Bahai Glaube

rukelie

Aktives Mitglied
Hat schon Mal jemand davon gehört?

Hie der Wiki-Link: Bahai ? Wikipedia

Gilt trotz lediglich sieben Millionen Anhängern als Weltreligion, wahrscheinlich weil es die weltweit in den meisten Ländern verbreitete Religion ist.

Hätte dazu ein paar Fragen und vielleicht ensteht ja eine interessante Diskussion daraus.

1. Als de Bahai Glaube entstand war die Zeit des toleranten Islam lange vorbei. Der Islam war und ist zudem in dieser Religion sehr politisch. Nichtsdestotrotz ist der Bahai Glaube sehr tolerant und komplett unpolitisch. Frage: Gab es damals eine Strömung im Islam worauf das zurückzuführen sein könnte?
2. Wieso Religion und nicht Sekte? Anfangs wurde der Bahai Glaube von vielen bzw. allgemein als muslimische Sekte begriffen. Heutzutage nicht mehr. Weiß jemand mehr über die Prozesse die dazu geführt haben?
3. Der Mensch hat Religion stets seinen Bedürfnissen angepasst - von der "lebendigen Natur" der Jäger und Sammler Völker über die Naturgötter der sesshaft gewordenen Bauern und Viezüchter bis zum Monotheismus der Kulturvölker (ich lass da Indisch-Asiatische Vorstellungen mal raus - ist eine grobe Vereinfachung von dem ersten oder zwoten Kapitel von GEO kompatk 16 (?) Glaube und Religion. Macht das Sinn oder gibt es alternative Sichtweisen dazu?). Ist der Bahai Glaube eine weitere Anpassung an die Situation der modernen Welt? (Alternativfrage: Stehen Agnostizismus und Atheismus ebenfalls dort oder ausserhalb?)
 
Hoi rukelie

Vor vielen Jahren habe ich im Iran die Bahai kennengelernt. Der Ursprung dieser Religionsgemeinschaft liegt ja irgendwie in Shiraz. Dort ist aber heute kaum mehr etwas davon zu sehen…
In den folgenden Jahren habe ich mir einige der Bahai-Tempel angeschaut. Der beeindruckendste ist sicher der „Lotus-Tempel“ in New-Delhi. Riesige, mit weissem Marmor bekleidete Betonschalen. Irgendwie nicht unähnlich der Oper von Sydney, bloss besser.
Der Tempel in Panama ist etwas älter und schlichter. Dafür steht er sehr malerisch auf einem Hügel oben.

Das Haus der Andacht in Neu-Delhi habe ich mehrmals besucht, das erste mal gegen Ende der Bauzeit. Irgendwo habe ich sogar noch Baupläne...

Gruss Pelzer

.
 
Von den Bahai habe ich vor einigen Jahren auf einer Diskussionveranstaltung das erste Mal gehört. Texte aus den Religionen | Haus der Religionen e.V.
Bahai-Vertreter waren dort auf dem Podium neben Hindus, Moslems, Buddhisten, Christen und Juden.
Nach meinem persönlichen Eindruck habe ich keine besondere Nähe der Bahai-Religion zum Islam wahrgenommen, sie stand als jüngste und modernste Religion gleichwertig neben den anderen großen Weltreligionen.
Allerdings ist diese Veranstaltung länger her und darum bin ich auf weitere Beiträge gespannt.
 
2. Wieso Religion und nicht Sekte? Anfangs wurde der Bahai Glaube von vielen bzw. allgemein als muslimische Sekte begriffen. Heutzutage nicht mehr. Weiß jemand mehr über die Prozesse die dazu geführt haben?
"Sekte" ist eigentlich eine (abwertende) Bezeichnung, mit der Vertreter von Religionsgemeinschaften, die sich im Alleinbesitz der Wahrheit glauben, Leute belegen, die von dieser Wahrheit abweichen. Ob eine Gemeinschaft eine Sekte oder Religionsgemeinschaft ist, ist also eine Frage des Standpunkts.
Ausführlicher steht es da:
Sekte ? Wikipedia
 
Von den Bahai habe ich vor einigen Jahren auf einer Diskussionveranstaltung das erste Mal gehört. Texte aus den Religionen | Haus der Religionen e.V.
Bahai-Vertreter waren dort auf dem Podium neben Hindus, Moslems, Buddhisten, Christen und Juden.
Nach meinem persönlichen Eindruck habe ich keine besondere Nähe der Bahai-Religion zum Islam wahrgenommen, sie stand als jüngste und modernste Religion gleichwertig neben den anderen großen Weltreligionen.
Allerdings ist diese Veranstaltung länger her und darum bin ich auf weitere Beiträge gespannt.
Ob der Bahaismus heute dem Islam nahe steht oder nicht - er ist auf jeden Fall aus dem Islam heraus entstanden und hat sich nach wenigen Jahren davon abgespalten.
 
Quellenstudium ist meistens der Beginn aller Erkenntnis:

GBS Recherche - Welcome!

Ich hoffe, dir gedient zu haben.

maly

Erstmal Danke für den Link. Hilft mi aber leider bei der Beantwortung meiner Fragen nicht.


Hoi rukelie

Vor vielen Jahren habe ich im Iran die Bahai kennengelernt. Der Ursprung dieser Religionsgemeinschaft liegt ja irgendwie in Shiraz. Dort ist aber heute kaum mehr etwas davon zu sehen…
In den folgenden Jahren habe ich mir einige der Bahai-Tempel angeschaut. Der beeindruckendste ist sicher der „Lotus-Tempel“ in New-Delhi. Riesige, mit weissem Marmor bekleidete Betonschalen. Irgendwie nicht unähnlich der Oper von Sydney, bloss besser.
Der Tempel in Panama ist etwas älter und schlichter. Dafür steht er sehr malerisch auf einem Hügel oben.

Das Haus der Andacht in Neu-Delhi habe ich mehrmals besucht, das erste mal gegen Ende der Bauzeit. Irgendwo habe ich sogar noch Baupläne...

Gruss Pelzer

.

Ja, der Lotus-Tempel sieht sehr beeindruckend aus. Zumindest auf Bildern. Würde den gerne mal "live" sehen. Welche anderen hast du gesehen? Es wurden ja bisher weltweit nur sieben gebaut und der älteste davon wurde Opfer eines Erdbebens. Einer steht interessanterweise in Deutschland.

Hast du da auch mit Bahai gesprochen bzw. welchen Eindruck hattest du von diesen und ihrem glauben? Wie wurden die in Indien gesehen verglichen mit Hindus, Buddhisten, Christen und Muslime?


"Sekte" ist eigentlich eine (abwertende) Bezeichnung, mit der Vertreter von Religionsgemeinschaften, die sich im Alleinbesitz der Wahrheit glauben, Leute belegen, die von dieser Wahrheit abweichen. Ob eine Gemeinschaft eine Sekte oder Religionsgemeinschaft ist, ist also eine Frage des Standpunkts.
Ausführlicher steht es da:
Sekte ? Wikipedia

Ich weißt dass Sekte im normalen Sprachgebrauch eine negativ belegt ist, in der Wissenschaft wird der Begriff jedoch neutral gebraucht und darauf bezog ich mich. Und meine Frage war, wieso anfangs Sekte und jetzt anerkannte Religion?


Ob der Bahaismus heute dem Islam nahe steht oder nicht - er ist auf jeden Fall aus dem Islam heraus entstanden und hat sich nach wenigen Jahren davon abgespalten.

Yop, und daher meine Frage, gab es damals eine Strömung im Islam die das begünstigt hat oder war das eine sehr radikale Angelegenheit. Eine Art Bruch wie es die Lehren Jesu mit dem Judentum war.
 
rukelie schrieb:
Ja, der Lotus-Tempel sieht sehr beeindruckend aus. Zumindest auf Bildern. ... Welche anderen hast du gesehen?
Hoi rukelie
Ich habe das [FONT=&quot]„Baha'i House of Worship“[/FONT] in New Delhi ein paarmal besucht. Dann den [FONT=&quot]„Templo Baha'i“ in Panama und einige Friedhöfe im Iran. Aber da gab es schon damals nicht viel zu sehen. Und unterdessen wurden sie ja von den Behörden zerstört...[/FONT]

[FONT=&quot]Gruss Pelzer

.
[/FONT]
 
..., wieso anfangs Sekte und jetzt anerkannte Religion?

..., gab es damals eine Strömung im Islam die das begünstigt hat ...

Bis ins 18. Jh. gehörten nicht alle Schiiten im Iran der dort tonangebenden Uṣūlī-Schule an. Die Opposition bestand in der Gruppe der Akhbārīs, das waren Anhänger der Überlieferungen (khabar arab. Nachricht, ein anderes Wort für hadit), sie meinten, die Religionsgelehrten seinen für "religiöse Erkenntnis" entbehrlich. Jeder Gläubige könne Zugang zur Wahrheit finden, wenn er den Koran unter Beachtung der (schiitischen) Überlieferung lese.

Eine weitere, ernstzunehmende oppositionelle Bewegung zum Uṣūlī -Establishment waren Ende des 18. Jhs. die Shaykhis (nach dem Oberhaupt ihrer Schule Shaykh Ahmad al-Ahsaʿi). Diese führten Ideen der Schulen von Isfahan, der Akhbarilehre und Elemente der Gnosis zusammen.

Aus den Shaykhis ging die radikal-sozialrevolutionär-religiöse Bewegung der Babis hervor. Ihr Oberhaupt, Saiyid Ali-Muhammad Shirazi (1819-1850), behauptete 1844, der Bab (bab arab. Tür, Pforte), die "Pforte" zum verborgenen zwölften Imam-Mahdi der Zwölferschia zu sein. 1848 behauptete der Bab, er selbst sei dieser von den Schiiten erwartete Imam-Mahdi. Er verkündete, das islamische Gesetz, die Scharia, sei nunmehr aufgehoben und beanspruchte auch die politische Herrschaft für sich.

Daraufhin wurde die Bewegung der Babis von der qadsharischen Obrigkeit zerschlagen, der Bab 1850 in Täbris hingerichtet. Im Untergrund und im Ausland bestanden die Babis aber fort.

Aus dem Milieu der Babi-Lehre entstand die Bahai-Religion.

Als Nachfolger des Bab wurde Mirza Husain Ali Nuri, der wegen eines babistischen Anschlags gegen den Schah 1852 inhaftiert wurde, im Gefängnis 1853 durch "Erleuchtung" berufen. Er nannte sich fortan Baha'u'llah, was so viel wie "Glanz Gottes" oder "Herrlichkeit Gottes" bedeutet.

Der politische Kampf wurde ab nun vermieden.

Nach der Entlassung aus dem Gefängnis ging Baha'u'llah in die Türkei ins Exil. Dort wurde er vom türkischen Sultan in Akka unter Hausarrest gestellt. In dieser Zeit verfasste er das Heilige Buch der Bahai, das "Kitab-i Aqdas", worin das "Grundgesetz" für eine zukünftige Weltordnung enthalten ist.

Der Sohn des Baha'u'llah, Abbas Efendi mit Ehrennahmen Abdul-Baha (Diener der Herrlichkeit), war von Baha'u'llah testamentarisch als Nachfolger eingesetzt worden, nahm seinen Wohnsitz in Haifa, von wo er durch ausgedehnte Reisen begann, den Westen für die neue Religion zu erschließen. Er gilt den Bahai als einziger autorisierter Ausleger der Offenbarung.

Ob Abdul-Baha ein Testament hinterließ, ist umstritten. Das zwölferschiitische Legitimitätsprinzip galt ja nicht mehr, und im "Kitab-i Aqdas" war ja die Schaffung des "Hauses der Gerechtigkeit" als Leitungsorgan festgelegt. Jedenfalls tauchte ein Testament des Abdul-Baha 1922 in New York auf, worin Shoghi Efendi, ein Enkel des Abdul-Baha, als eingesetzter Nachfolger aufscheint, was wegen des Verdachts der Testamentsfälschung nicht die allgemeine Anerkennung der Bahai-Gemeinschaft fand.

Shoghi Efendi widmete sich der Straffung von Lehre und Gemeinde, dem Aufbau einer Verwaltungsordnung, die die weltweite Ausbreitung der Religion ermöglichte und einen Bahai-Weltstaat zum Ziel hatte.

Nach dem Tod Shoghi Efendis übernahm der "Internationale Bahai-Rat" die Führung der Gemeinschaft. Um den Vorsitz im Rat wurde gestritten.

Seit 1963 hat ein "Universales Haus der Gerechtigkeit" die Leitungsfunktion, dessen Mitglieder von "Nationalen Geistigen Räten" gewählt werden.

Heute stellen die Bahais den Anspruch, Weltreligion zu sein, was von der Mehrheit der Vertreter der Religionswissenschaft auch akzeptiert wird.

Quellen:
Jes P. Asmussen, Handbuch der Religionsgeschichte, Bd 3, S. 489f.
Lutz Berger, Islamische Theologie, II. Historischer Teil, S. 119f.
LThK, Bd 1, S. 1354<?xml:namespace prefix = o ns = "urn:schemas-microsoft-com:eek:ffice:eek:ffice" /><o:p></o:p>
 
Als die Bahai Mirza Husain Ali Nuri für aus dem Verborgenen den entlarvten zwölften Imam, den Mahdi halten, sind sie nach üblicher Definition keine Muslime mehr.
Mit Erscheinen des Mahdi gilt der Islam als Religion überholt, ebenso der Koran und die Scharia. Alle relgiösen Splittergruppen, die behaupteten von einem real in dieser Welt geführt zu werden Mahdi - d. h. dem aus der Entrückung zurückgekehrten 12. Imam - wurden von islamischer Seite als Eiferer und Abtrünnige verfolgt.

Als Mirza Husain Ali Nuri besser bekannt als "Baha'u'llah" den Titel Imam Mahdi annahm, führte dies direkt zur Inhaftierung. Danach galt er nicht mehr als Muslim.
 
Danke für die Infos/Posts Epicharm und Maglor.

Weiß jemand wie die Entwicklung der Bahai in Israel verlaufen ist? Speziell im Bezug auf den Israel/Palästinenser Konflikt? Mischen die sich da ein bzw. dürfen die sich da raushalten? Wie sieht es mit Militärdienst aus, der ja einen gewissen Grad Einmischung bedeuten würde? Wie werden die Bahai in Israel gesehen? Haben die irgendwelche besondere Rechte oder werden diese beschnitten?
 
Weiß jemand wie die Entwicklung der Bahai in Israel verlaufen ist?

Haben die irgendwelche besondere Rechte ...

Israel ist für die Bahai wegen ihrer heiligen Stätten von Bedeutung. Insbesondere sind das die Grabstätten des Bab (dessen sterbliche Überreste 1909 überführt und beigesetzt wurden) und des Baha'u'llah.
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Das Grabmal des Baha'u'llah ist für die Bahai der heiligste Ort überhaupt. Es ist Pilgerstätte für die Gläubigen. In Richtung des Grabmals verrichten sie ihr Pflichtgebet.
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Von zentraler Bedeutung sind auch das zwischen 1954 und 1957 errichtete "Internationale Archivgebäude", in dem u.a. die Originalmanuskripte der heiligen Schriften der Bahai verwahrt werden, und das zwischen 1975 und 1983 erbaute "Universale Haus der Gerechtigkeit", der Sitz des obersten Leitungskollegiums der Religionsgemeinschaft.
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Eine Bahai-Gemeinde - abgesehen von den Dienstnehmern und Funktionsträgern der Religionsgemeinschaft (und diese sind alle Ausländer) - gibt es in Israel nicht. Einer Vereinbarung Shoghi Efendis mit dem Staat Israel zufolge, müssen Israelis, die sich zur Bahai-Religion bekehren, auswandern. Im Gegenzug wurde der Religionsgemeinschaft der Schutz ihrer heiligen Stätten zugesichert. Trotz dieser Umstände genießen die Bahai in Israel den Rechtsstatus einer anerkannten Religionsgemeinschaft.
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Seit 2008 sind die Grabmäler des Bab und des Baha'u'llah Weltkulturerbe.<o:p></o:p>
 
1. Als de Bahai Glaube entstand war die Zeit des toleranten Islam lange vorbei. Der Islam war und ist zudem in dieser Religion sehr politisch. Nichtsdestotrotz ist der Bahai Glaube sehr tolerant und komplett unpolitisch. Frage: Gab es damals eine Strömung im Islam worauf das zurückzuführen sein könnte?

Ich habe soeben die Biografie des Religionsstifters Baha’u’llah (1817–1892) durchgelesen, die eine Ansammlung von Verfolgung, Verbannung und Missachtung ist. Insofern muss man sich wundern, dass sich die Bahai-Religion dennoch durchgesetzt hat, was vermutlich ihrer humanitären und pazifistischen Substanz zuzuschreiben ist. Auf jeden Fall enthält die Religion etwas, was inzwischen rund 8 Millionen Menschen dazu bewog, sie anzunehmen bzw. zu ihr zu ihr zu konvertieren. Das erstaunt umso mehr, als die administrativen Bande sehr locker sind, eine Hierarchie nicht existiert und die Gläubigen lediglich alle 19 Tage zusammenkommen.

Dem Islam - Persien und Osmanisches Reich - erschien die Gefährdung zu Zeiten des Religionstifters immerhin so groß, dass sie ihn unnachsichtig verfolgten oder verbannten und auch heute ist die Lage der Bahais im Iran schlimm. Immerhin leben viele von ihnen mittlerweile in Indien und Afrika, wo es keine oder lediglich eine subtilere Verfolgung gibt.
 
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