außenpolitische Ziele Napoleons

Hier nun die Quelle, auf die sich meine Ausage bezieht:

"Im November 1812 fielen den Kosaken in den Kämpfen um Krasnoje teilweise die Troßkolonnen des Marschall Davout in die Hände, dort fanden sich unter anderen Papieren und Plänen auch Karten von der Türkei, Mittelasien und Indien, "da Napoleon den Plan hatte, die Zustimmung Alexanders zur Invasion in Hindustan zu einer Friedensbedingung zu machen". Diesen Gedanken bestätigte Alexander selbst in einem Gespräch mit dem englischen General Wilson, als er behauptete, er hätte mit der Ablehnung eines Friedens - Indien für England gerettet. "
( Eugen Tarlé: 1812, Berlin 1951, Seite 63)

Es kann keine Frage darüber geben, wer die Idee zu solchen Planspielen hatte, immerhin machte sich unter den Marschällen eine immer größere Kriegsmüdigkeit breit und Persönlichkeiten mit einer eigenen Meinung waren duch Ja-Sager und treue Vollstrecker des Willens des Kaisers ersetzt worden.

Um an dieser interessanten Stelle nochmal einzuhaken: Etwas suggestiv ist nicht Dein Einbringen der Quelle, aber immerhin die Quelle selber: Stammt das Zitat von der Friedensbedingung Einmarsch in Hindustan von Napoleon, Davout, Alexander, Tarlé oder gar dem Kosaken, der die Karten erbeutet hat? Die Antwort auf diese Frage würde uns weiterbringen. Dass etwa Alexander in dem diplomatischen Ränkespiel um und nach der Niederschlagung Napoleons seine Rolle als Retter Englands möglichst hoch spielen wollte, entspricht wohlverstandenem Eigeninteresse. Wenn also beispielsweise Alexander, noch während Napoleon seine Armeen vor sich hertreibt, den Briten glaubhaft sagen kann: unterstützt mich mit Geld, Waffen, Geld und Waffen, sonst steht der Korse morgen auf dem Khyberpass, dann kann er sich davon mehr Hilfe ausrechnen, als wenn er zur Rettung seiner gottesfürchtigen Moskauer Bevölkerung aufruft...

Darüberhinaus muss die Anwesenheit der Karten nicht unbedingt einen - unmittelbaren - Invasionsplan implizieren. Napoleon hat irgendwann mal gesagt, dass man, um die Außenpolitik eines Landes zu verstehen, nur eine Karte dieses Landes brauche. Eine französische Armee in Rußland würde die strategische Landschaft verändern. Wohin könnten die Reste der russischen Armeen sich zurückziehen? Von wo aus könnten sie - mit Verbündeten - den Franzosen in die Flanke fallen? Welche Zufuhrwege können wann wo abgeschnitten werden? Welche Nachrichtenverbindungen? Wie weit muss die Grande Armée wohin vordringen, bis das Vereinigte Königreich oder das Osmanische Reich sich bedroht fühlen und an der russischen Gegenwehr aktiv teilnehmen, und und und...

Zu Napoléons Erfolgen hat unter anderem die ausgezeichnete Stabsarbeit unter der Ägide Berthiers gehört - und dazu gehörte auch vorausschauende und umsichtige Planung - und dazu gehört wiederum eine möglichst umfangreiche Kenntnis des erweiterten Operationsgebietes. (Damit will ich natürlich nicht sagen, dass Boney Indien in Frieden gelassen hätte, hätte er die Chance zur Eroberung gewittert...)
 
Um an dieser interessanten Stelle nochmal einzuhaken: Etwas suggestiv ist nicht Dein Einbringen der Quelle, aber immerhin die Quelle selber: Stammt das Zitat von der Friedensbedingung Einmarsch in Hindustan von Napoleon, Davout, Alexander, Tarlé oder gar dem Kosaken, der die Karten erbeutet hat? Die Antwort auf diese Frage würde uns weiterbringen. Dass etwa Alexander in dem diplomatischen Ränkespiel um und nach der Niederschlagung Napoleons seine Rolle als Retter Englands möglichst hoch spielen wollte, entspricht wohlverstandenem Eigeninteresse. Wenn also beispielsweise Alexander, noch während Napoleon seine Armeen vor sich hertreibt, den Briten glaubhaft sagen kann: unterstützt mich mit Geld, Waffen, Geld und Waffen, sonst steht der Korse morgen auf dem Khyberpass, dann kann er sich davon mehr Hilfe ausrechnen, als wenn er zur Rettung seiner gottesfürchtigen Moskauer Bevölkerung aufruft...



Darüberhinaus muss die Anwesenheit der Karten nicht unbedingt einen - unmittelbaren - Invasionsplan implizieren. Napoleon hat irgendwann mal gesagt, dass man, um die Außenpolitik eines Landes zu verstehen, nur eine Karte dieses Landes brauche. Eine französische Armee in Rußland würde die strategische Landschaft verändern. Wohin könnten die Reste der russischen Armeen sich zurückziehen? Von wo aus könnten sie - mit Verbündeten - den Franzosen in die Flanke fallen? Welche Zufuhrwege können wann wo abgeschnitten werden? Welche Nachrichtenverbindungen? Wie weit muss die Grande Armée wohin vordringen, bis das Vereinigte Königreich oder das Osmanische Reich sich bedroht fühlen und an der russischen Gegenwehr aktiv teilnehmen, und und und...

Zu Napoléons Erfolgen hat unter anderem die ausgezeichnete Stabsarbeit unter der Ägide Berthiers gehört - und dazu gehörte auch vorausschauende und umsichtige Planung - und dazu gehört wiederum eine möglichst umfangreiche Kenntnis des erweiterten Operationsgebietes. (Damit will ich natürlich nicht sagen, dass Boney Indien in Frieden gelassen hätte, hätte er die Chance zur Eroberung gewittert...)

Tarlé gibt als Quelle des Zitats den engl. General an: Wilson, Narrative of events during the invasion of Russia, S. 275

Nun, wie bereits gesagt, die Expansionspläne Napoleons sind in Rußland endgültig begraben worden.
Theoretisch interessant wäre daher, was gewesen wäre, wenn das endgültige Scheitern der Kontinentalsperre Napoleon in Zugzwang gebracht hätte ... denn auf dem Seeweg war der (Haupt)Feind England nicht zu besiegen ...

Aber wie dem auch sei, mein Anliegen war nur, die Maßlosigkeit Napoleons anzudeuten, mit der ein Realitätspolitiker wie Talleyrand nichts gemein haben konnte und sich damit völlig berechtigt von ihm abgewandt hat.

Grüße
excideuil
 
Was den Realismus des Kaisers angeht, wieder Caulincourt, der sich 1811 vom Kaiser sagen lassen musste:

"Sie sprechen immer nur von Frieden! Der Friede bedeutet nur etwas, wenn er von Dauer und ehrenvoll ist! Ich will keinen Frieden, der meinen Handel ruiniert, wie es der von Amiens getan hat."
(ebenda Seite 25)

Und ich war immer der Meinung, Amiens war ein kluges Abkommen ...
Da bin ich völlig Deiner Meinung.

Man muss dabei bedenken, was Du sicherlich getan hast (ich fasse Deinen Hinweis auf das "kluge Abkommen" als sowas auf), dass Napoléon viel in seinem Leben redete. Ich will nicht sagen, dass er 1811 mit seinem Urteil über den Frieden von Amiens log. Aber er betrachtete ihn aus seinem verschrobenen Blickwinkel.
Bonapartes Wutausbrüche gegenüber den Engländern, als er von deren Gegenultimatum vor dem erneuten Kriegsausbruch 1803 erfuhr, sprechen für mich Bände.
Im Grunde, so ist mein Eindruck, wollte er stets nur Diktatfrieden und selbst diese bereute er später. Weil er immer wieder im Nachhinein seine Taten unterschiedlich bewertete ist sowieso ein abschließendes Urteil schwierig. Er war zweifelsfrei nicht so "friedliebend" wie er sich selbst darstellte, nicht ganz der Usurpator, als den man ihn verschrie, aber eben doch so ziemlich ein Wüterich und kein Diplomat.

Eben das Letztere führt mich zu der Frage, ob er denn ein großer Staatsmann war? Gehört zu einem solchen nicht auch ein Maß an Realismus? Sein Feldherrengeschick und seine Mittel, seine moderne Armee und sein Corps fähiger Leute, das Frankreich in einer Stimmung, welche die Nation einem Kriegstreiber folgen ließ (oder zumindest sehr lange folgen ließ), das alles ließ viel erreichen. Aber ist das Staatskunst im besten Sinne des Wortes?:grübel:
(Natürlich fragt es sich sowieso, welche Herrscher denn auch große Staatsmänner waren.)

Was wohl Napoleons Kalkül nach dessen Erfahrungen nach der Schlacht bei Friedland entsprach, wo Alexander sich schon einmal geschlagen um Frieden bemüht hatte.
Vor Friedland hatten die Russen aber auch schon mehrfach geblutet (Preußisch-Eylau und zuvor Austerlitz). Von daher sehe ich Alexander 1807 in einer völlig anderen Lage. Das allerdings mag Napoleon (vielleicht in einer gewissen Art von Verblendung?) nicht klar gewesen sein.
 
Ich will nicht sagen, dass er 1811 mit seinem Urteil über den Frieden von Amiens log. Aber er betrachtete ihn aus seinem verschrobenen Blickwinkel.
Richtig.
Überhaupt sollte man solche Zitate nicht überschätzen - sie sind selten wortwörtlich genau und mit Kontext überliefert, und sie müssen eben nicht die lautere Wahrheit wiedergeben.

Eben das Letztere führt mich zu der Frage, ob er denn ein großer Staatsmann war?
Würde ich deutlich verneinen.
Groß war er nur als Feldherr (ich will jetzt hier nicht moralisch diskutieren, ob man das "groß" nennen darf).
Als Staatsmann hat er auch einiges hingekriegt (was Generäle oft nicht schaffen), aber die Bilanz ist sehr durchwachsen.
Letztlich ist er gescheitert, weil er alle eroberten oder (zwangs-)verbündeten Gebiete im wesentlichen als Rekrutierungs- und Finanzquelle betrachtet hat. Er hat zu wenig versucht, die Bewohner dieser Gebiete für sich bzw. sein Herrschaftssystem zu gewinnen.

Von daher sehe ich Alexander 1807 in einer völlig anderen Lage.
Auf jeden Fall.
Da ging es für ihn ja nur darum, ein auswärtiges Engagement zu beenden. Eine echte Beeinträchtigung für Rußland war der Friedensvertrag nicht.

Nach Napoleons Einmarsch dagegen stand Alexander mit dem Rücken an der Wand, Napoleon hätte ihm nur die Option geboten, sich zum Vasallen degradieren zu lassen.
 
Man muss dabei bedenken, was Du sicherlich getan hast (ich fasse Deinen Hinweis auf das "kluge Abkommen" als sowas auf), dass Napoléon viel in seinem Leben redete. Ich will nicht sagen, dass er 1811 mit seinem Urteil über den Frieden von Amiens log. Aber er betrachtete ihn aus seinem verschrobenen Blickwinkel.
Bonapartes Wutausbrüche gegenüber den Engländern, als er von deren Gegenultimatum vor dem erneuten Kriegsausbruch 1803 erfuhr, sprechen für mich Bände.
Im Grunde, so ist mein Eindruck, wollte er stets nur Diktatfrieden und selbst diese bereute er später. Weil er immer wieder im Nachhinein seine Taten unterschiedlich bewertete ist sowieso ein abschließendes Urteil schwierig. Er war zweifelsfrei nicht so "friedliebend" wie er sich selbst darstellte, nicht ganz der Usurpator, als den man ihn verschrie, aber eben doch so ziemlich ein Wüterich und kein Diplomat.

Eben das Letztere führt mich zu der Frage, ob er denn ein großer Staatsmann war? Gehört zu einem solchen nicht auch ein Maß an Realismus? Sein Feldherrengeschick und seine Mittel, seine moderne Armee und sein Corps fähiger Leute, das Frankreich in einer Stimmung, welche die Nation einem Kriegstreiber folgen ließ (oder zumindest sehr lange folgen ließ), das alles ließ viel erreichen. Aber ist das Staatskunst im besten Sinne des Wortes?:grübel:
(Natürlich fragt es sich sowieso, welche Herrscher denn auch große Staatsmänner waren.)

In der Tat, Amiens bot für Frankreich gute Bedingungen, um selbst engl. Kriegstreibereien die Spitze zu nehmen, wenn der Frieden denn ernsthaft gewollt gewesen wäre. So aber hat das Handeln Napoleons der Kriegspartei auf der Insel und den Skeptikern auf dem Kontinent recht gegeben.

Napoleon ein Staatsmann? Gute Frage!
Unbestritten sind seine militärischen Fähigkeiten, unbestritten aber auch, dass er ungeachtet aller grandioser Siege militärisch geschlagen wurde und auf St. Helena endete. Nun, ja.

Die Historiker mühen sich daher, seine Leistungen innerhalb des franz. Staates zu suchen und zu finden. So beispielsweise bei der Gründung der Bank von Frankreich, den Aufbau der Verwaltung oder den Code Civil. Meiner Ansicht nach sollte man dies recht skeptisch sehen, denn wenn etwas staatsmännisch war, dann doch die Tatsache, dass Napoleon nichts verhindert hat, was nicht zu verhindern gewesen wäre, besser, er die Errungenschaften der Revolution für seine Zwecke ausgenützt hat:

"Die ersten Entwürfe zu einem Code civil entstanden in Frankreich bereits in den Revolutionsjahren 1793 bis 1797. Im Jahr 1800 berief Napoléon eine vierköpfige Kommission unter der Leitung von Jean-Jacques Régis de Cambacérès, die eine Rechtsvereinheitlichung schaffen sollte. An der Ausarbeitung des Code Civil waren insbesondere Jean-Étienne-Marie Portalis (1746-1807), François Denis Tronchet, Félix-Julien-Jean Bigot de Preameneu (1747–1825) und Jacques de Maleville (1741–1824) maßgeblich beteiligt." (Quelle: Wikipedia)
Man stelle sich einfach nur vor, er hätte den Code des in der Revolution siegreichen Bürgertums verhindert! Unmöglich, das bürgerliche Gesetzbuch wäre mit oder ohne ihn entstanden!

Oft wird gesagt, er hätte die revolutionären Ideen über Europa gebracht. Ja, gut, kann man so sehen, man muss aber gleichzeitig ins Verhältnis setzen, dass Ausbeutung und Unterdrückung der Völker damit einhergehen. Ergebnis dessen war die Erhebung der Völker und am Ende des Wiener Kongresses die Bildung der heiligen Allianz, mit der diese Ideen etliche Jahre wieder "im Topf gehalten" wurden.
Damit stellt sich auch wieder nur die Frage, ob die zweifellos unweigerliche Verbreitung der Ideen auf dem Kontinent ohne ihn in Friedenszeiten nicht produktiver gewesen wäre.

Andere Historiker wie Cronin suggerieren den Staatsmann:
"Im Herbst 1807 zum Beispiel hatte er sich Talleyrand gegenüber beklagt: "Ich habe eine Menge Leute nach Fontainebleau eingeladen. Ich wollte, dass sie sich gut unterhalten, und habe für Vergnügungen gesorgt; aber alle machten sie lange Gesichter und sahen müde und verdrossen drein." Talleyrands Antwort läßt den Unterschied zwischen Napoleon, dem Staatsmann, und ihm, dem Diplomaten, erkennen: "Das kommt daher, dass man das Vergnügen nicht zusammentrommeln kann. Sie scheinen jedem von uns hier wie in der Armee ständig sagen zu wollen: 'Nun, meine Damen und Herren, vorwärts - marsch!'""
(Vincent Cronin: Napoleon, München, 1997, Seite 420)

Nun, ich halte es für wenig staatsmännisch, 3 Jahre nach der Krönung noch nicht verstanden zu haben, dass die Gesellschaft kein Kasernenhof ist.

Ja, und so erleben wir den Eroberer, der sich oft genug als der polterne Korporal gibt, was für einen Herrscher nicht ungewöhnlich ist, zumindest bei der Beurteilung eines Staatsmannes Fragen aufwirft.

Nach der Schlacht von Bautzen 1813 berichtet Metternich von einer Unterredung mit Napoleon:

""Nun gut, was will man denn von mir?" fuhr mich Napoleon an, "dass ich mich entehre? Nimmermehr! Ich werde zu sterben wissen, aber ich trete keine Hand breit Bodens ab. Eure Herrscher, geboren auf dem Throne, können sich zwanzig Mal schlagen lassen, und doch immer wieder in ihre Residenzen zurückkehren; das kann ich nicht, ich, der Sohn des Glückes. Meine Herrschaft überdauert den Tag nicht, an dem ich aufgehört habe, stark und folglich gefürchtet zu sein.""
(Metternich: Aus M. nachgelassenen Papieren, Band 1, Seite 151, Wien, 1880)

Spricht so ein Staatsmann oder eher ein Abenteurer, dessen Stern, dessen Glück untergeht?

Grüße
excideuil
 
Eure Herrscher, geboren auf dem Throne, können sich zwanzig Mal schlagen lassen, und doch immer wieder in ihre Residenzen zurückkehren; das kann ich nicht, ich, der Sohn des Glückes. Meine Herrschaft überdauert den Tag nicht, an dem ich aufgehört habe, stark und folglich gefürchtet zu sein.""

Ein ganz wichtiges Zitat, es erklært Napoleons Handeln eigentlich die gesamte Regierungsperiode ueber sehr gut, und ich glaube auch, er hatte 100% Recht.

In der Konsequenz bedeutet es aber auch, dass er scheitern musste.
Was bleibt, ist eine erstaunliche, einzigartige Geschichte ueber einen kleinen Korsen...Und genau das macht die Faszination aus.

Ueber die Leistungen kann man streiten, ich denke dennoch, dass er die o.g. Beispiele (Bank von Frankreich, Code Civil) einfach gut und effektiv umgesetzt hat.
Er hat's nunmal gemacht, ebenso wie die Modernisierung der Verwaltung (Departements) etc.
Andere hætten es vielleicht verzøgert oder schlechter umgesetzt, wie auch immer...

Gruss, muheijo
 
Er hat's nunmal gemacht, ebenso wie die Modernisierung der Verwaltung (Departements) etc.
Andere hætten es vielleicht verzøgert oder schlechter umgesetzt, wie auch immer...
Da gab es nichts zu verzögern, die Departments gab es schon vor Napi. Du wiederholst Dich.:winke:

Und er hat die Gesetze auch nicht gemacht, die meisten Fortschritte wie der Code Civil wurden zu der Zeit des Consulat erzielt. Wenngleich er natürlich als 1er Consul schon eine hervorragende Rolle hatte, stand der 2e Consul der Komission vor, welche den Code Civil ausarbeitete. Er war Jurist und von daher würde ich ihm auch eher als Bonaparte Einblick in die Materie zutrauen.
Überhaupt muss man aber dadurch auch einräumen, dass wenn über "Verbrechen" des Consulat beraten wurden, aber auch die beiden anderen Konsuln wenig gegen den 1er Consul unternahmen. Zumindest zu dieser Zeit scheint man noch eher in einer Art Rat über das Vorgehen des Staates beraten zu haben, auch wenn ansonsten den Ministern und dem 2e und 3e Consul eher bloße beratende Funktionen zukamen.
 
Ein ganz wichtiges Zitat, es erklært Napoleons Handeln eigentlich die gesamte Regierungsperiode ueber sehr gut, und ich glaube auch, er hatte 100% Recht.

In der Konsequenz bedeutet es aber auch, dass er scheitern musste.

Gruss, muheijo

nun, er hatte durchaus nicht recht. Nun, es scheint als fühlte er sich aus einem Minderwertigkeitsgefühl gegenüber dem geborenen Adel und geborenen Herrschern heraus als der ständig verfolgte und gehetzte aber das entbehrt jeder Grundlage. Eine militärische Intervention, die nur dem Ziel dient, einen Herrscher zu verjagen, der die Krone usurpiert hat, widerspricht jeder machtpolitischen Logik.

Zur Verdeutlichung. Als 1814 über die Nachfolge Napoleons verhandelt wurde, dachte an die legitimen Bourbonen zunächst kaum jemand. Vielmehr war eine Regentschaft von Marie Luise oder gar Bernadotte im Gespräch!

Grüße
excideuil
 
@ exideuil
Tut mir leid, dass ich Deinen einen Beitrag zum Code Civil scheinbar überlsen habe. Wir sagen ja quasi beinahe das Gleiche.:rotwerd:
 
Nach der Schlacht von Bautzen 1813 berichtet Metternich von einer Unterredung mit Napoleon:
"Meine Herrschaft überdauert den Tag nicht, an dem ich aufgehört habe, stark und folglich gefürchtet zu sein."
Schönes Zitat, das klingt in der Tat nicht nach Staatsmann.

Und das ist m. E. auch in der Beurteilung der Sachlage völlig falsch.
Natürlich kann sich ein etablierter Herrscher eher einen Mißerfolg leisten als ein selbsternannter.
Aber ich glaube nicht, daß Napoleons Macht gefährdet gewesen wäre, wenn er einen Verständigungsfrieden geschlossen hätte. Amiens wurde ja in Frankreich auch akzeptiert.
Und 1813 hätte er einen Frieden haben können, der Frankreich immer noch größer gesehen hätte als bei seinem Amtsantritt.

Ich glaube eher daß er keine echte Idee hatte, wie man ein Land jahrelang friedlich regieren sollte. Deswegen auch seine Ungeduld, nach Amiens endlich wieder Krieg führen zu können.
 
@ exideuil
Tut mir leid, dass ich Deinen einen Beitrag zum Code Civil scheinbar überlsen habe. Wir sagen ja quasi beinahe das Gleiche.:rotwerd:

nicht doch, Brissotin, kein Grund für mich, in "Grummeln" auszubrechen, nein. Deine fast deckungsgleiche Meinung zeigt mir, dass ich mit meinen Gedanken nicht allein bin. Und das ist wohl nicht unwichtig, wenn ein historisch unstudierter Laie wie ich sich an die Beurteilung Napoleons heranwagt.

Grüße
excideuil
 
Ein ganz wichtiges Zitat, es erklært Napoleons Handeln eigentlich die gesamte Regierungsperiode ueber sehr gut, und ich glaube auch, er hatte 100% Recht.

In der Konsequenz bedeutet es aber auch, dass er scheitern musste.
Was bleibt, ist eine erstaunliche, einzigartige Geschichte ueber einen kleinen Korsen...Und genau das macht die Faszination aus.

Gruss, muheijo

vielleicht noch ein Gedanke zu deinen Ausführungen:

Wenn das Zitat Napoleons Handeln erklärt und er 100 % recht gehabt hätte, bedeutet das dann nicht zwangsläufig, dass nach der Niederwerfung Rußlands eine neues Ziel gesucht worden wäre, schließlich bedeutet Stillstand Rückschritt! Oder? Hätte das nicht bedeutet, da England zur See nicht geschlagen werden konnte, dass ein Feldzug zu Lande vom Zaun gebrochen worden wäre und damit Indien doch ins Fadenkreuz gerückt wäre?

Grüße
excideuil
 
Wenn das Zitat Napoleons Handeln erklärt und er 100 % recht gehabt hätte, bedeutet das dann nicht zwangsläufig, dass nach der Niederwerfung Rußlands eine neues Ziel gesucht worden wäre, schließlich bedeutet Stillstand Rückschritt! Oder? Hätte das nicht bedeutet, da England zur See nicht geschlagen werden konnte, dass ein Feldzug zu Lande vom Zaun gebrochen worden wäre und damit Indien doch ins Fadenkreuz gerückt wäre?
Napoleon ging davon aus, dass nach der Einnahme Moskaus (Wohin er eigentlich ursprünglich gar nicht ziehen wollte) der Russlandkrieg entschieden ist. Um so größer muss seine Verblüffung gewesen sein, als keine Delegation mit goldenen Schlüssel und Friedensersuchen des Zaren erschien, dafür noch eine intakte Armee ihm zusetzte. Das ging ihm, der das von Wien her anders kannte, einfach über sein Grundverständnis von Kriegsführung.

Dabei hätte er es wissen müssen.
Schon im Juni 1811, also ein Jahr bevor sich die Grande Armee in Bewegung setzte, hatte der Zar gegenüber dem frz. Gesandten Caulaincourt (nach dessen Memoiren) erklärt, er würde sich lieber "bis Kamtschatka" zurückziehen als ein Friedensdiktat von Napoleons Gnaden annehmen.
 
Schönes Zitat, das klingt in der Tat nicht nach Staatsmann.

Und das ist m. E. auch in der Beurteilung der Sachlage völlig falsch.
Natürlich kann sich ein etablierter Herrscher eher einen Mißerfolg leisten als ein selbsternannter.
Aber ich glaube nicht, daß Napoleons Macht gefährdet gewesen wäre, wenn er einen Verständigungsfrieden geschlossen hätte. Amiens wurde ja in Frankreich auch akzeptiert.
Und 1813 hätte er einen Frieden haben können, der Frankreich immer noch größer gesehen hätte als bei seinem Amtsantritt.

Ich glaube eher daß er keine echte Idee hatte, wie man ein Land jahrelang friedlich regieren sollte. Deswegen auch seine Ungeduld, nach Amiens endlich wieder Krieg führen zu können.

In der Tat, Napoleon konnte mit dem Begriff Frieden wohl nicht viel anfangen:

Metternich berichtet weiter:
""Nicht die Armee," unterbrach mich Napoleon mit Lebhaftigkeit, "nein, meine Generale wollen den Frieden. Ich habe keine Generale mehr. Die Kälte von Moskau hat sie demoralisiert. Ich sah die Tapfersten weinen wie Kinder. Sie waren physisch und moralisch gebrochen. Vor vierzehn Tagen konnte ich noch Frieden schließen, heute kann ich es nicht mehr. Ich habe zwei Schlachten gewonnen, ich werde nicht Frieden schließen.""

Lützen und Bautzen ließen ihn diese Worte sagen, aber ich denke, dass er keinen Frieden schließen wollte, irgendeine andere Begründung hätte auch genügt, um nein zu sagen zu einem Frieden, der auf keinen Fall nach seinem Geschmack gewesen wäre, denn Metternich sagt richtig:

"Ihre Friedensschlüsse waren immer nur Waffenstillstände."

Lieber kämpft er weiter mit einer Armee, über die Metternich sagt:
"In gewöhnlichen Zeiten bilden die Armeen nur einen kleinen Teil der Bevölkerung, heute ist es das ganze Volk, das Sie unter die Waffen rufen. Ihre jetzige Armee, ist sie nicht eine anticipirte Generation? Ich habe Ihre Soldaten gesehen, es sind Kinder."
(Metternich: M. nachgelassene Papiere, Band 1, Seite 152-154, Wien 1880)

Grüße
excideuil
 
Dabei hätte er es wissen müssen. Schon im Juni 1811, also ein Jahr bevor sich die Grande Armee in Bewegung setzte, hatte der Zar gegenüber dem frz. Gesandten Caulaincourt erklärt, er würde sich lieber "bis Kamtschatka" zurückziehen als ein Friedensdiktat von Napoleons Gnaden annehmen.

Naja, Säbel gerasselt wird immer, oder mit dem Schwert aufs Schild geklopft und laut gebrüllt, um den Gegner schon vor der Schlacht zum Einlenken zu bringen. Anders wird Napoleon Alexanders Aussage nicht verstanden haben.
Und nur mal hypothetisch angenommen Alexander wäre bis nach Kamschatka und Napoleon immer hinterher, welche Wirkung hätte das auf Alexanders Armee gehabt? Das wäre doch recht demoralisierend gewesen. Der Rückzug aus Moskau diente ja u.a. dazu, Napoleon vor ein Versorgungsproblem zu stellen.
 
@El: ...welche Wirkung hätte das auf Alexanders Armee gehabt? Das wäre doch recht demoralisierend gewesen.
Das war die Einnahme von Moskau auch. Kutusow hatte die Schlacht von Borodino dem Zaren als großen Sieg gemeldet und war dafür zum Feldmarschall ernannt worden + 100000 Silberrubel als "kleines Geschenk". In Petersburg und Moskau wurde das Tedeum angestimmt. Und dann plötzlich DAS. Ursprünglich geplant war die Aufgabe Moskaus jedenfalls nicht, aber Kutusow machte aus der Not eine Tugend.
 
Zuletzt bearbeitet:
Zur Verdeutlichung. Als 1814 über die Nachfolge Napoleons verhandelt wurde, dachte an die legitimen Bourbonen zunächst kaum jemand. Vielmehr war eine Regentschaft von Marie Luise oder gar Bernadotte im Gespräch!

Marie Louise und/oder Sohnemann wurden von N selbst "vorgeschlagen" (bzw. in der Abdankungsurkunde so niedergeschrieben), wer von den Alliierten wære da mitgegangen?

Talleyrand selbst hat aktiv auf die Rueckkehr der Bourbonen hingearbeitet, und eine reelle Alternative gab es nicht, Bernadotte schon gar nicht.
Wer hat den Kønig von Schweden in's Gespræch gebracht?

Aber egal, welche Vorschlæge kamen, sehr frueh wurde eben deutlich, dass die Allierten N nicht (mehr) haben wollten, selbst wenn er sich auf ein kleineres Frankreich begrenzt hætte.

Gruss, muheijo
 
Aber egal, welche Vorschlæge kamen, sehr frueh wurde eben deutlich, dass die Allierten N nicht (mehr) haben wollten, selbst wenn er sich auf ein kleineres Frankreich begrenzt hætte.
Napoleon hätte sogar 1814 (also bevor er nach Elba gehen musste) seinen Thron behalten können, wäre er einsichtiger gewesen. Metternich baute ihm goldene Brücken (Belgien und linksrheinische Gebiete wären bei Frankreich geblieben), Schwarzenberg tat auf dem Frühjahrsfeldzug in Frankreich (fast) nichts. Friedrich Wilhelm war wie immer unentschlossen, lediglich Alexander wollte wohl "mal Paris" sehen. Wer weiß wie das alles geendet hätte, wenn der alte Blücher (Der von dem ganzen Diplomatengesocks und den Hofschranzen weniger als nichts hielt.) nicht einfach eigenmächtig gehandelt hätte. Der alte Haudegen hätte Napoleon, so er ihn in die Finger bekommen hätte, füsilieren lassen.
 
Marie Louise und/oder Sohnemann wurden von N selbst "vorgeschlagen" (bzw. in der Abdankungsurkunde so niedergeschrieben), wer von den Alliierten wære da mitgegangen?

Talleyrand selbst hat aktiv auf die Rueckkehr der Bourbonen hingearbeitet, und eine reelle Alternative gab es nicht, Bernadotte schon gar nicht.
Wer hat den Kønig von Schweden in's Gespræch gebracht?

Aber egal, welche Vorschlæge kamen, sehr frueh wurde eben deutlich, dass die Allierten N nicht (mehr) haben wollten, selbst wenn er sich auf ein kleineres Frankreich begrenzt hætte.

Gruss, muheijo

Der Zar Alexander hatte Bernadotte im Köcher, sicher nicht ganz uninteressiert, schließlich wäre er einen lästigen Konkurrenten in seiner unmittelbaren räumlichen Nähe losgeworden. (vergl. Caulincourt: "Unter vier Augen mit Napoleon, Bielefeld und Leipzig 1937)

Es ist eine Legende, dass Talleyrand die Bourbonen favorisiert hat:

"Die Regierung einer unwissenden und schwachen Frau bot dieser eigensüchtigen, zu Haß und Liebe gleichsam unfähigen Seele eine schöne Aussicht in die Zukunft dar, und deshalb wünschte er die Regentschaft Marie Louisen's. An die Bourbons dachte er kaum, denn kurz vor dem 31. März sagte er zur Herzogin von Vincenca: "Alles, nur den Kaiser nicht, lieber sogar die Bourbons.""
(Louis Blanc: Geschichte der 10 Jahre 1830-1840, Leipzig, 1847, Seite 14)

Bei Émile Dard findet sich ein Brief an die Herzogin von Kurland, eine intime Freundin von Talleyrand:

"Kommt der Friede nicht zustande, so wird Bordeaux (L.XVIII. wurde am 12.März in Bordeaux nach dem Einzug der Engländer zum König ausgerufen) bei den Verhandlungen eine sehr wichtige Rolle spielen. Kommt der Friede zustande, so verliert Bordeaux an Bedeutung, auch dann, wenn der Kaiser getötet wird, denn dann würde der König von Rom den Thron besteigen und seine Mutter die Regentschaft führen."
(E. Dard: Napoleon und Talleyrand, Gießen und Berlin, 1938, Seite 430)

Grüße
excideuil
 
Ein ganz wichtiges Zitat, es erklært Napoleons Handeln eigentlich die gesamte Regierungsperiode ueber sehr gut, und ich glaube auch, er hatte 100% Recht.

(...)

Ueber die Leistungen kann man streiten, ich denke dennoch, dass er die o.g. Beispiele (Bank von Frankreich, Code Civil) einfach gut und effektiv umgesetzt hat.
Er hat's nunmal gemacht, ebenso wie die Modernisierung der Verwaltung (Departements) etc.
Andere hætten es vielleicht verzøgert oder schlechter umgesetzt, wie auch immer...
Auf St. Helena sagte Napoléon: "Ma vraie gloire, ce n'est pas d'avoir gagné quarante batailles; Waterloo effacera le souvenir de tant de victoires. Ce que rien n'effacera, ce qui vivra éternellement, c'est mon Code civil."

Nun, was hätte Napoléon aus dem "code civil" machen können, wenn er seine Herrschaft durch einen "Augusteischen Frieden" konsolidiert hätte anstatt zum Feldzug gegen Osten aufzubrechen? Der Exportschlager CC wäre wohl zum europäischen Zivilrechtskodex geworden und Frankreich, die Schutzmacht des "modernen Europas". Aber der Mann, der "alles wollen" konnte, wollte nicht den Frieden.

"Den Frieden kann das Wollen nicht bereiten:
Wer alles will, will sich vor allen mächtig,
Indem er siegt, lehrt er die andern streiten;
Bedenkend macht er seinen Feind bedächtig;
So wachsen Kraft und List nach allen Seiten,
Der Weltkreis ruht von Ungeheuern trächtig,
Und der Geburten zahlenlose Plage
Droht jedem Tag als mit dem jüngsten Tage"
(J.W. von Goethe, Karlsbader Stanzen, ergänzt 1816).
 
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