Beweggründe des Islam

LMN8

Neues Mitglied
Moin,

Ich lerne im Moment grad was über die Kreuzzüge.

Mein Lehrer sagte mir, das ich (in der mndl. Abi-Prüfung) auf die Beweggründe des Islams eingehen soll.

Was ich unter anderem weis ist, dass die Anhänger Mohammeds, wie z.b. der Stellv. Abu Bakr versuchte die "anderen" zu unterwerfen bzw. von Islam zu überzeugen.

Bitte verzeit mir meine Wortwahl, da ich mir noch unsicher bin.

Ich hoffe ihr helft mir. Danke!!
 
Welche "Beweggründe des Islam"?
Dafür, dass sie gegen die Invasion der Kreuzzügler ankämpften?
Oder dafür, dass die Araber überhaupt expandierten?

Da kannst du mal folgende Zitate von einem Kenner (A. Noth) dir durchlesen:
http://www.geschichtsforum.de/f36/expansion-des-islam-18704/#post297399
(Der Rest des Textes befindet sich im Anhang als Attachment im Posting)

Weiterhin diese Ausführungen:
http://www.geschichtsforum.de/f48/u...had-und-kreuzzug-26714/index2.html#post408172
http://www.geschichtsforum.de/f48/u...had-und-kreuzzug-26714/index2.html#post408312

Und schaue mal in diese seeehr interessante Online-Vorlesung rein, die alle Fragen beantworten sollte:
http://www.geschichtsforum.de/f36/d...ffe-der-isl-welt-14238/index2.html#post438518
Gibt inzwischen neue Vorlesungen, aber auch die alten Semester sind einsehbar. Gibt zwei Teile I und II mit jeweils unterschiedlichen Schwerpunkten.

Nur kurz noch ein Punkt, worauf du achten solltest:
Expansion des islamischen Herrschaftsgebietes ist nicht gleich Konvertierung der unterworfenen Völker zum Islam. Militärische Herrschaftsausdehnung? Ja, möglichst immer wo es machbar ist. (Zwangsweise) Bekehrung der unterworfenen Völker zum Islam? In der Regel nicht. So konvertierten z.B. die Iraner erst Jahrhunderte später nach und nach zum Islam, die christlichen Kopten in Ägypten z.B. relativ wenig.
Also nicht in die "Falle" tappen, der Islam wurde mit "Feuer und Schwert" verbreitet, wie es so oft in polemischen kirchenpolitischen Schriften stand. Da muss man genauer hinschauen.
 
Nur kurz noch ein Punkt, worauf du achten solltest:
Expansion des islamischen Herrschaftsgebietes ist nicht gleich Konvertierung der unterworfenen Völker zum Islam.

Das ist zwar treuherzig, aber graue Theorie! :D

Ganz Nordafrika inklusive Ägypten wurde von den Arabern erobert und anschließend komplett islamisiert. Ganz Vorderasien - also das der heutige Irak, Palästina, Syrien, Jordanien usw. - wurde von Arabern erobert und in der Folge komplett islamisiert. Persien wurde erobert und islamisiert, desgleichen Kleinasien.

Ausnahmen von dieser Regel bilden lediglich der Balkan und Indien, obwohl auch dort beträchtliche Teile der Bevölkerung zum Islam konvertierten: sei es aus rationalen Überlegungen wegen einer sozialen Absicherung oder eines sozialen Aufstiegs innerhalb der osmanischen Administration bzw. des Militärs - was wohl in der Mehrzahl der Fälle maßgebend war - sei es in der Tat aus einer Glaubenüberzeugung heraus.
 
Islamisch beherrscht ist nicht gleichbedeutend mit islamisiert!

In Ägypten sind zum Beispiel die Moslem erst seit 400 Jahren in der Bevölkerungsmehrheit! Im Iran hat es über 300 Jahre gedauert bis die Masse der Bevölkerung ihr heiliges Feuer gegen den Gebetsteppich umtauschten. Selbst in Palästina, Syrien, Jordanien waren die Christen bis zum ersten Kreuzzug in der demograpfischen Mehrheit. Wären alle eroberten Völker sofort alle konvertiert hätte der frühe Islam ein enormes Finanzproblem gehabt, denn über Nicht-moslems zu herrschen, brachte wesentlich mehr Steuern ein.
 
Das ist zwar treuherzig, aber graue Theorie! :D

Ganz Nordafrika inklusive Ägypten wurde von den Arabern erobert und anschließend komplett islamisiert. Ganz Vorderasien - also das der heutige Irak, Palästina, Syrien, Jordanien usw. - wurde von Arabern erobert und in der Folge komplett islamisiert. Persien wurde erobert und islamisiert, desgleichen Kleinasien.
Sicher, aber eben nur ganz selten gewaltsam. Und darum ging es doch lynxxx in seinem Post.
 
Sicher, aber eben nur ganz selten gewaltsam. Und darum ging es doch lynxxx in seinem Post.

Der Druck der gesellschaftlichen, sozialen und politischen Realitäten war auch ohne Autodafe und Inquisition so zwingend, dass sich alle Völker Nodafrikas und Vorderasiens über kurz oder lang der grünen Fahne des Propheten beugten und zum Islam konvertierten.

Es besteht weder ein Grund, diesen Vorgang zu dämonisieren, noch ein Grund, ihn zu glorifizieren. Es geschag einfach das, was immer geschieht, wenn sich eine von militärisch dominanten Herren gestützte Religion über eine unterworfene Bevölkerung legt - egal, ob es sich nun um das Christentum oder den Islam handelt.

Weniger bis gar keinen religiösen Druck baute der Buddhismus auf, mit Abstrichen auch der Hinduismus und missionarische Bestrebungen sind auch dem Judentum eher fremd.
 
Der Druck der gesellschaftlichen, sozialen und politischen Realitäten war auch ohne Autodafe und Inquisition so zwingend, dass sich alle Völker Nodafrikas und Vorderasiens über kurz oder lang der grünen Fahne des Propheten beugten und zum Islam konvertierten.

Es besteht weder ein Grund, diesen Vorgang zu dämonisieren, noch ein Grund, ihn zu glorifizieren. Es geschag einfach das, was immer geschieht, wenn sich eine von militärisch dominanten Herren gestützte Religion über eine unterworfene Bevölkerung legt - egal, ob es sich nun um das Christentum oder den Islam handelt.
Habe ich irgendwas in diese Richtung behauptet? Habe ich etwa glorifiziert? Falls Du das da herausliest, tut es mir ehrlich leid für Dich.
Es ging lediglich darum, daß der Islam nicht mit "Feuer und Schwert" verbreitet wurde, was lynxxx wörtlich so schrieb. Nicht mehr und nicht weniger. :fs:
 
Es ging lediglich darum, daß der Islam nicht mit "Feuer und Schwert" verbreitet wurde, was lynxxx wörtlich so schrieb. Nicht mehr und nicht weniger.

Das werden die Staaten und Kulturträger in Nordafrika, Vorderasien und Persien, die in zum Teil erbitterten Schlachten von der muslimischen Militärwalze besiegt wurden, vermutlich anders sehen.
 
Das werden die Staaten und Kulturträger in Nordafrika, Vorderasien und Persien, die in zum Teil erbitterten Schlachten von der muslimischen Militärwalze besiegt wurden, vermutlich anders sehen.
Du verstehst immer noch nicht, worum es mir geht:
1. Ja, es gab die islamische Eroberung. Wer würde das auch bestreiten wollen?
2. Nein, dazu gehörte nicht (oder nur sehr selten) eine gewaltsame Bekehrung der Eroberten.
(Drücke ich mich so unklar aus? :confused:)
 
Der Druck der gesellschaftlichen, sozialen und politischen Realitäten war auch ohne Autodafe und Inquisition so zwingend, dass sich alle Völker Nodafrikas und Vorderasiens über kurz oder lang der grünen Fahne des Propheten beugten und zum Islam konvertierten. ....

Mein erstes Posting ist weder "treuherzig noch graue Theorie" sondern historische Tatsache, so wie es die Forschung in den letzten Dekaden klar herausgearbeitet hatte. Steht so in jeder seriösen Fachliteratur, die sich eingehender damit beschäftigte, statt jahrhundertelanger Propaganda auf dem Leim zu gehen! :D

(Vielleicht erstelle ich nochmal einen Thread allein mit diesen Lit.-Angaben, die ich hier schon mehrfach verstreut im Forum postete, um uns mal alle auf den gleichen Kenntnisstand zu setzen.)

Druck, bis hin zur Zwangskonversion, gab es natürlich phasenweise auch, z.B. ~5 Jahre lang Ende des 8. (?) Jh. im Iran bei den Manichäern (die als richtige Polytheisten angesehen wurden, im Gegensatz zu den Zoroastriern) (getragen übrigens nicht nur aus religiösen Erwägungen, sondern aus machtpolitischen Spielchen der gerade erst konvertierten konkurierenden Zoroastrier, wenn ich mich nicht falsch erinnere). Es gab auch innerislamische Zwangskonversion (kennen wir ja jahrhundertelang, ach, jahrtausendelang im Christentum auch), z.B. im Iran des 16. Jh. als die Mehrheit der Sunniten zum Schiitentum konvertieren musste. Aber angesichts jahrhundertelanger Duldung, ja sogar teilweise Befürwortung einer nicht vollzogenen islamischen Konversion im nahöstlichen Raum, sind solche Phasen des massiven Druckes als sehr selten anzusehen.

Eigentlich haben meine Vorposter schon alles weitere gesagt.

Aber noch einige letzte Worte zu deinem letzten Posting. Wenn du von Druck sprichst, gesellschaftlicher, sozialer, usw. Druck, der "zwingend" eine Konversion zur Folge haben musste, so muss man dieses erstmal beweisen, und das auch noch für einen Raum vom Atlantik bis zum Pazifik, und über eineinhalb Jahrtausende.

Richtig ist, dass Nichtmuslime juristisch gesehen "Bürger" zweiter Klasse waren, aber da passt dein Spruch viel besser hin: "Graue Theorie!" :D

Wenn wir uns die Mentalitätsgeschichte oder Sozialgeschichte anschauen, so müssen wir viel mehr differenzieren, wie es denn in der Praxis aussah, in welchem Raum, in welchem Jahrhundert, und schon fällt dein obiges Postulat von der zwingend erforderlichen Konversion zusammen, denn es gab immer Gruppen und Regionen, wo dieses einfach nicht zutraf. Wie z.B. bei den Kopten Ägyptens, die oft in der Verwaltung beschäftigt waren, und sich diese soziale Nische über Jahrhunderte erhalten konnten, diese priviligierte soziale Stellung dadurch sicherten, indem sie aktive Geburtenkontrolle betrieben, um ihre Anzahl konstant zu halten. Konversionen gab es bei ihnen relativ wenige, und wenn heute die große Mehrzahl der Menschen Ägyptens Muslime sind, dann liegt es nicht an einem Konversionsverhalten (oder einem ohne Beleg postuliertem "Druck"), sondern daran, dass sich unterschiedliche Bevölkerunbsgruppen unterschiedlich vermehrten (einerseits wie gesagt durch Geburtenkontrollen bei Kopten, andererseits durch Abwanderung reproduktionsfähiger Männer in Klöster und das Zölibat, besonders intensiv nach Krisen, wie z.B. Hungersnöten, Pestseuchen, usw. Diese fehlten den Kopten dann anteilsmäßig bei ihrer Fertilitätsrate gegenüber den Muslimen.), und sich im Laufe der Jahrhunderte eben eine Mehrheit der Muslime ergeben hat, weil deren Fertilitätsrate immer etwas höher als die der Kopten war und sich die Relationen von Minderheit und Mehrheit immer mehr auseinander entwickelten.

Auch die Dschizya, die Kopfsteuer, die Nichtmuslime zu entrichten hatten muss nicht "zwangsläufig" dazu führen, dass die Christen aus wirtschaftlichen Erwägungen konvertierten. So wissen wir z.B. aus Ägypten, dass wenn man sich dem entziehen wollte, so gab es immer Wege dieses zu tun, denn die Eintreiber waren ja christliche Brüder, Dorfvorsteher, "Bürgermeister", Kirchenobere, und keine Muslime dafür zuständig.

Ausserdem sehen wir z.B. im Osmanischen Reich, dass in dem Moment, wo die Christen den Muslimen gleichgestellt wurden, also keine Sondersteuer bezahlen mussten, im Gegenzuge aber auch wie die Muslime zum Wehrdienst eingezogen werden konnten, dass in diesem Moment die meisten Christen (auch die loyalsten, was die Mehrheit war), es lieber vorzogen, ihre Felder zu bestellen und eine Abgabe zahlten, die sie von dem Militärdienst befreite.
Denn neben dem Leben, welches die muslimischen Bauern verlieren konnten, gab es noch den Nachteil, dass sie eben von ihren Familien, ihren Feldern, ihrem Handwerk, usw. ein Teil des Jahres getrennt waren, und die Christen nahmen offenbar gerne das Angebot war, stattdessen mit einer Sonderabgabe, die wohl etwa in der Höhe der alten Kopfsteuer lag, diese Nachteile zu umgehen (als sie eben im Osm. Reich erstmals die freie Wahl hatten), und sich dem Waffendienst meistens zu entziehen. Abgesehen davon, dass die Steuerlast in der Regel, trotz Kopfsteuer, für die meisten Untertanen nach der islam. Eroberung eines Gebietes niedriger wie vorher war, was deren Akzeptierung, trotz unterschiedlicher muslimischer Steuern, sicherlich leichter gestaltete.
Ausserdem darf man daran erinnern, dass die Muslime natürlich auch Steuern zahlten, z.B. den Zehnten, also die Armensteuer für Bedürftige.

Aber auf eines möchte ich noch hinweisen:
Wieso soll eigentlich immer der Druck des sozialen Milleus ausschlaggebend sein, dass man konvertiert? Du sagst zwar auch, dass durchaus Glaubensgründe eine Rolle spielen können, neben dem sozialen Aufstieg im Militär oder wirtschaftliche Gründe, aber vielleicht ist die Rolle, dass den christlichen Bewohnern je nach Region und Epoche, der Islam ganz einfach attraktiver erschien, bei vielen heutigen Betrachtern zu wenig präsent? Gerade als gläubiger Christ mag diese Vorstellung Magenkrämpfe verursachen, aber wir sollten da unbelastet von der persönlichen Konfession uns einfach an die Geschichte halten. Alleine die manchmal vorkommenden Flüchtlingsbewegungen von christlichen Gruppen auf islam. Territorium, und die fast (!) nie vorkommenden muslimischen Flüchtlingsbewegungen in christl. Territorien sollte uns zu denken geben, denn hier wird in der Geschichte klar mit den Füssen abgestimmt, und dieses sollte man nicht wegen seiner eigenen Konfession ignorieren.

Wenn man sich die innerchristlichen Glaubenskämpfe anschaut, die zahllosen Abspaltungen, Richtungen, die Donatisten, Nestorianer, Arianer, Pelagianismus, Glaubensschisma, Erbsündekonzept, Ikonoklasmus, Trinitarismus, Miaphysitismus, die theologischen Auseinandersetzungen mit der starken Konkurrenz der Manichäer, die Behandlung der Christen untereinander bei abweichenden theologischen Auffassungen und Dogmenbildungen, und und und, dann ist es nachvollziehbar, wenn sich so mancher nach Kennenlernen der vergleichsweise doch relativ klaren und einfach erscheinenden Lehre des Islams (die sich zudem ja nicht als eine neue Religion sieht, sondern als ein quasi "unverfälschtes Christentum" sieht, was wir auch noch heute nie vergessen sollten), sich von dem christlichen "Wirrwarr" abwendet, zumal er eine zentrale Lehre der Dreifaltigkeit kaum nachvollziehen kann, und sich der von Sieg zu Sieg eilenden quasi sich selbst bestätigender Religion zuwendet.

Diese Pull-Funktion des Islams bei einer Konvertierung würde ich nie unterschätzen, und die Push-Funktionen, also der Druck, der gesellschaftliche soziale Druck, usw. nie überschätzen.
So kennen wir auch inzwischen Untersuchungen von Christen in Anatolien und dem Balkan, die teilweise von einem großen Synkretismus gekennzeichnet gewesen ist. Man betete quasi sowohl zu den christlichen als auch zu den islamischen Heiligen, feierte teilweise alle Feiertage, einfach in dem Bewusstsein, dass man dann sicherlich in den Himmel kommt, wenn nicht wegen Weihnachten, dann wenigstens wegen Ramadan/Ramazan. Es gab z.B. sogar Dörfer in den Bergen, die im Sommer Christen waren, wenn die Wehrpflichtbeamten von Dorf zu Dorf zogen, um die Rekruten einziehen zu können, und im Winter Muslime waren, wenn die jährliche Kopfsteuer eingezogen werden sollte.
Ich hatte letztens ein interessantes googlebook dazu teilweise gelesen, sehr interessant. Vielleicht finde ich es wieder.


(Quelle meiner obigen Ausführungen u.a. Tübinger Online-Vorlesungen, wer es nachhören möchte
Ausserdem die Literatur, die ich zitierte im ersten Posting, bitte einfach mal nachlesen.)
 
Zuletzt bearbeitet:
Ich habe dich schon sehr gut verstanden! Allerdings bin ich der Auffassung, dass gesellschaftlicher und sozialer Druck inmitten einer von Muslimen beherrschten und geprägten Umwelt zum gleichen Resultat führen, wie Zwangsbekehrungen.
Es dauerte nur wesentlich länger und hatte nicht so viele Todesfälle zur Folge. Ein zu vernachlässigender Unterschied..... :pfeif:
Was Du in Deinen Postings allerdings ausgedrückt hattest, war, daß nach Deiner Auffassung gewaltsame Bekehrung an der Tagesordnung gewesen sein soll. Und das stimmt nun mal einfach nicht. Rausreden hilft nicht.
 
Was Du in Deinen Postings allerdings ausgedrückt hattest, war, daß nach Deiner Auffassung gewaltsame Bekehrung an der Tagesordnung gewesen sein soll..

Von "gewaltsamer Bekehrung" war bei mir nie die Rede, denn dass das nicht oder nur vereinzelt zutraf, weiß jeder, der sich mit diesem Thema auch nur ansatzweise beschäftigt hat.

Welche Zwänge dennoch zu einer Konversion von Nordafrika bis nach Persien führten, habe ich mehrfach erwähnt.
 
Vor allem möchte ich zu bedenken geben, dass eine "erdrückende" islamisch "beherrschte und geprägte Umwelt" erstens viele Jahrhunderte nicht gegeben war, weil die Christen eben stellenweise lange in der Mehrheit waren, und zweitens, in den Dörfern, aber auch in den Stadtvierteln teilweise (!) die Christen unter sich in eigenen Vierteln blieben, insofern sie womöglich monatelang in keinen Kontakt zu Muslimen kamen, der sie vielleicht schief oder verächtlich angesehen hat, was bei Dieters "Denke" sicherlich jeder Muslim tagtäglich mit seinen christl. Nachbarn macht.

Ich empfehle da mal die Quellen zu lesen, wie das nachbarschaftliche Verhältnis zwischen Muslimen und Christen mitunter auch (!) gewesen ist, siehe: in irgendeinen Thread zu den Bulgaren und Türken, wo ich Donald Quatart zitierte, der bulg. Quellen zitierte. Dort nämlich herzlich und respektvoll, und nicht, wie man vielleicht halbwissend denken könnte, dass die muslimischen Nachbarn die christlischen Nachbarn immer von oben herab als Bürger 2. Klasse drangsalierten und somit Konversionen Vorschub leisteten.
Solche Phasen gab es natürlich auch, die besonders im 19. Jh. zunahmen. Aber das 19. Jh. des Osman. Reiches ist nicht 1500 Jahre islamische Repräsentanz.
 
Zuletzt bearbeitet:
Bezüglich Spanien, gab es dort nach der Eroberung durch die Araber keine Zwangskonversionen und auch keinerlei Druck. Dazu waren die Araber schlicht zu wenige. Lange Zeit herrschten sie über eine Christliche Mehrheit, die so genannten Mozarabes, und das blieb vielerorts so bis zur Reconquista. In Toledo gibt es sogar heute noch eine Kirche in der die Messe nach deren Rithen gefeiert wird und ca. 2.000 Familien die sich sich zu dieser Gemeinde Bekennen.

Erst im 11 und 12 Jahrhundert, mit den Almoraviden und den Almohaden, kam es zu einem grossen Islamisierungsdruck. Das waren fundamentalistische Bewegungen die man gewisserweise mit den Taliban vergleichen kann und die ein grossen Teil Nordwestafrikas und die spanische Halbinsel überranten. Die waren aber so fanatisch dass sogar moderate Moslems sich lieber den Christlichen Königen unterwarfen als den Almoraviden. Diese Bewegungen waren aber auch nur eine vorübergehende Erscheinung.

Ich weise darauf hin, dass im Libanon und Palästina bis zu den grossen Auswanderungswellen zu beginn und Mitte des 20. Jahrhunderts die Mehrheit der Bevölkerung Christen waren. Dass der Libanesische Präsident auch heute noch ein Christ ist, ergibt sich aus der Representationsquote nach dem Zensus von 1932, bei dem die Christen noch 52% der Bevölkerung bildeten.

Auch in Syrien gibt es heute noch eine große christliche Minderheit (in mehreren Glaubensrichtungen aufgespalten) und zahlreiche kleine Dorfkirchen prägen das Landschaftsbild um Aleppo und Damaskus.

Ähnlich in Ägypten wo die Kopten auch eine große Gemeinde bilden.

Diese Verhältnisse haben sich in den letzten Jahrzehnten mehr durch Emmigration bei den Christen (und Juden) und durch Bevölkerungszunahme der Muslime geändert als durch eine kulturelle "Islamisierung".

In Kleinasien gab es auch vielerorts Christliche Mehrheiten, vor allem von Griechen und Armeniern. Erst die Vertreibung der Griechen nach dem ersten Weltkrieg und der Völkermord an den Armeniern änderte dieses Verhältnis. Das hat aber wesentlich mehr mit modernen Nationalismus als mit Religion zu tun.

Also der Spruch von Dieter:

Ganz Nordafrika inklusive Ägypten wurde von den Arabern erobert und anschließend komplett islamisiert. Ganz Vorderasien - also das der heutige Irak, Palästina, Syrien, Jordanien usw. - wurde von Arabern erobert und in der Folge komplett islamisiert. Persien wurde erobert und islamisiert, desgleichen Kleinasien.
trifft einfach nicht zu. Das Bild ist wesentlich weniger Homogen als es oft dargestellt wird und wares früher noch weniger.

Ich bitte dieses nun einmal mit der Anzahl an Moslems in vormodernen westlichen Gesellschaften zu vergleichen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Laut den Byzantinern bestand die grösste Herausforderung während der islamischen Expansion darin überhaupt Männer zu finden die bereit waren sich den Invasoren entgegen zu stellen. In Ägypten kam es gerade mal zu zwei Gefechten. Die denke die Situation wird ähnlich wie hundert vorher in Algerien/Tunsien gewesen sein als die Vandalen kamen. Eine bequeme Gelegenheit der Einheimischen sich eine ferne Zentralregierung vom Ärmel zu schütteln. In Nordafrika sorgten nur zwei Parteien für ernsthaften Widerstand, die Bevölkerung von Karthago (also Nordtunesien) und die christlichen Berberstämme des Altas und Marokkos.
In Persien gab es in der Tat erbitterten Widerstand, es wird berichtet noch im Jahr 900 in einigen Städten (Samarkand) das Muslime von Parsen mit Steinen beworfen wurden. Was nicht nur religiösen Gründe hat sondern auch hmmm nationale (?), denn die Vorstellung das ausgerechnet Araber waren die das machtvolle Persien niederstreckten kratzt sogar heute noch selbst streng moslemischen Iranern am Nationalstolz.
 
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(Vielleicht erstelle ich nochmal einen Thread allein mit diesen Lit.-Angaben, die ich hier schon mehrfach verstreut im Forum postete, um uns mal alle auf den gleichen Kenntnisstand zu setzen.)
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Das würde ich für eine wunderbare Sache halten!


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. Aber angesichts jahrhundertelanger Duldung, ja sogar teilweise Befürwortung einer nicht vollzogenen islamischen Konversion im nahöstlichen Raum, sind solche Phasen des massiven Druckes als sehr selten anzusehen.
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Meinst Du nicht, daß hier wesentlich finanzielle Aspekte die Befürwortung der Nichtkonversion beflügelt haben, sozusagen als Widerspruch zur offiziellen Religionslinie?



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Richtig ist, dass Nichtmuslime juristisch gesehen "Bürger" zweiter Klasse waren, aber da passt dein Spruch viel besser hin: "Graue Theorie!" :D

Wenn wir uns die Mentalitätsgeschichte oder Sozialgeschichte anschauen, so müssen wir viel mehr differenzieren, wie es denn in der Praxis aussah,...
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Das ist mir ein klein wenig zu viel gelehrte Relativierung. Die juristische Einstufung der Menschen sagt schließlich sehr viel über die Menschen/Ideologie aus, die die Macht haben.



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Auch die Dschizya, die Kopfsteuer, die Nichtmuslime zu entrichten hatten muss nicht "zwangsläufig" dazu führen, dass die Christen aus wirtschaftlichen Erwägungen konvertierten. So wissen wir z.B. aus Ägypten, dass wenn man sich dem entziehen wollte, so gab es immer Wege dieses zu tun, denn die Eintreiber waren ja christliche Brüder, Dorfvorsteher, "Bürgermeister", Kirchenobere, und keine Muslime dafür zuständig.
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Ein gewisser Druck kann damit schon verbunden sein. ;)


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Ausserdem sehen wir z.B. im Osmanischen Reich, dass in dem Moment, wo die Christen den Muslimen gleichgestellt wurden, also keine Sondersteuer bezahlen mussten, im Gegenzuge aber auch wie die Muslime zum Wehrdienst eingezogen werden konnten, dass in diesem Moment die meisten Christen (auch die loyalsten, was die Mehrheit war), es lieber vorzogen, ihre Felder zu bestellen und eine Abgabe zahlten, die sie von dem Militärdienst befreite.
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Konnten sich Muslime auch durch finanzielle Abgaben vom Kriegsdienst befreien? Wenn nicht, ist das Verhalten der Christen wenig aussagekräftig, denn in den Krieg ziehen die wenigsten gerne.


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Aber auf eines möchte ich noch hinweisen:
Wieso soll eigentlich immer der Druck des sozialen Milleus ausschlaggebend sein, dass man konvertiert? Du sagst zwar auch, dass durchaus Glaubensgründe eine Rolle spielen können, neben dem sozialen Aufstieg im Militär oder wirtschaftliche Gründe, aber vielleicht ist die Rolle, dass den christlichen Bewohnern je nach Region und Epoche, der Islam ganz einfach attraktiver erschien, bei vielen heutigen Betrachtern zu wenig präsent? Gerade als gläubiger Christ mag diese Vorstellung Magenkrämpfe verursachen, aber wir sollten da unbelastet von der persönlichen Konfession uns einfach an die Geschichte halten. Alleine die manchmal vorkommenden Flüchtlingsbewegungen von christlichen Gruppen auf islam. Territorium, und die fast (!) nie vorkommenden muslimischen Flüchtlingsbewegungen in christl. Territorien sollte uns zu denken geben, denn hier wird in der Geschichte klar mit den Füssen abgestimmt, und dieses sollte man nicht wegen seiner eigenen Konfession ignorieren.

Ich glaube auch, daß der Islam in seiner Schlichtheit und restriktiven Klarheit für viele Menschen recht attraktiv war, zumindest aber keine schlechtere Alternative. Es gibt ja viele Beispiele für unterdrückte Glaubensgemeinschaften, die in Ablehnung fremder Machthaber beim alten Glauben bleiben und diesen quasi als Kristallisationspunkt der Abwehr entwickeln (z.B. die Iren oder Polen). Das war im "Nahen Osten" und Afrika scheinbar nicht angesagt.


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Wenn man sich die innerchristlichen Glaubenskämpfe anschaut, die zahllosen Abspaltungen, Richtungen, die Donatisten, Nestorianer, Arianer, Pelagianismus, Glaubensschisma, Erbsündekonzept, Ikonoklasmus, Trinitarismus, Miaphysitismus, die theologischen Auseinandersetzungen mit der starken Konkurrenz der Manichäer, die Behandlung der Christen untereinander bei abweichenden theologischen Auffassungen und Dogmenbildungen, und und und, dann ist es nachvollziehbar, wenn sich so mancher nach Kennenlernen der vergleichsweise doch relativ klaren und einfach erscheinenden Lehre des Islams (die sich zudem ja nicht als eine neue Religion sieht, sondern als ein quasi "unverfälschtes Christentum" sieht, was wir auch noch heute nie vergessen sollten), sich von dem christlichen "Wirrwarr" abwendet, zumal er eine zentrale Lehre der Dreifaltigkeit kaum nachvollziehen kann, und sich der von Sieg zu Sieg eilenden quasi sich selbst bestätigender Religion zuwendet.
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Neben der langjährigen Erschöpfung der Byzantiner und Perser in gegenseitigen Kämpfen halte ich das für einen wichtigen Grund dafür, daß sich der Islam in der frühen Phase kaum energischem Gegenwind im Osten gegenübersah.
 
Laut den Byzantinern bestand die grösste Herausforderung während der islamischen Expansion darin überhaupt Männer zu finden die bereit waren sich den Invasoren entgegen zu stellen..

Bekanntlich war das Heer der Byzantiner zu jener Zeit eine Söldnerarmee! Woher hätten auch die Truppen kommen sollen, nachdem Kleinasien grßtenteils verloren war und das Großbulgarische Reich auf dem Balkan entweder unabhängig oder in diversen Aufständen begriffen war.
 
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