Aussterben der Neandertaler

Die Wahrscheinlichkeit, dass man mtDNA von einer Population wiederfinden wird, die maximal 4% zum Genpool beigetragen hat, ist sehr sehr gering, selbst wenn der Anteil an Neanderthalern und Neanderthalerinnen gleich groß sein sollte, die zum Genpool beigetragen haben.
Soll das heißen, dass es purer Zufall war, dass man Neandertalergenanteile nur in der yDNA gefunden und nicht in der mtDNA? Oder anders gefragt: Würde man auch bei mtDNA fündig werden, wenn man mehr Menschen darauf untersuchte als bisher?
 
Würde man auch bei mtDNA fündig werden, wenn man mehr Menschen darauf untersuchte als bisher?

Wahrscheinlich eher nicht, aber eine definitive Antwort kann man erst geben, wenn man die komplette Menschheit untersucht hat.

Überraschungen sind immer möglich:
Mit "selten" bezeichnet der Genetiker die Tatsache, dass diese Linie bislang unbekannt war und das, obwohl die Disziplin Genetik längst ihren Kinderschuhen entwachsen ist und weltweit bereits Millionen von Y-Chromosomen untersucht hat. Diese werden in der männlichen Linie nahezu unverändert vom Vater auf den Sohn weitergegeben. Die Analysen des neuen Y-Chromosoms brachten die Forscher zum Staunen.
Adams älterer Bruder (Archiv)
 
Hi,

bin jetzt echt zu faul um Quellen heraus zu suchen. Jedenfalls wurde Zahnstein von Neandertalerzähnen untersucht und dabei festgestellt, daß sie eben nicht nur Fleisch aßen, sondern auch viele Wildpflanzen, Fische usw.

Es wäre auch unlogisch das ein Neanderthaler z.B. Waldhimbeeren, Holunder, Brombeeren, Bärlauch, Löwenzahn, Spitzwegerich, Sauerklee und andere Wildgemüse nicht kennt.

Die lebten 250.000 Jahre in Europa und sollen nicht wissen was man essen kann? :rofl:

Sogar Schimpansen würden das in der Zeit lernen. Der Neanderthaler war ein Mensch, wie wir, nur ein bischen anders. Der kannte seine Umwelt sehr genau, viel besser als wir heute.

Es gibt inzwischen Ansätze, daß die Neanderthaler, in weiten Teilen Europas, vor der Einwanderung des HS ausgestorben sind (bin da selbst skeptisch) und zwar an einer Klimaänderung (Kaltzeit). Die Gletscher schoben sich vor und in den früheren Rückzugsgebieten war schon der HS, so konnten sie nicht ausweichen.

Das letzte Rückzugsgebiet war Südspanien und es waren dann zu wenige um die Art zu erhalten. Wie immer, was genaues weiß man nicht, keiner von uns war dabei. :winke:

Ich habe mal ein Artikel gelesen, in dem behauptet wurde, das Neandertaler mehr Fleisch als Gemüse, Obst, Wurzeln bevorzugten. Natürlich werden sie deren unterschiedlichsten Arten gekannt haben. Ich habe nichts anderes behauptet.
Ich gehe jetzt mal davon aus, das es ein kein glaubhafter bzw. wissenschaftlich belegbarer Artikel gewesen ist.
Danke euch, das ich zulernen kann.

lg Monika :winke:
 
Ich habe mal ein Artikel gelesen, in dem behauptet wurde, das Neandertaler mehr Fleisch als Gemüse, Obst, Wurzeln bevorzugten.
Das ist keine Frage der Bevorzugung sondern der verfügbarkeit. In der eiszeitlcihen Tundra Europas wuchsen eben nicht viele für Menschen verdauliche Pflanzen. Gras ist nicht für den Menschen, wohl aber für manche Tiere verträglich - bzw. für deren Darmbakterien - so dass sie praktisch zu Speichern für die knappen Nährstoffe der Region werden und die Menschen von ihrer Bejagung leben (wie der Yak-Dung von den Bewohnern des Himalya als Brennstoff verwendet wird).
 
Das ist keine Frage der Bevorzugung sondern der verfügbarkeit. In der eiszeitlcihen Tundra Europas wuchsen eben nicht viele für Menschen verdauliche Pflanzen. Gras ist nicht für den Menschen, wohl aber für manche Tiere verträglich - bzw. für deren Darmbakterien - so dass sie praktisch zu Speichern für die knappen Nährstoffe der Region werden und die Menschen von ihrer Bejagung leben (wie der Yak-Dung von den Bewohnern des Himalya als Brennstoff verwendet wird).
Der Neandertaler ernährten sich vielseitiger.
scinexx | Speiseplan im Neandertal: Die Jäger und Sammler ernährten sich vielseitig -
scinexx | Neandertaler beim Fischessen "ertappt": 45.000 Jahre alte Lachsgräten im Kaukasus deuten auf vielseitigen Speiseplan des Frühmenschen hin - Neandertaler, Speiseplan, Ernährung - Neandertaler, Speiseplan, Ernährung, Frühmensch, Fisch, Lachs,
In Südspanien sollen sie auch Meeresfrüchte wie Muscheln usw. gegessen haben

Die bisherige Vorstellung einer grasreichen "Mammutsteppe" ist ein Mythos
scinexx | Mammuts waren keine Grasfresser: Die bisherige Vorstellung einer grasreichen "Mammutsteppe" ist ein Mythos - Mammut, Eiszeit, Steppe - Mammut, Eiszeit, Steppe, Eiszeittiere, Gras, Pflanzenfresser, Megafauna, Kräuter, DNA, Permafrost, Paläon
 
Soll das heißen, dass es purer Zufall war, dass man Neandertalergenanteile nur in der yDNA gefunden und nicht in der mtDNA? Oder anders gefragt: Würde man auch bei mtDNA fündig werden, wenn man mehr Menschen darauf untersuchte als bisher?

yDNA müsste genauso unwahrscheinlich sein wie mtDNA. Das eine setzt die direkte mütterliche, das andere die direkte väterliche Linie voraus.

Wenn du dir den von mir vor ein paar Tagen skizzierten Stammbaum bildlich vorstellst, sind das zwei Seiten eines Dreiecks, deren gemeinsame Ecke der Mensch ist, dessen Stammbaum das ist. Die diesem Individuum gegenüberliegende Seite ist die älteste notierte Generation. Nun stell dir vor, diese beiden Seiten, also direkte väterliche und mütterliche Linie sind jeweils 3.000 Generationen lang. Welch ein krasser Zufall ist das dann für jeden der Vorfahren aus der 3.000-sten Vorfahrengeneration, gerade diese Eckposition "erobert" zu haben! In Zahlen: 2 hoch dreitausend durch 2.

Wenn du Cäsar nimmst (etwa 60-70 Generationen vor uns), wirst du in Rom wenige Eingeborene finden, die nicht von ihm abstammen, aber wahrscheinlich keinen, der in direkter väterlicher Linie von ihm abstammt.

Es muss halt die direkte mütterliche Linie nur einmal unterbrochen sein, um nicht fortzubestehen.
 
Danke für die nachfolgenden Posts, die ich mit wachem Interesse gelesen habe.
Ich danke euch, dass ich mein Wissen durch euch erweitern kann!!!

lg Monika
 
Wenn ich das richtig verstanden habe ist die mtDNA nur ein ziemlich kleiner Teil des von der Mutter angebotenen Erbgutes und größtenteils zudem funktional unbedeutend.
Die mtDNA ist alles andere als funktional unbedeutend. Das Mitochondrium gilt als "Kraftwerk der Zellen", mit wesentlichen Funktionen für Stoffwechsel (insbesondere Fette), Nervensystem (Ca2+-Ströme), sowie wohl auch (da besteht noch viel Forschungsbedarf) in der Immunabwehr (es gibt z.B. sehr auffällige Unterschiede in der HIV-Anfälligkeit verschiedener mtDNA-Haplogruppen). Die Tatsache, dass bislang keine Neandertaler mtDNA in heute lebenden Menschen gefunden wurde, könnte somit auf entsprechende Defizite der Neandertaler hindeuten, die letztendlich zu ihren Aussterben führten.
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Was Hellhäutigkeit etc. betrifft, scheinen hier auch die Kausalitäten komplexer zu sein, als zunächst angenommen wurde. Schon relativ lange bekannt ist z.B. der Zusammenhang zwischen Sichelzellenanämie und Malaria, genauer gesagt die Tatsache, dass Sicherzellenanämie das Risiko schwerwiegender Malaria-Erkrankung mindert, und offenbar auf entsprechende positive Selektion unter der schwarzafrikanischen Bevölkerung zurückzuführen ist. Die zugehörige Genmutation hat nebenbei auch Auswirkungen auf den Zucker-Stoffwechsel.
In ähnlicher Weise wird derzeit diskutiert, ob nicht andere "Anomalien", wie Hellhäutigkeit oder Lactose-Verträglichkeit letztendlich nur "Nebeneffekte" genetischer Anpassung an Krankheitserreger sind. Das Immunsystem wird durch die Toll-like receptors (TLR) gesteuert, die zum einen "schädliche" von "unschädlichen" Stoffen im Stoffwechsel unterscheiden, zum anderen Art und Ausmaß der Immunreaktion auf erkannte "schädliche" Stoffe steuern. Die Forschung steht noch ziemlich am Anfang, insbesondere bezüglich TLR 10, die vielleicht Steuerungsfunktionen übernehmen. Hier wird u.a. vermutet, dass einzelne Elemente von TLR 10 eine "Überreaktion" hervorbringen, die zwar auf der einen Seite Allergien und Auto-Immunerkrankungen fördert, auf der anderen Seite aber dazu führt, dass Zelldegeneration (Krebs, Alzheimer etc.) vom Körper früh erkannt und wirksam bekämpft wird. Ein anderer vermuteter Zusammenhang ist die Dämpfung von Entzündungsreaktionen, die in warm-feuchten Klimata mit entsprechend hoher Entzündungswahrscheinlichkeit von offenen Wunden negativ selektiert, in kalt-trockenen Klimata dagegen positiv selektiert wurde, und möglicherweise auf bislang nicht im Detail geklärter Art und Weise (Körperansprache auf Milchsäure-Bakterien?) mit Lactose-Verträglichkeit bzw. Unverträglichkeit zusammenhängt.
In den letzten Jahren ist insbesondere das Zusammenwirken von TLR 4 (Immunreaktion auf körpereigene Zellen), TLR 7 (Erkennung von RNA-Viren wie Grippe, HIV, Ebola, Tollwut) und TLR 10 (Reaktionssteuerung?) in den Blickpunkt geraten - auch aufgrund der oben genannten Unterschiede in der HIV-Anfälligkeit zwischen verschiedenen mtDNA-Haplogruppen. Es mag durchaus sein, dass hier genetische Unterschiede zwischen HSS und Neandertaler vorlagen, die letztendlich dazu führten, dass HSS bestimmte durch Retroviren übertragene Krankheitsepidemien besser überstanden als die Neandertaler. Hier käme u.a. die Grippe in Frage (dazu separater Post).

Andere interessante Kandidaten sind Respiratory-Syncytial-Virus (RSV) und Human parainfluenza viruses (HPIV), jeweils typische "Kinderkrankheiten" mit grippeähnlichen Symptomen, die bei Säuglingen problematisch (früher Kindstod, Pseudo-Krupp, Asthma etc.) ablaufen können, im Erwachsenenalter jedoch meist unter "Erkältung" rangieren. Jedoch gibt es Schätzungen, dass etwa ein Viertel aller "Grippetoten" nicht auf Influenza-Viren, sondern auf RSV zurückgeht. Forschungen in den USA zeigten bei über 90% aller Zweijährigen Antikörper gegen RSV, und bei 50% aller Säuglinge und fast allen Sechsjährigen Antikörper gegen HPIV Typ 3. Beide Erreger sind auch die häufigsten Ursachen späterer "Erkältungen".
Für RSV und HPIV Typ 3 ist Übertragung vom Menschen auf Affen nachgewiesen, der Mensch gilt als Primärwirt. Interessanterweise wurde RSV zuerst bei Schimpansen festgestellt, bei denen es in den 1950er-Jahren ganze Horden ausrottete (sog. Chimpanzee Coryza Agent / CCA). Berücksichtigt man weiterhin, dass ausserafrikanische Affen z.T. hohe Immunisierung aufweisen (z.B. knapp 50% HPIV Typ 3-Immunisierung bei wilden indonesischen Makaken, vgl. folgenden Link), scheint eine Virus-Entwicklung außerhalb Afrikas wahrscheinlich. Somit ist ein Szenario, in dem nicht-immunisierte Neandertaler auf bereits in Süd(-ost)-Asien immunisierte HSS bzw. Denisova-Menschen trafen, und diese Begegnung mehrheitlich nicht überlebten, durchaus denkbar.
Identification of Simian Agent 10 as Human Parainfluenza Virus Type 3 Suggests Transmission of a Human Virus to an African Monkey
Hier ist im Übrigen erwähnenswert, dass das Risiko schwererer RSV-Erkrankungen scheinbar einerseits genetisch bedingt ist, zum anderen aber auch deutlich ansteigt, wenn die Erstinfektion nicht in den ersten sechs Lebensmonaten erfolgt. [Letzteres ist ein wesentlicher Punkt der medizinischen Kritik an Frühimpfungen. Insbesondere Polio-, aber möglicherweise auch Mumps- und Masernimpfungen (beide Erreger mit RSV verwandt) könnten die letztendlich unvermeidliche RSV-Erstinfektion verzögern, und damit das Risiko eines komplikationsbehafteten, möglicherweise tödlichen Verlaufs erhöhen.]
http://www.whale.to/v/contamination-Chimpanzee-coryza-agent2.pdf
 
Viel interressanter ist wohl der prozentsatz an sich.
Wenn heutzutage im Schnitt 2% der Gene laut Forschung von HSN stammen und dieser bei der - nennen wir - Neueinbringung nichts mehr dazuträgt, wie hoch muss dann vor über 24.000 Jahren die Vermischung gewesen sein um diesen Restwert beizubehalten. Seit wie vielen Generationen wird das HSN Gen bereits verdünnt - auch wenn immer wieder Restbestände aufeinandertreffen (also 2 Personen mit Genanteil)
Um die "Gesamtrasse" des HSS (mit Ausnahme der afrikanischen Bevölkerung) mit HSN Genen zu versetzen, muss der Vermischungsanteil nicht unbeachtlich gewesen sein
 
Viren, Fledermäuse, Höhlen

Nachtrag 1 zum vorangegangen Post:
HPIV Typ 3 scheint genanalytischen Studien zufolge sehr jung zu sein, und hat sich erst um 500 n.Chr. von HPIV Typ 1 getrennt. Typ 3 befällt neben Primaten auch Rinder und Schweine, Typ 1 neben Menschen auch Schweine und Nagetiere (Sendai virus).
Characterisation of porcine parainfluenza virus 1 ... - ESCMID
Einen Überblick über die nähere Verwandschaft, zu der neben RSV auch Morbillivirus (u.a. Masern, Rinderpest, Hunde-/Seehund-Staupe) gehört, gibt Paramyxoviridae - Wikipedia, the free encyclopedia
Besonderes Augenmerk verdient hier Rubulavirus, der neben HPIV Typ 2 (Mensch, Affen, Hundeartige) den Mumpsvirus, sowie Menangle virus (Fledermaus, Schwein, Mensch) und Tioman virus (Fledermaus) umfasst. Beide letztgenannte Viren sind bislang nur aus Australien bzw. Malaysia bekannt. Inzwischen ist wissenschaftlich gesichert, das Paramyxo-Viren sich ursprünglich in Fledermäusen entwickelten, und in mindestens einem Fall - Mumps - von dort direkt auf den Menschen übersprangen. Auch bei vielen anderen Paramyxo-Viren scheint der Mensch im Mittelpunkt der Verbreitungskette zu stehen. In einigen Fällen führte der Weg von der Fledermaus zum Menschen allerdings über Schweine (z.B. Nipah-Virus), Schleichkatzen (SARS) oder Dromedare (MERS-CoV).
Virenschleuder Fledermaus - WDR Fernsehen
Ungeahntes Reservoir von Viren — Universität Bonn

Wann, wo und wie sich der Mensch bei Fledermäusen ansteckte, ist noch unklar. Fledermäuse scheiden Viren u.a. über ihre Exkremente aus, so dass unter anderem Höhlen als Ansteckungsort in Frage kommen. Regional zeigt vieles nach Süd(-ost)-Asien; der Virenbefall europäischer Fledermäuse ist, abgesehen von der Fledermaustollwut, eher gering. Somit waren die Neandertaler vermutlich weit weniger als HSS bzw. Denisova-Mensch gegen RSV, Parainfluenza, Masern, Mumps und Co. immunisiert. Die Wirkung solcher Immundefizite ist aus dem Erstkontakt indigener Amerikaner mit spanischen "Entdeckern" hinreichend bekannt - den Neandertalern mag es kaum besser ergangen sein.
 
Um die "Gesamtrasse" des HSS (mit Ausnahme der afrikanischen Bevölkerung) mit HSN Genen zu versetzen, muss der Vermischungsanteil nicht unbeachtlich gewesen sein
Eben. Daraus folgt, dass sich nicht nur ein Neandertaler mit einer oder mehreren HSS-Frauen gepaart hatte, sondern deren viele, denn sonst hätten wir den - um Faktor 50 verschärften! – angenommenen Fall Caesar, den Hans forscht in seinem Beitrag vom 02.06.2015, 01:57 schon als unwahrscheinlich ansieht. Umso mehr fällt es ins Gewicht, dass sich bisher kein HSN-Genschnipsel in mtDNA gefunden hat.

Somit waren die Neandertaler vermutlich weit weniger als HSS bzw. Denisova-Mensch gegen RSV, Parainfluenza, Masern, Mumps und Co. immunisiert. Die Wirkung solcher Immundefizite ist aus dem Erstkontakt indigener Amerikaner mit spanischen "Entdeckern" hinreichend bekannt - den Neandertalern mag es kaum besser ergangen sein.
Das ist eine sehr interessante Überlegung bzgl. „plötzliches“ Verschwinden der Neandertaler.
 
Zuletzt bearbeitet:
Hallo liebe Gemeinde,

könnte mir jemand von euch bitte den Begriff HSN erklären?
HSS ist mir geläufig, aber nicht HSN. Ich habe schon im Netz gestöbert, aber bin nicht recht schlau daraus geworden.
Ich wäre euch sehr dankbar. So kann ich als Laie nur weiter lernen.

lg Monika
 
Hallo liebe Gemeinde,

könnte mir jemand von euch bitte den Begriff HSN erklären?
HSS ist mir geläufig, aber nicht HSN. Ich habe schon im Netz gestöbert, aber bin nicht recht schlau daraus geworden.
Ich wäre euch sehr dankbar. So kann ich als Laie nur weiter lernen.

lg Monika


Homo sapiens neanderthalensis
 
Somit waren die Neandertaler vermutlich weit weniger als HSS bzw. Denisova-Mensch gegen RSV, Parainfluenza, Masern, Mumps und Co. immunisiert. Die Wirkung solcher Immundefizite ist aus dem Erstkontakt indigener Amerikaner mit spanischen "Entdeckern" hinreichend bekannt - den Neandertalern mag es kaum besser ergangen sein.

Nicht alles, was hinkt (und sei es noch so ausgeprägt), ist ein Vergleich.

Bei den indigenen Ethnien handelte es sich zum einen ebenfalls um HSS und keine andere Menschenart. Auch die spanischen sowie natürlich auch andere europäische Spätankömmlinge in den Amerikas sollen wohl, soweit bekannt, zur Gattung HSS zählen.

Daß der Vergleich eben nicht hinhaut, verdeutlicht ebenfalls eine kleine zeitliche Überlegung: Nach traditioneller Lesart sind indigene Menschen ca 14.000 BCE in die Amerikas eingewandert. Auch wenn die Einwanderung früher stattgefunden hat: ganz offenbar waren diese Menschen den erwähnten Viren eben *nicht* ausgesetzt.

Inwieweit der HSS dann im Zeitraum - übern Daumen - 25.000 bis 40.000 BCE Viren zu verteilen gehabt hätte, ist nochmals eine andere Frage. Etliche dieser Viren kamen ja über die Haltung von Nutztieren, deren Viren durch den gegebenen engen Kontakt zwischen Mensch und Tier irgendwann die Artenschranke übersprangen. Mit anderen Worten: der HSS kannte seinerzeit diese Viren ebensowenig wie HSN, Denisova etc.

Siehe zB:
Masern ? Wikipedia
 
Eben. Daraus folgt, dass sich nicht nur ein Neandertaler mit einer oder mehreren HSS-Frauen gepaart hatte, sondern deren viele, denn sonst hätten wir den - um Faktor 50 verschärften! – angenommenen Fall Caesar, den Hans forscht in seinem Beitrag vom 02.06.2015, 01:57 schon als unwahrscheinlich ansieht. Umso mehr fällt es ins Gewicht, dass sich bisher kein HSN-Genschnipsel in mtDNA gefunden hat.

Ich möchte mich ja in dieser Diskussion zurückhalten, da der aktuelle Forschungsstand zum Geneintrag der Neandertaler noch nicht der Weisheit letzter Schluss ist, aber eine Frage hätte ich noch: Wie erklärt man, dass sich bisher keine Gene des Neandertalmanns in der Y-DNA des modernen Menschen gefunden haben? Muss das nicht ebenso ins Gewicht fallen?
 
Haben Wissenschaftler die Genetik des heutigen Menschen bis zum letzten Punkt erforscht? Glaube ich nicht so ganz, obwohl wir in unserer Zeit schon über einen sehr hohen Stand in der Forschung verfügen.

Vielleicht werden bei weiteren Forschungen noch Gene (oder ein Teil/eine Spur) in der Y-DNA noch entdeckt? (Hab ich mir mal so überlegt).

Ich weiß, diese ganze Thematik ist sehr komplex, aber trotz allem habe ich es mir auch schon gefragt, warum noch keine Gene des Neandertalers in den Menschen unserer Zeit gefunden wurde. Mich interessiert es auch sehr.
 
Nicht alles, was hinkt (und sei es noch so ausgeprägt), ist ein Vergleich.

Bei den indigenen Ethnien handelte es sich zum einen ebenfalls um HSS und keine andere Menschenart. Auch die spanischen sowie natürlich auch andere europäische Spätankömmlinge in den Amerikas sollen wohl, soweit bekannt, zur Gattung HSS zählen.

Daß der Vergleich eben nicht hinhaut, verdeutlicht ebenfalls eine kleine zeitliche Überlegung: Nach traditioneller Lesart sind indigene Menschen ca 14.000 BCE in die Amerikas eingewandert. Auch wenn die Einwanderung früher stattgefunden hat: ganz offenbar waren diese Menschen den erwähnten Viren eben *nicht* ausgesetzt.

Inwieweit der HSS dann im Zeitraum - übern Daumen - 25.000 bis 40.000 BCE Viren zu verteilen gehabt hätte, ist nochmals eine andere Frage. Etliche dieser Viren kamen ja über die Haltung von Nutztieren, deren Viren durch den gegebenen engen Kontakt zwischen Mensch und Tier irgendwann die Artenschranke übersprangen. Mit anderen Worten: der HSS kannte seinerzeit diese Viren ebensowenig wie HSN, Denisova etc.

Siehe zB:
Masern ? Wikipedia

Um das zeitliche Problem der Virentheorie mal noch ein wenig weiter aufzubereiten:

Zwischen dem Erstkontakt zwischen Neandertaler und Sapiens im Nahen Osten und dem Aussterben des Neandertalers liegen mehrere zehntausend Jahre. Natürlich können da Krankheiten übertragen worden sein (eigentlich auch in beide Richtungen) aber die eine große Krankheitswelle wie bei den Indios, welche innerhalb weniger Jahrzehnte zuschlägt und große Teile der Bevölkerung auslöscht scheint es nicht gewesen zu sein.

Aber eigentlich glaube ich auch, dass der Lösungsansatz falsch ist, bzw. einen Schritt vorwegnimmt. Bevor man die Überlegung anstellt weshalb die Neandertaler ausstarben müsste man erstmal festhalten wie viele es überhaupt gab, wie sie lebten, und wo. Wir sprechen hier ja nicht über eine bedrohte Krötenart, sondern um bereits kulturell fortschrittliche Menschen welche in verschiedenen Lebensräumen und wohl auch verschiedenen Gemeinschaften lebten. Doch könnten wir heute nicht einmal genau sagen welche Funde zusammengehören, wie sich die einzelnen Gruppen beeinflussten und ob ein Fund in Deutschland mit einem in Frankreich zusammenhängt oder nicht. Wir haben noch viel zu wenig Funde um darauf weitergehende Aussagen zu treffen. Je genauer das Bild von diesen Gemeinschaften wird, umso eher kann man auch sagen warum es diese heute nicht mehr gibt.

Die Suche nach dem einem Aussterbegrund führt ohnehin nur zu Zirkelschlüssen nach dem Motto: "Sie sind ausgestorben, dafür muss es einen Grund geben. Zum Beispiel XYZ hatten sie nicht (hier wird dann eine beliebige Eigenschaft eingesetzt welche theoretisch nützlich wäre, sei es Speerwurffähigkeit, Immunität gegen Krankheiten, Schwimmfähigkeit oder soziale Komponenten) - deren tatsächliches Vorhandensein dann mit dem Aussterben begründet wird.

Sie sind also ausgestorben weil sie den Krankheiten nix entgegenzusetzen hatten, und das dies so war sieht man an ihrem Aussterben.

Es ist viel Spekulation dabei, und die Zahl der Theorien welcher Grund "schuld" war zeigt dabei wie beliebig man dort etwas einsetzen kann.

Wenn man aufhört sie als einheitliche, in sich geschlossene Gruppe zu betrachten wird die Suche nach dem einem einzelnem Grund für ihr Verschwinden weniger wichtig, und stellt die Frage in den Vordergrund wie die einzelnen Gruppen lebten.
 
Zuletzt bearbeitet:
Um das zeitliche Problem der Virentheorie mal noch ein wenig weiter aufzubereiten:

Zwischen dem Erstkontakt zwischen Neandertaler und Sapiens im Nahen Osten und dem Aussterben des Neandertalers liegen mehrere zehntausend Jahre. Natürlich können da Krankheiten übertragen worden sein (eigentlich auch in beide Richtungen) aber die eine große Krankheitswelle wie bei den Indios, welche innerhalb weniger Jahrzehnte zuschlägt und große Teile der Bevölkerung auslöscht scheint es nicht gewesen zu sein.

Ich gebe dir in allem Recht und gleichzeitig zu bedenken, dass eine eventuelle Ansteckung bei Erstkontakt immer wieder vorgekommen sein müsste, wenn man davon ausgeht, dass einzelne HSN-Populationen und einzelne HSS-Populationen doch sehr isoliert lebten. Ein indirekter Kontakt, wie bei den amerikanischen Ureinwohnern von der Karibik bis in die Anden oder nach Westkanada, ja in fast alle Winkel des Doppelkontinents über Zwischenvölker dürfte bei den HSN und HSS in der Kontaktphase in diesem Maße nicht bestanden haben.

So könnte - und ich bleibe hier bewusst im Konjunktiv! - eine Ansteckung immer mal wieder bei sporadischen Kontakten letztlich doch der Auslöser dafür gewesen sein, dass sich der Genpool der HSN in dem Maße verringerte, dass es irgendwann einfach nicht mehr ausreichend Individuen für die erfolgreiche Reproduktion gab, bzw. dass diese sich in der Weitläufigkeit der Welt fanden.

Gut auch dein Hinweis auf die Reziprozität, das wird sich nämlich häufig nicht bewusst gemacht.
 
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Zwischen dem Erstkontakt zwischen Neandertaler und Sapiens im Nahen Osten und dem Aussterben des Neandertalers liegen mehrere zehntausend Jahre. Natürlich können da Krankheiten übertragen worden sein (eigentlich auch in beide Richtungen) aber die eine große Krankheitswelle wie bei den Indios, welche innerhalb weniger Jahrzehnte zuschlägt und große Teile der Bevölkerung auslöscht scheint es nicht gewesen zu sein.
Hierzu zunächst im Nachtrag ein Verweis auf die ursprüngliche Studie zu Fledermäusen und Paramoxyviren - vielleicht von generellem Interesse für Leute, die wie ich in der Nähe großer Fledermauspopulationen leben:
Bats host major mammalian paramyxoviruses : Nature Communications : Nature Publishing Group
Die Krankheitsübertragung dürfte in der Tat bei Erstkontakt in beide Richtungen gegangen sein. Bei einigen Rubulaviren (Parainfluenza 2/4) deuten Fledermausviren und die Infektionsanfälligkeit von Meerschweinchen auf südamerikanischen Ursprung. Mumpsviren wurden nicht in europäischen Fledermäusen festgestellt; hier kommt neben Amerika aber auch Ursprung in Afrika/Asien in Frage.
Bei Metapneumoviren ist die bislang (unvollständig) rekonstrierte Ansteckungskette (Kanadagans->Truthahn->Mensch) kontinental ziemlich eindeutig. Ob dies auf Pneumoviren (RSV) erweiterbar ist, ist noch fraglich [Auch be Pneumoviren verdienen aber Nagetiere, und damit insbesondere Meerschweinchen, als Wirt Beachtung].
Urformen von Morbilloviren (Masern) werden heute noch von Fledermäusen auf allen Kontinenten (einschließlich Amerika, und auch in Deutschland) ausgeschieden. Sie fanden ihren Weg zu Menschen (einschl. HSN?) wohl über Nagetiere (heutige Befunde masernähnlicher Viren in Gelbhalsmaus, Erdmaus, Feldmaus und Rötelmaus in D/NL). Da sind spätere kulturelle Kontexte (Hundedomestizierung, Ackerbau, Viehzucht) wichtiger für die Immunisierung/ Anfalligkeit einzelner Gruppen als die kontinentale/ regionale Grobzuordnung. Nach dem von Ingeborg verlinkten Wikipedia-Artikel zu Masern rafften diese v.a. indigene Bewohner der Karibik dahin. Masernähnliche Viren sind bei Kamelen belegt und damit für Lamas denkbar; vielleicht ein Grund für weniger heftige, dafür aber häufiger wiederkehrende Masern-Epidemien im Andenraum.
Weitere Literatur, für alle die das Thema Fledermäuse/ Epidemien interessiert:
Hepatitis: Bats Worldwide Carry Hepatitis E Virus-Related Viruses That Form a Putative Novel Genus within the Family Hepeviridae
http://www.pnas.org/content/110/40/16151.full.pdf
Pocken: http://wwwnc.cdc.gov/eid/article/19/6/pdfs/12-1713.pdf
Coronavirus (SARS, MERS): Human Betacoronavirus 2c EMC/2012?related Viruses in Bats, Ghana and Europe
Ebola: PLOS ONE: Long-Term Survival of an Urban Fruit Bat Seropositive for Ebola and Lagos Bat Viruses
So könnte - und ich bleibe hier bewusst im Konjunktiv! - eine Ansteckung immer mal wieder bei sporadischen Kontakten letztlich doch der Auslöser dafür gewesen sein, dass sich der Genpool der HSN in dem Maße verringerte, dass es irgendwann einfach nicht mehr ausreichend Individuen für die erfolgreiche Reproduktion gab, bzw. dass diese sich in der Weitläufigkeit der Welt fanden.
Ein schönes vorläufiges Schlußwort zum Thema HSN und Krankheiten. Hinzuzufügen bleibt lediglich, dass Ansteckung nicht zwingend direkten Kontakt zwischen HSN und HSS erfordert, sondern auch von Urwirten (Fledermäuse, Wildvögel) oder Zwischenwirten (Nager, Meeressäuger, Hunde/Bären/Pelztiere) hervorgerufen worden sein kann.

Ich schlage vor, dass wir uns jetzt den von Aridwulf gestellten Fragen (meine Hervorhebung) zuwenden
Bevor man die Überlegung anstellt weshalb die Neandertaler ausstarben müsste man erstmal festhalten wie viele es überhaupt gab, wie sie lebten, und wo. Wir sprechen hier ja nicht über eine bedrohte Krötenart, sondern um bereits kulturell fortschrittliche Menschen welche in verschiedenen Lebensräumen und wohl auch verschiedenen Gemeinschaften lebten. (..) Je genauer das Bild von diesen Gemeinschaften wird, umso eher kann man auch sagen warum es diese heute nicht mehr gibt. (..)
Wenn man aufhört sie als einheitliche, in sich geschlossene Gruppe zu betrachten wird die Suche nach dem einem einzelnem Grund für ihr Verschwinden weniger wichtig, und stellt die Frage in den Vordergrund wie die einzelnen Gruppen lebten.
Eegänzend dazu die Frage, wie weit die Kontaktgeschichte zwischen HSS und HSN zeitlich und geographisch rekonstrierbar ist. Da gibt es die berühmte Höhle in Israel, in der Skelette beider Gruppen gefunden wurden, aber ist dies alles?
 
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