Bewaffnung und Soldaten?

Der Faden hat ja, ausgehend von der Diskussion der Bewaffnung und des Waffengebrauchs, einiges erbracht an diskutierenswürdigen Überlegungen

Was mich wundert: die Wikinger auf ihren Beutezügen sollen nur im Fall von wehrunfähigen Opfern erfolgreich gewesen sein - dem steht die Tatsache gegenüber, dass wikingischen Aufgeboten gelegentlich hohe Tribute gezahlt wurden. Aus der Sicht der (spät)karolingischen Zeitgenossen waren die Nordmänner offenbar keine leichten Gegner (und das, obwohl sie Waffen höherer Qualität importieren oder erbeuten mussten)

(nebenbei: dass man Schwachstellen des Gegners sucht, und wenn man sie findet, dann auch nutzt - das gilt wohl immer und überall, d.h. es kann den Wikingern nicht negativ angelastet werden)

Resultieren die Erfolge der Wikinger des 8.-10. Jh. nur und einzig daraus, dass ihre Gegner geschwächt bzw. zerstritten waren? Wenn ja, dann hätte es für ein ungeschwächtes spätkarolingisches Aufgebot kein allzu großes Problem gewesen sein dürfen, die ungebetenen Gäste aus dem Norden drastisch abzuweisen - das aber scheint nicht eben oft der Fall gewesen zu sein.

Zu den Details der Bewaffnung und möglichen Kampfweise fand ich das bisher gesagte hier insgesamt sehr interessant: es zeichnet ein recht grausames Bild der Kampfweisen im frühen Mittelalter! Das deckt sich mit den Beschreibungen zur agonalen Haltung des Kriegers in merowinigscher Zeit in Scheibelreiters lesenswerter "barbarischer Gesellschaft".
 
Resultieren die Erfolge der Wikinger des 8.-10. Jh. nur und einzig daraus, dass ihre Gegner geschwächt bzw. zerstritten waren? Wenn ja, dann hätte es für ein ungeschwächtes spätkarolingisches Aufgebot kein allzu großes Problem gewesen sein dürfen, die ungebetenen Gäste aus dem Norden drastisch abzuweisen - das aber scheint nicht eben oft der Fall gewesen zu sein.
Ich sehe den Grund in einer Kombination von innerer Schwäche (in dem Sinn, dass es den Königen immer schwerer fiel, ihre widerspenstigen Vasallen zusammenzutrommeln) der Frankenreiche und der hohen Mobilität der Wikinger, indem sie nicht nur die Meere, sondern auch die Flüsse befuhren. Ein ungeschwächtes spätkarolingisches Aufgebot bringt auch nichts, wenn die Eindringlinge schon wieder weg waren, wenn es endlich zusammengerufen und im Krisengebiet eingetroffen war. Karl der Große und Ludwig der Fromme hatten es verabsäumt, sich rechtzeitig größere eigene Flotten zuzulegen, und ihre Nachfolger hatten wohl gar nicht mehr die Mittel zum Bau und Unterhalt großer Flotten.
Dass Karl der Dicke nicht gerade angriffsfreudig war, darf man auch nicht vergessen. Zweimal bekam er große Wikingerheere zu fassen - und beide Male zog er es vor, mit ihnen einen Vertrag zu schließen.
 
Es gab ja auch ganz verschiedene Phasen der skandinavischen Expansion.

Die organisierten Angriffe dänischer Berufskrieger unter Königen wie Sven Gabelbart oder Knut dem Großen hatten ja beispielsweise eine ganz andere Form und Qualität als die direkt nach dem Tod Karls des Großen einsetzenden unorganisierten Plünderungszüge einzelner Adeliger.

Eine Armee wie das Große Heer hatte eine ganz andere Schlagkraft als der übliche saisonale Beutezug einer Schar Norweger von Irland nach Wales.

Die Besetzung der Normandie hatte eine ganz andere Form und Auswirkung, als die heillose Anarchie in der Zeit der Besetzung der Bretagne.

Resultieren die Erfolge der Wikinger des 8.-10. Jh. nur und einzig daraus, dass ihre Gegner geschwächt bzw. zerstritten waren?

Von daher kann man hier meiner Ansicht nach keine Aussagen über "die" "Wikinger" treffen. Man müsste sehr klar nach Zeit, Ort und beteiligten Parteien sowie deren Zielsetzung unterscheiden. All diese Faktoren unterschieden sich erheblich.

Die Erfolge völlig unterschiedlicher skandinavischer Angriffe in dieser Zeit hatten ebenso völlig unterschiedliche Gründe.

Ich sehe den Grund in einer Kombination von innerer Schwäche (in dem Sinn, dass es den Königen immer schwerer fiel, ihre widerspenstigen Vasallen zusammenzutrommeln) der Frankenreiche und der hohen Mobilität der Wikinger

Meiner Ansicht nach kommt da noch eine zunehmende ökonomische Schwäche insbesondere der Frankenreiche hinzu. Es fehlten aus dieser resultierend schlicht und einfach die Mittel zum Unterhalt ausreichend großer Streitkräfte. Demgegenüber nahm der Gegner aufgrund seiner Einnahmen aus den Plünderungen, Eroberungen, Danegeldzahlungen usw immer mehr an Stärke zu.

Im angelsächsischen Bereich hatten nur die Danegelder selbst schon sehr negative ökonomische Folgen, insbesondere zur Zeit von Sven Gabelbart. Ohne diese Schwächung und umgekehrt zugleich die Stärkung der Dänischen Könige wären die Eroberungen Knuts des Großen gar nicht möglich gewesen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Karl der Große und Ludwig der Fromme hatten es verabsäumt, sich rechtzeitig größere eigene Flotten zuzulegen, und ihre Nachfolger hatten wohl gar nicht mehr die Mittel zum Bau und Unterhalt großer Flotten.
Dass Karl der Dicke nicht gerade angriffsfreudig war, darf man auch nicht vergessen. Zweimal bekam er große Wikingerheere zu fassen - und beide Male zog er es vor, mit ihnen einen Vertrag zu schließen.

Warum auch eine Flotte?

Ich habe den Verdacht die Herrscher haben die Überfälle billigend in Kauf genommen und sich mehr auf Bürgerkrieg und Gebietsgewinne konzentriert.
Die Wikinger waren so schnell weg, wie Sie gekommen sind und keine echte Gefahr, während der Nachbar einem den Thron strittig gemacht hat.
Für beide Fronten hätte das Geld nicht gereicht. Die These ist natürlich ziemlich verheerend gegen die Zivilbevölkerung.
 
Die organisierten Angriffe dänischer Berufskrieger unter Königen wie Sven Gabelbart oder Knut dem Großen hatten ja beispielsweise eine ganz andere Form und Qualität als die direkt nach dem Tod Karls des Großen einsetzenden unorganisierten Plünderungszüge einzelner Adeliger.
Wobei es nicht erst mit dem Tod Karls des Großen losging: Z. B. plünderte bereits 810 eine große Flotte Friesland.

Ich habe den Verdacht die Herrscher haben die Überfälle billigend in Kauf genommen und sich mehr auf Bürgerkrieg und Gebietsgewinne konzentriert.
Die Wikinger waren so schnell weg, wie Sie gekommen sind und keine echte Gefahr, während der Nachbar einem den Thron strittig gemacht hat.
Für beide Fronten hätte das Geld nicht gereicht. Die These ist natürlich ziemlich verheerend gegen die Zivilbevölkerung.
"Billigend in Kauf genommen" wohl kaum, immerhin hatten die Wikingerüberfälle auch für die Herrscher, insbesondere Karl den Dicken, schlimme Folgen in Form von Ansehensverlust und somit weiterer Schwächung ihrer Autorität, dazu noch die wirtschaftlichen Auswirkungen für die betroffenen Gebiete, die indirekt somit auch die Finanzkraft der Herrscher schwächten. Es war auch nicht so, dass die Herrscher den Überfällen der Wikinger nur tatenlos zugesehen hätten, dann und wann traten sie ihnen durchaus entgegen, z. B. schlugen der ostfränkische König Ludwig III. der Jüngere 880 und der westfränkische König Ludwig III. 881 die Wikinger, ebenso 891 der ostfränkische König Arnulf von Kärnten. Wirklich viel bewirkt haben diese Siege freilich offenkundig nicht. Auch Karl der Dicke ging grundsätzlich gegen die Invasoren vor, bloß zog er es dann vor, mit ihnen zu verhandeln, statt sie anzugreifen.
Ich würde also nicht sagen, dass die damaligen Herrscher die Wikingereinfälle nicht als echte Gefahr, die ihr Handeln erfordert hätte, gesehen hätten. Die Antwort sehe ich eher in Deinem vorletzten Satz: Die Frankenkönige hatten einfach zu viel, worum sie sich kümmern mussten oder wollten, daher konnten sie alles nur halb machen, wozu dann noch kam, dass die Wikinger aufgrund ihrer hohen Mobilität nur schwer zu fassen waren, weswegen es oft sinnlos erschienen sein mag, ihnen überhaupt entgegenzuziehen.
 
Ravenik:

Wobei es nicht erst mit dem Tod Karls des Großen losging: Z. B. plünderte bereits 810 eine große Flotte Friesland.

Schon 799 erfolgte der erste Angriff auf Friesland.

Als Ergänzung dazu: vor der sogenannten "Wikingerzeit" war fast der gesamte Handel zwischen Skandinavien und dem Rest Europas in friesischder Hand und Friesland die Drehscheibe für den Handel mit nordischen Erzeugnissen. Friesland war vor der Wikingerzeit wirtschaftlich sehr bedeutsam, und diese Angriffe auf Friesland beendeten die Stellung der friesischen Händler im Norden, und stärkten Skandinavien und insbesondere Dänemark ökonomisch. Es gab gerade im 8 Jahrhundert eine Zeit lang ein großes Wirtschaftswachstum, dass aber dann im frühen 9 Jahrhundert wieder einbrach. Hier stellt sich die Frage nach Henne und Ei.

Die dänischen Könige bzw Adeligen konnten ihre Ausgaben nicht mehr aus den Steuern und Abgaben im Land finanzieren, andererseits diese Steuern und Abgaen aber auch nicht erhöhen. Von daher hatte speziell der Angriff auf Friesland auch zu einem erheblichen Anteil ökonomische Gründe.
 
Ich fand soeben beim stöbern auf Youtube dieses Video von Roland Warzecha wo es um die rekonstruierte Anwendung von Wikingerzeitlichem Schwert und Schild im Zweikampf geht.


Viele Punkte erscheinen mir einleuchtend wie z.B. der Sinn der kleinen Parierstange oder der Nutzen des Buckels.
Ich bin ja nicht ganz unerfahren mit Waffen und habe auch schon ähnliche Beobachtungen gemacht, wenn auch mit anderem Material, aber Biomechanik bleibt ja überall die selbe.
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
nicht nur dort, auch Wilfrid kann dazu interessantes erklären. (hüttenwesen)

Mir fehlt nur leider jegliches Wissen in Metallurgie & co darum kann ich da nur staunend warten bis es sich geklärt hat. (woraus die wikingerschwerter mit ulfbert-schriftzug nun wirklich waren und woher)
 
Ich finde es ohnehin etwas unglaubwürdig, dass die Fälscher ausgerechnet zu blöd gewesen sein sollen, ihre Fälschung richtig zu beschriften.
 
Ich finde es ohnehin etwas unglaubwürdig, dass die Fälscher ausgerechnet zu blöd gewesen sein sollen, ihre Fälschung richtig zu beschriften.

Wenn du als Illiterat für andere Illiteraten ein Produkt herstellst, dann ist das nicht so wichtig, hauptsache das Bild, welches die Schrift abgibt, ist einigermaßen stimmig.* Vergleiche dies mit dem Kopien islamischer Münzen des angelsächsischen Königs Offa: http://www.geschichtsforum.de/f43/warum-lie-offa-eine-arabische-m-nze-pr-gen-39869/

*Ein Freund von mir und ich haben uns mit ca. vier Jahren gegenseitig Briefe "geschrieben". Dabei haben wir auch nur sinnlos kopiert, was wir der Schreibschrift der Erwachsenen entnahmen: Häkchen, Schlangenlinien und Schlaufen.
 
Gerade wenn der Fälscher Illiterat war, finde ich es besonders unglaubwürdig, dass er sich bei der Beschriftung vertan haben soll. Er hat ja offenbar nicht einfach nur irgendwelche Häkchen und Striche angebracht, sondern sehr wohl (die richtigen) Buchstaben geschrieben und nur das h und + falsch gesetzt. Wenn er Illiterat war, muss er also eine Beschriftung als Vorlage gehabt haben, um sie so gut nachformen zu können. Wieso sollte er dann das h und + anders setzen als in der Vorlage?
 
Bei den Münzen Offas kann man auch z.T. das Arabische lesen und zum Teil eben nicht.
Der Fälscher der Ulfberht-Schwerter hat möglicherweise auch nur aus dem Gedächtnis "zitiert". Wenn Symbole für dich keine Bedeutung haben, dann ist auch für dich die Reihenfolge schwieriger.
 
Ich fand soeben beim stöbern auf Youtube dieses Video von Roland Warzecha wo es um die rekonstruierte Anwendung von Wikingerzeitlichem Schwert und Schild im Zweikampf geht.


Viele Punkte erscheinen mir einleuchtend wie z.B. der Sinn der kleinen Parierstange oder der Nutzen des Buckels.
Ich bin ja nicht ganz unerfahren mit Waffen und habe auch schon ähnliche Beobachtungen gemacht, wenn auch mit anderem Material, aber Biomechanik bleibt ja überall die selbe.

Darf man hier keine Youtube-Videos verlinken? Man sollte sich den Clip unbedingt ansehen, mit Eingabe der Stichworte, die Wsjr gegeben hat, findet man ihn ja leicht. Ich halte die darin geäußerten Gedanken ebenfalls für sehr überzeugend.
 
Eigentlich importierten die Skandinavier gute Klingen aus dem Rheingebiet, etwa die berühmten Ulfberht-Klingen, die dann teilweise auch gefälscht wurden..
Es waren die WULFBER+T Schwerter und sie wurden in Skandinavien hergestellt nur der stahl (Tiegelstahl übrigens) wurde aus Asien importiert nicht aus dem Rheintal
 
Ulfberht ? Wikipedia

"Bei späteren Untersuchungen im Labor wurde festgestellt, dass aus 44 gefundenen Ulfberht-Schwertern 33 aus minderwertigerem Metall hergestellt worden sind. Bei diesen 33 Schwertern war der Name Ulfberht in anderen Variationen geschrieben worden."

"Die Tatsache, dass die meisten der Schwerter mit der Inschrift „Ulfberht“ in Skandinavien gefunden wurden, zeugt von ausgeprägten Handelsbeziehungen zwischen dem Frankenreich und Nordeuropa. Es sind Funde aus Osteuropa und sogar aus dem Nahen Osten belegbar,[5] die oft mit Gefäßen (Parierstange, Griff und Knauf) versehen wurden, welche den örtlichen Gepflogenheiten entsprachen. Die allermeisten Klingen stammen jedoch aus dem fränkischen Rheingebiet, welches schon zur Latènezeit eine ausgeprägte Metallurgie aufwies."

"Die Ergebnisse der modernen metallografischen Forschung belegen, dass die frühmittelalterlichen fränkisch-alemannischen Schwerter zu ihrer Zeit Spitzenprodukte darstellten, welche auf höchstem handwerklichen Niveau hergestellt wurden."

Allerdings ist der Wiki-Artikel auch nicht so ganz vertrauenswürdig:
"Es gab Markenraubkopien bei den Wickingern." :rofl:
 
Zuletzt bearbeitet:
Zurück
Oben