schwarzen in den Homelands so gut wie keine Chance einen Arbeitsplatz zu finden und mussten daher in den Gebieten der Weißen arbeiten. Die Folge waren irrwitzig lange Arbeitswege. Die Schwarzen hatten eine lange Arbeitszeit und den Rest des Tages waren sie zumeist per Fuß oder Rad auf dem Arbeitsweg. Um ihre Familien konnten sie sich gar nicht kümmern, mit dem Ergebnis dass die Familienstrukturen der Schwarzen zerfielen und den sich hieraus ergebenden weiteren sozialen Problemen.
 
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Hast Du hierfür eine Quelle? Ich zweifle nämlich an dieser Es-traf-nur-Arbeitslose-These. Meiner Erinnerung nach hatten die Schwarzen in den Homelands so gut wie keine Chance einen Arbeitsplatz zu finden und mussten daher in den Gebieten der Weißen arbeiten. Die Folge waren irrwitzig lange Arbeitswege. Die Schwarzen hatten eine lange Arbeitszeit und den Rest des Tages waren sie zumeist per Fuß oder Rad auf dem Arbeitsweg. Um ihre Familien konnten sie sich gar nicht kümmern, mit dem Ergebnis dass die Familienstrukturen der Schwarzen zerfielen und den sich hieraus ergebenden weiteren sozialen Problemen.

Die Homelands wie die Paßgesetze waren sowohl Kontrollinstrument wie Mittel der Ausgrenzung. Theoretisch war die Sache so konzipiert, daß den Schwarzen die Staatsbürgerschaft Südafrikas durch die kalte Küche aberkannt werden und diese ausschließlich als Bürger 'ihres' jeweiligen Homelands gelten sollten. Aus diesen Homelands wurden Arbeitskräfte gezielt mit Arbeitsverträgen nach Südafrika geholt, um zb in den Minen oder anderen Großbetrieben auf Zeit zu arbeiten. Dadurch sollte ua das politische Wohlverhalten der Arbeiter sichergestellt werden. Diese Arbeitskräfte wurden in Wohnheimen, mehrheitlich auf betriebseigenem Gelände, untergebracht, was weitere Kontroll- und Druckmöglichkeiten eröffnete. Als unersetzlich können diese Arbeitskräfte nicht bezeichnet werden - gerade der einzelne war aufgrund geringer Qualifizierung sehr schnell zu ersetzen, wenn auch das System insgesamt auf eine hohe Anzahl solcher Arbeitskräfte angewiesen war.

Die langen Arbeitswege kamen aber nicht durch Arbeitskräfte aus den Homelands zustande, sondern durch im weißen Südafrika lebende Afrikaner. Die sogen Townships, in denen sich Afrikaner ansiedeln durften, lagen in der Regel am Arm der Heide, dh in großer Entfernung von den Städten, denen sie jeweils Arbeitskräfte in Produktion und im Dienstleistungsbereich stellten. Insbesondere hier kamen die langen Wege und Abwesenheitszeiten von der Familie vor.

Aufgrund der Gesetzgebung bestand jedoch sehr wohl die Möglichkeit, durch den Verlust des Arbeitsplatzes in ein Homeland abgeschoben zu werden und dies ist nach meiner Erinnerung zb bei politisch bzw gewerkschaftlich aktiven und vor allem damit mißliebig gewordenen Personen auch so angewendet worden. Arbeitslos gewordene Afrikaner als Regelfall in ein Homeland abzuschieben, wurde jedoch nicht durchgeführt. Zum einen wurde lange Zeit mit dem Einsatz einer großen Zahl wenig oder unqualifizierter Arbeitskräfte produziert und technische Innovation vernachlässigt. Insbesondere die rassistische Ideologie führte jedoch auch dazu, daß ein beträchtlicher Teil der manuellen Arbeit in Industrie, im Dienstleistungssektor, in der Landwirtschaft, aber auch im Haushalt als für Weiße nicht passend angesehen wurde und hierfür afrikanische Billiglohnkräfte eingestellt wurden. Das konsequente Abschieben aller arbeitslosen Afrikaner aus den Townships hätte vermutlich ebenfalls den sozialen und politischen Sprengstoff gezündet.
 
Ich lese immer nur etwas von Weißen und Schwarzen, aber die alleine machen die "Rainbow Nation" nicht aus und es gab auch im alten Südafrika mehr, als nur diese beiden Kategorien. So gab es z.B. noch die sogenannten Kapmalaien, die als Sklaven aus Asien von den Niederländern ans Kap gebracht worden waren und die dort zum Islam übergingen (weil die Niederländer am Kap auch politische Gefangene, darunter islamische Geistliche, welche dann unter den asiatischen Sklaven islamische Mission betrieben), aber auch die Ursprungsbevölkerung wurde in ganz verschiedene Kategorien einsortiert.
 
Soweit ich weiß, gab es vier Kategorien: native, white, coloured, Asian. (Wobei zb die in Südafrika lebenden Inder in die Kategorie Asian eingestuft waren; die von dir genannten Malaien galten als Coloured.) Japaner wurden als White klassifiziert. Die Klassifizierungen waren willkürlich und beruhten häufig auf Augenschein und Laune des jeweils befaßten Beamten.

Zwar waren auch die Einrichtungen für Coloureds und Asians gegenüber denen für Weiße reservierten minderwertig, aber doch relativ besser als die für Afrikaner vorgesehenen. Coloureds und Asians konnten zb in den 1980er Jahren auch wieder eigene Vertreter ins Parlament wählen, während Afrikaner in der gesamten Zeit kein Wahlrecht in Südafrika hatten und zudem im Fall der als unabhängig erklärten Homelands auch ausgebürgert wurden, dh im eigenen Land als Ausländer galten.

Du hast Recht, daß in diesem Thread hauptsächlich über die afrikanische Bevölkerungsmehrheit gesprochen wurde. Dies liegt mE daran, daß es sich wie gesagt um die Mehrheit der Bevölkerung handelte, deren angestammte Heimat Südafrika war und die durch die Gesetzgebung entrechtet, unterdrückt und ihrer Heimat beraubt wurde.
 
Zabana!

Fehlen noch die Mischlinge. Dazu die Beobachtung und Interpretation einer weißen Südafrikanerin: Diese war der Überzeugung, dass die Mischlinge die größten sozialen Probleme von allen Bevölkerungsgruppen in SA aufwiesen. Sie begründete das folgendermaßen: Als die Niederländer die Kapkolonie gründeten, gab es ein Problem: Sie hatten absoluten Männerüberschuss. Also nahmen sie sich einheimische Frauen - dies allerdings nicht im Sinne von Heiraten. Ob es sich um Vergewaltigungen oder Liebschaften im beiderseitigen Einverständnis handelte - oder auch beides - das sei dahingestellt.
Jedenfalls waren es Beziehungen die in erster Linie der Libido der niederländischen Kapkolonisten dienten. Die daraus erwachsenden Kinder wuchsen dementsprechend nur mit Müttern aber ohne Väter, zumindest ohne Väter, die sie anerkannten auf. Da dies über einen längeren zeitraum praktiziert wurde, gab es also ganze verlorene Generationen väterloser Mischlinge und auf diese Weise setzte sich das eben in dieser Bevölkerungsgruppe fort.
Bei den kapmalaiischen Frauen, welche dasselbe Schicksal teilten, hat offensichtlich die fortschreitende Islamisierung und Einbindung in die Gemeinden eine ähnliche Entwicklung verhindert.

Wenn ich das recht in Erinnerung habe, dann sind die Townships nicht nur nach Stämmen, sondern auch nach Ursprungsbevölkerung und nach Mischlingen getrennt.
 
Fehlen noch die Mischlinge.

Diese Gruppe hatte außerdem die größte Unsicherheit bezüglich ihrer Zuordnung. Es waren gerade diese Familien, in denen Kinder derselben Eltern unterschiedlichen "Rassen" zugeordnet wurden.
Ich meine auch, vor Jahren mal gelesen zu haben, daß diese Personengruppe selbstbewußtseinsmäßig am schlechtesten dastand, kann mich aber an den Titel des Buches nicht erinnern. Es wäre jedenfalls erklärlich - zum einen mit den von dir dargestellten Umständen. Zum anderen wurde den Coloureds vom weißen Südafrika nicht nur die Anerkennung, sondern auch die Heimat vorenthalten. Viele der gegen die afrikanische Bevölkerungsmehrheit gerichteten Gesetze galten ebenfalls für Coloureds (wie zb das Verbot, mit "andersrassigen" Personen Ehen bzw Beziehungen einzugehen).


Wenn ich das recht in Erinnerung habe, dann sind die Townships nicht nur nach Stämmen, sondern auch nach Ursprungsbevölkerung und nach Mischlingen getrennt.
Alle Wohngebiete unterlagen der Segregation, dh als Coloureds eingestufte Personen durften nicht in als afrikanisch ausgewiesenen Wohngebieten leben, Afrikaner nicht in Coloured-Gebieten etc.; alle Gruppen hatten getrennte Wohngebiete.
 
Diese Gruppe hatte außerdem die größte Unsicherheit bezüglich ihrer Zuordnung. Es waren gerade diese Familien, in denen Kinder derselben Eltern unterschiedlichen "Rassen" zugeordnet wurden.

Das verdeutlich die Absurdität des Systems noch einmal besonders. Aber selbst als Weiße klassifizierten Menschen konnten solche Dinge passieren.
Ich las* mal einen Zeitzeugenbericht eines Mannes, der als Junge in Muizenberg lebte. Muizenberg ist ein Stadtteil Kapstadts mit Badestränden, der Weißen vorbehalten war. Dieser Junge verbrachte die meiste Zeit am Strand und war dementsprechend braun gebrannt, was Zweifel an seiner Klassifizierung als Weißer auslöste.

*Wo genau, weiß ich leider nicht mehr, habe aber den Dumont-Reiseführer Kapstadt vor Augen.
 
Hast Du hierfür eine Quelle?

„Zwangsumsiedlungen trafen solche Personengruppen, die als redundant galten, als surplus people im ökonomischen Ermessen von Regierung und Kapital, d.h. gerade und durchaus auch solche Menschen, die nicht arbeitslos oder arbeitsunfähig waren, sondern Facharbeiter, Intellektuelle und Leute mit Grundbesitz…“Isert: Die Homeland-Politik in Südafrika, Lang 1997
Es traf also, wie Ingeborg richtig dargestellt hat, alle, die als „überflüssig“, also unerwünscht eingestuft wurden. Es genügte etwa schon sein Einkommen anders als mit in den Augen der Apartheidspolitiker angemessenen Tätigkeiten zu sichern. Also nicht als Wanderarbeiter, Pendler, Dienstpersonal oder in der Landwirtschaft. Politische und gewerkschaftliche Aktivitäten konnten ebenfalls ausschlaggebend sein. Zwangsumsiedlungen konnten aber auch einen ganz praxisorientierten Hintergrund haben, wie den Bau von Dämmen oder die Schaffung von Naturreservaten oder Sicherheitszonen. Auf der anderen Seite galt es auch die Basis der Homelands zu stärken, um ihren Staus zu heben.

Aus diesen Homelands wurden Arbeitskräfte gezielt mit Arbeitsverträgen nach Südafrika geholt, um zb in den Minen oder anderen Großbetrieben auf Zeit zu arbeiten..

Die agencies, die für die Arbeitsvermittlung zuständig waren, konnten , zunächst Teil der Bantu Administration, später auch Privatunternehmen geführt werden. Ferner gab es wohl auch labour pools und closer settlements, wohin erwerbsfähige Afrikaner umgesiedelt wurden (?).

Soweit ich weiß, gab es vier Kategorien:.

So steht es auch bei Wikipedia. Allerdings gab es zunächst nur drei Klassen Bantu oder blacks, whites und coloureds, zu letzteren zählten zunächst auch die Inder. Der Population Registration Act wurde aber 15-mal novelliert. Ich habe nirgendwo gelesen, wann die Inder als vierte „Kaste“ separiert wurden.
Neben der äußeren Erscheinung galten ausdrücklich auch Auftreten, Akzeptanz und soziales Umfeld als Klassifizierungskriterium. So wurde die Abgrenzung zu den coloureds zunächst weniger scharf vorgenommen, um die Basis der weißen Minderheit zu stärken. In den 60ern kam die Abstammung (der Elterngeneration) als Faktor hinzu, „als nun die Zahl der allgemein Weißen akzeptierten als demographischer Herrschaftsressource in den Augen der politischen Führung genügend angewachsen und die Herrschaft insgesamt sicher genug erschien…“ Isert



Coloureds und Asians konnten zb in den 1980er Jahren auch wieder eigene Vertreter ins Parlament wählen,

Genauer gesagt gab es separate Parlamente, weshalb dieses Zugeständnis das System nicht weitreichend genug öffnete, was sich in niedriger Wahlbeteiligung und einem Anhalten der Proteste niederschlug.
 
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Suppression of Communism Act 1950: Dank der extrem weiten Definition des Begriffs „Kommunismus“ als „any doctrine or scheme... which aims at bringing about any political, industrial, social or economic change within the Union ... by unlawful acts or omissions or by the threat of such acts or omissions ... or under the guidance of any foreign or international institution” wurde mit dem Gesetz die Grundlage für umfangreiche Repressalien gegen all jene mit oppositionellen Positionen geschaffen sowie ein Mittel der Zensur. Es war auch Rechtsgrundlage des Rivonia-Prozess, bei dem u.a. Nelson Mandela, Denis Goldberg und Govan Mbeki zu lebenslanger Haft verurteilt wurden. Ihre Haft traten sie natürlich nach „Rassen“ getrennt an, wiederholte Anträge Goldbergs nach Robben Island verlegt zu werden wurden ebenso regelmäßig abgelehnt. Eine der Maßnahmen die aus dem Gesetz abgeleitet wurden war die Bannung, die ohne richterlichen Beschluss verhängt werden konnte. Sie beinhaltete u.a. Hausarrest, strenge Meldepflicht bei Polizeidienststellen, Einschränkung der Bewegungsfreiheit und der Kommunikation.
(Zitat: Lapping 1986: 168)
....
Ich vermute Du verwechselst den Rivonia-Prozess mit dem frueheren Hochverratsprozess gegen Nelson Mandela (den er uebrigens gewonnen hat). Beim Rivonia-Prozesses wurde der "Suppression of Communism Act", den Deine Quelle uebrigens entstellend zitiert, zwar auch erwaehnt, spielte da aber nur eine Nebenrolle. Beim Rivonia-Prozess war hauptsaechlich Sabotage die Rechtsgrundlage, also das was man heute Terrorismus zu nennen pflegt.
Gerichtsdokumente zum Rivioniaprozess kannst Du hier einsehen:
Historical Papers, Wits University

Falls noch Fragen zur "Apartheid" bestehen, bin ich da gerne mit weiteren Dokumenten behilflich, die aber teilweise Uebersetzung erfordern, da ich vermute, dass hier nicht jeder Afrikaans versteht.
 
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