Bauwerke mit historischem Wert - erhalten um jeden Preis?

Wenn man sich für Geschichte interessiert, sollte man schon alle paar Jahre mal in Paris vorbeischauen.

Würde ich in dieser Radikalität nicht unterschreiben, aber die Stadt steht tatsächlich schon seit längerem auf meiner Agenda. Insbesondere das Quartier Latin und das IMA von Nouvel sind dabei anvisierte Ziele. Aber natürlich auch die Île de la Cité, die diversen Paläste, das Weltausstellungsgelände und La Défense...
 
Würde ich in dieser Radikalität nicht unterschreiben, aber die Stadt steht tatsächlich schon seit längerem auf meiner Agenda. Insbesondere das Quartier Latin und das IMA von Nouvel sind dabei anvisierte Ziele. Aber natürlich auch die Île de la Cité, die diversen Paläste, das Weltausstellungsgelände und La Défense...
Stimmt, man sollte wohl präzisieren, wenn man sich für einen bestimmten Zeitraum der Geschichte und für ein bestimmtes Thema interessiert - eben auch Architektur. :)

Wenn ich mich jetzt für Regionalgeschichte wirklich extrem interessieren würde, käme ich bei einer akribischen Recherche bestimmt neben der Arbeit im ganzen Leben nicht in allen Dörfern meines engeren Umkreises rum, was Infos aus Kirchenbüchern und Archiven anbelangt. Wenn ich dann noch die schönsten erhaltenen "Großstädte" der 18.Jh. besuchen möchte (Wien, Paris...), dann wird es schon schwer. Nach Görlitz müsste ich auch mal wieder (Werbetrommel :cool:).
 
Zum Thema:
Ich sehe das immer wieder, dass Gemeinden im Grunde nicht das Geld haben, Gebäude im Gemeindeeigentum, wie ehem. Kindergärten im Gutsschloss selbst zu erhalten. Das ist auch ganz klar. Viele Dorfgemeinden sind schon mit ein paar zigtausend Euro für eine Gemeindestraßensarnierung im Grunde überfordert. Hier bei Baudenkmälern ist es natürlich sehr heikel, da es schwer ist geeignete, verantwortungsvolle Interessenten zu finden. Dennoch muss man sich eben, wenn man denn wen finden kann, auch mal trennen können. Da ist es wie mit einem Pferd. Wenn ich es mir nicht mehr leisten kann, lasse ich es doch nicht verhungern oder stelle es in eine unpassende Unterkunft, sondern dann bin ich Manns genug, es - schweren Herzens - zu verkaufen (dito Hunde, Katzen etc.).

Passt vielleicht zu der Thematik, es ist nämlich auch ein alltägliches Dilemma, dass man eben Verantwortung nicht abgeben kann/will, auch wenn es besser wäre, man täte es als Träger. :winke:
 
... Da ist es wie mit einem Pferd. Wenn ich es mir nicht mehr leisten kann, lasse ich es doch nicht verhungern oder stelle es in eine unpassende Unterkunft, sondern dann bin ich Manns genug, es - schweren Herzens - zu verkaufen.
...oder das Pferd einschläffern!

Erhalten um jeden Preis ist sicher nicht die richtige Herangehensweise. Umnutzen dürfte oft besser sein. Die Häuser wurden für eine bestimmte Nutzung erbaut. Und jede Generation passte das Gebäude den aktuellen Anforderung an. Das Strohdach wich Tonziegeln, statt der Pferde stehen nun Autos in der Remise usw. Und wenn ein Gebäude nicht mithalten konnte wurde es ersetzt. "Gebäude-Darwinismus"
Fällt die Nutzung aber ganz weg, stellt sich die Frage nach der Existenzberechtigung einer Baute. Wozu also einen Wasserturm, wenn die Eisenbahn nun mit Strom fährt? Ohne „Nutzen“ wird eine Baute zu einer Karikatur. Dann muss man es ehrlicherweise halt abreissen.
Darum plädiere ich für eine Umnutzung. Eine sichtbare Umnutzung. Man darf sehen, dass nun im alten Wasserturm jemand wohnt…

ist besser, als ein ausgestopftes Pferd.

Gruss Pelzer

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Zuletzt bearbeitet:
Die Entwicklung im Denkmalschutz sehe ich nicht völlig negativ. Immerhin muss man sich vor Augen halten, dass gesetzliche Grundlagen dafür erst in den 1920er Jahren geschaffen wurden. Doch im Prinzip entstand ein Bewusstsein dafür schon im 19. Jahrhundert; zur gleichen Zeit, als Heimatgeschichtsforschung, Archäologie etc. ihren Aufschwung erlebten. Vor allem durch Interessengruppen und Vereine wurde damals schon beachtliches geleistet. Einer solchen Initative haben wir etwa die Sicherung einer der schönsten Burgruinen Hessen zu verdanken:

Burg Münzenberg ? Wikipedia

Natürlich sind andererseits die Negativbeispiele, gerade im Zuge des Wiederaufbaus der zerstörten Städte in der Nachkriegszeit, Legion. Aber auch danach tobten sich Architekten mitunter vandalistisch aus, wie etwa der Einbau des scheußlichen Historischen Museums Frankfurt in das Ensemble am Römer zeigt:

Historisches Museum Frankfurt ? Wikipedia

Gerade in Frankfurt gibt es neuerdings Tendenzen, solche Bausünden zu tilgen; so wird besagtes Museum abgerissen, während ein Gebäude der Stadtverwaltung in der Altstadt einer rekonstruierten Häuserzeile weichen soll. Solche Tendenzen stimmen mich positiv.

Wobei das eigentliche Problem sich aus meiner Sicht stets im Schutz zeitgenössischer, potentiell denkmalwürdiger Gebäude stellt. Denn wenn wir zum Beispiel eine Barockstadt hätten, in dieser die alte Bausubstanz jahrelang zerstört wurde, wird am Ende doch in der Regel versucht, die letzten paar Gebäude des 18. Jahrhunderts zu sichern. Für "zeitgeschichtliche" Gebäude muss sich erst ein Bewusstsein entwickeln, um diese dauerhaft zu erhalten. Ein Beispiel dafür, wie lange so etwas dauern kann, zeigt für mich die "Wiederentdeckung" der Westwall-Bunker mit Errichtung kleiner Museen etc. in den Anlagen, die sich im vergangenen Jahrzehnt abspielte.

Ansonsten kann ich jedem Interessierten empfehlen, sich die oft auch sehr schön aufgemachten Denkmaltopografien seiner Heimat anzuschauen. Da kann man - besonders auf dem Land - auch darüber staunen, was alles nicht geschützt ist, gerade bei alten Privathäusern.
 
...oder das Pferd einschläffern!

Erhalten um jeden Preis ist sicher nicht die richtige Herangehensweise. Umnutzen dürfte oft besser sein. Die Häuser wurden für eine bestimmte Nutzung erbaut. Und jede Generation passte das Gebäude den aktuellen Anforderung an. Das Strohdach wich Tonziegeln, statt der Pferde stehen nun Autos in der Remise usw. Und wenn ein Gebäude nicht mithalten konnte wurde es ersetzt. "Gebäude-Darwinismus"
Fällt die Nutzung aber ganz weg, stellt sich die Frage nach der Existenzberechtigung einer Baute. Wozu also einen Wasserturm, wenn die Eisenbahn nun mit Strom fährt? Ohne „Nutzen“ wird eine Baute zu einer Karikatur. Dann muss man es ehrlicherweise halt abreissen.
Darum plädiere ich für eine Umnutzung. Eine sichtbare Umnutzung. Man darf sehen, dass nun im alten Wasserturm jemand wohnt…

ist besser, als ein ausgestopftes Pferd.

Gruss Pelzer

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Bei Großbauten sicher eine angebrachte Forderung. Allerdings meine ich, dass die Existenzberechtigung von Denkmälern nicht allein von einer weiteren Nutzung abhängt. Es geht ja doch auch darum, die Geschichte eines Ortes sichtbar in Erinnerung zu rufen. Sonst könnte man es z.B. sparen, die im Vergleich zur mittelalterlichen Kathedrale oder dem Barockschloss unansehnlichen Grundmauern eines römischen Gutshofes oder Bades zu konservieren, die ja im Nutzungssinne kontraproduktiv ist, weil eine solche Fläche "für immer" aus jeder Verwertung entzogen ist.
 
bin vorhin auf einen interessanten Artikel gestoßen, den ich hier gerne teile:

Fr diese Restauration gab es Spott - und einen Preis - Kultur - Sddeutsche.de

Eine verfallene Festung aus der Maurenzeit wurde (https://es.wikipedia.org/wiki/Castillo_de_Matrera), nachdem sie vor einiger Zeit teilweise eingestürzt ist, saniert, und das Ergebnis ist eher bizarr. Die noch vorhandene Bausubstanz wurde zwar gesichert, jedoch ist das Bauwerk eigentlich ein Hybrid aus einer mittelalterlichen Burg und moderner Betonarchitektur. Immerhin erhielt der Architekt Quevedo einen Preis.

Das Problem hat er folgendermaßen beschrieben:

Quevedo hatte sein Projekt immer verteidigt: "Wir wollten die einsturzgefährdeten Elemente des Castillo stützen, sowie das Ausmaß und die Textur wiederherstellen, die der Turm ursprünglich hatte." Und bei allem Spott für die gewagte Sanierung: Was soll man mit so einer Ruine denn auch machen? Vor allem, wenn man bedenkt, dass Restaurationen, die das Ausgangsmaterial imitieren, gesetzlich verboten sind.

aus dem o. g. Link der Süddeutschen
 
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