Caesar und der Partherfeldzug

Eine interessante Überlegung. Seit dem Zerfall des Seleukidenreiches hatten sich die Römer mit den Parthern auseinanderzusetzen, und der "König der Könige" war ein Nachbar, mit dem die Römer auf der gleichen Stufe zu unterhandeln hatten. Militärisch waren die Parther mit ihren berittenen Bogenschützen und Kataphrakten ein ernstzunehmender Gegner. Dennoch waren sie den römischen Truppen nicht gleichrangig, und unter einem vernünftigen Oberkommando sind sie eigentlich fast immer besiegt worden.

Crassus zog unter fataler Unterschätzung der Parther los und zwar nach Mesopotamien, was die (bevölkerungs)reichste Provinz des Partherreichs war, woher sie natürlich starke Kräfte mobilisieren konnten. Das Debakel ist bekannt.


Die Frage ist nun, was einem römischen Imperialisten vorgeschwebt hätte. Sicher gab es da Phantasien, das ganze Partherreich zu erobern, Visionen, die deutlich in die Fußstapfen Alexanders traten. Doch das wäre eigentlich unrealistisch gewesen. Das Zentrum des Imperiums lag in Europa, das Imperium bis zum Hindukusch auszudehnen war daher eine megalomane Vorstellung. Auch wenn man Caesar am ehesten ein solches Konzept in Rom zutraute, so warCaesar doch Realpolitiker.

Ein Konzept, das für die Römer machbar war und den gefährlichen Nachbarn zu einem Vasallenstaat gemacht hätte, wäre die Eroberung Armeniens und Mesopotamiens gewesen. Die Auseinandersetzungen zwischen Rom und den Parthern entzündeten sich meistens daran, wer Armenien beherrschte. Die Annexion Mesopotamiens hätte das Partherreich schwer getroffen. Es wäre die Hauptstadt Ktesiphon und die reichste und am stärksten urbanisierte Provinz ein Verlust gewesen, der das Partherreich vermutlich zu einem Klientelfürstentum der Römer gemacht hätte. Eine Eroberung und Besetzung Mesopotamiens hätte zumindest in den Kräften der Römer gestanden, und sie hätten in Mesopotamien an herrschaftliche Strukturen der Archäminiden und Seleukiden anknüpfen können. Rom hätte damit auch die Parther aus dem Indienhandel ausgeschaltet.

Solche Überlegungen waren es dann auch, die Trajan zu seinem Partherfeldzug bewegten. Hier gibt es leider keine schriftlichen Überlieferungen, und der Partherkrieg Trajans ist noch wenig erforscht.
Die Römer eroberten Mesopotamien, Armenien und Assyrien, doch es zeigte sich, dass diese Eroberungen für das 2. Jhd. offenbar zu überdehnt waren, um auf Dauer gehalten zu werden. Die Römer hatten mit einem Judenaufstand in Ägypten und der Cyrenaica ihre Last, und Hadrian, übrigens ein erfahrener Militär, nahm die Eroberungen seines Vorgängers zurück und ging auf die Euphratlinie zurück. Teile Mesopotamiens mit den Städten Nisibis und Dura Europos wurden allerdings in späteren Kriegen von den Römern annektiert.


Jeder weiß, dass ich eigentlich ziemlich wenig von "was wäre gewesen, wenn..? " halte, aber die Frage, ob dem Rom des 1. Jahrhunderts v. Chr mit Caesar hätte gelingen können, was im 2. Jahrhundert n. Chr. unter Trajan letztlich scheiterte.
 
Eine interessante Überlegung. Seit dem Zerfall des Seleukidenreiches hatten sich die Römer mit den Parthern auseinanderzusetzen, und der "König der Könige" war ein Nachbar, mit dem die Römer auf der gleichen Stufe zu unterhandeln hatten. Militärisch waren die Parther mit ihren berittenen Bogenschützen und Kataphrakten ein ernstzunehmender Gegner. Dennoch waren sie den römischen Truppen nicht gleichrangig, und unter einem vernünftigen Oberkommando sind sie eigentlich fast immer besiegt worden.

Crassus zog unter fataler Unterschätzung der Parther los und zwar nach Mesopotamien, was die (bevölkerungs)reichste Provinz des Partherreichs war, woher sie natürlich starke Kräfte mobilisieren konnten. Das Debakel ist bekannt.


Die Frage ist nun, was einem römischen Imperialisten vorgeschwebt hätte. Sicher gab es da Phantasien, das ganze Partherreich zu erobern, Visionen, die deutlich in die Fußstapfen Alexanders traten. Doch das wäre eigentlich unrealistisch gewesen. Das Zentrum des Imperiums lag in Europa, das Imperium bis zum Hindukusch auszudehnen war daher eine megalomane Vorstellung. Auch wenn man Caesar am ehesten ein solches Konzept in Rom zutraute, so warCaesar doch Realpolitiker.

Ein Konzept, das für die Römer machbar war und den gefährlichen Nachbarn zu einem Vasallenstaat gemacht hätte, wäre die Eroberung Armeniens und Mesopotamiens gewesen. Die Auseinandersetzungen zwischen Rom und den Parthern entzündeten sich meistens daran, wer Armenien beherrschte. Die Annexion Mesopotamiens hätte das Partherreich schwer getroffen. Es wäre die Hauptstadt Ktesiphon und die reichste und am stärksten urbanisierte Provinz ein Verlust gewesen, der das Partherreich vermutlich zu einem Klientelfürstentum der Römer gemacht hätte. Eine Eroberung und Besetzung Mesopotamiens hätte zumindest in den Kräften der Römer gestanden, und sie hätten in Mesopotamien an herrschaftliche Strukturen der Archäminiden und Seleukiden anknüpfen können. Rom hätte damit auch die Parther aus dem Indienhandel ausgeschaltet.

Solche Überlegungen waren es dann auch, die Trajan zu seinem Partherfeldzug bewegten. Hier gibt es leider keine schriftlichen Überlieferungen, und der Partherkrieg Trajans ist noch wenig erforscht.
Die Römer eroberten Mesopotamien, Armenien und Assyrien, doch es zeigte sich, dass diese Eroberungen für das 2. Jhd. offenbar zu überdehnt waren, um auf Dauer gehalten zu werden. Die Römer hatten mit einem Judenaufstand in Ägypten und der Cyrenaica ihre Last, und Hadrian, übrigens ein erfahrener Militär, nahm die Eroberungen seines Vorgängers zurück und ging auf die Euphratlinie zurück. Teile Mesopotamiens mit den Städten Nisibis und Dura Europos wurden allerdings in späteren Kriegen von den Römern annektiert.


Jeder weiß, dass ich eigentlich ziemlich wenig von "was wäre gewesen, wenn..? " halte, aber die Frage, ob dem Rom des 1. Jahrhunderts v. Chr mit Caesar hätte gelingen können, was im 2. Jahrhundert n. Chr. unter Trajan letztlich scheiterte.

Danke für diese Ausführung.
Ich hätte zwar noch Anliegen/Fragen zu deinem Beitrag gehabt, aber das würde "was wäre gewesen wenn...?" weiter ausweiten, deshalb lasse ich es dabei bleiben.
 
Die Geschichtswissenschaft lebt allerdings auch von Vergleichen und Hypothesen. Solange sich das nicht völlig im luftleeren Raum bewegt, ist dagegen gar nichts zu sagen. Deine Ausgangsfrage war durchaus interessant, weil sie das Augenmerk auf Grundzüge der Politik Roms mit dem Arsakidenreich lenkt.
 
Die Parther mit ihren Kataphrakten und berittenen Bogenschützen waren ernstzunehmende Gegner, doch sind sie unter professioneller römischer Führung fast immer besiegt worden. Ein Rachefeldzug, um die blamable Niederlage des Chrassus bei Carrhae zu rächen, war so recht nach dem Geschmack römischer Imperialisten, und vielen Römern stiegen die Vorstellungen in der Nachfolge Alexanders schon zu Kopf. Von Caesar erwartete man einen solchen Feldzug am ehesten.

Wie ein solcher Feldzug verlaufen wäre, ist freilich hypothetisch. Das Zentrum des Imperiums Romanum lag in Europa, und eine Ausdehnung Roms bis zum Hindukusch hätte die Versorgungs- und Verbindungslinien völlig überdehnt und Rom überfordert. Einen solchen Plan hätte Caesar als kluger Realpolitiker verworfen. Was im Bereich der römischen Expansionspolitik machbar und praktikabel gewesen, war die Annexion Armeniens und Mesopotamiens. Meist entzündeten sich die Streitigkeiten Roms und Parthiens an der armenischen Frage, und ein von Rom beherrschtes Armenien hätte den Römern das Übergewicht gegeben. Dazu war die Eroberung Mesopotamiens möglich. Mesopotamien war stark urbanisiert mit hellenistischen Einflüssen und einer starken Administration. Die Eroberung Mesopotamiens und Armeniens hätte die Parther wohl zu einem von Rom abhängigen Vasallenstatus gemacht.

Der Erfolg der Sassaniden zeigte, wie fragil das Reich der Parther war. Die Expansionspolitik Trajans scheiterte schließlich, und die Römer zogen sich aus den eroberten Gebieten zurück, Teile Mesopotamiens mit Nisibis und Dura Europos haben die Römer später allerdings wieder annektiert.

Hätte nun Caesar gelingen können, was Trajan dauerhaft mißlang? Die Frage ist hypothetisch, doch denke ich, dass die inneren Kräfte des Imperiums im 1. Jhd. vor Chr. noch stärker, als im 2. Jahrhundert nach Chr. waren.
 
Der Erfolg der Sassaniden zeigte, wie fragil das Reich der Parther war. Die Expansionspolitik Trajans scheiterte schließlich, und die Römer zogen sich aus den eroberten Gebieten zurück, Teile Mesopotamiens mit Nisibis und Dura Europos haben die Römer später allerdings wieder annektiert.

Als "fragil" würde ich das Partherreich während der größten Zeit seiner Existenz nicht bezeichnen. Immerhin konnte es sich rund 400 Jahre halten und Rom in Vorderasien letztlich zu einem status quo zwingen. Geschwächt durch Bürgerkrieg zeigten die Parther dann Ermüdungserscheinungen, sodass die nationalpersische Dynastie der Sassaniden an die Macht gelangte. Denen ging es dann 400 Jahre später ebenfalls an den Kragen.

Eine dauerhafte Ausdehnung des Imperium Romanum bis zum Hindukusch halte ich für wenig realistisch. Ich würde hier - wie du - von der Gefahr einer "Überdehnung" sprechen und glaube kaum, dass logistische, administrative und militärische Linien über eine derart große Distanz funktioniert hätten.

Abgesehen davon hätte sich für Rom das ewig gleiche, uralte Problem gegeben: Nach Ausdehnung der Reichsgrenzen wären statt der besiegten Völker neue und möglicherweise noch schrecklichere Feinde erschienen.
 
Leider ist über die letzten Jahre der Herrschaft Trajans wenig bekannt, doch trug zum letztendlichen Scheitern der römischen Expansion auch ein gefährlicher Aufstand der Juden in Ägypten, der Cyrenaica und Palästina bei. Offenbar erging es den Römern ähnlich, wie den Amerikanern im Irak, dass sie Mesopotamien erobern, aber nicht dauerhaft kontrollieren konnten, weshalb Hadrian die Expansionspolitik seines Vorgängers liquidierte und Chosroes I. auch den in Ktesiphon eroberten Thronsessel des Königs der Könige zurückgab.

Offenbar war die Lage an der parthischen Grenze für Trajan zu verführerisch, um ihr widerstehen zu können, und im griechischen Osten hat fast jeder Römer von Sulla über Pompeius, Crassus, über Marcus Antonius bis zu Trajan ein wenig mit dem Ruhm Alexanders geliebäugelt, am stärksten Pompeius, der ja mit seiner "Alexandertolle" auch direkte stilistische Anleihen beim Alexandermythos machte. Trajan war sicher nüchterner, doch das Konzept einer Annexion Armeniens und Mesopotamiens und die Reduzierung des unruhigen Nachbarn zu einem Klientelkönigreich schien sich förmlich anzubieten, zumal ein Erfolg der Operationen sich abzuzeichnen schien.

Ein solcher Plan wird wohl auch Caesar vorgeschwebt haben, der in seiner Herrscherideologie freilich weit stärkere Anleihen bei Alexander machte. Im Judentum genoss Caesar ein hohes Ansehen, im Gegensatz zu Pompeius, der sich das Allerheiligste im Tempel von Jerusalem angesehen hatte. Dazu gab es mit Herodes eine starke Persönlichkeit, die die Juden bei der Stange gehalten hätten. Eine viel größere Gefahr zur Zeit Caesars wäre die eines römischen Bürgerkrieges gewesen, zumal man Caesar ohnehin zutraute, das Imperium in eine hellenistische Monarchie verwandeln zu wollen. Ein Caesar, der auf den Spuren Pompeius und Alexanders wandelnd dann vermutlich mit Beutegut aus Ktesiphon und Seleucia zurückgekehrt wäre, nachdem er einen kurzen Abstecher nach Medien riskiert hätte, wäre für das konservative Rom eine unerträgliche Herausforderung gewesen und hätte vermutlich seine Ermordung und einen neuen Bürgerkrieg provoziert.
 
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