Christenbriefe des Plinius

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Gast

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ich weiß es mag für euch dumm klingen, aber warum genau hat sich plinius mit den christen beschäftigt? gab es differenzen zwischen dem alten rom und den christen?

ich bin darin nicht sehr begabt, vielleicht versteht ihr meine unwissenheit
 
Plinius ist besonders in seiner Eigenschaft als Statthalter von Bithynien (am Schwarzen Meer) mit den Christen in Berührung gekommen. Da die Christen sich nicht am öffentlich-religiösen Leben der Stadt beteiligten (Opferzeremonien und städtische Feste), standen sie schnell in einem sehr negativen Ruf. Da die Teilnahme an den Festen bes. den Opfern aber auch sowas wie ein Zustimmungsritual zur römischen Herrschaft war, konnte die Ablehnung der Teilnahme auch als Ablehnung der römischen Herrschaft gedeutet werden. Dies wurde allerdings erst im 3. Jh. n. Chr. wirklich zu einem Problem und einer Hauptursache der Christenverfolgung.
Jedenfalls waren die Christen Leute, die etwas suspekt waren (Plinius bezeichnet ihren Glauben als 'Aberglauben') und Plinius wusste nicht so recht, wie er mit diesen Leuten umgehen sollte, wenn man sie bei ihm anzeigte. Zu Beginn war er zufrieden, wenn sie ihrem Glauben abschworen. Dennoch fragte er in Rom bei Trajan nach und erhielt Antwort.
Trajan gibt ihm den Rat nicht nach Christen zu fahnden, sie sollen aber bestraft werden, wenn sie angezeigt und überführt werden.
Hier noch ein link mit den Übersetzungen der beiden relevanten Briefe (Plinius und Trajans Antwort):
http://www.uni-essen.de/Ev-Theologie/courses/course-stuff/pliniusjun.htm
 
Der Briefwechsel Plinius als Statthalter von Bithynia et Pontus an Kaiser Trajan gehören zu den wichtigsten Quellen zum frühen Christentum. Plinius fragt an, wie mit den Christen zu verfahren sei, ob allein die Tatsache, Christ zu sein (nomen ipsum) Anlass zur Verfolgung sein solle. Es waren nämlich bei ihm eine Menge anonymer Anzeigen eingegangen. Einige (ehemalige?)Christen verteidigten sich, dass sie lediglich im Gottesdienst einen Lobgesang auf Christus gesungen hätten und sich im übrigen verpflichtet hätten, Raub, Ehebruch, Treulosigkeit etc. zu unterlassen, was ihr ganzes Verbrechen sei. (Plinius an Trajan 96) Trajan lehnt das ausdrücklich ab, weil es nicht dem humanitären Geist des Zeitalters entspreche (nec est in saeculo nostro) und rät, nicht nach den Christen zu fahnden (plin, 97). Plinius hatte die Christen vor die Entscheidung gestellt, dem Genius des Kaisers zu opfern und Christus zu schmähen. Einige, die sich weigerten, ließ er hinrichten und zwei Diakonissen foltern, was der kaiser billigte. Diese Richtlinien waren gültig bis in die Zeit der Reichskrise, wo es unter der Krise des Reiches eher zu vereinzelten Verfolgungen wie in Lyon unter Marc Aurel kommen konnte. Ernster wurde die Lage für die Christen während der Verfolgung des Decius, wobei sich für die Kirche das Problem stellte, wie sie mit den abgefallenen christen verfahren solle, den "libellatici", die sich eine Opferbescheinigung besort hattten (libellus) und unter dem Druck schwach geworden waren.

Plinius gibt es bei Reclam in deutscher Übersetzung oder zweisprachig für wenig Geld. In einer Unibibliothek sind sicher Artikel aus dem Kleinen Pauly und anderen Lexika hilfreich. Wenn du alles zu diesem Thema suchst, hast du vermutlich für den Rest deines Lebens zu tun, aber ich hoffe dennoch, dass mein Beitrag dir weitergeholfen hat.

Gern geschehen!

Ave et vale, Scorpio
 
gab es noch weitere Christenbriefe außer der hier

http://www.eduhi.at/gegenstand/latein/data/PliniusX,96_Christenbrief.doc

und die Antwort von Kaiser Trajan?


Jedenfalls keine, die erhalten geblieben sind. Die Briefe 96 Plinius an Trajan und 97, Trajans Antwort an Plinius sind die einzigen.

Dennoch kann man eine Menge daraus erfahren. In Kleinasien hatte sich das Christentum bereits etabliert. Wie es den Christengemeinden erging, hing vor allem davon ab, wie gut es die Christen gelang, mit den Heiden auszukommen. Offenbar haben sich die Metzger und Devotionalienhändler bei Plinius beschwert, denn der schreibt, dass kaum noch Opferfleisch gekauft wurde. Tritt der Tiber über die Ufer, bleibt die Nilschwemme aus, dann schreit das Volk "christiani ad leones", die Christen für die Löwen", so schrieb Tertullian um 200 n. Chr.



Als ich mich intensiver mit dem Thema beschäftigte, habe ich mich gewundert, dass die Römer, die großen Gesetzgeber der Antike, die sich mit dem Problem beschäftigten, ob bei einem Schiffbruch zuerst ein Vollblutpferd oder ein Sklave gerettet werden muß, keine eindeutige Gesetzesregelung zu den Christen fertigbrachten.

Das ging schon in der Antike dem juristisch geschulten Tertullian ebenso, der die Unsinnigkeit der römischen Haltung kritisierte.

Er argumentiert, dass die Christen einerseits als ungefährlich gelten, so dass nicht nach ihnen gefahndet werden soll, sie andererseits aber verfolgt würden. Entweder seien sie gefährlich, dann müsse natürlich nach ihnen gefahndet werden oder sie seien es nicht, dann dürften sie aber auch nicht verfolgt werden.
 
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