Bilderinterpretation von der Krönung Napoleons

Sagen wir mal so:
Eine Kunstfälschung ist es sicher nicht. Weil hier aber das Geschichtsforum ist, kann man wohl einige "künstlerische Freiheit" beim Umgang mit den historischen Ereignissen konstatieren. Kommt immer wieder mal vor:
Fotomanipulation ? Wikipedia
:friends:
 
Ich denke, Davids Gemälde ist nicht umsonst eines der Prunkstücke des Louvre. Allein seine Größe und die sehr naturgetreue Darstellung werten es auch in historischer Bedeutung auf. Meines Wissens sind von 191 dargestellten Personen 146 identifiziert.
Die "künstlerische Freiheit", die David auf Weisung Bonapartes einarbeitete, sehe ich gar nicht so problematisch, mal davon abgesehen, dass sie auf den Gang der Dinge nicht den geringsten Einfluss hatte. Sie zeigt viel mehr den propagandistischen Zweck, der erreicht werden sollte und einen Blick in die Verhältnisse der Familie Bonaparte. Damit beantwortet die Darstellung mehr Fragen als sie stellt.

Sicherlich hat Davids Bild große künstlerische Freiheit erhalten, aber auch andere Gemälde müssen wohl hinterfragt werden. Stellvertretend habe ich einmal das Treffen der drei Monarchen und Königin Louise in Tilsit gewählt.
Mal vom Arrangement abgesehen, das Bonaparte wirkungsvoll in der Mitte zeigt, ist diese traute Darstellung nicht eine völlige Verzerrung der damaligen Verhältnisse? Preussen am Boden, Rußland mit gewaltigen Zugeständnissen? Aber auch hier gilt, künstlerisch und auch historisch wertvoll, da die Personen sehr naturgetreu dargestellt sind.

Noch ein Beispiel. Das große Gemälde zum Wiener Kongress von Isabey.
Ich weiß nicht, ob je verheimlicht wurde, dass die Versammlung so nie stattgefunden hat. In der Summe werden die Personen dargestellt, die die Beschlüsse maßgeblich bestimmt haben. Das Gemälde ist daher künstlerisch frei, historisch geht es aber m.A.n. in Ordnung.

Gemälde sind in erster Linie Kunst und immer im zeitlichen Kontext zu betrachten. Das vieles dabei subjektiv ist, liegt nicht nur im Auge des Betrachters. Und so gilt wohl:
Wer hat wann, warum ... etwas gemalt (malen lassen).

Grüße
excideuil
 

Anhänge

  • tilsit.jpg
    tilsit.jpg
    64,6 KB · Aufrufe: 1.886
  • wiener kongress.jpg
    wiener kongress.jpg
    75,7 KB · Aufrufe: 502
1.
Sicherlich hat Davids Bild große künstlerische Freiheit erhalten, aber auch andere Gemälde müssen wohl hinterfragt werden. Stellvertretend habe ich einmal das Treffen der drei Monarchen und Königin Louise in Tilsit gewählt.
Mal vom Arrangement abgesehen, das Bonaparte wirkungsvoll in der Mitte zeigt, ist diese traute Darstellung nicht eine völlige Verzerrung der damaligen Verhältnisse? Preussen am Boden, Rußland mit gewaltigen Zugeständnissen? Aber auch hier gilt, künstlerisch und auch historisch wertvoll, da die Personen sehr naturgetreu dargestellt sind.

2.
Noch ein Beispiel. Das große Gemälde zum Wiener Kongress von Isabey.
Ich weiß nicht, ob je verheimlicht wurde, dass die Versammlung so nie stattgefunden hat. In der Summe werden die Personen dargestellt, die die Beschlüsse maßgeblich bestimmt haben. Das Gemälde ist daher künstlerisch frei, historisch geht es aber m.A.n. in Ordnung.
1.
Bei dem Bild sehe ich keineswegs die Probleme wie Du sie siehst.

Ich erkenne:
a) Napoleon steht auf einer Höhe und direkt zusammen mit Monarchen (Alexander und FW III.) aus alten Herrscherhäusern. (Die Position von Zar Alexander als Retter Preußens scheint mir sogar sehr gut erkennbar.)
b) Wer der Sieger ist, erkennt man sehr deutlich. Die französischen Grenadiere sind als eine Art waffenstarre Wache zu erkennen. Währenddessen sieht man einen russischen Grenadier im Hintergrund (erkennbar an der spitzen Grenadiersmütze) vom Betrachter abgewandt. (Er gehört wohl zur Eskorte des Zaren.)
c) Napoleon tritt als eine Art Hausherr auf. Er will die "Gäste" in sein Haus, auf der linken Bildhälfte führen.
d) Luise - als Ranghöchste anwesende Dame - fungiert als so etwas wie Dame des Abends, der folglich vom "Gastgeber" mit Aufmerksamkeit zu behandeln gewesen war.
e) Talleyrand steht an der Tür (ob etwas höher oder nicht, sollte gleichgültig sein, denn es ist nur der Architektur zu verdanken). Man könnte in ihm etwas wie einen Portier oder auch Zeremonienmeister erkennen. Gewissermaßen und bezogen auf den Friedensschluss als diplomatische Leistung, vor dessen Hintergrund sich das Ganze abspielt, ist das auch ganz einleuchtend.

(Die Entourage, Stabsoffiziere etc. im Hintergrund sind zu vernachlässigen, denn immer bei solchen Bildern mit von der Partie.)

Meine gewagte Theorie: Wäre FW III. in Berlin gefangen worden, stünde Napi über ihm auf einer Stufe. Jedenfalls wäre die Verliererrolle noch erkennbarer.

2.
Solche "Versammlungsbilder" von Kongressen gibt es ja Legion.
1648:
Datei:Westfaelischer Friede in Muenster (Gerard Terborch 1648).jpg ? Wikipedia
1783
Datei:Treaty of Paris by Benjamin West 1783.jpg ? Wikipedia

Alle zusammen zu malen, wäre für Künstler wie Gemalte unmöglich gewesen.


Zum großen Bild von David:
Ich fand es malerisch nicht so dolle, als ich im Louvre davor stand.:angsthab:
Die Komposition ist ganz schön, aber der Duktus nicht so raffiniert. Aber ich mag auch im Porträtfach lieber Vigée-Lebrun als David. (Vigée-Lebrun 1800: Datei:Vigée-Lebrun 1800.jpg ? Wikipedia , David 1794: Datei:David Self Portrait.jpg ? Wikipedia In dem Vergleich sieht man ganz gut, was ich mit "Duktus" meine.)
 
Zurück
Oben