Baalbek

Um noch einen Punkt zur Ergänzung anzufügen: es gibt aus Baalbek Münzen, die die Tempel, den Jupitertempel und den danebenstehenden sogenannten Bacchustempel mit drei Preiskronen zeigen. Dies gilt normalerweise immer als Indiz für Spiele, die zu Ehren der Verleihung einer Neokorie abgehalten wurden und dann in der Regel jährlich, zumindest aber in einem festen Rhythmus, abgehalten wurden. Ich habe diese Münzen hier unter der Interessengruppe "Münzen..." abgelegt, weiß aber nicht, ob die für alle frei zugänglich ist?
 
Die Münzen sind erst ab severischer Zeit da, die Inschriften mit der Colonianennung, meistens Meilensteine, sind nicht datiert. Generell fangen die Inschriften, soweit sie datierbar sind, in neronischer Zeit an, wobei wir jede menge kleiner Bruchstücke haben, deren Aussage nicht mehr erschlossen werden kann.
Das system der Städte, sich gegeneinander auszuspielen und möglichst viel Prestige durch die Bauten zu erlangen, kennen wir aus Kleinasien zur Genüge.
Aber da sind es auch ehrwürdige Städte, während wir von baalbek vorher nichts wissen. Und wir wissen ja auch leider nichts vom frührömischen Beirut oder Homs oder Damaskus. Wer profiliert sich gegen wen? Wer muß wen übertrumpfen?

Eine meiner Ideen ist ja, daß man vielleicht bewußt das Heiligtum zwischen die Städte setzt, damit die nicht in einen kostspieligen Konkurrenzkampf verfallen wie es in Smyrna, Ephesos und Pergamon der Fall war.

Ich finde die Größe alleine reicht nicht aus, um sofort auf einen staatlich georderten und geförderten Sakralbau schließen zu können. Allerdings gebe ich dir in dem Punkt zumindest soweit recht, dass eine staatliche Absegnung und Unterstützung vorhanden sein sollte, wie die großen Mengen Stein aus Ägypten zeigen. Was mich immernoch etwas stutzig macht ist das Zusammenfallen von Tempelfertigstellung, großen Auftreten von Inschriften und später dann mit dem weiteren Ausbau das Auftauchen von Münzen. Interessant wären nun ob die Inschriften verstärkt die colonia heliopolis betonen und eine Grabung zur Stadt selbst, nicht zum Tempelkomplex.

Dem Argument von dir, bezüglich des kostspieligen Konkurrenzkampfs vorzubeugen und den Tempel in die, salop gesagt, Pampas zu setzen, möchte ich entgegnen, dass bei der Fertigstellung des Tempels die Auswirkungen (Städtepleiten usw.) noch nicht bekannt waren. Insofern würde es doch verwundern, wenn man 20-30 Jahre später den Städten freie Hand läßt.

Ein, zugegeben eher absurdes und ulkiges, Ideechen ist mir im Zusammenhang mit den großen Steinen aus dem "Limes arabicus" Thread noch gerade gekommen: Evtl. baute man einfach in der Ecke alles mit größeren Steinen als sonst wo? ;)
 
Ich finde die Größe alleine reicht nicht aus, um sofort auf einen staatlich georderten und geförderten Sakralbau schließen zu können. Allerdings gebe ich dir in dem Punkt zumindest soweit recht, dass eine staatliche Absegnung und Unterstützung vorhanden sein sollte, wie die großen Mengen Stein aus Ägypten zeigen. Was mich immernoch etwas stutzig macht ist das Zusammenfallen von Tempelfertigstellung, großen Auftreten von Inschriften und später dann mit dem weiteren Ausbau das Auftauchen von Münzen. Interessant wären nun ob die Inschriften verstärkt die colonia heliopolis betonen und eine Grabung zur Stadt selbst, nicht zum Tempelkomplex.

Die Größe bedingt jedenfalls ein Material- und Arbeitsaufkommen, dessen Finanzierung schwerlich von einer kleinen Ortschaft aufgebracht werden konnte. Und es ist auch nicht erklärlich, worin die Interessen eines kleinen und bis dahin völlig unbedeutenden Ortes an diesem Bau bestehen, deshalb folgere ich ein übergeordnetes Interesse, und da ich auch nicht gleich ein Argument für eine provinziale Ebene finde oder im Rahmen eines lokalen Städtebundes, vermute ich mal, hier werden Interessen bis nach Rom gereicht haben. Beweisen kann ich es nicht.

Nun, der Tempel ist meiner Meinung nach noch bis in die flavische Zeit hinein fertiggestellt worden, er kann ja schon vorher geweiht sein. Daß die ersten Inschriften neronisch sind, zeigt, daß er "in Betrieb" war. Das weitere Heiligtum, die Komponenten Altarhof, Hexagonalhof und Propylon, wird im Laufe des 2. Jhs. ausgebaut, während des Betriebes. Die Münzen tauchen auf, nachdem Baalbek das ius italicum bekam, das war vom Ausbau des Heiligtums weitgehend unabhängig.
Die Inschriften in der Stadt betonen den Status der Colonia so gut wie gar nicht, es werden Decurionen erwähnt und Priester, Weihungen, nichts zur Stadtgeschichte. Aber schon die Tatsache, daß die Inschriften Lateinisch sind, spricht für sich.
Die Stadt haben wir ja nun fast zehn Jahre lang gesucht. Wir durften allerdings nicht graben, das hatte politische Gründe, und die ausufernde moderne Stadt überdeckt das antike Areal komplett. Wir haben weitestgehend die libanesischen Grabungen der sechziger und siebziger Jahre, vor dem Bürgerkrieg, ausgewertet. Das aber mit Erfolg.


Dem Argument von dir, bezüglich des kostspieligen Konkurrenzkampfs vorzubeugen und den Tempel in die, salop gesagt, Pampas zu setzen, möchte ich entgegnen, dass bei der Fertigstellung des Tempels die Auswirkungen (Städtepleiten usw.) noch nicht bekannt waren. Insofern würde es doch verwundern, wenn man 20-30 Jahre später den Städten freie Hand läßt.

Du berührst einen wunden Punkt in meiner Argumentation. Vielleicht sollte man aber noch nicht sehr auf die Kosten als vielleicht auf die ideellen Wirkungen schauen, denn das hat die andere Städte in Asia schon recht schnell gewurmt, als Pergamon plötzlich sich mit dem Neokorietitel schmückte. Vielleicht ging es darum, keinen der umliegenden Klientelfürsten zu bevorteilen?
Fakt ist jedenfalls: das Heiligtum wird mitten in die Pampas gesetzt, und erst mit dem Heiligtum entwickelt sich dann die Stadt.

Ein, zugegeben eher absurdes und ulkiges, Ideechen ist mir im Zusammenhang mit den großen Steinen aus dem "Limes arabicus" Thread noch gerade gekommen: Evtl. baute man einfach in der Ecke alles mit größeren Steinen als sonst wo? ;)

Du wirst lachen, darüber witzeln wir in Baalbek schon immer selber. Wenn man von dem Riesenmonstrum des Jupiterheiligtums absieht, ist schon der sogenannte Bacchustempel, der "kleine Tempel", für jede andere Stadt ein Großbau. Am Stadteingang steht eine Säule, die mal vor ein Monument vorgeblendet war, und die ist schon über 20 m hoch, dann haben wir auch noch den größten Podiensaal des römischen Reiches, irgendwie kamen die nicht mehr von der Spur weg, alles gigantisch machen zu müssen.
 
ein paar Anmerkungen zum Jupitertempel aus archäologischer Sicht

hallo hjwien,
ich möchte gern versuchen aus archäologischer Sicht ein paar Aussagen richtig, bzw. zur diskussion zu stellen.

1. So unbedeutend war Baalbeck nicht. Es war ein wichtigerFernhandels- und Umschlagplatz zwischen Beirut bzw, Tripoli am Mittelmeer und Damaskus bzw. Palmyra und Antiochia am Orontes. Sie muss also über beträchtliche Gelder verfügt haben, anders wären die gewaltigen Bauten auch nicht möglich. Die Gegend ist sehr Wasserreich und daher seit dem Neolithikum ein bedeutender Siedlungsplatz.

2. Die Provinz Syria ist ebenfalls keine unbedeutende Gegend, allein die Hauptstadt der Provinz, Antiochia am Orontes war in der römischen Kaiserzeit mit über 500.000 Einwohnern eine der bedeutensten Metropolen des römischen Imperiums und wurde in einem Atemzug mit Rom, Alexandria genannt.

3. Der Begriff Colonia ist nicht als Eigennahme zu sehen sondern eher in
Verbindung mit dem Rechtsstatus im römischen Imperium zu verstehen. Daher die Namensüberschneidungen.

4. Zum Jupiterheiligtum an sich: ein Baudatum ist nicht anzugeben, denn im Prinzip war das Heiligtum eine ständige Baustelle und ist in weiten Teilen nie fertig geworden und unvollendet geblieben bzw. immer wieder umgebaut worden.
Von den ganzen Präastronautikern und dergleichen unwissenschaftlichen Spekulanten abgesehen gibt es leider nur sehr wenige ernst zu nehmende Publikationen zu diesem Thema.
empfehlen kann ich dir in deutscher Sprache:

Th. Wiegand,Baalbeck: Ergebnisse der Ausgrabungen und Untersuchungen in den Jahren 1898 bis 1905,Berlin 1925 (trotz seines Alters eine der wichtigsten Publikationen, auf die alle anderen immer wieder Bezug nehmen. Wird dir sicher nicht zugänglich sein. hab aber etliche Seiten daraus vor kurzem kopieren können)

[FONT=&quot]St. Freyberger, Die frühkaiserzeitlichen Heiligtümer der Karawanenstationen im hellenisierten Osten.Mainz. 1998

M. van Ess/Th. Weber[Hrsg.]Baalbeck. Im Bann römischer Monumentalarchitektur. Mainz 1999( liegt gerade vor mir)

Kurz zusammenfassend sind aus diesen Publikationen folgende Bauphasen zu entnehmen:
In seleukidischer Zeit(2.Jh.v.Chr.) wurde das alte Baal-Heiligtum für den Gott Helios umgestaltet. Die vorhandene ummauerte Plattform bekommt einen Treppenaufgang mit Tortürmen (von Libanesischen Archäologen nachgewiesen aber leider noch nicht publiziert)
Ende des 1.Jh. v.Chr. finden erste römische Erweiterungen statt.(also in augusteischer Zeit) Dabei werden die Säulen des Jupitertempels kantenbündig an das Podium versetzt und der Tempel damit vergrößert. Gemäß einer Datierung an einem Kapitell hat der Tempel die Dachgleiche im Jahr 60n.Chr. erreicht(zurZeit Neros). Erweiterungen finden auch am Hof den Exidren und Substitutionen etc. statt. Die Erweiterungen werden aber nicht alle vollendet und teilweise abgebrochen.
Am Ende des 1.Jh. wird das Trilitonan der Westseite versetzt, weitere Arbeiten aber wieder abgebrochen, an den Äußeren Dekorationen wird weitergearbeitet. (also in flavischer Zeit)
um die Mitte des 2.Jh. wird vor dem Altar ein Turm errichtet und unter Antonius Pius wird der Bachustempel errichtet.
Anfang des 3. Jh. bezeugt eine Inschrift des Legionärs Aurelius Antonius Longinus zum Ruhme Caracallas die Vergoldung einiger Kapitelle und die Triade des Jupiter Heliopolitanus, der Venus und Mercurius (der Venustempel und Merkurtempel sind also post quem entstanden)
Mitte 3. Jh. lässt Philipus Arabs den sechseckigen Hof mit den Propyläen errichten und stoppt damit die vorherig begonnene Hoferweiterung.
Inder christlichen Spätantike wiederum, sind die Tempel durch Erdbeben zerstört und im Hof wird eine Kirche errichtet, welche in muslimischer Zeit wiederum einem Fort weichen muss.

Zusammenfassend ist also zu sagen.
Es gibt also nicht nur eine römische Bauzeit in flavischer oder severischer Zeit, sondern es wurde über 300 Jahre am römischen Heiligtum gebaut.

Vieleicht kann man das mit dem Bau der gotischen Kathedralen Vergleichen. Als Anmerkung zum Verständnis: z.B. ist Rouen oder Chartres in seiner Größe und Bedeutung nicht mit Paris zu vergleichen, aber die Kathedralen sind Notre Dame zumindest ebenbürtig. Warum Baalbeck nun den größten römischen Tempel besaß ist vieleicht mit der Frage warum ausgerechnet Ulm den höchsten Kirchturm der Welt besitzt zu vergleichen....also eigentlich müßig.

Ich hoffe ich konnte einen Beitrag zum besseren Verständnis von Baalbeck leisten
;) LG
[/FONT]
 
Notre Dame

Hallo

[FONT="]Vieleicht kann man das mit dem Bau der gotischen Kathedralen Vergleichen. Als Anmerkung zum Verständnis: z.B. ist Rouen oder Chartres in seiner Größe und Bedeutung nicht mit Paris zu vergleichen,[/FONT]
Das wage ich zu bezweifeln, Charte war udn ist immer noch eien der Hauptkirchen von Frankreich und während der Gotik bedeutender als Notre-Dame.

mfg
schwedenmann
 
das sag ich ja....Paris als Stadt war und ist sicherlich größer und bedeutender als chartres je war aber seine "Kultbauten" nicht unbedingt. ebenso wie Baalbeck als Stadt nicht so bedeutend war wie Rom, aber der Jupitertempel sich in seiner Dimenson nicht hinter den Bauten Roms zurücksteht.
 
[...] danebenstehenden sogenannten Bacchustempel [...]

Ach mein lieber hjwien...da liest du nun so viele Bücher und dann sind´s auch noch die falschen Bücher :)

Wolfgang Korn. Schienen für den Sultan. Komet-Verlag. S. 107:

"Vor dem Venus-Tempel, der häufig fälschlicherweise als Bacchus-Tempel tituliert wird, ließ Abdülhamid eine riesige Gedenktafel enthüllen [...]"

Siehste...ist doch schon völlig ausgeforscht, dieses Baalbek. :pfeif:
 
Ach mein lieber hjwien...da liest du nun so viele Bücher und dann sind´s auch noch die falschen Bücher :)

Wolfgang Korn. Schienen für den Sultan. Komet-Verlag. S. 107:

"Vor dem Venus-Tempel, der häufig fälschlicherweise als Bacchus-Tempel tituliert wird, ließ Abdülhamid eine riesige Gedenktafel enthüllen [...]"

Siehste...ist doch schon völlig ausgeforscht, dieses Baalbek. :pfeif:

Also, mein lieber Nabatäerscheich,

wenn Du dergestalt daherkommst, setze ich Dich wieder zur Keramikbearbeitung an Deinen Lieblingsplatz:w00t1:.

Sag mir mal lieber, wo ein grundsätzlicher Denkfehler in meinen Theorien steckt, oder wo ich neronische Bauornamentik im Osten herkriege zwecks Vergleichen.
 
Ach mein lieber hjwien...da liest du nun so viele Bücher und dann sind´s auch noch die falschen Bücher :)

Wolfgang Korn. Schienen für den Sultan. Komet-Verlag. S. 107:

"Vor dem Venus-Tempel, der häufig fälschlicherweise als Bacchus-Tempel tituliert wird, ließ Abdülhamid eine riesige Gedenktafel enthüllen [...]"

Siehste...ist doch schon völlig ausgeforscht, dieses Baalbek. :pfeif:


http://www.geschichtsforum.de/409554-post14.html

http://www.livius.org/a/lebanon/baalbek/t_bacchus/baalbek_t_bacchus_inscr1.jpg
 
Fühlt sich jemand berufen und interessiert, die stadtrechtliche Frage einer Colonietitulatur nochmal zu diskutieren? Ich kämpfe mal wieder damit, Beirut und Baalbek auseinanderzudividieren.
 
Gerne, nur nicht sofort, da ich selbst ne stressige Woche vor mir habe und mein Wissen definitiv auffrischen muss.
 
Dann möchte ich es doch noch mal probieren und mein Problem schildern.
Daß Agrippa Beirut im Jahre 15/14 v. Chr. den Koloniestatus verlieh und dabei die Veteranen der Legio V Macedonia und VIII Augusta ansiedelte, ist sicher. Der Colonietitel lautete Colonia Iulia Augusta Felix Berytos.
Nun muß nach Strabon der Ort Heliopolis, immerhin besiedelt seit dem 8. Jt. v. Chr., aber ohne eine überregionale Bedeutung, in dem Gebiet gelegen haben, welches Agrippa der Colonia Berytos zur Versorgung der Veteranen dazugab, das ist ungefähr die Beqaebene zwischen Libanon und Antilibanon, ungefähr von der Linie Beirut-Damaskus bis hoch zu den Orontesquellen.

Baalbek hatte den Titel Colonia Iulia Augusta Felix Heliopolis, das sagen uns Münzen und Inschriften. Die Inschriften sind nicht datiert, die Münzen sind ab der severischen Zeit geprägt worden, denn Septimius Severus hat Heliopolis das ius italicum verliehen, so berichtet Ulpian in den Digesten.

Aber was heißt das nun? Sind die beiden namensgleichen Kolonien Iulia Augusta Felix gleichrangige Teile einer Einheit, kann man also von der CIAF Berytos und CIAF Heliopolis sprechen, wie man von Berlin-Spandau und von Berlin-Köpenick spricht? Welche Konsquenzen hätte das für die Rekonstruktion der magistralen Strukturen?

Oder ist Baalbek ein untergeordneter Ort, eine Art Vorstadt, ein Ortsteil, eine Außenstelle, ist Baalbek so etwas für Beirut wie Didyma für Milet?
Aber warum bekommt der Ort nach seiner Unabhängigkeit - wenn das ius italicum das überhaupt beinhaltet? - dann nicht einen eigenen Coloniatitel, Colonia Septimia Irgendwas Heliopolis, sondern behält den alten augusteischen Titel bei?

Diese Fragen sind wichtig für die Klärung von Entscheidungswegen, für die Interpretation von Inschriften, in denen Patrone der Colonia, aber auch Duumviri oder verschiedene Priester auftauchen, und für das Verständnis der Baugeschichte, besonders für den sogenannten Bacchustempel, immerhin einer der am besten erhaltenen Sakralbauten der römischen Welt.

Ich fürchte, die Problematik ist ein außergewöhnlicher Einzelfall und wird nicht so schnell Analogien finden, dennoch würden mich Meinungen und Vorschläge oder Rat und Hinweise sehr interessieren.
 
Eventuell sollten wir erst einmal klären, wann welche Titulatur ein Ehrentitel war und wann wirkliche Privilegien damit verbunden waren. Soweit ich mich erinnere, wird in der hohen Kaiserzeit, also noch vor Septimus Severus die Titulatur für Städte nur noch als Herausstellungsmerkmal verwendet und seltenst bis nie mit Privilegien verbunden.
 
Nun ja, zunächst einmal ist das Recht zur Münzprägung zu erwähnen, das Beirut von Anfang an hat, Heliopolis/Baalbek erst ab Severus. Das ius italicum ist, soweit ich das verstanden habe, ein Bodenrecht, hier gehts also um handfeste ökonomische Interessen und Vorteile, wenn die Stadt ihr Land selbst verwalten kann.
Vor der constitutio antoniniana (also vor Caracalla) ist der Colonietitel mit dem römischen Bürgerrecht verbunden, was steuerlich und strafrechtlich ebenfalls bedeutsam ist. Für das Verhältnis von Beirut-Heliopolis spielt das die geringste Rolle, denn auch die Baalbekis sind ja seit Augustus römische Bürger. Alle offiziellen Inschriften aus der Stadt sind lateinisch, wenn jemand mal kritzelt, wie ihm der Mund gewachsen ist, tut er dies auf Griechisch - Handwerkergraffiti vor allem - Aramäisch dagegen ist gar nichts.
Was in der hohen Kaiserzeit nicht mehr passiert - im Osten sowieso nicht - ist die Gründung neuer Kolonien, es werden bestehende Orte mit dem Titel ausgezeichnet.
 
Ich habe mich etwas umgeschaut und würde dir nun die (etwas alte) Hypothese von Richard Haywood anbieten können. Der hat 1940 die Afrikapolitik von Septimius Severus untersucht und schreibt zu der Verleihung des ius italicum an Carthago, Utica und Lepcis, dass Septimius Severus damit die wichtigen Städte (für Rom/Italien) in seiner Heimatprovinz fördern wollte. Ähnliches gibt es wohl auch in Asien, insbesondere in Syrien, da ja von dort seine Frau entstammte. Daher könnte die Verleihung also auf eine gestiegene Bedeutung für Heliopolis hindeuten, insbesondere wenn man noch den weiteren religiösen Background der Severer (und Julia Domna) in betracht zieht. Ich weiß Helios ist nicht gleich Helios, aber eventuell gab es einfach eine Tendenz der Severer, diese Gottheit und ihre Orte zu fördern.
 
Es gibt eine schöne neue Arbeit von Achim Lichtenberger über die Darstellung des Severus, wo ziemlich gut herauskommt, wie sich der Sep. mit den Göttern seiner Heimtatsadt Lepcis - Liber Pater (Bacchus) und Herakles - schmückt.
Julia Domna entstammt in der Tat einer Priesterfamile aus Emesa (Homs), wo es einen sehr starken Kult des Heliogabal gab, man denke nur an den späteren nach ihm gleichgenannten Kaiser. Ob aber diese Verbindung ausreicht, um die Bevorzugung Baalbeks unter den severischen Kaisern, im Übrigen nur Sep. Sev. und Caracalla, Elagabal und Severus Alexander scheinen sich da nicht drum gekümmert zu haben, zu rechtfertigen, weiß ich nicht so recht.
 
Der religiöse Aspekt war bei der Überlegung nur ein möglicher Zusatzaspekt. Eine Stärkung von wichtigen Regionen wie Nordafrika und auch Syrien gegenüber dem italienischen Mutterland ist der eigentliche wichtige Aspekt.

Was verstehst du denn genau unter einer Bevorzugung, insbesondere, wie machst du die Unterschiede zwischen Septimius/Caracalla und Elagabal/Severus Alexander fest?
 
Der religiöse Aspekt war bei der Überlegung nur ein möglicher Zusatzaspekt. Eine Stärkung von wichtigen Regionen wie Nordafrika und auch Syrien gegenüber dem italienischen Mutterland ist der eigentliche wichtige Aspekt.

Hm, das ist ein spannender Gedanke, den werde ich mir mal im Kopf zergehen lassen. Bedeutet eine Stärkung der Regionen mehr als eine Bevorzugung der eigenen Heimat, und ist dies als Gegenüber zu Italien zu sehen? Syrien ist ja von Anfang an eine der Schwerpunktregionen des Reiches.

Was verstehst du denn genau unter einer Bevorzugung, insbesondere, wie machst du die Unterschiede zwischen Septimius/Caracalla und Elagabal/Severus Alexander fest?

Sowohl inschriftlich als auch numismatisch sind die beiden Ersten in Baalbek präsent, die beiden letzten Severer nicht. Es ist also eine Quellenfrage.
 
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