Neddy
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Hier nun die Quelle, auf die sich meine Ausage bezieht:
"Im November 1812 fielen den Kosaken in den Kämpfen um Krasnoje teilweise die Troßkolonnen des Marschall Davout in die Hände, dort fanden sich unter anderen Papieren und Plänen auch Karten von der Türkei, Mittelasien und Indien, "da Napoleon den Plan hatte, die Zustimmung Alexanders zur Invasion in Hindustan zu einer Friedensbedingung zu machen". Diesen Gedanken bestätigte Alexander selbst in einem Gespräch mit dem englischen General Wilson, als er behauptete, er hätte mit der Ablehnung eines Friedens - Indien für England gerettet. "
( Eugen Tarlé: 1812, Berlin 1951, Seite 63)
Es kann keine Frage darüber geben, wer die Idee zu solchen Planspielen hatte, immerhin machte sich unter den Marschällen eine immer größere Kriegsmüdigkeit breit und Persönlichkeiten mit einer eigenen Meinung waren duch Ja-Sager und treue Vollstrecker des Willens des Kaisers ersetzt worden.
Um an dieser interessanten Stelle nochmal einzuhaken: Etwas suggestiv ist nicht Dein Einbringen der Quelle, aber immerhin die Quelle selber: Stammt das Zitat von der Friedensbedingung Einmarsch in Hindustan von Napoleon, Davout, Alexander, Tarlé oder gar dem Kosaken, der die Karten erbeutet hat? Die Antwort auf diese Frage würde uns weiterbringen. Dass etwa Alexander in dem diplomatischen Ränkespiel um und nach der Niederschlagung Napoleons seine Rolle als Retter Englands möglichst hoch spielen wollte, entspricht wohlverstandenem Eigeninteresse. Wenn also beispielsweise Alexander, noch während Napoleon seine Armeen vor sich hertreibt, den Briten glaubhaft sagen kann: unterstützt mich mit Geld, Waffen, Geld und Waffen, sonst steht der Korse morgen auf dem Khyberpass, dann kann er sich davon mehr Hilfe ausrechnen, als wenn er zur Rettung seiner gottesfürchtigen Moskauer Bevölkerung aufruft...
Darüberhinaus muss die Anwesenheit der Karten nicht unbedingt einen - unmittelbaren - Invasionsplan implizieren. Napoleon hat irgendwann mal gesagt, dass man, um die Außenpolitik eines Landes zu verstehen, nur eine Karte dieses Landes brauche. Eine französische Armee in Rußland würde die strategische Landschaft verändern. Wohin könnten die Reste der russischen Armeen sich zurückziehen? Von wo aus könnten sie - mit Verbündeten - den Franzosen in die Flanke fallen? Welche Zufuhrwege können wann wo abgeschnitten werden? Welche Nachrichtenverbindungen? Wie weit muss die Grande Armée wohin vordringen, bis das Vereinigte Königreich oder das Osmanische Reich sich bedroht fühlen und an der russischen Gegenwehr aktiv teilnehmen, und und und...
Zu Napoléons Erfolgen hat unter anderem die ausgezeichnete Stabsarbeit unter der Ägide Berthiers gehört - und dazu gehörte auch vorausschauende und umsichtige Planung - und dazu gehört wiederum eine möglichst umfangreiche Kenntnis des erweiterten Operationsgebietes. (Damit will ich natürlich nicht sagen, dass Boney Indien in Frieden gelassen hätte, hätte er die Chance zur Eroberung gewittert...)