Begrifflichkeiten: Wikinger kontra Skandinavier

Robert Guiskard

Aktives Mitglied
Da in dem Grönland-Strang die Frage aufgeworfen wurde, in wie weit und wie scharf Wikinger als Pan-Skandinavisches Phänomen von den anderen Gruppen in Skandinavien im Frühmittelalter trennbar sind oder mit ihnen identisch waren und welche Bedeutung der Begriff Wikinger in der damaligen Zeit (Frühmittelalter) hatte möchte ich alles bezüglich des Begriff Wikinger gerne hier fortführen:

Ich äußerte dazu bereits folgende These gegenüber fingalo:

Ich kann daher deine scharfe Trennung zwischen Bauern/Viehzüchtern etc und den Wikingern so nicht teilen, da die Wikinger als Gruppe für die damaligen Bauern/Viehzüchter aus dem gleichen Kulturraum gedanklich und kulturell nicht so klar abtrennbar sind, in Teilen auch identisch waren, und kulturell wie moralisch für viele Nicht-Wikinger Vorbild waren.

Nicht weil beide Gruppen identisch wären (auch wenn sie es in vielen Fällen waren), aber weil beide Gruppen die gleichen Werte und Normen in Bezug auf Moral und ihre Einstellung zur Gewalt hatten, ist eine klare Trennung zwischen der Lebenswirklichkeit und Welt der Wikinger und der Lebenswirklichkeit und Welt der skandinavischen Bauern meiner Ansicht nach eine Verfälschung.

fingalo:

Kein König wurde in den Quellen als Wikinger bezeichnet

Aber mehrere Könige fuhren mehrfach auf Wiking, während sie in "Amt und Würden" waren, also als Könige. Steht nicht in den Quellen explizit, dass Könige in dieser Zeit auf Wiking fuhren? Ich dachte, dies so gelesen zu haben.

Natürlich unterlag das Wort im Laufe der Zeit einem Wandel in Bezug auf seine Wertigkeit. Während es anfangs also positiv besetzt war, wurde es im Laufe der Zeit dann schleichend als eine Bezeichnung für etwas negatives wahrgenommen.

Kann es sein, dass wir wie in etlichen anderen Fällen auch einfach von verschiedenen Zeiten reden? Und daher von zwei verschiedenen Bewertungen des Begriffes?

Meines Wissens nach ist der Begriff Wikinger im Frühmittelalter im Skandinavischen Raum positiv belegt gewesen. Er bezeichnete einen bestimmten Typ von Seeräuber, mit bestimmten charakterlichen Merkmalen und bestimmten Werten und Normen.

Und diese charakterlichen Merkmale und Werte und Normen wurden meiner Ansicht nach zunächst positiv wahrgenommen, als Rollenvorbild, als Modell für die kriegerische Gesellschaft. Erst mit der Christianisierung wandelte sich das dann.

Du spielst auf Danelag an. Das waren Dänen, nicht Norweger.

Aber wird nicht gerade im Danelag immer klar zwischen Dänen und Wikingern getrennt? Die Einwohner des Danelag waren gerade eben keine Wikinger.

Worauf ich anspiele sind beispielsweise die klar quantifzierbaren Mengen an Danegeld die gezahlt wurden, viele Tonnen von Edelmetallen die in skandinavische Länder flossen sowie die Frage der Finanzierung der Einigungskriege gerade der norwegischen Könige.

Natürlich ernährte der Krieg den Krieg. Aber nach Bezahlung der Trupen blieb kaum was übrig.

Bei Olav Tryggvason reichte es immerhin noch, die Truppen nach Norwegen mitzunehmen und das Land damit zu erobern. Neben der ganzen Beute und weiteren Zahlungen erhielten er und Sven Gabelbart für den Abzug alleine bereits 16 000 Pfund Silber. Das war für die damalige Zeit ein unvorstellbares Vermögen.

Oder nehmen wir Harald Graumantel, König von Norwegen, der ebenfalls zusammen mit den Dänen auf Wiking ging.

Aber meiner Ansicht nach ging es bei den Wiking Fahrten der Könige in dieser Zeit nicht allein um das Erzielen von Beute für sich selbst, sondern auch um den Aufbau einer absolut treuen und durch die Wiking Fahrten auch militärisch erprobten Gefolgschaft die dann im Sinne des germanischen Gefolgschaftswesen einen harten Kern der eigenen Truppen bzw eine Machtgrundlage für den jeweiligen König bildete. Als Musterbeispiel hierfür könnte man Sven Gabelbart nehmen, der sich gegen seinen eigenen Vater eine Hausmacht durch Wiking Fahrten aufbaute bis er mächtig genug war seinen Vater zu stürzen.
 
Meines Wissens nach ist der Begriff Wikinger im Frühmittelalter im Skandinavischen Raum positiv belegt gewesen. Er bezeichnete einen bestimmten Typ von Seeräuber, mit bestimmten charakterlichen Merkmalen und bestimmten Werten und Normen.

"Wikinger" kommt von altnordisch "vikingr" und heißt "Seeräuber". Damit umfasst der Begriff nur einen kleinen Ausschnitt der Bevölkerung, und zwar den zur See fahrenden Krieger. Ableitungen von lat. vicus oder andere Erklärungen sind umstritten. Im übrigen passt sich die Wikingerzeit in ein Kontinuum der Völkerwanderungszeit ein, was ihre Besonderhieten verständlicher macht.

Und diese charakterlichen Merkmale und Werte und Normen wurden meiner Ansicht nach zunächst positiv wahrgenommen, als Rollenvorbild, als Modell für die kriegerische Gesellschaft. Erst mit der Christianisierung wandelte sich das dann.

Wie das Innenbild der Wikinger aussah, ist angesichts der dürftigen Quellenlage umstritten. Als soziale Gruppe hatten sie sich aus der skandinavischen Gesellschaft ausgegliedert; manche kehrten nach einer gewissen Zeit wieder zu ihrem bäuerlichen Dasein in Skandinavien zurück, andere waren nicht mehr integrierbar, galten als Unruhestifter oder suchten wegen solcher Probleme ein dauerhaftes Dasein als Räuber und Plünderer. Das Gros der Kämpfer setzte sich aus jüngeren Söhnen kinderreicher Familien zusammen, doch waren Plünderfahrten keine Garantie für eine soziale Absicherung der heimischen Familie, ganz abgesehen davon, dass die zahlreichen auf Heerzügen gefallenen Männer ihre Witwen und Kinder oft in schwierigen sozialen Verhältnissen zurückließen.

Aber meiner Ansicht nach ging es bei den Wiking Fahrten der Könige in dieser Zeit nicht allein um das Erzielen von Beute für sich selbst, sondern auch um den Aufbau einer absolut treuen und durch die Wiking Fahrten auch militärisch erprobten Gefolgschaft die dann im Sinne des germanischen Gefolgschaftswesen einen harten Kern der eigenen Truppen bzw eine Machtgrundlage für den jeweiligen König bildete.

Man muss hier glaube ich unterscheiden zwischen skandinavischen Königen der Wikingerzeit, die ihre Herrschaft vorwiegend im Lande ausübten, und den Anführern kleinerer oder größerer Flotteneinheiten, die als Herzöge oder Fürsten das Plünderungskommando führten. Wie fingalo bereits im parallelen Thread sagte, werden skandinavische Könige nicht als "Wikinger" bezeichnet.
 
Zuletzt bearbeitet:
Aber mehrere Könige fuhren mehrfach auf Wiking, während sie in "Amt und Würden" waren, also als Könige. Steht nicht in den Quellen explizit, dass Könige in dieser Zeit auf Wiking fuhren? Ich dachte, dies so gelesen zu haben.
Richtig. Das Wort "Viking" (feminin) bedeutet nur die weite Seereise. Das kann alles mögliche gewesen sein, vor allem wohl Handelsfahrten. Daher wird ja neuerdings das Wort Viking und Vikingr mit dem Wort "wechseln" zusammengestellt, also, dass man so weit fuhr, dass man sich beim Rudern abwechseln musste.

Natürlich unterlag das Wort im Laufe der Zeit einem Wandel in Bezug auf seine Wertigkeit. Während es anfangs also positiv besetzt war, wurde es im Laufe der Zeit dann schleichend als eine Bezeichnung für etwas negatives wahrgenommen.
Der Wechsel zum Negativen trat aber erst ganz am Ende der Wikingerzeit ein. Man wollte mit der Vermeidung der Bezeichnung "Wikinger" für einen König diesen nicht in den Geruch der Räuberei bringen.

Kann es sein, dass wir wie in etlichen anderen Fällen auch einfach von verschiedenen Zeiten reden? Und daher von zwei verschiedenen Bewertungen des Begriffes?

Meines Wissens nach ist der Begriff Wikinger im Frühmittelalter im Skandinavischen Raum positiv belegt gewesen. Er bezeichnete einen bestimmten Typ von Seeräuber, mit bestimmten charakterlichen Merkmalen und bestimmten Werten und Normen.

Und diese charakterlichen Merkmale und Werte und Normen wurden meiner Ansicht nach zunächst positiv wahrgenommen, als Rollenvorbild, als Modell für die kriegerische Gesellschaft. Erst mit der Christianisierung wandelte sich das dann.
Das kann man so sehen. Ein schönes Beispiel ist das Gedicht von Egill Skallagrímsson, das er als noch nicht 12-jähriger dichtete:

Meine Mutter sagte,
Mir gebühre ein Kriegsschiff
Bald mit rüstigen Männern,
Raub zu holen als Wikinger.
Stehen müsst ich am Steven,
Steuern kühn den Meerkiel:
Heldengleich im Hafen
Hieb ich auf die Männer.

Aber wird nicht gerade im Danelag immer klar zwischen Dänen und Wikingern getrennt? Die Einwohner des Danelag waren gerade eben keine Wikinger.
Richtig.

Worauf ich anspiele sind beispielsweise die klar quantifzierbaren Mengen an Danegeld die gezahlt wurden, viele Tonnen von Edelmetallen die in skandinavische Länder flossen sowie die Frage der Finanzierung der Einigungskriege gerade der norwegischen Könige.
Das Geld floss nach Dänemark und nicht in irgendwelche skandinavischen Länder.
Der norwegische Bürgerkrieg begann erst 1130, 70 Jahre nach dem Ende der Raubzüge. Die teilnehmenden Könige wurde von ihren anhängern mit Lebensmitteln unterstützt, teilweise auch von der Kirche, die einen Prätendenten bevorzugte.

Bei Olav Tryggvason reichte es immerhin noch, die Truppen nach Norwegen mitzunehmen und das Land damit zu erobern. Neben der ganzen Beute und weiteren Zahlungen erhielten er und Sven Gabelbart für den Abzug alleine bereits 16 000 Pfund Silber. Das war für die damalige Zeit ein unvorstellbares Vermögen.
Jetzt springst Du über 160 Jahre zurück. Bei ihm ist zu berücksichtigen, dass die Quellenlage ausgesprochen dünn ist. Aber er verheiratete seine Schwester an den reichsten Mann des Landes. Wieviel er von den 16 000 Pfund bekommen hat, wissen wir nicht. Den Großteil dürfte Svend Gabelbart eingesackt haben. Aber es ist richtig, dass mit Beute Kriegszüge finanziert wurden.

Oder nehmen wir Harald Graumantel, König von Norwegen, der ebenfalls zusammen mit den Dänen auf Wiking ging.
Von Wikingerfahrten mit den Dänen weiß ich nichts. Harald Blauzahn bat ihn, ihn beim Krieg gegen die Franken zu unterstützen und ermordete ihn dann.
Harald Graumantel tötete er den mächtigen Ladejarl Sigurd Håkonsson. Damit geriet auch Tröndelag mit den Abgaben der Samen unter die Herrschaft Harald Gråfells. Er war somit der erste König, der den gesamten Schiffsverkehr an der Westküste Norwegens kontrollierte. Das war auch für Harald Blauzahn von großer Bedeutung, denn der Handel mit Fellen, Walrosshaut für hochwertige Taue und Walrosszahn war für ihn eine wichtige Einnahmequelle. Der Beiname Haralds hängt mit dem von ihm beherrschten Pelzhandel zusammen. 965 machte er eine Handelsexpedition in den hohen Norden und soll dabei bis ins Weiße Meer und an die Mündung der Dwina vorgedrungen sein. Jedenfalls nahm der Pelzhandel aus den samischen Gebieten entlang der Westküste sprunghaft zu. Das war die eigentliche Quelle seines Reichtums.

Aber meiner Ansicht nach ging es bei den Wiking Fahrten der Könige in dieser Zeit nicht allein um das Erzielen von Beute für sich selbst, sondern auch um den Aufbau einer absolut treuen und durch die Wiking Fahrten auch militärisch erprobten Gefolgschaft die dann im Sinne des germanischen Gefolgschaftswesen einen harten Kern der eigenen Truppen bzw eine Machtgrundlage für den jeweiligen König bildete.
Das war der Hirð. Auch hier spielten die Tributleistungen die entscheidende Rolle bei der Finanzierung. Einmalig Beute reicht nicht für solche Reformen des Gefolgschaftswesens. Da muss ein ständig sicher fließender Finanzstrom her, mit dem man kalkulieren kann.

Im Großen und Ganzen siehst Du die Sache schon richtig. Nur gewichtest du das Verhaältnis der Bedeutungen der Beute zu den Einnahmen aus den regulären Einnahmen aus Tribut und Steuer etwas schief.:fs:
 
Wie das Innenbild der Wikinger aussah, ist angesichts der dürftigen Quellenlage umstritten. Als soziale Gruppe hatten sie sich aus der skandinavischen Gesellschaft ausgegliedert; manche kehrten nach einer gewissen Zeit wieder zu ihrem bäuerlichen Dasein in Skandinavien zurück, andere waren nicht mehr integrierbar, galten als Unruhestifter oder suchten wegen solcher Probleme ein dauerhaftes Dasein als Räuber und Plünderer.
interessant hierzu, obwohl später und nicht in Skandinavien, ist der negativ konnotierte Begriff des Recken im Gegensatz zum Degen im Niebelungenlied - offenbar war der mittelalterlichen Vorstellung von Kriegern selbst um 1200 herum eine Mixtur aus Outlaw und Berserker nicht unbekannt --- des weiteren ist interessant, dass die mittelalterliche Heldenepik den auf Abenteuer ausziehenden Ritter sehr hoch schätzt :grübel::grübel::grübel: ...da fragt man sich doch, ob die abenteuerlustigen Wikingfahrten von Häuptlingssöhnen in der Wahrnehmung dessen, was ein Krieger und Held so zu leisten hat (Beute, Ruhm etc) wirklich sooo weit entfernt sind


Wie fingalo bereits im parallelen Thread sagte, werden skandinavische Könige nicht als "Wikinger" bezeichnet.
was fangen wir dann mit Olaf dem Heiligen an?
Olav II. Haraldsson ? Wikipedia "am Anfang war Olaf Wikinger in der Ostsee" ist da zu lesen
wenn ich mich richtig entsinne, sind einige, die zunächst Karriere als Beute machende Wikinger machten, zu großem Ruhm und auch Königswürde gelangt (man hat fast den Eindruck, dass eine erfolgreiche wikingfahrt größeren Stils eine Art Qualifikation darstellte) :grübel::):)
 
was fangen wir dann mit Olaf dem Heiligen an?
Olav II. Haraldsson ? Wikipedia "am Anfang war Olaf Wikinger in der Ostsee" ist da zu lesen
wenn ich mich richtig entsinne, sind einige, die zunächst Karriere als Beute machende Wikinger machten, zu großem Ruhm und auch Königswürde gelangt (man hat fast den Eindruck, dass eine erfolgreiche wikingfahrt größeren Stils eine Art Qualifikation darstellte) :grübel::):)

Es ist nicht auszuschließen, dass ein skandinavischer König auch an einer Wikingerfahrt teilnahm oder - wie besagter Olav - sogar einmal Wikinger war. Aber ein norwegischer oder dänischer König ist vor allem König der Norweger oder Dänen und damit Herrscher über alle soziale Klassen - und nicht nur "König der Wikinger". Das ist ein fundamentaler Unterschied.

Die Gruppe der Wikinger hat einer ganzen Epoche den Namen gegeben und es ist zu trennen ein König zur Zeit der Wikinger von einem Fürsten (oder Kleinkönig) der Wikinger als soziale Klasse. Da mögen allerdings die Grenzen hin und wieder verschwimmen.
 
Es ist nicht auszuschließen, dass ein skandinavischer König auch an einer Wikingerfahrt teilnahm oder - wie besagter Olav - sogar einmal Wikinger war.
warum sooo vorsichtig formulieren? es gab ein paar Könige, die als Wikinger Karriere machten - und einer davon, besagter Olaf, ist sogar heilig gesprochen worden (trotz seiner... "Karriere")
das ist doch auch kein großes Wunder, wenn man bedenkt, dass in der Anfangszeit die Wikingfahrt als eine Art hoch geachtete Initiation der Häuptlingssöhne etc galt
 
was fangen wir dann mit Olaf dem Heiligen an?
Olav II. Haraldsson ? Wikipedia "am Anfang war Olaf Wikinger in der Ostsee" ist da zu lesen
Ist von mir:winke:. Aber Spaß beiseite: ich schrieb nicht, dass sie keine Wikinger waren, sondern dass in den Quellen vermieden wird, sie so zu nennen. Das heißt, dass zur Zeit der Abfassung die Autoren den Wikinger-Begriff für einen König nicht mehr angemessen hielten. Das feminine Wort Viking für Fernreise war da noch nicht negativ konnotiert, so dass sie auf Viking-fahrt gehen konnten, aber nicht Wikinger sein durften.
 
fingalo:

Nur gewichtest du das Verhaältnis der Bedeutungen der Beute zu den Einnahmen aus den regulären Einnahmen aus Tribut und Steuer etwas schief.

Meiner Ansicht nach verhält es sich anders herum und du unterschätzst die Einnahmen aus Plünderung und Kriegszug. Allein schon in den ersten Jahren, bei den ständigen Einfällen nach Friesland wurden ungeheure Vermögen erbeutet, den Friesland war eine für Handel und Wirtschaft bedeutende Region für den gesamten nordeuropäischen Raum. Später summierten sich selbst die Danegelder auf schwindelerregende Höhen, die aufgrund der für die damalige Zeit fast unvorstellbaren Mengen an Silber drastische volkswirtschaftliche Auswirkungen sowohl für die Zahlenden als auch für die Empfänger gehabt haben.

Dass wieder und wieder gezahlt wurde bedeutet zudem indirekt, dass die Schäden durch die Plünderungen im Falle der Nichtzahlung noch größer gewesen sein müssen. Wenn also 16 000 Pfund Silber geringer waren als das, was man im Kriegszug hätte erbeuten können, dann muß die Beute über lange Zeiträume für die damaligen Verhältnisse unermesslich gross gewesen sein.

Man plünderte ja halb Europa systematisch aus, dabei wurden ganze Großstädte eingenommen und völlig ausgepresst.

Die regulären Einnahmen reichten demgegenüber den Königen für ihre Projekte in der Heimat oft nicht bzw führten zu Unruhen im eigenen Land aufgrund zu großer Höhe der Abgaben. Meiner Ansicht nach ist die zweite große Welle von Angriffen (insbesondere der Dänen ab Harald Blauzahn) vor allem eben auch ökonomischen Gründen geschuldet, also dem Umstand, dass die Könige ihre Bauvorhaben und Gefolgschaften nicht mehr durch die offenkundig nicht ausreichenden ! regulären Einnahmen finanzieren konnten.

kann alles mögliche gewesen sein, vor allem wohl Handelsfahrten.

Überwiegend aber wird dieses Wort mit Raubfahrten in Verbindung gebracht. Ansonsten wäre es später ja auch nicht negativ besetzt gewesen. Wären die Wiking Fahrten vor allem wohl Handelsfahrten gewesen, dann wäre der Begriff ja nicht so in Misskredit geraten!

Das Geld floss nach Dänemark und nicht in irgendwelche skandinavischen Länder

Dänemark gehört nur rein streng geographisch nicht zu Skandinavien. Tatsächlich aber ist es Teil von Skandinavien und gerade im Frühmittelalter, in einer Zeit zudem in der gerade Norwegen und Dänemark oft eng verknüpft waren Dänemark aus Skandinavien ausgliedern zu wollen finde ich befremdlich. Dänemark war und ist ein skandinavisches Land (wenn auch nicht geographisch)!

Das Geld floss zudem sicher nicht nur nach Dänemark, sonst hätten sich nicht wieder und wieder Skandinavier aus anderen Gebieten an den dänischen Wiking Fahrten beteiligt. Sogar umgekehrt verhält es sich so, dass der Anteil von Nicht-Dänen bei diesen Fahrten zunahm. Ist es nicht so, dass beispielsweise aus den Runensteinen in Schweden eindeutig zu lesen ist, dass immer mehr Svear sich den Dänen anschlossen und dafür Gelder erhielten? Es gibt Runensteine, die von gleich mehreren Fahrten von ein und demselben Schweden nach England berichten und wie dieser mehrfach Geld aus der Beute dafür erhalten hat. Das wird mit den Norwegern nicht anders gewesen sein.

Das Geld floss also nachweislich nicht nur nach Dänemark.

Das war der Hirð. Auch hier spielten die Tributleistungen die entscheidende Rolle bei der Finanzierung. Einmalig Beute reicht nicht für solche Reformen des Gefolgschaftswesens. Da muss ein ständig sicher fließender Finanzstrom her, mit dem man kalkulieren kann.

Und deshalb mussten ständig neue Raubzüge her. Gerade weil die Kerntruppen der Könige dieser Zeit für die ökonomischen Möglichkeiten ihrer Länder zu groß geworden waren, aber aufgrund der zwingend notwendigen Niederhaltung der lokalen Machtzentren in diesen Ländern eben nicht kleiner werden durften.

Die Tributleistungen und regulären Einnahmen waren sicher sehr wichtig, vor allem wegen ihrer Kalkulierbarkeit. Aber sie waren unzureichend. Berufskrieger die nur im Frieden kaserniert sind, verkommen rasch zu einem Problem, sie verbreiten Gewalt, Unruhe und Instablität selbst wenn sie bezahlt werden. Und sie fordern stets mehr und mehr.

Es war doch gerade das Merkmal der skandinavischen König schlechthin, besonders großzügig zu ihrer Gefolgschaft zu sein! Und diese Großzügigkeit kostete meiner Ansicht nach mehr, als die Volkswirtschaft her gab. Deshalb mussten Einnahmen aus Kriegszügen her, womit man zugleich zwei Fliegen mit einer Klappe erschlug, da diesselben Kriegszüge die Berufskrieger zugleich im Feld beschäftigten und mit den Freuden des Krieges ablenkten. Als dritter Nutzaspekt kam noch hinzu, dass diese Truppen durch solche Raubfahrten auch noch militärisch trainiert wurden.

Auch wenn gerade eben der Begriff Wikinger ! in den meisten Fällen eben nicht solche königlichen Unternehmungen meint und deshalb die meisten Könige auch nicht als Wikinger bezeichnet wurden, so war die Räuberei der Könige im Ausland trotzdem ein volkswirtschaftlich wichtiger Faktor.

Die Masse der Wikinger stellte demgegenüber oft die Opposition zum jeweiligen König dar, die im Kampf mit diesem unterlegen ins Ausland weichen musste. Das betrifft meiner Meinung nach insbesondere die dann ständig im Ausland verbliebenen Gruppen.


dieter:

andere waren nicht mehr integrierbar, galten als Unruhestifter oder suchten wegen solcher Probleme ein dauerhaftes Dasein als Räuber und Plünderer.

Das Wort Integration bzw integrierbar gefällt mir so in diesem Kontext nicht, weil es impliziert, dass diese Banden wegen ihrer Gewalttätigkeit und Räuberei nicht mehr Teil der Gesellschaft hätten werden können.

Sie konnten aber nur dann nicht mehr zurück, wenn dem politische Gründe entgegen standen, beispielsweise weil sie schlicht und einfach die Gegner des Königs waren, also die Opposition ihres Landes im Ausland.

Gruppen die dauerhaft im Ausland blieben, taten dies zudem aus rein praktischen Gründen, aber nicht deswegen, weil sie es nicht gekonnt hätten, sondern weil ihnen dieses Leben besser gefiel als die harte Plackerei daheim auf einem Bauernhof. Hätten sie es gewollt, hätten viele von ihnen heimkehren können (vorausgesetzt sie waren keine Feinde des Königs und waren nicht in Verbannung).



Man muss hier glaube ich unterscheiden zwischen skandinavischen Königen der Wikingerzeit, die ihre Herrschaft vorwiegend im Lande ausübten, und den Anführern kleinerer oder größerer Flotteneinheiten

Viele skandinavische Könige dieser Zeit übten ihre Macht keineswegs nur im Lande aus. Sie führten im Gegenteil eine höchst überseeische, Meerorientierte Politik die schließlich im Reich Knuts des Großen mündete, in dem England, Dänemark und Norwegen unter einer Herrschaft standen. Aber schon lange vorher fuhren skandinavische Könige zu See.

Selbst Harald Schönhaar als einer der frühen Könige fuhr zu den Orkneys um seine Wiedersacher dort anzugreifen und den Überfällen der Wikinger von den Orkneys ein Ende zu setzen.

ganz abgesehen davon, dass die zahlreichen auf Heerzügen gefallenen Männer ihre Witwen und Kinder oft in schwierigen sozialen Verhältnissen zurückließen

Meiner Ansicht nach war Frauenraub eines der primären Motive für solche Raubfahrten (neben anderen). Es war also im Gegenteil so, dass sich Männer die sonst keine Frau erlangt hätten auf diesen Raubfahrten mit Frauen (Sklavinnen) eindeckten bzw sich sexuell durch Vergewaltigungen und ständig zur Verfügung stehende Sklavinnen austoben konnten und das ist für junge Männer ein sehr starkes Motiv und Lockmittel.

Der Sklavenhandel der Skandinavier und die Bedeutung der Sklaven für die Volkswirtschaft in dieser Zeit wird heute zudem meiner Meinung nach heillos unterschätzt. Ebenso wird der Umgang mit den Sklaven heute immens herunter gespielt und realtiviert.
 
warum sooo vorsichtig formulieren? es gab ein paar Könige, die als Wikinger Karriere machten - und einer davon, besagter Olaf, ist sogar heilig gesprochen worden (trotz seiner... "Karriere")
das ist doch auch kein großes Wunder, wenn man bedenkt, dass in der Anfangszeit die Wikingfahrt als eine Art hoch geachtete Initiation der Häuptlingssöhne etc galt

Ich wollte mit dem Beitrag sagen, dass es einen Unterschied gibt zwischen den Wikingern als sozialer Klasse und der übrigen skandinavischen Bevölkerung, die eben nicht "Wikinger" sind. Auch wenn Olav einmal Wikinger war, so ist er nach seiner Erhebung König aller Norweger und nicht nur einer bestimmten Gruppe.
 
fingalo:

ich schrieb nicht, dass sie keine Wikinger waren, sondern dass in den Quellen vermieden wird, sie so zu nennen.

Vorher hast du aber ausgesagt, dass sie NIE in den Quellen so genannt wurden.

Jetzt schreibst du, dass es vermieden wurde, sie so zu nennen, was impliziert, dass sie in bestimmten Fällen trotzdem so genannt wurden.

Was stimmt jetzt? Wurden sie NIE so genannt oder gab es Ausnahmen und es wurde nur vermieden sie so zu nennen?

Anbei: Die Interpretation des Begriffs Wikinger als "Schicht"ruderer finde ich hervorragend, da beispielsweise der Begriff Rus im Osten ja auch Ruderer bedeutet. Die eine oder andere Form von "Ruderer" ist daher meiner Meinung nach als zeittypische Bezeichnung für Seekrieger sehr wahrscheinlich.
 
Anbei: Die Interpretation des Begriffs Wikinger als "Schicht"ruderer finde ich hervorragend, da beispielsweise der Begriff Rus im Osten ja auch Ruderer bedeutet.

Das ist durchaus strittig. Es gibt neben der "Ruderer"variante auch die Hypothese von Rus = russischer Stamm, ferner noch einige andere Deutungen.
 
In der Ynglingasaga von Snorri am Anfang seiner Heimskringla heißt es: Da gab es viele Seekönige, die über große Heere geboten, aber kein Land besaßen. Den allein erkannte man mit Fug als einen richtigen Seekönig an, der nie unter rußigem Hausdach schlief und nie im Herdwinkel beim Trunke saß“

Hier handelt es sich um einen typischen Wikingerführer, da die Unterhaltung einer solchen Mannschaft den Raub voraussetzt.


Zu Olav dem Heiligen schreibt Snorri:

„Als er [12.jährig] Heer und Schiffe bekam, gaben ihm seine Leute den Namen “König”, wie dies damals Brauch war. Heerkönige nämlich, die Wikinger wurden, führten ohne weiteres den Königsnamen, wenn sie aus königlichem Blute waren, auch wenn sie noch kein Land zur Herrschaft besaßen.“


Er sagte an anderer Stelle:
„So steht es, wie ihr wisst, dass ich ins Land hierher gekommen bin, nachdem ich vorher lange Zeit im Ausland geweilt habe. Die ganze Zeit hatten ich und meine Männer zum Unterhalt nur das, was wir uns auf unseren Kriegszügen gewonnen hatten. An gar manchen Orten haben wir dafür Leib und Leben aufs Spiel setzen müssen. Viele Männer, ob sie noch so schuldlos waren, verloren durch uns ihre Habe, ja einige dazu ihr Leben.“
Der letzte Satz verrät schon christliches Gedankengut.
 
fingalo:

Vorher hast du aber ausgesagt, dass sie NIE in den Quellen so genannt wurden.

Jetzt schreibst du, dass es vermieden wurde, sie so zu nennen, was impliziert, dass sie in bestimmten Fällen trotzdem so genannt wurden.
Nanu? Wenn ich etwas vermeide, dann tue ich es nicht und nicht "manchmal doch".

Was stimmt jetzt? Wurden sie NIE so genannt oder gab es Ausnahmen und es wurde nur vermieden sie so zu nennen?
Da man es vermieden hat, hat man sie nie so genannt.
Die Vermeidung sollte hier nur andeuten, dass es von der sache her nahegelegen hätte und es auffällt, dass es nicht geschah.

Anbei: Die Interpretation des Begriffs Wikinger als "Schicht"ruderer finde ich hervorragend, da beispielsweise der Begriff Rus im Osten ja auch Ruderer bedeutet. Die eine oder andere Form von "Ruderer" ist daher meiner Meinung nach als zeittypische Bezeichnung für Seekrieger sehr wahrscheinlich.
vika sjóvar ist 1 Seemeile, also die Strecke, die eine Rudermannschaft bis zum Wechsel an den Riemen rudert.
 
Auch wenn Olav einmal Wikinger war, so ist er nach seiner Erhebung König aller Norweger und nicht nur einer bestimmten Gruppe.
es wird sich nicht wegdiskutieren lassen, dass zur Karriere des Olaf, obwohl oder sogar weil aus hohem Hause, eben auch die Station oder Qualifikation "Wikingeranführer" gehörte - schließlich steht es ja auch bei Tante Wiki wörtlich, dass er anfangs Wikinger in der Ostsee war :winke:

die Gründe der Quellen, Könige, Kleinkönige, Thronprätendenten usw. nicht als Wikinger zu bezeichnen, selbst wenn diese dieser Tätigkeit nachgegangen waren, könnte man als politische bezeichnen - da unter christlichem Einfluß Begriffe wie Wikinger und Recke zunehmend negativ konnotiert wurden, wollte man (salopp modern gesprochen) das Image der Könige aufpolieren
 
Ist es richtig, dass Einigkeit darin besteht, dass der Begriff Wikinger kein Ethnonym ist, sondern es sich dabei um Raubhandel treibende Seefahrer mit skandinavischem Hintergrund handelt, auch wenn diese im Einzelnen vielleicht in der Rus, auf Island, den Faröern, Grönland oder den britischen Inseln lebten? Unabhängig davon, ob man zuhause Bauer, Jarl oder König war?
 
Ist es richtig, dass Einigkeit darin besteht, dass der Begriff Wikinger kein Ethnonym ist, sondern es sich dabei um Raubhandel treibende Seefahrer mit skandinavischem Hintergrund handelt, auch wenn diese im Einzelnen vielleicht in der Rus, auf Island, den Faröern, Grönland oder den britischen Inseln lebten? Unabhängig davon, ob man zuhause Bauer, Jarl oder König war?
das ist doch eine rundum akzeptable Definition!
 
Ja, dem kann ich mich anschließen.

Das ist exakt das, was ich versucht habe auszudrücken. :winke:
 
Ich komme gar nicht mehr mit, so schnell geht das hier. Ich kann hier nix anders mehr machen als den Postings hinterherzuhecheln.:motz:
Meiner Ansicht nach verhält es sich anders herum und du unterschätzst die Einnahmen aus Plünderung und Kriegszug. Allein schon in den ersten Jahren, bei den ständigen Einfällen nach Friesland wurden ungeheure Vermögen erbeutet, den Friesland war eine für Handel und Wirtschaft bedeutende Region für den gesamten nordeuropäischen Raum. Später summierten sich selbst die Danegelder auf schwindelerregende Höhen, die aufgrund der für die damalige Zeit fast unvorstellbaren Mengen an Silber drastische volkswirtschaftliche Auswirkungen sowohl für die Zahlenden als auch für die Empfänger gehabt haben.
Du vermengst zu viel. Friesenraub und Danegeld gehören nicht zusammen.

Die fränkischen Quellen sprechen von ungeheurer Beute, die die Wikinger auf ihren Raubzügen gemacht hätten. Damit stimmen aber die vergleichsweise bescheidenen Schatzfunde in Skandinavien nicht überein. Der allmähliche Übergang zu Überwinterungslagern im Frankenreich und auch in England zeigt eine sich von den heimatlichen Strukturen lösende soziale Gruppe, die in den sich entwickelnden zentralistischen Strukturen Skandinaviens nicht mehr integriert werden konnte. Die gewaltigen Schätze wurden nicht mehr in die Heimat gebracht.

Dass wieder und wieder gezahlt wurde bedeutet zudem indirekt, dass die Schäden durch die Plünderungen im Falle der Nichtzahlung noch größer gewesen sein müssen. Wenn also 16 000 Pfund Silber geringer waren als das, was man im Kriegszug hätte erbeuten können, dann muss die Beute über lange Zeiträume für die damaligen Verhältnisse unermesslich gross gewesen sein.
Der größere Schaden lag schlicht in dem Verlust des Lebens.

Die regulären Einnahmen reichten demgegenüber den Königen für ihre Projekte in der Heimat oft nicht bzw führten zu Unruhen im eigenen Land aufgrund zu großer Höhe der Abgaben.
Das war viel später. Das Reisekönigtum der Anfangszeit verschlang keine Unsummen. Vielmehr mussten die besuchten Höfe für den Unterhalt des Königs und seines Gefolges aufkommen (Königshöfe, Krongut). Das war nicht mehr als beim Bischof bei seinem Umritt.

Meiner Ansicht nach ist die zweite große Welle von Angriffen (insbesondere der Dänen ab Harald Blauzahn) vor allem eben auch ökonomischen Gründen geschuldet, also dem Umstand, dass die Könige ihre Bauvorhaben und Gefolgschaften nicht mehr durch die offenkundig nicht ausreichenden ! regulären Einnahmen finanzieren konnten.
Na ja, mit den Bauvorhaben war es um 1000 nicht so weit her. Das Danewerk wurde in vielen Bauabschnitten errichtet. Dafür waren die Einwohner heranzuziehen. Sansouci war noch nicht in Planung und Gewerkschaften gab's auch nicht.

Überwiegend aber wird dieses Wort mit Raubfahrten in Verbindung gebracht. Ansonsten wäre es später ja auch nicht negativ besetzt gewesen. Wären die Wiking Fahrten vor allem wohl Handelsfahrten gewesen, dann wäre der Begriff ja nicht so in Misskredit geraten!.
Das Wort Viking ist eben lange nicht negativ besetzt gewesen, sondern erst am Ende der Wikingerzeit - wohl wegen der Ähnlichkeit mit Wikinger.
In der Gunnlaugur Ormstunga saga geht der Held auf víking und besucht erst Nidaroshttp://de.wikipedia.org/wiki/Nidaros, dann König Æthelredhttp://de.wikipedia.org/wiki/Æthelred_(England), reist schließlich von da nach Irland, den Orkneys und Skara in West-Gotland, wo er sich bei Jarl Sigurd einen Winter aufhält, zuletzt nach Schweden zu König Olof Skotkonung. Von Plünderung ist keine Rede. War die klassische Bildungsreise eines jungen Adligen.

Dänemark gehört nur rein streng geographisch nicht zu Skandinavien. Tatsächlich aber ist es Teil von Skandinavien und gerade im Frühmittelalter, in einer Zeit zudem in der gerade Norwegen und Dänemark oft eng verknüpft waren Dänemark aus Skandinavien ausgliedern zu wollen finde ich befremdlich. Dänemark war und ist ein skandinavisches Land (wenn auch nicht geographisch)!
Das Besondere an Dänemark ist die Festlandsverbindung, die einen kontinentalen Einfluss ausübt, der in Norwegen/Schweden viel schwächer ist.

Das Geld floss zudem sicher nicht nur nach Dänemark, sonst hätten sich nicht wieder und wieder Skandinavier aus anderen Gebieten an den dänischen Wiking Fahrten beteiligt. Sogar umgekehrt verhält es sich so, dass der Anteil von Nicht-Dänen bei diesen Fahrten zunahm. Ist es nicht so, dass beispielsweise aus den Runensteinen in Schweden eindeutig zu lesen ist, dass immer mehr Svear sich den Dänen anschlossen und dafür Gelder erhielten? Es gibt Runensteine, die von gleich mehreren Fahrten von ein und demselben Schweden nach England berichten und wie dieser mehrfach Geld aus der Beute dafür erhalten hat. Das wird mit den Norwegern nicht anders gewesen sein.
Die Norweger waren den Schweden nicht grün. Sie bekämpften sich häufig. Norweger waren im Wesentlichen nach Westen (England, Schottland, Irland und die Inseln) orientiert. Der Dänenkönig versuchte immer wieder, Norwegen tributpflichtig zu machen. Mit wechselndem Erfolg. Natürlich haben einzelne Norweger und auch Schweden an den Zügen teilgenommen. Aber es gibt keine Anzeichen dafür, dass sie - wenn man vom Heereszug Svend Gabelbarts absieht - größere Kontingente gestellt hätten. Und was sie dafür bekamen, behielten sie auch bei sich. Der König bekam davon nur einen Bruchteil.

Und deshalb mussten ständig neue Raubzüge her. Gerade weil die Kerntruppen der Könige dieser Zeit für die ökonomischen Möglichkeiten ihrer Länder zu groß geworden waren, aber aufgrund der zwingend notwendigen Niederhaltung der lokalen Machtzentren in diesen Ländern eben nicht kleiner werden durften.
Du weißt (woher?), wie groß der königliche Hirð war?

Die Tributleistungen und regulären Einnahmen waren sicher sehr wichtig, vor allem wegen ihrer Kalkulierbarkeit. Aber sie waren unzureichend. Berufskrieger die nur im Frieden kaserniert sind, verkommen rasch zu einem Problem, sie verbreiten Gewalt, Unruhe und Instablität selbst wenn sie bezahlt werden. Und sie fordern stets mehr und mehr.
Sei vorsichtig mit der Transplantation heutiger Lebenserfahrung auf das Jahr 1000. Die Hirðmenn bezahlten ihre Rüstung selbst - und die war teuer. Es war die höchste Ehre für einen jungen Adligen, in den Hirð eines Königs aufgenommen zu werden. Die wurden nicht bezahlt. Sie hatten freies Essen an der königlichen Tafel und freie Logis. Im übrigen musste der Bischof auch einen Hirð haben. Und der ging nicht auf Raubzüge aus.

Es war doch gerade das Merkmal der skandinavischen König schlechthin, besonders großzügig zu ihrer Gefolgschaft zu sein! Und diese Großzügigkeit kostete meiner Ansicht nach mehr, als die Volkswirtschaft her gab.
Deine Ansicht in Ehren, aber sie stimmt einfach nicht. Es handelte sich um eine redistributive Gesellschaft. Das bedeutet, der König nahm seinen Tribut von seinen Untertanen und verteilte ihn an seine Gefolgsleute.

Deshalb mussten Einnahmen aus Kriegszügen her, womit man zugleich zwei Fliegen mit einer Klappe erschlug, da diesselben Kriegszüge die Berufskrieger zugleich im Feld beschäftigten und mit den Freuden des Krieges ablenkten. Als dritter Nutzaspekt kam noch hinzu, dass diese Truppen durch solche Raubfahrten auch noch militärisch trainiert wurden.
Das mit dem "Berufskrieger" ist so eine Sache. In seinem Hirð befanden sich z.B. die Skalden. Das war die gebildete Hofgesellschaft. Die Hirðskrá (das Gesetz über den Hirð) schildert das ausführlich. Man wollte mit den ausländischen Königen und Fürsten hinsichtlich des kulturellen Niveaus auf Augenhöhe kommen.

Auch wenn gerade eben der Begriff Wikinger ! in den meisten Fällen eben nicht solche königlichen Unternehmungen meint und deshalb die meisten Könige auch nicht als Wikinger bezeichnet wurden, so war die Räuberei der Könige im Ausland trotzdem ein volkswirtschaftlich wichtiger Faktor.
Von dessen Bedeutung wir aber überhaupt keine Kenntnis haben. Der Faktor taucht in keiner Quelle auf.

Die Masse der Wikinger stellte demgegenüber oft die Opposition zum jeweiligen König dar, die im Kampf mit diesem unterlegen ins Ausland weichen musste. Das betrifft meiner Meinung nach insbesondere die dann ständig im Ausland verbliebenen Gruppen.
Nö. Die Opposition zum König blieb im Lande. Der erst nach der Wikingerzeit einsetzende Bürgerkrieg wurde nicht von Wikingern geführt. Die früheste Opposition kam von den mächtigen Ladejarlen und den Häuptlingen aus Tröndelag im Norden. Da ging es um den Pelzhandel mit den Samen, den der König für sich beanspruchte, der aber bislang in den Händen dieser Häuptlinge lag. Da ging es wirklich um das große Geld. Die Rentierherden in den samischen Gebieten wurden fast ausgerottet wegen der Nachfrage, so dass die Samen sich später auf die Rentierzucht umstellen mussten, um die Nachfrage zu befriedigen. Das ist auch der Hintergrund zu den späteren Kriegen mit Schweden und der Schweden mit Nowgorod.

Das Wort Integration bzw integrierbar gefällt mir so in diesem Kontext nicht, weil es impliziert, dass diese Banden wegen ihrer Gewalttätigkeit und Räuberei nicht mehr Teil der Gesellschaft hätten werden können.
Genaus so war es aber.

Sie konnten aber nur dann nicht mehr zurück, wenn dem politische Gründe entgegen standen, beispielsweise weil sie schlicht und einfach die Gegner des Königs waren, also die Opposition ihres Landes im Ausland.
Sie waren keine Opposition zum König; es sei denn, man nennt Räuber Opposition zum Staat.

Gruppen die dauerhaft im Ausland blieben, taten dies zudem aus rein praktischen Gründen, aber nicht deswegen, weil sie es nicht gekonnt hätten, sondern weil ihnen dieses Leben besser gefiel als die harte Plackerei daheim auf einem Bauernhof. Hätten sie es gewollt, hätten viele von ihnen heimkehren können (vorausgesetzt sie waren keine Feinde des Königs und waren nicht in Verbannung).
Denen gefiel das Leben nur am Anfang. Dann aber wurden sie von allen Gejagte. Das gefällt keinem. Nein, wir haben sowas auch in der Gegenwart: Menschen, die von klein auf nichts anderes getan als gekämpft haben, können kein ziviles Leben mehr führen, werden Söldner (was viele Wikinger auch wurden; es wird von vielen Schlachten berichtet, in denen Skandinavier (Wikinger?) auf beiden Seiten kämpften).

Selbst Harald Schönhaar als einer der frühen Könige fuhr zu den Orkneys um seine Wiedersacher dort anzugreifen und den Überfällen der Wikinger von den Orkneys ein Ende zu setzen.
Genau. Das war keine Opposition, sondern Leute, die an der norwegischen Küste plünderten und dann abfuhren. Andernfalls hätten sie sich ja mit der Opposition im Lande verbünden können.

Meiner Ansicht nach war Frauenraub eines der primären Motive für solche Raubfahrten (neben anderen). Es war also im Gegenteil so, dass sich Männer die sonst keine Frau erlangt hätten auf diesen Raubfahrten mit Frauen (Sklavinnen) eindeckten bzw sich sexuell durch Vergewaltigungen und ständig zur Verfügung stehende Sklavinnen austoben konnten und das ist für junge Männer ein sehr starkes Motiv und Lockmittel.
Also Frauen gab es auch zu Hause genug. Aber es ist richtig, dass man ohne Frauen losfuhr und irgendwann sich auch die Frauen als Beute holte. Aber in der Ostsee war der Sklavenraub das einträglichste Geschäft.

Der Sklavenhandel der Skandinavier und die Bedeutung der Sklaven für die Volkswirtschaft in dieser Zeit wird heute zudem meiner Meinung nach heillos unterschätzt. Ebenso wird der Umgang mit den Sklaven heute immens herunter gespielt und realtiviert.
Kann ich nicht sagen. Vielleicht im Zeichentrickfilm über den kleinen Wicki. Aber dass der Menschenraub in Finnland und an den Ostseeküsten eine bedeutende Rolle spielte, ist allgemein bekannt - jedenfalls unter Fachkreisen. Aber der Erlös floss in die private Tasche der Anführer.

Ich glaube, du argumentierst vom gewünschten Ergebnis her: Die Beute der Wikinger floss nach Dänemark und Norwegen in die Staatskasse. Und nun werden alle möglichen Überlegungen durchgespielt, warum das so gewesen sein muss. Da wird dann Sankt Spekulatius der Hauptinformant.
 
Ist es richtig, dass Einigkeit darin besteht, dass der Begriff Wikinger kein Ethnonym ist, sondern es sich dabei um Raubhandel treibende Seefahrer mit skandinavischem Hintergrund handelt, auch wenn diese im Einzelnen vielleicht in der Rus, auf Island, den Faröern, Grönland oder den britischen Inseln lebten? Unabhängig davon, ob man zuhause Bauer, Jarl oder König war?
Aber nur, wenn man wirklich Raubhandel betrieb und nur in dieser Zeit. Einen Holzfäller im Hochland als Wikinger zu bezeichnen, weil er einem seefahrenden Volk angehörte, das Raubhandel betrieb, wäre ein Witz.
 
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