Bergische Truppen ab 1807/ Suche nach einem Soldaten

Kinnart

Neues Mitglied
Liebe Mitglieder des Geschichtsforums,

bin seit heute neu hier und befasse mich seit einiger Zeit mit meiner Familienforschung. Da mein Nachname "Kinnart" in Deutschland selten ist, sah ich gute Chancen, zu recherchieren. Jetzt stecke ich leider im Jahr 1807 fest und womöglich können mir nur noch Experten weiterhelfen, die ich hier vermute.

Mein Ur-ur-ur-ur-Großvater Heinrich Kinnart (auch Kinart geschrieben) war Sohn des verabschiedeten preußischen Soldaten Christian Kinnart (Kinart). Christian Kinnart ist Anfang Januar 1807 nach Köln-Ensen (rrh.) gekommen und zeitnah als Remplarant/Ersatzmann für den Wehrpflichtigen Johann Büll (auch aus Köln-Ensen) in die Bergischen Truppen eingetreten. Im Gegenzug hat die Familie Büll den etwa 7-9jährigen Sohn Heinrich aufgenommen. Christian Kinnart ist mit den Bergischen Truppen (angabegem. umgehend, also im Januar 1807) weiter nach Düsseldorf und von dort (angabegem./vermutet) irgendwann nach Rußland gezogen. Christian Kinnart kam nicht zurück, weshalb man davon ausging, dass er in Russland oder auf dem Weg dorthin verstorben ist.

Wer kann mir sagen, für welche Einheit im Januar 1807 in Köln-Ensen Soldaten für die Bergischen Truppen rekrutiert wurden oder wo ich dies recherchieren kann?
Gibt es noch Namenslisten/Rekrutierungslisten/Listen von Gefallenen oder Besoldungslisten der Bergischen Truppe, in denen ich nach Christian Kinnart suchen kann?

Wenn ich richtig informiert bin, gab es 1807 im Ghzgtm. Berg nur das 1. Bergische Linien-Infanterieregiment, erst 1808 kamen zwei weitere Regimenter hinzu. Demnach würde der Zusammenhang mit dem Standort Düsseldorf passen. Eine Anfrage an das Kommunalarchiv in Düsseldorf ist gestellt, im Landesarchiv Duisburg war die Recherche leider ergebnislos.

In den standesamtlichen Unterlagen von Heinrich Kinnart steht die von der Familie Büll bescheinigte Aussage w.o. beschrieben sowie darüber hinaus, dass Heinrich weder wusste, wie alt er genau ist, woher er stammt noch wer seine Mutter war. Sein Geburtstort/Geburtstag sowie den Namen der Mutter könnte in den Militärkirchenbüchern der alten preußischen Armee enthalten sein, diese Recherche läuft parallel. Erschwerend kommt hinzu, dass ich nicht weiß, welcher Einheit der preußischen Armee Christian Kinnart angehörte. Der Name Kinnart kommt häufiger in Belgien vor, aber auch in diese Richtung fehlt mir (noch) die Anknüpfung.

Vielen Dank zunächst für die Zeit, dies zu lesen. Ich freue mich über jedwede Hilfe!

HG Ralph Kinnart
 
Nach dem Krieg wurde von offizieller Seite nach dem Verbleib von Vermissten geforscht. Die Ergebnisse wurden meines Wissens veröffentlicht. Die genaue Angabe müsste ich nachsehen. Das ist nicht mein Spezialgebiet. Im Staatsarchiv sollten sie es aber wissen. Man muss auch Glück haben, die Nachforschungen waren nicht lückenlos.

Wehrpflichtige wurden mitunter auch zu Einheiten der Französischen Armee versetzt. Und in Berg eher als anderswo, da Napoleon seit 15.07.1808 das Großherzogtum in Personalunion verwaltete. Totenbescheide wurden damals durchaus in die zuständige Pfarrei geschickt. Hier hat sich z.B. der Totenschein eines in Lille stationierten westfälischen Wehrpflichtigen erhalten. Wenn die Familie nichts dazu weiß, scheint es unwahrscheinlich etwas zu finden. Aber ein neuer Pfarrer mag nicht gewusst haben, wie er den Namen eines nur kurzzeitig am Ort wohnenden zuordnen sollte. Dann ist die Frage, ob es einen weiteren Ort gibt, der Ensen heißt. So konnte ich einem Freund weiterhelfen. (Da lagen die ähnlich benannten Pfarreien aber fast nebeneinander.) Die kirchlichen Archive sind da also nicht von vornherein auszuschließen.

Wenn die Einheit feststeht, kann natürlich auch an den Garnisonsorten in den Kirchenbüchern geforscht werden.

Sollte er beim Russlandfeldzug umgekommen sein, ist eine Information aber vom Zufall abhängig. Es kam damals, wie wohl zu allen Zeiten auch vor, das Soldaten irgendwo hängenblieben. Seinen Sohn wusste er ja anscheinend versorgt. Das würde man ebenso nur per Zufall herausfinden.

Die Bergischen Einheiten wurden später in die Preußische Armee übernommen. Vielleicht kann man in einer Regimentsgeschichte erfahren, ob Soldaten an Verbündete abgegeben worden sind, evt. sogar, um welche Einheiten es sich handelte. Das wären bei den Preußen die Regimenter Nr. 28 und Nr. 29. Die Regimentsgeschichten sind bei den Wikipediaartikeln unter Literatur angegeben. Die Bergischen Regimenter wurden übrigens auch in Spanien eingesetzt. Die Entfernung zur Heimat sollte Desertionen verhindern helfen.
 
Danke, Riothamus, ich bleibe weiter am Ball. Das mit dem Ort gleichen Namens ist eine gute Idee, da kam ich noch nicht drauf.
 
Klingt mir irgendwie weniger nach Russlandfeldzug als nach dem Feldzug 1807 in Ostpreußen. Geht es um den Russlandfeldzug explizit? Kennst Du die Ausstellung "Wider Napoleon" in Lüdenscheid? Ein Bekannter von mir hat daran mitgewirkt. Es gab auch einen Themenraum zu Bergischen Truppen in Spanien, glaube ich mich zu entsinnen. So riesig war die Armee des Ghzm. Berg ja nun auch nicht. Von daher würde ich mal schätzen, dass da die Recherche durchaus machbar ist. Evtl. schreibt AnDro mal wieder was hier rein. Er hatte damals auch die Ausstellung besprochen. Ansonsten probierst Du vielleicht mal eine PN an ihn.:winke:

Wie dringend ist denn die Sache?
 
Ich würde einen Blick in folgendes Buch empfehlen:
Franz Overkott: In Rußland Vermißte aus Rheinland und Westfalen nebst angrenzenden Gebieten in Napoleons "Großer Armee" 1812-1813 (Bergische Forschungen, 5), Neustadt an der Aisch 1963.
 
Hallo Brissotin,

danke vielmals. AnDro hatte sich auch gemeldet, aber diese Spur habe ich bereits verfolgt. Die Ausstellung war sicher interessant, ist ja leider schon vorbei. Das mit Russland war eine Vermutung aus 1807, aber ich glaube, dass dieser Feldzug erst viel später kam. Aber so lange ich nicht herausfinden kann, zu welcher Einheit er gehört hat, ist vieles unklar.

Konkret würden mir zwei Dinge weiterhelfen:
Austritt aus der alten preußischen Armee und Eintritt in die Bergische Truppe: zu welcher Einheit gehörte Christian Kinnart jeweils.
 
Ob sich Stammrollern erhalten haben, kann ich nicht sagen. Aber für Preußen würde ich zur Recherche Berlin nicht ausschließen. Und im Bundeswehr-Archiv sollen auch ältere Sachen zu finden sein.


1807 hatte Berg, glaube ich nur ein Infanterieregiment und die später zu Jägern umgewandelten Chevauleger. Aber, wenn neue Einheiten aufgestellt wurden, hat man ihnen gewöhnlich einen Stamm aus den alten Einheiten verpasst. Doch zunächst hast Du da nur 2 Einheiten zur Auswahl.

Bei der Reduzierung des Preußischen Militärs 1806 wurden natürlich viele Soldaten freigesetzt. Da müsstest Du wirklich alle Regimenter in Augenschein nehmen.

Wie sehr kennst Du Dich mit Archiven aus? Je nachdem wie und wo Du nachfragst, wird nur nach Akten gesucht, bei denen im Titel der Suchbegriff auftaucht. Da wird man nur bei Prominenten Namen fündig. Da würde ich eher nach der Einheit suchen.

Dann ist mir noch eingefallen, dass damals in Katholischen Gemeinden schon festgehalten werden sollte, wenn jemand weg- oder zuzog. Herkunft, bzw. Ziel sollten angegeben werden. Ich habe keine Ahnung wie es in protestantischen Gegenden war, und auch in Katholischen Kirchenbüchern hat das nicht immer geklappt, aber da es eine staatliche Forderung war, muss es dazu ein Buch oder eine Abteilung in einem Buch geben. Ich habe so eine Liste schon einmal hinter einer Liste der Firmlinge gefunden, wo sie definitiv nicht hingehörte.

In Kirchenarchiven gibt es auch oft Militaria. In Westfalen mussten z.B. die Pfarrer die Listen mit den Wehrpflichtigen führen. Bei uns sind da nur die Listen des Amtes aufbewahrt worden, auf denen die Wehrpflichtigen eingetragen waren, aber woanders gibt es aussagekräftige Akten, und der Gesuchte soll ja als Ersatzmann zum Militär gegangen sein.

Die Akten der Ämter sind meist in den Kreisarchiven zu finden, die es neben den kommunalen und den Landesarchiven auch noch gibt.
 
Das waren nützliche Tipps, Dankeschön! Ich habe jetzt Anfragen an das Stadtarchiv Köln und an das Bayerische Hauptstaatsarchiv gestellt, ob dort etwas vorhanden sein kann. Vielleicht kommt (aus Köln) dabei heraus, welche preußischen Einheiten in Köln rrh. stationiert waren und dann würde ich die entsprechenden Quellen recherchieren. Parallel leihe ich mir den Eger einmal aus mit seinem "Verzeichnis der Militärkirchenbücher".
 
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