(Bild-)Quellen zur Zeit der Nibelungen

Ich lese grade mit zunehmender Faszination den Band des Germanisten Hanswilhelm Haefs, der die kompletten Ursprünge der Sage, einschließlich "Attila", "Bern" und "Theoderich", einen Steinwurf von meiner Haustür entfernt verortet (von der Voreifel über Kornelimünster bis Bonn), und die bekannteren Helden und Schurken sind dann irgendwann in die Überlieferung geraten, weil die Donau halt bekannter ist als die Dhünn, und Theoderich bekannter als irgendein Frankenprovinzkönig namens Didrik.

Absolut faszinierend.

Ich bevorzuge bei der Nibelungensage eher die "weitläufigen" Interpretationen. Wie immer man den Kern, die zeitliche und räumliche Verortung bewertet, so ist doch klar, dass es sich für die Autoren um wichtige Adelshäuser aus verschiedenen Völkern handelt, nicht um zwei, drei Gaugrafen. Ich finde, die Geschichte passt auch durchaus zu dem Verhalten der realen frühmittelalterlichen Adelsgeschlechter, wie sie z.B. Gregor von Tours in den "Zehn Büchern Geschichte" geschildert hat. Letztere sind übrigens eine faszinierende und sehr farbige Quelle, die leider m.E. nicht die Popularität genießt, die ihr zustünde.
 
Direkt widerlegt ist seine Theorie im Großen und Ganzen eigentlich nicht. Das Problem ist eher, dass sie auch nicht belegt werden kann: Er siedelte die historischen Hintergründe der Thidrekssaga und des Nibelungenstoffes in einer Zeit und in einer Gegend (ca. frühes 6. Jhdt. in Nordwestdeutschland) an, über die es kaum Quellen gibt. Ohne Quellen lässt es sich natürlich gut spekulieren - aber eben auch nur spekulieren.
 
Es ist ein sehr persönliches Problem, das ich mit Frauengestalten in historischen Stoffen habe. Grade Brunhild und Kriemhild kamen in den Büchern, die ich gelesen habe (und die daher auch die meisten anderen zu dem Thema gelesen haben), einfach nicht gut weg - von Zickenkrieg bis zu weibischer Tücke, mit der Kriemhild später die Burgunden in den Tod lockt. Oder eben das "Mannweib" Brunhild, das auch wenig Seiten hat, die mich an dem Charakter interessieren, und die sie männlichen Lesern vielfach suspekt macht.

Das Hauptproblem ist, dass es für weibliche Figuren in historischen Stoffen nur drei Möglichkeiten gibt: Historisch korrekt wäre in den meisten (!) Fällen eine eher untergeordnete bis nicht stattfindende Rolle (oder die des Preises). Das geht in Werken des 21. Jahrhunderts nicht mehr (fragt den Hobbit). Also hat man viel Geschichte aus Frauensicht - Verheiratungen, höfische Intrigen, Wanderhuren, oder wenigstens ne Quotenfrau, die rumrennen darf und nicht unbedingt der Rettung bedarf, wenn sie auch zur Entwicklung des Helden kaum beiträgt (außer als love interest). Oder man rutscht in politische Schienen und die Frauen werden zu den "Besseren Männern" hochstilisiert (Marion Zimmer Bradley etc).

In nichthistorischen oder einfach frei erfundenen Stoffen hat man es leichter, indem der Autor einfach eine Welt annimmt, in der es egal ist, ob man männlich oder weiblich ist (David Webers Honor Harrington-Serie ist, trotz späteren Qualitätseinbußen, für mich strahlendes Beispiel in der Kategorie, einige andere SciFi- und Fantasyromane machen das ebenfalls sehr gut). Bei bekannten Stoffen hat man diese Möglichkeit nicht so. Grade im Nibelungenlied habe ich festgestellt, dass die meisten Leute einfach eine Abneigung haben gegen sowohl Kriemhild als auch Brunhild, die natürlich der patriarchalisch-traditionellen Überlieferung der letzten acht Jahrhunderte geschuldet ist, aber sich davon zu lösen, wäre sofort ein Politikum, an dem mir überhaupt nicht gelegen ist.

Ich überlege derzeit, Volker von Alzey in den Mittelpunkt der Geschichte zu stellen, und Kriemhild stellt mich vor die größten Probleme - wobei ich schon denke, dass man ihre Motive objektiv als nachvollziehbar hinstellen können muss, wenn man sie von der Überlieferung des hysterischen Weibes trennt, das aus niederen Motiven die geballte hehre Manneskraft an Etzels Hof zugrunde richtet.

Da hatte ich es mit "Cannae" erheblich leichter...
 
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Es ist ein sehr persönliches Problem, das ich mit Frauengestalten in historischen Stoffen habe. Grade Brunhild und Kriemhild kamen in den Büchern, die ich gelesen habe (und die daher auch die meisten anderen zu dem Thema gelesen haben), einfach nicht gut weg - von Zickenkrieg bis zu weibischer Tücke, mit der Kriemhild später die Burgunden in den Tod lockt. Oder eben das "Mannweib" Brunhild, das auch wenig Seiten hat, die mich an dem Charakter interessieren, und die sie männlichen Lesern vielfach suspekt macht....

Eigentlich sind alle Figuren aus dem Nibelungenlied nicht sonderlich anziehend, zumindest in der Version die ich gelesen habe. Am Ende kommt Hagen von Tronje noch am besten weg, da ihn seine Treue bis zur letzten Konsequenz führt. Ich vermute den Germanen lagen solche tragischen Figuren, auch wenn sie mit unserer heutigen Moral nicht gerade konform gingen.
 
Das hat mich daran vermutlich auch schon immer fasziniert. Immer her mit den tragischen Helden ;) Was Hagen angeht, stimme ich dir zu; deswegen liegt mir Volker auch so nahe.
 
Eichelhäher, vertritt Haefs in den Büchern eigentlich auch die These, dass "Der Nibelungen Lied" von einer Frau verfasst wurde, oder ist das 3. Handbuch nutzlosen Wissens vorbehalten?
 
Reinecke, ich verwechsle grade wieder "Not" und "Lied" (bzw vergesse immer, welches das marginal Ältere ist), aber ja, er meint, das Ältere der beiden könne von einer Frau (adlig, Kloster?) verfasst worden sein, und meint auch, die hätte möglicherweise den vorher unbekannten Volker eingebaut und einem Geliebten nachempfunden.
 
Ich habe heute Der Nibelungen Untergang als illustriertes Storyboard im Buchladen gesehen. Robert de Rijn war der Illustrator.
 
Ach. Interessant. Bei sowas ist natürlich immer die Frage: Belebt Konkurrenz das Geschäft oder muss man sich dann gar nicht mehr dransetzen? Aber andererseits mache ich eh, was ich mache, und wenn's den Markt genau dafür gibt, werde ich ihn finden. ;)

Und wenn der Zickenkrieg schon in der Amazon-Beschreibung steht, mache ich mir wenig Sorgen.

Und am Ende kenn ich mich, schmeiße ich den Volker doch wieder um und lande bei Tjede Peckes oder so...
 
Nibelungen

ein Tip von einem Nibelungen-Fan :
im Burghofmuseum Soest die wunderschönen Fibeln ansehen - da kann man glatt von Nibelungen-Neflungen o. ä. träumen.
Und Soest als Etzel-Burg - nicht schlecht...
Und die "Dhünn" als "Donau" ist ein schlagendes Argument.
(da wo Rhein und Donau zusammenfliessen..)
man muss es nur glauben....
einen schönen Abend wünscht der
oldhenry
 
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