Brudermordgesetz

Irene schrieb:
Der starke Einfluß des Harems begann mit Hürrem Sultana, denn da zog erstmals der Harem in das Topkapi, in das Zentrum der Macht.(Höhepunkt der Machtentfaltung war unter dem Nachfolger Selims, Murad III.)

Möchte ich nicht bestreiten. Deshalb schrieb ich ja nach und nach. Die Zeit der Weiberherrschaft fing, aber erst mit der Ermordung des Grosswesirs Sokollu Mehmet an. Erst ab diesem Zeitpunkt wurde wirklich diskutiert und debattiert, sowie Entscheidungen im Harem getroffen. Ja selbst der Obereunuch konnte zu einer der bedeutendsten Personen im Reich avancieren.

Irene schrieb:
Sokolli Mehmed Pascha gilt als ein Günstling Hürrems u. auch Rustem Pascha, der Suleimans u. ihr Schwiegersohn war, ebenso sind die Historiker davon überzeugt, dass auch ihrem Einfluß zuzuschreiben ist, dass Ibrahim Pascha, der Großweser und ein Freund Suleimans, abgesetzt und hingerichtet wurde, ebenso die Ermordung Sultan Mustafas, des Erstgeborenen Suleimans. Mustafa wird in der Geschichtsschreibung als ein vielversprechender Mann mit hervorragenden Fähigkeiten für einen Herrscher beschrieben, durch die Macht des Harems starb er und an seiner Stelle bestieg Selim II., wahrscheinlich der Unfähigste von Suleimans Söhnen, den Thron.

Hier wich man nach und nach vom Prinzip des fähigsten Herrschers ab zum Senioratsprinzip.

Irene schrieb:
...und da die männlichen Verwandten des Sultans nun am Leben blieben, konnten die Janitscharen willkürlich Sultane absetzen und einsetzen. Geisteszustand u. andere Befindlichkeiten dürften für die Janitscharen kaum eine Rolle gespielt haben.

Ein schwacher Sultan war für die Janitscharen insofern wichtig, um schalten und walten zu können wie sie es für richtig hielten. Deswegen war der Geisteszustand des Sultans vielleicht nicht unerheblich. Auf jeden Fall zogen die Janitscharen Anfang des 17 Jh. den schwachen Sultan einem starken vor.
 
Seldschuk schrieb:
Ein schwacher Sultan war für die Janitscharen insofern wichtig, um schalten und walten zu können wie sie es für richtig hielten. Deswegen war der Geisteszustand des Sultans vielleicht nicht unerheblich. Auf jeden Fall zogen die Janitscharen Anfang des 17 Jh. den schwachen Sultan einem starken vor.

Ich glaub nicht, dass das für die Janitscharen wichtig war. Sie haben ja nur die Drecksarbeit gemacht, regiert haben andere und die werden sicher an einem schwachen Sultan interessiert gewesen sein.
Aber bei jeder Thronbesteigung wurde an die Janitscharen eine große Geldsumme verteilt, müsste mal nachschauen wieviel. Also ein lohnendes Geschäft. Und da konnte es schon schnell mal passieren, dass die Janitscharen entgegen den Wünschen der "Machthaber" wieder einen neuen Sultan einsetzten, der eigentlich nicht erwünscht war. Trifft besonders für Mahmud II. zu, der dann letztendlich die Janitscharen auch zerschlug. Sie waren zu einer ähnlich unberechenbaren Gefahr geworden wie in Russland die Strelitzen.
 
Zuletzt bearbeitet:
Irene schrieb:
Ich glaub nicht, dass das für die Janitscharen wichtig war. Sie haben ja nur die Drecksarbeit gemacht, regiert haben andere und die werden sicher an einem schwachen Sultan interessiert gewesen sein.
Aber bei jeder Thronbesteigung wurde an die Janitscharen eine große Geldsumme verteilt, müsste mal nachschauen wieviel. Also ein lohnendes Geschäft. Und da konnte es schon schnell mal passieren, dass die Janitscharen entgegen den Wünschen der "Machthaber" wieder einen neuen Sultan einsetzten, der eigentlich nicht erwünscht war. Trifft besonders für Mahmud II. zu, der dann letztendlich die Janitscharen auch zerschlug. Sie waren zu einer ähnlich unberechenbaren Gefahr geworden wie in Russland die Strelitzen.

Hier hast Du nicht ganz recht. Eine Zeitlang war der Janitscharen Aga, ich glaube seit Süleyman dem Prächtigen im Reichsdiwan vertreten, eine der einflussreichsten Personen im Reich der Osmanen, der natürlich um die Privilegien der Janitscharen bedacht war. Letztendlich kreuzten die Jamitscharen ihre Klinge nicht mehr mit äusseren Feinden sondern zückten es vielmehr nach innen.
 
Seldschuk schrieb:
Hier hast Du nicht ganz recht. Eine Zeitlang war der Janitscharen Aga, ich glaube seit Süleyman dem Prächtigen im Reichsdiwan vertreten, eine der einflussreichsten Personen im Reich der Osmanen, der natürlich um die Privilegien der Janitscharen bedacht war. Letztendlich kreuzten die Jamitscharen ihre Klinge nicht mehr mit äusseren Feinden sondern zückten es vielmehr nach innen.

Oha, kannst du mir bitte mal einen Namen nennen, das würd ich gern mal nachlesen. Janitscharen-Aga im Diwan???:rotwerd: Ich kenne eigentlich nur einen Aga der Janitscharen, der ganz kurz ein wenig Macht besaß, aber nur für die Zeit des Umsturzes - zur Zeit Mahmud I. Danach wurde er beseitigt.
 
Irene schrieb:
Oha, kannst du mir bitte mal einen Namen nennen, das würd ich gern mal nachlesen. Janitscharen-Aga im Diwan???:rotwerd: Ich kenne eigentlich nur einen Aga der Janitscharen, der ganz kurz ein wenig Macht besaß, aber nur für die Zeit des Umsturzes - zur Zeit Mahmud I. Danach wurde er beseitigt.

Das habe ich noch nicht gefunden! Sorry, aber:

Zitat Josef Matuz schrieb:
... in der Hauptstadt gab es den Janitscharen gegenüber kein ausreichend starkes Gegengewicht mehr.... Die Grosswesire büssten immer mehr an Macht ein. So konnte der Janitscharen-Aga seinen Einfluss beträchtlich verstärken und sein Amt zu einer der bedeutendsten Positionen im Reich entwickeln.
S. 155

Es könnte aber auch sein, was ich jetzt gerade feststelle, dass es sich bei dem von mir benannten Janitscharenaga im Reichsrat auch um den "Kapudan Pascha" Hayreddin Barbarossa handeln könnte, der um 1532-1533 einen Sitz im Grossherrlichen Diwan erhielt und der Beglerbeg von Algerien wurde.

Wie gesagt zum Janitscharenaga im Diwan muss ich noch lesen. Ich könnte schwören,es gelesen zu haben. :grübel:
 
Zuletzt bearbeitet:
Jetzt habe ich es doch gefunden!

Zitat Josef Matuz schrieb:
Die Entmachtung der Grosswesire bedeutete Machtzuwachs für die Janitscharen... Seit 1645 erhielten sie den Rang eines Wesirs nebst Sitz im Grossherrlichen Diwan. Anstelle der Grosswesire wurden sie nicht nur im militärischen Bereich, sondern auch für die Reichspoltik überhaupt bestimmend, sofern diese nicht schon im Harem "geregelt" wurde. Nach der Niederschlagung eines Aufstandes der Pagen und der zentralen Reitertruppen im Jahre 1648, rissen die Janitscharen sogar für drei Jahre die Macht an sich.

Gut. Es ist nicht die Zeit Süleymans d. Prächtigen, aber hier erfährt meine Behauptung Bestätigung! :winke:
 
Seldschuk schrieb:
Das habe ich noch nicht gefunden! Sorry, aber:


S. 155

Es könnte aber auch sein, was ich jetzt gerade feststelle, dass es sich bei dem von mir benannten Janitscharenaga im Reichsrat auch um den "Kapudan Pascha" Hayreddin Barbarossa handeln könnte, der um 1532-1533 einen Sitz im Grossherrlichen Diwan erhielt und der Beglerbeg von Algerien wurde.

Wie gesagt zum Janitscharenaga im Diwan muss ich noch lesen. Ich könnte schwören,es gelesen zu haben. :grübel:

Ich mach mich auch mal auf die Suche, Barbarossa hat die Flotte Suleimans erneuert und wurde dann Kapudan Pascha, er war ein ehemaliger Pirat und brachte außer seiner eigenen Flotte dem osmanischen Reich Tunis, was dann aber wieder verlorenging.
 
Irene schrieb:
Ich mach mich auch mal auf die Suche, Barbarossa hat die Flotte Suleimans erneuert und wurde dann Kapudan Pascha, er war ein ehemaliger Pirat und brachte außer seiner eigenen Flotte dem osmanischen Reich Tunis, was dann aber wieder verlorenging.

Aber unter Hayreddin Barbarossa, wurde der grösste Teil Nordwest-Afrikas unter osmanische Botmäßigkeit gebracht und wie erwähnt wurde Hayreddin Barbarossa Beglerbeg von Algerien.

Tunis wurde von Barbarossa zwar genommen, Karl V. konnte aber, in der Sorge vollkommen aus dem Mittelmeer verdrängt zu werden, Tunis zurück erobern.
 
Seldschuk schrieb:
Jetzt habe ich es doch gefunden!



Gut. Es ist nicht die Zeit Süleymans d. Prächtigen, aber hier erfährt meine Behauptung Bestätigung! :winke:

In den historischen Zeitabläufen dürfte es nur eine kleine Episode gewesen sein ohne große Wirkung auf die Reichspolitik, namentliche Nennung eines Janitscharen-Agas mit o. g. Machtausdehnung hab ich nicht gefunden, diese o.g. Zeitspanne wird als eine Zeit der Anarchie angegeben (also keine offizielle Regierungspolitik des osm. Reiches, Sultan Ibrahim gilt als geistig anormal) aber nach Burchard Brentjes "Chane, Sultane, Emire - Der Islam vom Zusammenbruch des Timuridenreiches bis zur europäischen Okkupation" erfolgte bereits ab 1656 die volle Übernahme der Macht durch den Großwesir Mehmed Köprülü, damit begann die Restauration des Osmanischen Reiches.
 
Irene schrieb:
In den historischen Zeitabläufen dürfte es nur eine kleine Episode gewesen sein ohne große Wirkung auf die Reichspolitik, namentliche Nennung eines Janitscharen-Agas mit o. g. Machtausdehnung hab ich nicht gefunden, diese o.g. Zeitspanne wird als eine Zeit der Anarchie angegeben (also keine offizielle Regierungspolitik des osm. Reiches, Sultan Ibrahim gilt als geistig anormal) aber nach Burchard Brentjes "Chane, Sultane, Emire - Der Islam vom Zusammenbruch des Timuridenreiches bis zur europäischen Okkupation" erfolgte bereits ab 1656 die volle Übernahme der Macht durch den Großwesir Mehmed Köprülü, damit begann die Restauration des Osmanischen Reiches.

Nun gut. Nur für kurze Zeit war der Janitscharenaga zur einflussreichsten Person des Reiches avanciert. Aber immerhin, du glaubtest mir doch nicht, dass überhaupt einmal ein Janitscharenaga im Reichrat Platz nehmen durfte? Dies wollte ich untermauern.
Übrigens nach den Köprülüs ist der desolate Zustand des Osmanenreichs wieder zu Tage getreten. Die Zeit der Herrschaft der starken Grosswesire war zu kurz, um tiefgreifende Reformen durchzuführen.
 
Seldschuk schrieb:
Nun gut. Nur für kurze Zeit war der Janitscharenaga zur einflussreichsten Person des Reiches avanciert. Aber immerhin, du glaubtest mir doch nicht, dass überhaupt einmal ein Janitscharenaga im Reichrat Platz nehmen durfte? Dies wollte ich untermauern.
Übrigens nach den Köprülüs ist der desolate Zustand des Osmanenreichs wieder zu Tage getreten. Die Zeit der Herrschaft der starken Grosswesire war zu kurz, um tiefgreifende Reformen durchzuführen.


Das sehe ich auch so, die Zeit für Reformen war einmal zu kurz und außerhalb des Reiches kamen ebenfalls politische und strukturelle Veränderungen hinzu. Zudem war auch die wirtschaftliche Struktur im osmanischen Reich weit hinter dem Abendland zurück und das osman. Reich, auf Expansion ausgelegt, stieß auch hier auf seine Grenzen. Es teilte hier das Schicksal mit vielen großen Reichen, der innere Zerfall ging mit dem Erstarken der äußeren Gegner einher.

Ich hab nochmal bei E. Werner/W. Markow "Geschichte der Türken" von den Anfängen bis zur Gegenwart - nachgelesen. Aber auch hier findet sich keine Aussage dazu, dass ein Janitscharen-Aga Mitglied des Diwans gewesen wäre. Es wird lediglich darauf verwiesen, dass in der Zeit um 1648 bis zur Übernahme der Macht durch Köprülü die innere Sicherheit durch Janitscharenrevolten erschüttert und die ökonomische und gesellschaftliche Krise dadurch verschärft wurde.
 
Seldschuk schrieb:
Ja selbst der Obereunuch konnte zu einer der bedeutendsten Personen im Reich avancieren.

Nochmal auf die Machtverhältnisse zurückkommend. Der Begriff Obereunuch ist zu differenzieren. Der Kislar Aga war der Oberste der schwarzen Eunuchen, er war der Hüter des Harems aber zugleich auch Nasir – Verwalter der Wakfs und Kurator der heiligen Städte Mekka und Medina sowie Befehlshaber der Baltadschi. Und er stand im Rang eines Paschas. Er konnte also nicht nur unter den späteren Wirren zu Macht gelangen, er verfügte zu allen Zeiten über ein gewisses Machtpotential.
Der Kapi Aga war der Oberste der weißen Eunuchen. Und hier gab es schon früher Zeitabschnitte, in denen auch der Kapi Aga Macht u. Einfluß besaß, z.B. zur Zeit Mehmed II. Macht bedeutet nicht immer, offizielle Ämter bekleiden.

Und auch der Begriff Weiberherrschaft:) trifft nicht so ganz zu. Der Kislar Aga war eigentlich Entscheidungsträger, er führte die entsprechende Frau dem Sultan zu, er traf also eine Auswahl, die höchstwahrscheinlich für ihn machtpolitisch gesehen, günstig war. Und er besaß auch ohne die Frauen schon eine große Macht innerhalb der Reichsstruktur, s. oben.
 
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