Bibel - Original und Übersetzung

Nachdem die Bibel aus mehreren Büchern besteht, die zu unterschiedlichen Zeiten an unterschiedlichen Orten entstanden, gibt es nicht "die eine Sprache" in der die Bibel zuerst niedergeschrieben wurde. Das Sprache des Alten Testaments ist hebräisch. Bei den Schriften des Neuen Testaments war es griechisch (Koiné), wobei es bei einezelnen Büchern des NT auch Hinweise gibt, dass das nicht die Ursprungssprache war, so schreibt bspw. Eusebius von Caesarea, dass das Matthäus-Evangelium in einem hebräischen Dialekt verfasst wurde.
 
..., so schreibt bspw. Eusebius von Caesarea, dass das Matthäus-Evangelium in einem hebräischen Dialekt verfasst wurde.
Eusebius (HE III 39,15f.) bezieht sich auf eine Notiz des Papias (Bf. v. Hierapolis), wonach Matthäus ein Ev „Έβραΐδι διαλέκῳ“ zusammengestellt habe. Ob Papias mit dieser Bemerkung auf die semitisierende Redeweise des Verfassers hinweisen wollte oder ob er tatsächlich der Meinung gewesen war, es hätte einmal ein hebräisches (aramäisches) Urevangelium vorgelegen, ist nicht mehr feststellbar. Die spätere Tradition (Origenes, Eusebius) ging davon aus, dass Papias von einem in Aramäisch abgefassten Ev berichtet habe.

Die Berichte des Papias sind von zweifelhaftem historischem Wert. Papias hat beispielsweise auch die Apostolizität des Verfassers der Offenbarung (des Johannes) bezeugt.

Heute herrscht unter Fachtheologen weitestgehend Übereinstimmung, dass das Mt-Ev im Original in Koine verfasst worden war:

Der Verfasser des Mt-Ev war in Griechisch sprechender Umgebung zuhause und hat für Griechisch sprechende Christen geschrieben, die freilich mehrheitlich (wie der Verfasser selbst) jüdischer Herkunft gewesen sein dürften.
(K.-W. Niebuhr, Grundinformationen Neues Testament 2003, S.83)

An der Sprache des Matthäusevangeliums fällt die Beeinflussung durch die Septuaginta auf, die in den Schriftzitaten sowie in Grammatik, Stil und Denken hervortritt. Dieser Einfluss erklärt die Semitismen, die bei Matthäus häufiger zu finden sind als in den anderen griechischen Texten jener Zeit.
(P. Pokorny/U. Heckel, Einleitung in das Neue Testament 2007, S. 431)

Der Verfasser ist nach altkirchlicher Überlieferung, die sich auf Papias (um 130) stützt, der Apostel Matthäus, der im Ev selbst mit dem »Zöllner« identifiziert wird (10,3). Doch dieser Zöllner, der ein Gast­mahl für Jesus und seine Jünger veranstaltete, heißt bei Mk 2,14 (und Lk 5,27) »Levi«, und erst Mt hat den sonst unbekannten Levi mit dem Apostel gleichgesetzt. Daraus erklärt sich die altkirchliche Überliefe­rung, aber ohne zureichenden Grund. Auch die aus dem Papias-Zeugnis herausgelesene Annahme eines aramäisch geschriebenen »Urmatthäus« ist nicht haltbar. Das Mt-Ev ist ein original griechisch geschriebenes Werk, und der Evangelist dürfte ein aus dem (helleni­stischen) Judentum stammender Mann der zweiten Generation sein. Die in der neueren Forschung öfter vertretene Ansicht, dass er kein gebürtiger Jude, sondern ein Heidenchrist war, lässt sich schwerlich halten. Er schreibt für eine Gemeinde, die beide Gruppen umfasste; aber er ist mit jüdischen Anschauungen und jüdischer Sprechweise bestens vertraut.
(R. Schnackenburg, D.N.E.B., Kommentar Matthäusevangelium I 2005, S. 10)
 
Ergänzung: Teile des AT wurden in Aramäisch und Griechisch verfasst.
Viel wichtiger ist die Ergänzung, das die AT Texte fast alle in Mittelhebräisch geschrieben wurden. Das ist eine ostsemitische Sprachversion in aramäischer Quadratschrift, die erst nach 250 v.C. entstandt. Das war nur eine kaum bekannte sakrale Priesterschrift, niemand im Volk kannte sie. Das Volk sprach durchweg Aramäsich.

Die westsemitische Variante Althebräisch ist eine 1:1 Kopie des Phönizisch entstanden nach 1000. v.C. und ausgestorben nach 590 v.C. Es gibt NULL Texte mit religiösen Themen oder Texten nach 590 v.C.

Dazwischen ga es nur das persische Aramäsich. Wie also hat der nur aramäisch sprechende Jesus - er wa ja kein jüdischer Priester mit Kenntnissen von Mittelhebräisch - mit den Altgriechisch sprechenden Evangelienschreibern kommuniziert, die etwa 70 bis 250 Jahren nach ihm lebten und jedes seiner Wort aufschrieben, alle seine Aufenthalte kannte und ebenso die Personen, die er dort traf ?
 
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Wie also hat der nur aramäisch sprechende Jesus - er wa ja kein jüdischer Priester mit Kenntnissen von Mittelhebräisch -

Eigentlich sollte jeder Jude Kenntnisse des Hebräischen haben, schließlich musste er die Texte lesen und deuten können. Jesus wird von seinen Anhängern als rebbei bezeichnet, also als Schriftkundiger. Da benutzen sogar die griechischen Evangelien das semitische Wort.

Wie also hat der nur Aramäisch sprechende Jesus [...] mit den Altgriechisch sprechenden Evangelienschreibern kommuniziert, die etwa 70 bis 250 Jahren nach ihm lebten und jedes seiner Wort aufschrieben, alle seine Aufenthalte kannte und ebenso die Personen, die er dort traf?

Niemand hat jemals behauptet, dass die Evangelisten und Jesus miteinander kommuniziert hätten (außer dem Evangelisten des Johannesveangeliums in seinem Epilog) - und keines der kanonisierten Evangelien ist so jung, wie von dir behaupet. Im Übrigen dürfte Matthäus Jude gewesen sein und natürlich Aramäisch- und Hebräischkenntnisse gehabt haben
 
Wie also hat der nur aramäisch sprechende Jesus - er wa ja kein jüdischer Priester mit Kenntnissen von Mittelhebräisch - mit den Altgriechisch sprechenden Evangelienschreibern kommuniziert, die etwa 70 bis 250 Jahren nach ihm lebten und jedes seiner Wort aufschrieben, alle seine Aufenthalte kannte und ebenso die Personen, die er dort traf ?
Das Hebräische wurde zwar nicht gesprochen, blieb aber als Sakralsprache von Bedeutung. Das Griechische war (neben dem Aramäischen) die Verkehrssprache des östlichen Mittelmeerraums. Die kanonischen Evangelien entstanden im Laufe des 1. Jhdts. n. Chr., lediglich die apokryphen Evangelien sind jüngeren Datums. Übrigens wurde zumindest das Matthäusevangelium möglicherweise ursprünglich auf Hebräisch verfasst.
Jesus kommunizierte mit seinen Anhängern wohl auf Aramäisch. Diese oder deren Anhänger verfassten dann die Evangelien im Englisch der damaligen Zeit.
 
Jesus kommunizierte mit seinen Anhängern wohl auf Aramäisch. Diese oder deren Anhänger verfassten dann die Evangelien im Englisch der damaligen Zeit.
Sowohl Griechisch als auch Aramäisch waren linguae francae, die sich in dem Bereich, der u.a. Iudaea umfasste, überlappten. Mit Aramäisch kam man damals auch in Persien durch, im Mittelalter sogar bis Peking - wobei letzteres wohl nur für Nestorianer und verwandte Gruppierungen galt. Jedenfalls haben sich die christlichen Mönche, die im Mittelalter aus China nach Westen (Jerusalem etc.) gepilgert sind, auf Aramäisch durchgeschlagen.
 
Juden sprachen unter sich hebräisch. Aramäisch war die Sprache der Juden in Samaria, wo Jesus ja auch aufgewachsen ist. Jesus war aber kein Rabbi im üblichen Sinne, denn die Juden warfen ihm vor, dass er die Schrift nicht kenne, weil er nicht studiert hat :
Johannes 7,15 : Da verwunderten sich die Juden und sagten: Wie besitzt dieser Gelehrsamkeit, da er doch nicht gelernt hat? (Elberfelder 1871)

Vor 2000 Jahren war es nicht so, dass jeder eine Bibel im Haus gehabt hätte. Jede Abschrift war enorm aufwendig in der Herstellung, und dadurch auch teuer. Die Schriften lagen nur in den Synagogen aus, wo Jesus ja auch vorlas (Lukas 4,17-20).

Jesus Eltern waren arm, was daran beweisbar ist, dass sie nur die Turteltauben als Opfer darbrachten (vergl. Lukas 2,22-24 ; 2.Mose 13,1 & 12 ; 3. Mose 12,1-8).
Die Frage wäre hier, was aus den Gaben der Weisen aus dem Osten geworden ist.
Dass seine Eltern das Vermögen nicht in ein Opferlamm, sondern in weiser Voraussicht, dass aus dem Sohne mal der Messias werden soll, ihm schon mal teure Schriftrollen gekauft hätten, damit er auch das werden kann, was er werden soll, wäre doch ziemlich weit hergeholt, und nach dem mosaischen Gesetz bezüglich der Priorität des Opers, schon sehr grenzwertig.
Und trotz, dass Jesus sich sein Wissen um die Schrift höchst unwahrscheinlich durch Lesen hätte aneignen können, so wird ihm doch bezeugt, dass er den Inhalt aussergewöhnlich gut kennt, indem er das Volk korrekter belehrt, als es die offiziellen Gelehrten taten.

Nun ja, woher Jesus sein Wissen hat, darum gehts hier ja gar nicht. Sondern darum, in welcher Sprache die Schriften im Original verfasst wurden. Und das ist relativ einfach zu beantworten, wenn man mal darüber nachdenkt, für wen die Schriften geschrieben wurden. Das AT wurde zur damaligen Zeit einzig und allein für die Israeliten geschrieben. Die Schrift wurde im nichtpunktierten Hebräisch und ohne Leerzeichen verfasst, da das System der Punktierung erst im Mittelalter von den Masoreten dazu erfunden und in die Schrift ergänzt wurde. Die Punktierung dient der Hilfe der Vokalisation und es ist zu beachten, dass dies selbst schon Interpretation ist, denn lässt man die Punktierung mal ausser acht, so können die Wörter wie sie heute gedeutet werden, schon wieder ganz anders lauten. Manchmal total sinnlos, manchmal durchaus vorstellbar. Dass sowohl Vokale wie auch Leerzeichen fehlen, könnte gemacht worden sein, um Schreibmaterial zu sparen (damals hatte man eben Probleme, die man sich heute kaum noch vorstellen kann). Schaut man sich mal die Septuaginta an, wird das mit dem Sparen durchaus verständlich, denn sie ist um einiges umfangreicher.

Auch das NT verzichtet in den frühesten Abschriften auf Leerzeichen. Die Adressaten waren in der Regel Heiden in hellenisierten Gebieten. Die frühesten Gemeinden entstanden hauptsächlich im Gebiet der heutigen Türkei, und da war Aramäisch nicht mehr üblich, sondern selbstverständlich Griechisch. Aramäisch war ja nur ein Relikt aus vorhellenistischer Zeit in den Gebieten der vorherigen Königreiche.
Dass im NT die Septuaginta zitiert wird, halte ich für extrem weit her geholt. Bei manchen Zitaten aus dem NT ist der Wortlaut gleich, manchmal wiederum aber auch nicht. Ähnlichkeiten sollten einen auch nicht unbedingt wundern. Das Griechisch der Septuaginta scheint zunächst anders, als das des NT, aber das täuscht nur auf den ersten Blick. Die Sache ist, dass die Septuaginta gar nicht für Juden geschrieben wurde, denn die kamen um Hebräisch ohnehin nicht herum, weil sie nach dem Gesetz mindestens 1 mal pro Jahr (Passah) nach Jerusalem reisen mussten, sondern diente zum Zweck der Aufnahme in die Bibliothek Alexandrias, für die griechischen Gelehrten.
So hatte die Übersetzung des AT ins Griechische völlig andere Adressaten, denen man den Text oft nicht wörtlich übersetzt zumuten konnte oder wollte. Der Text ist der griechischen Ausdrucksweise und teilweise sogar der Glaubensvorstellung (Götterwelt) angepasst, was hingegen beim NT nicht der Fall ist, denn hier merkt man, dass das griechische teilweise sehr untypisch in der Ausdrucksweise ist, was Übersetzern auch heute noch Probleme bereitet, und worauf auch sicher viele Missverständnisse was Textauslegungen angeht beruhen (Als krasses Beispiel sei hier genannt : 1. Petrus 3,18-22). Zwar gibt es im NT auch jüdische Adressaten (Hebräerbrief, Petrusbriefe), aber diese Hebraismen tauchen im NT durchweg auf, und sind nicht auf bestimmte Schriften begrenzt.

Wenn also der Wortlaut des zitierten AT im NT gleich der Septuaginta ist, liegt das nicht daran, dass jemand hier von der Septuaginta abschrieb (meistens wurde nur aus dem Gedächnis zitiert, wo weder Verfasser noch Stelle genau genannt werden : Hebräer 2,6), sondern, dass es sich um ein Zitat handelt, das leichter vom hebräischen ins griechische, mit Rücksicht auf die Vorstellung der Adressaten, übertragbar ist.
Im Detail ist das noch alles viel komplizierter, aber ich denke das reicht erst mal, um zu sehen, dass man nicht alles sofort glauben muss, was so verbreitet wird.
 
"Juden sprachen unter sich hebräisch."
Woher kannst du das wissen?

Auch wurden Teile der Bibel (AT) durchaus in Aramäisch verfasst ...
 
Zuletzt bearbeitet:
Nach

Historische Semitische Sprachwissenschaft
Burkhart Kienast, Erhart Graefe, Gene B Gragg 2001

war Hebräisch bereits gegen Mitte des ersten Jahrtausend BC als Umgangssprache ausgestorben und wurde nur noch für kultische Zwecke benutzt.
Statt dessen sprach "man" Aramäisch und später Griechisch.
 
"Juden sprachen unter sich hebräisch."
Woher kannst du das wissen?

Auch wurden Teile der Bibel (AT) durchaus in Aramäisch verfasst ...
Wissen kann ich das, so wie auch niemand anders, nicht, weil keiner dabei war. Man kann nur versuchen es anhand der Informationen zu rekonstruieren. Kann natürlich total an der Realität vorbei sein. Bleibt alles Spekulation.


Bezüglich der aramäischen Teile im AT : Es ist hilfreich darauf zu schauen welche Stellen das sind. Es handelt sich um Esra 4,8 - 6,16 ; Esra 7,12-26 ; Jeremia 10,11 und einige Stellen aus Daniel 2.
Hier geht um Worte von bzw. an Ausländern, die nur zitiert werden.

Nach

Historische Semitische Sprachwissenschaft
Burkhart Kienast, Erhart Graefe, Gene B Gragg 2001

war Hebräisch bereits gegen Mitte des ersten Jahrtausend BC als Umgangssprache ausgestorben und wurde nur noch für kultische Zwecke benutzt.
Statt dessen sprach "man" Aramäisch und später Griechisch.

Mitte des ersten Jahrtausends klingt gefährlich, aber im Endeffekt meint es doch 500 vor Chrisuts ? Da waren doch die assyrische und babylonische Wegführung. Klar, dass die Juden dann gezwungen waren sich die ausländische Verkehrssprache anzueignen. Sagt ja keiner, dass die nicht vorher auch schon gesprochen wurde, immerhin sind ja Korrespondenzen mit anderen Völkern bezeugt. Die lernten sicher kein hebräisch, vor allem wars ja auch kaum nötig, da Aramäer und Hebräer sich gegenseitig verstehen.
 
Wissen kann ich das, so wie auch niemand anders, nicht, weil keiner dabei war. Man kann nur versuchen es anhand der Informationen zu rekonstruieren. Kann natürlich total an der Realität vorbei sein. Bleibt alles Spekulation.
Das las sich weiter oben aber anders ;)
Welche Informationen hast du denn, die meine Quelle z.B. ignoriert haben muss?
 
Juden sprachen unter sich hebräisch. Aramäisch war die Sprache der Juden in Samaria, wo Jesus ja auch aufgewachsen ist.

Jesus ist mitnichten in Samaria aufgewachsen. Er stammte aus Galilaea. So jedenfalls die Bibel.
Und dass man nicht nur in Samaria, sondern auch in anderen gegenden Aramäisch sprach und schrieb, mag man an der erhaltenen Korrespondenz des Bar Kochba sehen. Diese wurde zunächst in Aramäischer Sprache verfasst, dann, aus religiös-politischen Gründen, sukzessive immer mehr auf Hebräisch.


Jesus war aber kein Rabbi im üblichen Sinne, denn die Juden warfen ihm vor, dass er die Schrift nicht kenne, weil er nicht studiert hat:
Johannes 7,15 : Da verwunderten sich die Juden und sagten: Wie besitzt dieser Gelehrsamkeit, da er doch nicht gelernt hat? (Elberfelder 1871)

Derselbe Johannes, den du zitierst, nennt ihn explizit, griechisch schreibend, hebräisch Rabbi (Joh. 1, 38).
Johannes ist ja derjenige der Evangelisten, der viel aus dem AT zitiert und auf Jesus bezieht. Jesus tat dieses oder jenes, "damit sich die Schrift erfüllte". Aber er lässt ihn auch explizit aus dem Gesetz zitieren. Johannes eröffnet also auf den ersten Blick Widersprüche, wenn er Jesus einmal Textkenntnis unterstellt, ein anderes Mal mitteilt, er sei kein Schriftkundiger.
Ich will hier keine Exegese betreiben, jedoch bin ich der Auffassung, dass man bei Johannes mit Juden nur eine Teilmenge verstehen darf. Die EÜ sagt sogar im Kommentar, "die Juden", das seien die jüdischen Behörden.
Ich würde unter "die Juden" die Anhänger des Sanhedrin und der Pharisäer verstehen.
Wenn man das so versteht, dann war Jesus natürlich kein Schriftgelehrter, denn er legte die Schrift ja nach dem Herzen und nicht nach den Worten aus <- Das ist keine theologische Wertung, sondern die Quintessenz der Darstellungsabsicht des Evangelisten Johannes. Jedoch sind es in der Komposition des Johannes ja seine Gegner, die ihm unterstellen, kein Schriftkundiger zu sein.
Du selbst führst ja noch weitere Widersprüche auf:
Vor 2000 Jahren war es nicht so, dass jeder eine Bibel im Haus gehabt hätte. Jede Abschrift war enorm aufwendig in der Herstellung, und dadurch auch teuer. Die Schriften lagen nur in den Synagogen aus, wo Jesus ja auch vorlas (Lukas 4,17-20).

Die Frage wäre hier, was aus den Gaben der Weisen aus dem Osten geworden ist.

Die dürfen wir wohl getrost als unhistorisch annehmen.

Dass seine Eltern das Vermögen nicht in ein Opferlamm, sondern in weiser Voraussicht, dass aus dem Sohne mal der Messias werden soll, ihm schon mal teure Schriftrollen gekauft hätten, damit er auch das werden kann, was er werden soll, wäre doch ziemlich weit hergeholt, und nach dem mosaischen Gesetz bezüglich der Priorität des Opers, schon sehr grenzwertig.

Du selbst hast doch gezeigt, dass es gar nicht notwendig war, eigene Texte zu besitzn.

Und trotz, dass Jesus sich sein Wissen um die Schrift höchst unwahrscheinlich durch Lesen hätte aneignen können, so wird ihm doch bezeugt, dass er den Inhalt aussergewöhnlich gut kennt, indem er das Volk korrekter belehrt, als es die offiziellen Gelehrten taten.
Wie oben ausgeführt: Es ist mehr eine Frage, wie man das Gesetz auslegte. Man siehe den Fall der ehebrüchigen Frau, die Jesus vor der Steinigung gerettet: Nach dem Gesetz hätte sie gesteinigt werden müssen. Jesus widerspricht dem auch gar nicht, sondern fordert zur Gewissenserfroschung auf: "Wer ohne Sünde ist, nehme den ersten Stein." (Im Übrigen wird just in dieser Szene gesagt, dass er "in den Sand" schrieb.)

Aramäisch war ja nur ein Relikt aus vorhellenistischer Zeit in den Gebieten der vorherigen Königreiche.

Nein. Aramäisch war eine lingua franca im heutigen Syrien, Jordanien, Libanon, Palästina und Israel, die sich mit dem Gebiet einer anderen lingua franca im Bereich Westsyrien, Libanon, Palästina, Israel überschnitt.


Die Sache ist, dass die Septuaginta gar nicht für Juden geschrieben wurde, denn die kamen um Hebräisch ohnehin nicht herum, weil sie nach dem Gesetz mindestens 1 mal pro Jahr (Passah) nach Jerusalem reisen mussten, sondern diente zum Zweck der Aufnahme in die Bibliothek Alexandrias, für die griechischen Gelehrten.
Wenn ich mich recht erinnere, gab es Konflikte zwischen orthodoxen Juden und hellenisierten Juden, auch weil die hellenisierten Juden die Reservierung des Hebräischen für die Heilige Schrift nicht mehr als gegeben sahen.
Dass die Übersetzung für die Bibliothek in Alexandria gemacht worden sei, erklärt dagegen absolut nicht die Verbreitung der Septuaginta.
 
Jesus ist mitnichten in Samaria aufgewachsen. Er stammte aus Galilaea. So jedenfalls die Bibel.
Da hast du natürlich Recht. Ich hätte besser altes Nordreich schreiben sollen, was ich immer wieder mit Samaria assoziiere, weil da nicht nur der Regierungssitz des Reiches war, sondern durch die Assyrer mit fremden Völkern besetzt wurde, ebenso wie Galiläa.
Worauf ich hinaus wollte, dass Jesus in einem Teil des alten Israels lebte, der zu seiner Zeit aber nicht mehr von Juden dominiert wurde.


Und dass man nicht nur in Samaria, sondern auch in anderen gegenden Aramäisch sprach und schrieb, mag man an der erhaltenen Korrespondenz des Bar Kochba sehen. Diese wurde zunächst in Aramäischer Sprache verfasst, dann, aus religiös-politischen Gründen, sukzessive immer mehr auf Hebräisch.
Ich wollte ja nicht sagen, dass man sonst nirgendwo aramäisch sprach, sondern nur, dass aramäisch nicht die eigentliche Sprache der Juden war und auch die Schriften nicht ursprünglich in aramäisch verfasst wurden.



Derselbe Johannes, den du zitierst, nennt ihn explizit, griechisch schreibend, hebräisch Rabbi (Joh. 1, 38).
So einfach ist das nicht. Johannes gibt ja keinen Livebericht des Geschehens wieder, sondern das, was bei der Niederschrift schon ein paar Jahre her war. Und da berichtet er korrekt, dass die Jünger, zu denen er wohl auch zählte, Jesus Rabbi nannten.
Das heisst ja nicht, dass Johannes diesen Ausdruck später noch für angebracht hielt, ausserdem könnte es sein, dass der Begriff, zu der Zeit etwas neutraler war als heute. Der Text erklärt ja, dass das Wort nur Lehrer bedeutet, und Jesus tat nichts anderes als die Schrift zu lehren.
Das Verständnis des modernen Judentums gab es damals entweder gar nicht, oder aber Jesus hätte sich davon distanziert.

Johannes ist ja derjenige der Evangelisten, der viel aus dem AT zitiert und auf Jesus bezieht. Jesus tat dieses oder jenes, "damit sich die Schrift erfüllte". Aber er lässt ihn auch explizit aus dem Gesetz zitieren. Johannes eröffnet also auf den ersten Blick Widersprüche, wenn er Jesus einmal Textkenntnis unterstellt, ein anderes Mal mitteilt, er sei kein Schriftkundiger.
Johannes unterstellt Jesus gar nichts. Die Juden waren es, die behaupteten, Jesus hätte nicht gelernt. Und das wird sicher keine Lüge gewesen sein, weil Jesus dem ja nicht widerspricht, und das auch öffentlich bekannt gewesen sein dürfte.
Dass Jesus den Inhalt der Schrift kannte, ist offenbar, nur geht aus dem Text nicht hervor, dass er, wie jeder gewöhnliche Mensch, sich das Wissen durch studieren angeeignet hat. Was man davon hält, ist was anderes.


Ich will hier keine Exegese betreiben, jedoch bin ich der Auffassung, dass man bei Johannes mit Juden nur eine Teilmenge verstehen darf. Die EÜ sagt sogar im Kommentar, "die Juden", das seien die jüdischen Behörden.
Ich würde unter "die Juden" die Anhänger des Sanhedrin und der Pharisäer verstehen.
Ja, es ist davon auszugehen, dass damit immer die Führerschaft gemeint ist. Ich wollte auch erst Pharisäer schreiben, tat es aber dann nicht, weil auch der Text das Wort an der Stelle nicht benutzt, sondern einfach nur die Juden erwähnt.


Wenn man das so versteht, dann war Jesus natürlich kein Schriftgelehrter, denn er legte die Schrift ja nach dem Herzen und nicht nach den Worten aus <- Das ist keine theologische Wertung, sondern die Quintessenz der Darstellungsabsicht des Evangelisten Johannes. Jedoch sind es in der Komposition des Johannes ja seine Gegner, die ihm unterstellen, kein Schriftkundiger zu sein.
Die Empörung liegt ja auch weniger in der Tatsache, dass er aus ihrer Sicht kein Schriftkundiger war, denn das waren ja die wenigsten Juden, sondern, dass er die Frechheit besaß, die Führerschaft auch noch zu belehren.
Wie sagt 1. Korinther 8,1 ? Erkenntnis bläht auf.

Die dürfen wir wohl getrost als unhistorisch annehmen.
Tu ich persönlich jetzt nicht, aber ich wollte auch eher darauf hinaus, warum der Text das nicht berücksichtigt. Das kann aber 1000 Gründe haben. Belassen wir es dabei.


Du selbst hast doch gezeigt, dass es gar nicht notwendig war, eigene Texte zu besitzn.
Das war ja keine allgemeine Aussage, sondern nur speziell auf Jesus bezogen.

Wie oben ausgeführt: Es ist mehr eine Frage, wie man das Gesetz auslegte. Man siehe den Fall der ehebrüchigen Frau, die Jesus vor der Steinigung gerettet: Nach dem Gesetz hätte sie gesteinigt werden müssen. Jesus widerspricht dem auch gar nicht, sondern fordert zur Gewissenserfroschung auf: "Wer ohne Sünde ist, nehme den ersten Stein." (Im Übrigen wird just in dieser Szene gesagt, dass er "in den Sand" schrieb.)
Es gibt im Gesetz die Vorschrift, dass Ehebrecher getötet werden müssen. Aber es geht im Gesetz gar nicht darum, alle Sünder zu töten, sondern Teil des Gesetzes sind ja auch die Opfervorschriften. Und die Opfer wiederum sind das Ritual für die Sündenbekenntnis, wonach man wieder rein gesprochen werden kann, wenn ehrliche Reue vorhanden ist.
Das Gesetz zeigt im Grunde nur todeswürdige Vergehen an. Die Priorität liegt aber bei der Wiederherstellung der Gesinnung des Sünders, ansonsten wären die ganzen Opfer überflüssig. Zumindest die Sünd- und Schuldopfer, dei den größten Teil ausmachen.
Die Propheten klagen ja darüber, dass die Opferei sich als kultische Handlung verselbstständigt hat, und keiner mehr daran dachte, sich von den Sünden zu bekehren. Bestenfalls wurde das Opfer noch als Tauschgeschäft gesehen (jede Sünde kostet ein Lamm etc.), nur das ist ja keine vernünftige Herzenshaltung.
Wenn die Pharisäer also die Steinigung der Ehebrecherin forderten, dann sind sie selbst es, in denen der Geist Satans (des Anklägers) weilt.
Und der Text über die Ehebrecherin sagt ja genau das auch aus, dass sie nicht nur die Ehebrecherin anklagten, sondern diese Situation auch ausnutzten, um Jesus eine Falle zu stellen.

Nein. Aramäisch war eine lingua franca im heutigen Syrien, Jordanien, Libanon, Palästina und Israel, die sich mit dem Gebiet einer anderen lingua franca im Bereich Westsyrien, Libanon, Palästina, Israel überschnitt.
Die Königreiche umfassten ja diese Gebiete. Und dass man Aramäisch auch noch weiter östlich sprach, wird durch den Brief der während des Exils der Juden in Israel ansässig geworden heidnischen Stämme an den persischen König bezeugt. Genau das ist ja der aramäische Teil im Buch Esra. Es ist quasi ein Beschwerdebrief über die Juden an den König.


Wenn ich mich recht erinnere, gab es Konflikte zwischen orthodoxen Juden und hellenisierten Juden, auch weil die hellenisierten Juden die Reservierung des Hebräischen für die Heilige Schrift nicht mehr als gegeben sahen.
Dass die Übersetzung für die Bibliothek in Alexandria gemacht worden sei, erklärt dagegen absolut nicht die Verbreitung der Septuaginta.
Wie verbreitet war die Septuaginta tatsächlich, und vor allem vor Ausbreitung des Christentums ? Findet man denn massenweise Exemplare bei irgendwelchen Ausgrabungen ? Wohl eher nicht. Es ist wohl eher so, dass die christlichen Gelehrten, die ursprünglich Griechen waren, sich zum Studium mit der Septuaginta beschäftigten, weil sie Hebräisch nicht konnten. So halte ich es für möglich, dass die Septuaginta, während der Ausbreitung des Christentums, ursprünglich von Alexandria aus immer mehr Verbreitung in den neuen Kirchen fand. Bis sich dann in Westrom die von der Septuaginta übersetzte Vulgata durchsetzte.
In der vorchristlichen Zeit jedenfalls gab es gar keinen Grund für eine nennenswerte Verbreitung der Septuaginta. Und ein guter Grund ist unbedingt vorauszusetzen, aufgrund des Aufwandes für die Herstellung so umfangreicher Schriften. Das hat man nich einfach nur so gemacht.
 
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Ich wollte ja nicht sagen, dass man sonst nirgendwo aramäisch sprach, sondern nur, dass aramäisch nicht die eigentliche Sprache der Juden war und auch die Schriften nicht ursprünglich in aramäisch verfasst wurden.

Um die Zeitenwende hatte Aramäisch jedoch diesen Status.

So einfach ist das nicht. Johannes gibt ja keinen Livebericht des Geschehens wieder, sondern das, was bei der Niederschrift schon ein paar Jahre her war. Und da berichtet er [...], dass die Jünger [...] Jesus Rabbi nannten.

Da sehe ich jetzt keinen Widerspruch zu dem, was ich ausgeführt habe.

Das heisst ja nicht, dass Johannes diesen Ausdruck später noch für angebracht hielt,

Sonst hätte er den Begriff kaum so verwendet. Wenn jemand, der einen griechischen Text schreibt und in diesen griechischen Text ein Hebräisches Wort einpflicht, was er zudem noch erklärt (weil er das für notwendig hält), dann ist der Hebraismus ein sehr bewusst gewähltes Stilmittel. Natürlich handelt es sich nicht um einen Livebericht, wiewohl der Evangelist Johannes mit der Fiktion spielt, er selbst sei der Apostel Johannes und damit ein (Augen)zeuge. Wenn er also in der ersten Szene, in der Jesus mit Lehrer/Meister tituliert wird, in welcher er das hebräische Wort ραββι (Rabbi), welches er mit διδάσκαλε (διδάσκαλος = Lehrer) ins Griechische übersetzt, verwendet, dann will er uns sagen, dass Rabbi der Titel war, mit dem Jesus von seinen Anhängern üblicherweise angeredet wurde.

ausserdem könnte es sein, dass der Begriff, zu der Zeit etwas neutraler war als heute. Der Text erklärt ja, dass das Wort nur Lehrer bedeutet, und Jesus tat nichts anderes als die Schrift zu lehren.

Was ihre Kenntnis voraussetzt.



Johannes unterstellt Jesus gar nichts. Die Juden waren es, die behaupteten, Jesus hätte nicht gelernt. Und das wird sicher keine Lüge gewesen sein, weil Jesus dem ja nicht widerspricht, und das auch öffentlich bekannt gewesen sein dürfte.
Dass Jesus den Inhalt der Schrift kannte, ist offenbar, nur geht aus dem Text nicht hervor, dass er, wie jeder gewöhnliche Mensch, sich das Wissen durch studieren angeeignet hat. Was man davon hält, ist was anderes.
Ich hatte deinen von mir zitierten Beitrag
Jesus war aber kein Rabbi im üblichen Sinne, denn die Juden warfen ihm vor, dass er die Schrift nicht kenne, weil er nicht studiert hat :
so verstanden, als wolltest du mit der zitierten Stelle belegen, dass Jesus kein Schriftgelehrter gewesen sei. Richtig, Jesus widerspricht der Behauptung nicht explizit bzw. Johannes lässt ihn nicht widersprechen. Aber warum nicht? Weil Jesus hier die Metakommunikation erkennt und nicht darauf eingeht, stattdessen bleibt er bei der Sache, gerät nicht, wie von seinen Gegnern in der Fiktion des Johannes vorgesehen, unter Rechtfertigungsdruck.


Es gibt im Gesetz die Vorschrift, dass Ehebrecher getötet werden müssen. Aber es geht im Gesetz gar nicht darum, alle Sünder zu töten, sondern Teil des Gesetzes sind ja auch die Opfervorschriften. Und die Opfer wiederum sind das Ritual für die Sündenbekenntnis, wonach man wieder rein gesprochen werden kann, wenn ehrliche Reue vorhanden ist.
Das Gesetz zeigt im Grunde nur todeswürdige Vergehen an. Die Priorität liegt aber bei der Wiederherstellung der Gesinnung des Sünders, ansonsten wären die ganzen Opfer überflüssig. Zumindest die Sünd- und Schuldopfer, dei den größten Teil ausmachen.
Die Propheten klagen ja darüber, dass die Opferei sich als kultische Handlung verselbstständigt hat, und keiner mehr daran dachte, sich von den Sünden zu bekehren. Bestenfalls wurde das Opfer noch als Tauschgeschäft gesehen (jede Sünde kostet ein Lamm etc.), nur das ist ja keine vernünftige Herzenshaltung.
Wenn die Pharisäer also die Steinigung der Ehebrecherin forderten, dann sind sie selbst es, in denen der Geist Satans (des Anklägers) weilt.
Und der Text über die Ehebrecherin sagt ja genau das auch aus, dass sie nicht nur die Ehebrecherin anklagten, sondern diese Situation auch ausnutzten, um Jesus eine Falle zu stellen.

Und? Jesus bestätigt das Gesetz, doch die Frau wird trotzdem nicht gesteinigt.



Wie verbreitet war die Septuaginta tatsächlich, und vor allem vor Ausbreitung des Christentums ? Findet man denn massenweise Exemplare bei irgendwelchen Ausgrabungen ? Wohl eher nicht.

Was daran liegt, dass man bei Ausgrabungen insgesamt eher selten derartiges Material findet.

Es ist wohl eher so, dass die christlichen Gelehrten, die ursprünglich Griechen waren, sich zum Studium mit der Septuaginta beschäftigten, weil sie Hebräisch nicht konnten. So halte ich es für möglich, dass die Septuaginta, während der Ausbreitung des Christentums, ursprünglich von Alexandria aus immer mehr Verbreitung in den neuen Kirchen fand. Bis sich dann in Westrom die von der Septuaginta übersetzte Vulgata durchsetzte.
In der vorchristlichen Zeit jedenfalls gab es gar keinen Grund für eine nennenswerte Verbreitung der Septuaginta. Und ein guter Grund ist unbedingt vorauszusetzen, aufgrund des Aufwandes für die Herstellung so umfangreicher Schriften. Das hat man nich einfach nur so gemacht.
Du vergisst die hellenisierten Juden, insbesondere in der Diaspora, die das Hebräische schlicht nicht mehr verstanden, was für einen Sprecher des Aramäischen ungleich einfacher war.
 
Das las sich weiter oben aber anders ;)
Welche Informationen hast du denn, die meine Quelle z.B. ignoriert haben muss?
Nun ja, ich will nicht behaupten, dass die Autoren böswillig was ignorieren, aber oft macht man es sich einfach zu einfach. Es war damals nicht anders als heute, und zwar, dass es ein wildes Durcheinander von Sprachen und Kulturen gab. Da kann man nicht sagen, dass diese und jene Sprache zu der Zeit dort und dort gesprochen wurde, und es dabei belassen. In Wahrheit sind die wirklichen Umstände absolut nicht rekonstruierbar, und die Informationen die wir heute noch haben, ergeben womöglich ein völlig falsches Bild, weil das Wenigste die Zeit überdauert hat. Natürlich ist Ungewissheit unbequem, und Unbequemlichkeiten ignoriert man doch ganz gerne mal, vor allem wenn sie schon als Fundament für einen inzwischen zu den Wolken gewachsen Gedankenturm dienen.

Als Fakt kann man fest halten, dass bestimmte Gruppierungen ihre Sprache untereinander hatten, die sich durch setzte. Da es aber auch Fakt ist, dass es verschiedene Sprachen an verschiedenen Orten gab, die Völker sich aber immer irgendwie untereinander verständigt haben, es entweder eine Form der gemeinsamen Sprache gab, oder aber fast jeder mehrsprachig war, wobei letzterer Punkt sich schwer bis gar nicht historisch nachweisen lassen kann, weil man ja nicht über jeden Menschen der gelebt hat, auch detaillierte Informationen hat.
Aramäisch als sowas wie die damalige Verkehrssprache anzunehmen ist ja nicht unvernünftig, jedoch geht es in diesem Thema ja um die Bibel. Und die Schriften des AT standen nie unter der Absicht irgendwie im allgemeinen Umlauf sein zu müssen. Die Schriften waren für das Volk Israel, und sie sind ja auch auf dieses zugeschnitten. Wäre der Text ursprünglich Aramäisch gewesen, so wäre die Frage, wieso nur geringe Teile heute noch aramäisch sind, der Rest aber nicht. Und diese Teile auch, wie oben erwähnt, ausgerechnet Korrospondenzen zwischen Nichtjuden sind. Abgesehen von den diesen Korrespondenzen blieben Namen von Personen oder Orten ja durchaus in der eigenen Sprache erhalten, bis auf die Umschrift ins Hebräische, die dann wiederum ins Griechische bzw. ins Deutsche aus dem griechischen oder lateinischen heraus übertragen wurden und an die wir uns gewöhnt haben. In einem anderen Thread ging es da beispielsweise um die angebliche Verfremdung der assyrischen Königsnamen im AT, was bei näherer Betrachtung aber nicht haltbar ist.

Wenn die Autoren Kienast und Graefe behaupten, dass Hebräisch ausgestorben war, heisst das im Umkehrschluss ja nichts anderes, als dass diese Sprache ja irgendwann mal vorgeherrscht haben muss.
Denn Schriften für ein Volk zu verfassen, in einer Sprache die keiner versteht, ist ziemlich sinnlos. Natürlich ist mir klar, dass der Grundgedanke hinter solchen Aussagen die historisch kritische Theologie ist, die beabsichtigt, die Entstehung der Schrift ab der Zeit der babylonischen Gefangenschaft einzuordnen. Diese Idee kann ich nur im Ansatz teilen, und zwar, dass noch ältere Texte als Grundlage dienten, und überarbeitet, oder evtl. aus dem Gedächnis heraus aufgeschrieben wurden, da durch den Umstand der Zerstörung Jerusalems und der Wegführung nach Babylon so einiges verloren gegangen sein wird.
So Thesen wie, dass der Fund des Gesetzes Mose unter der Herrschaft Josias die eigentliche Enstehungszeit der Schrift wäre, oder aber, dass zuerst Hebräisch, dann Aramäisch und dann wieder Hebräisch als Hauptsprache dienten, sind aber mehr als abenteuerliche grundlagenlose Ideen.
Und im NT ist nicht einmal die aramäische Sprache als solche bezeugt, ausser indirekt einmal als Jesus Psalm 22,1 auf aramäisch ausruft. Und wenn man sich diese Situation in den Evangelien ansieht, merkt man ja, dass die Leute offensichtlich leichte Probleme hatten ihn zu verstehen, da er sich ja in Jerusalem befand. Offensichtlich redete er hier also nicht das Hebräisch, was üblicherweise vor Ort gesprochen wurde, aber die Sprache wird mehrmals mit Namen im NT erwähnt, und ansonsten nur noch Griechisch als Sprache der Besatzer. Die Art wie Jesus Psalm 22,1 ausrief, könnte ein Hinweis darauf sein, dass das alte Hebräisch doch etwas anders vokalisiert wurde, wie man heute annimmt, denn sonst hätten ihn die Leute eigentlich auf Anhieb verstehen müssen, und Gott nicht mit Elia verwechseln dürfen. Denn wer so viel Schriftkenntnis hat, dass er sich an die Randfigur Elia erinnert, dem sollte die Bezeichnung Gottes doch erst recht nicht fremd sein, oder ?
 
Sonst hätte er den Begriff kaum so verwendet. Wenn jemand, der einen griechischen Text schreibt und in diesen griechischen Text ein Hebräisches Wort einpflicht, was er zudem noch erklärt (weil er das für notwendig hält), dann ist der Hebraismus ein sehr bewusst gewähltes Stilmittel.
Ich kann deine Sicht dazu durchaus nachvollziehen, dennoch denke ich, das genau das Gegenteil der Fall ist. Dass Johannes das Wort erklärt, weil er sich im gewissen Rahmen "heute" zur Zeit wo er das aufschreibt, davon distanzieren möchte. Der Korrektheit wegen, aber das wörtlich wieder gibt, was damals gesagt wurde. Dass die Erklärung des Wortes Rabbi, kein Hebräischkurs ist, sondern eher eine Art Rechtfertigungsdruck, weil das Wort vielleicht schon auf gewisse Weise negative Assoziierung, eines verstockten Schriftgelehrten hervor gerufen hat. Die Niederschrift der Johannesschriften, geschah ja nach allgemeiner Annahme lange nach der Zerstörung des Tempels, als die führenden Juden sicher schon ihren Ruf als Mörder des Messias weg hatten.


Natürlich handelt es sich nicht um einen Livebericht, wiewohl der Evangelist Johannes mit der Fiktion spielt, er selbst sei der Apostel Johannes und damit ein (Augen)zeuge. Wenn er also in der ersten Szene, in der Jesus mit Lehrer/Meister tituliert wird, in welcher er das hebräische Wort ραββι (Rabbi), welches er mit διδάσκαλε (διδάσκαλος = Lehrer) ins Griechische übersetzt, verwendet, dann will er uns sagen, dass Rabbi der Titel war, mit dem Jesus von seinen Anhängern üblicherweise angeredet wurde.
Ja, dem stimme ich zu. Noch mal mit dem Hinweis darauf, dass Johannes wahrscheinlich unter einem gewissen Rechtfertigungsdruck stand, wieso er diesen Begriff jetzt überhaupt erwähnt, der ja zur Zeit der Niederschrift, vielleicht schon etwas anstößig gewesen sein könnte.



so verstanden, als wolltest du mit der zitierten Stelle belegen, dass Jesus kein Schriftgelehrter gewesen sei. Richtig, Jesus widerspricht der Behauptung nicht explizit bzw. Johannes lässt ihn nicht widersprechen. Aber warum nicht? Weil Jesus hier die Metakommunikation erkennt und nicht darauf eingeht, stattdessen bleibt er bei der Sache, gerät nicht, wie von seinen Gegnern in der Fiktion des Johannes vorgesehen, unter Rechtfertigungsdruck.
Unter Rechtfertigungsdruck gerät er deswegen nicht, weil die Juden genau verstanden, dass er darauf hinaus wollte, dass er der Messias ist, und es als solcher nicht nötig hat, in Papier zu wühlen, um das Wort Gottes zu kennen, sondern er in direkter Verbindung mit dem Schöpfer steht, und von ihm belehrt wird.
Dagegen konnten die Juden überhaupt nichts sagen, ausser, dass sie natürlich versuchten, ihn selbst als Person des Messias anzuzweifeln, nicht aber die Eigenschaften des Messias als solchen, die ihnen ja selbst bekannt waren, z.B. aus Jesaja 11. Aber auch die Juden in Nazareth hätten es spätestens dann gewusst, als Jesus in der Synagoge aus dem Buch Jesaja vorlas, und die Schriftstelle auf sich bezog (Lukas 4,16-30).



Und? Jesus bestätigt das Gesetz, doch die Frau wird trotzdem nicht gesteinigt.
Jesus bestätigt das Gesetz, aber nicht die Auslegung der Pharisäer, denen es ja um ganz was anderes ging als um die ach so böse Frau.
Das Gesetz fordert nicht den unbedingten Tod des Sünders. Dies wird nur durch die Forderung der Pharisäer suggeriert. Wahrscheinlich aus ihrer Unkenntnis im Zusammenhang mit ihrer Bösheit heraus, die ja nichts anderes wollten, als Jesus zu überführen.
Die komplette Erklärung des Gesetzes wäre in dieser Situation nicht nur rahmensprengend gewesen, sondern wohl auch nicht das, was die Pharisäer hören wollten. Deswegen beließ es Jesus dabei, sie völlig auflaufen zu lassen. Wer keine Erkenntnis sucht, dem wird sie auch nicht gegeben, aber der Hochmütige wird gedemütigt.


Du vergisst die hellenisierten Juden, insbesondere in der Diaspora, die das Hebräische schlicht nicht mehr verstanden, was für einen Sprecher des Aramäischen ungleich einfacher war.
Die hab ich nicht vergessen. Es besteht kein vernünftiger Grund sie mit einzubeziehen. Ein Diasporajude der sich für die Schrift interessiert, dazu die Mittel aufbringt, sich diese zu beschaffen inklusive sie zu studieren, dem muss das wohl einigermaßen wichtig sein.
Ein Jude der dies aus religiösen Motiven getan hätte, der hätte nicht lange Diasporajude bleiben können, sondern wäre, falls nicht komplett umgezogen (was ja nach Beendigung des Exils verlangt wurde), dazu gezwungen in Jerusalem an den Festen die im Gesetz vorgeschrieben sind, teil zu nehmen. Dadurch wäre er wiederum auch mit der hebräischen oder meinetwegen auch aramäischen Sprache in Kontakt gekommen.
Ich behaupte mal, erst mit der massenhaften Verbreitung der Schrift kam ihr gegenüber eine gewisse Dekadenz auf.
Dann gab es vielleicht noch jüdische Gelehrte, die die Schrift einfach nur aus Neugier studierten, ihr aber nicht verbunden fühlten. Aber so wie das auch heute ist, waren Gelehrte nicht die Masse des Volkes, so dass das Wort "Verbreitung" in dem Zusammenhang wohl etwas fehl am Platze ist.
 
Ich kann deine Sicht dazu durchaus nachvollziehen, dennoch denke ich, das genau das Gegenteil der Fall ist. Dass Johannes das Wort erklärt, weil er sich im gewissen Rahmen "heute" zur Zeit wo er das aufschreibt, davon distanzieren möchte. Der Korrektheit wegen, aber das wörtlich wieder gibt, was damals gesagt wurde. Dass die Erklärung des Wortes Rabbi, kein Hebräischkurs ist, sondern eher eine Art Rechtfertigungsdruck, weil das Wort vielleicht schon auf gewisse Weise negative Assoziierung, eines verstockten Schriftgelehrten hervor gerufen hat. Die Niederschrift der Johannesschriften, geschah ja nach allgemeiner Annahme lange nach der Zerstörung des Tempels, als die führenden Juden sicher schon ihren Ruf als Mörder des Messias weg hatten.

Wozu hätte sich Johannes von der Anrede "Rabbi" distanzieren wollen? Das ergibt keinen Sinn. Und er distanziert sich auch nicht davon, er erklärt das Wort und er verwendet den Hebraismus im Zusammenhang mit Jesus immer wieder, im Johannesevangelium wird es mindestens 11 Mal verwendet, wovon eine Verwendung nicht auf Jesus fällt, sondern auf den Täufer, der so von seinen Jüngern angeredet wird (Joh. 3, 26). An der Stelle an der Jesus wiederum den Pharisäer Nikodemos anspricht, legt Johannes ihm nicht "Rabbi", sondern διδασκαλος του ισραηλ in den Mund.
Der Befund ist also, dass Johannes Jesus immer wieder mit Rabbi ansprechen lässt, während Jesus andere Rebbei zwar vermutlich auch im O-Ton mit Rabbi angesprochen hätte, Johannes ihm aber nicht den Hebraismus in den Mund legt, sondern den Hebraismus - bis auf eine Ausnahme - für die Ansprache Jesu reserviert.Ausgerechnet zwei positiv besetzte Figuren im Johannesevangelium führen den Titel - eine Distanzierung sieht anders aus.

Unter Rechtfertigungsdruck gerät er deswegen nicht, weil die Juden genau verstanden, dass er darauf hinaus wollte, dass er der Messias ist, und es als solcher nicht nötig hat, in Papier zu wühlen, um das Wort Gottes zu kennen, sondern er in direkter Verbindung mit dem Schöpfer steht, und von ihm belehrt wird.
Dagegen konnten die Juden überhaupt nichts sagen, ausser, dass sie natürlich versuchten, ihn selbst als Person des Messias anzuzweifeln, nicht aber die Eigenschaften des Messias als solchen, die ihnen ja selbst bekannt waren, z.B. aus Jesaja 11. Aber auch die Juden in Nazareth hätten es spätestens dann gewusst, als Jesus in der Synagoge aus dem Buch Jesaja vorlas, und die Schriftstelle auf sich bezog (Lukas 4,16-30).
Du setzt da zwei verschiedene Stellen aus Johannes und Lukas, die keinen engeren Bezug zueinander haben, in einen Zusammenhang.
 
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