Christianisierung Norwegens

und die norwegische Kirche wurde in Wirklichkeit eine Tochter der englischen

ich bin verwirrt, weil ich hab vor kurzem gelesen, das die norwegische kirche eigenständig sei, also nach keinem wirklichen vorbild entstanden, jetzt weiß ich nicht, wie ich die information verwerten kann, also ob die norwegische kirche jetzt wirklich nach englischem vorbild gegründet wurde oder nicht.

weiß da wer was genaueres?

grüße patrick
 
...die norwegische kirche eigenständig sei, also nach keinem wirklichen vorbild entstanden
Begriffe wie "Vorbild" (welche Quelle?) oder "Tochter" (meine Quelle) sind Interpretationen, über die man sicher diskutieren kann. Es ist auch nicht einfach, solche Begriffe zu operationalisieren, also zu beschreiben, worin der Vorbildcharakter besteht (Organisation? Bau? Personal? theologisch-liturgische Eigenheiten?).

Fest steht jedenfalls, dass der Prozess der Christianisierung im Falle Norwegens - im Unterschied zu Dänemark und Schweden - weniger von Süden her (Karolinger bzw. Ostfränkisches Reich) in Gang gebracht und gefördert wurde, sondern von Westen her. Ich zitiere nochmal eine andere Quelle (deBoor/Frenzel: Die Kultur Skandinaviens, Konstanz: Athenaion 1964):
"Hakon der Gute, dessen englische Erziehung wir schon erwähnt haben, ist der erste in einer Reihe christlicher Herrscher Norwegens, die von England ausgingen und von dort den Missionsgedanken mitbrachten. [Auch Olaf I. und II.] ... kamen von Westen und hatten auf westlichen Wikingerzügen den Wert einer geschlossenen kirchenlichen Organisation erfahren. Sie brachten englische Geistliche als ihre 'Gefolgschaftsbischöfe' mit, die ihre Arbeit unter oft gewalttätiger Hilfe des Königs durchführten. ..." (S. 29)
"Der geistige Zusammenhang [zwischen England und Norwegen] blieb lange gewahrt. Nicht nur Stavanger mit seinem englischen Heiligen [Suethonius/Swinthum] und englischen Bischof spricht dafür; viel wichtiger ist, daß sich die eigentümlichen Formen der norwegischen Holzkirchen aus den einfachen Langhausbauten des germanischen Tempels unter dem Eindruck des anglo-normannischen Kirchenstils zu der reichen Gliederung der entwickelteren Typen (Borgund, Fantoft) fortgebildet haben. Auch die schönsten Steinkirchen Norwegens, die Dome von Drontheim und Stavanger - um nur die bedeutendsten zu nennen - sind im Kern anglo-normannisch. ..." (S. 31 f.)
Die Autoren führen des Weiteren die Klöster an: "Die ersten Benediktinergründungen entstehen als Tochtersiedlungen englischer Klöster mit englischer Besetzung" (S. 32).

Sicher lockerte sich die Verbindung Norwegens mit England später, spätestens nachdem König Olaf Kyrre (1066-1093) damit begonnen hatte, eine eigenständige Kirchenprovinz aufzubauen und eigene Verbindungen zum Papsttum zu schaffen. Ein Meilenstein war dann 1153/54 die Errichtung des eigenen Erzbistums Nidaros/Trondheim, das neben fünf Suffraganbistümern auch die Faröer, Hebriden, Orkney-Inseln, Island und Grönland umfasste.
 
Formell gehörte Norwegen zunächst zum Erzbistum Hamburg/Bremen, dann zu Lund, bis Nidaros gegründet wurde. Der unbestreitbare englische Einfluss war den Erzbischöfen in Hamburg/Bremen ein Dorn im Auge.
 
ich hab nun auch noch ein beleg für die "Christianisierung durch englische Geistliche [...], die von den norwegischen Königen ins Land gerufen wurden." (Kaufold, Europas Norden im Mittelalter: Die Integration Skandinaviens in das Christliche Europa, S.58)

ja genau stimmt, da war auch noch was mit dem Erzbistum Hamburg/Bremen, hab ich auch neulich irgendwo gelesen, weiß nur grad nich mehr wo. (@fingalo: hast du da zufällig ne quelle parat? ;) )
 
Handbuch der Kirchengeschichte (Herder) Bd. III/1 S. 264 ff.
Geschichte des Christentums (Herder) Bd. 4 S. 905 ff.
 
ah ok, vielen dank, da werd ich noch mal schaun, wenn sich die zeit findet ;)
heute mach ich erstmal nichts, auch eine facharbeit kann mal einen tag ruhen ^^ (hab ja noch bis zum 30.januar)
 
hallo allerseits.
wie wir bereits wissen, ist ja im übergang der christianisierung ein synkretismus entstanden, für die übergangszeit und noch bisschen danach.
kennt ihr in diesem zusammenhang auch das sogenannte "wolfskreuz"?
das ist ja eine mischung aus mjöllnir und kreuz. jetzt konnte mir aber noch keiner sagen, ob das jetzt eine verhöhnung war, oder eher als symbol der huldigung für sowohl "gott" und gleichzeitig für "thor"
wisst ihr da was?
grüße patrick
 
hallo allerseits.
wie wir bereits wissen, ist ja im übergang der christianisierung ein synkretismus entstanden, für die übergangszeit und noch bisschen danach.
kennt ihr in diesem zusammenhang auch das sogenannte "wolfskreuz"?
das ist ja eine mischung aus mjöllnir und kreuz. jetzt konnte mir aber noch keiner sagen, ob das jetzt eine verhöhnung war, oder eher als symbol der huldigung für sowohl "gott" und gleichzeitig für "thor"
wisst ihr da was?
grüße patrick
Ich glaube nicht, dass das Wolfskreuz etwas mit dem Synkretismus zu tun hatte.
 
kennt ihr in diesem zusammenhang auch das sogenannte "wolfskreuz"?
Ich wusste bisher gar nichts von Wolfskreuzen und staune jetzt über das Ausmaß des W.-Ökonomie. Dazu folgende Überlegung:

Das Kreuz als Gegenstand, der etwas symbolisierte, existierte bereits vor dem Christentum in vielen Variationen, und die Kirche selbst hat den Variantenreichtum im Dienst der Volksfrömmigkeit auch gefördert. (Näheres vielleicht bei K. O. Münsterer u a., Amulettkreuze und Kreuzamulette, Regensburg: Pustet 1983 - hab's noch nicht gelesen.)

Zwar halte ich es für unwahrscheinlich, dass díe Kirche solche Varianten, die (auch) Assoziationen mit Heidnischem hervorrufen konnten, gefördert hat. Aber könnte sie sie in irgendeiner Form geduldet haben? Vielleicht lassen sich andere Beispiele finden, welche die Grenze des Tolerablen erkennen helfen.
 
Ich habe vor einiger Zeit gelesen, dass das Wolfskreuz von heidnischen Händlern benutzt wurde, die ihre christlichen Handelspartner vormachten, Christen zu sein, gleichzeit aber nicht ganz vom alten Glauben abweichen wollten, und daher die Mischform aus Hammer und Kreuz, eben das Wolfkreuz trugen.

Quellen habe ich leider keine parat, aber ich werde sehen, ob sich etwas finden lässt.
 
Zwar halte ich es für unwahrscheinlich, dass díe Kirche solche Varianten, die (auch) Assoziationen mit Heidnischem hervorrufen konnten, gefördert hat. Aber könnte sie sie in irgendeiner Form geduldet haben? Vielleicht lassen sich andere Beispiele finden, welche die Grenze des Tolerablen erkennen helfen.
Zu dieser Zeit war die Kirche dort eine winzige Minderheit, die weder etwas "fördern" noch etwas "dulden" konnte.
 
Alleine die Kirchenstruktur dürfte nicht sehr durchdringend gewesen sein.
Die Priester hatten nicht immer eine gute Ausbildung, was sicher oft zu sehr „synkretischen“ Ansichten und Auslegungen geführt haben dürfte.
Zudem führt die Auslegung des Gebot nur ein Gott zu haben und keine neben ihm, zu einer Herabsetzung der „alten“ Götter zu Dämonen und nicht zu einer Leugnung deren Existenz, was wiederum eine Beibehaltung im Volksglauben begünstigte.
Quasi ist Christus anbeten und Odin noch als Helferwichtel gut stimmen durch kleine Gaben nicht ausgeschlossen.
Natürlich haben, dass die mit Rom enger verbundenen Kleriker nicht so gut gefunden…
 
abend allerseits :)
kann man den zeitraum der missionierung eigentlich irgendwie eingrenzen? also ein konkreter anfang und ein konkretes ende?
ich würde zb als anfang den ansgar nehmen, der in dänemark missioniert hat und dann noch kleines bisschen in norwegen, aber anfangs ohne wirklichen erfolg. aber das kann man doch schon im prinzip als akt der missionierung im wörtlichen sinne nehmen oder?

grüße patrick
 
abend allerseits :)
kann man den zeitraum der missionierung eigentlich irgendwie eingrenzen? also ein konkreter anfang und ein konkretes ende?
ich würde zb als anfang den ansgar nehmen, der in dänemark missioniert hat und dann noch kleines bisschen in norwegen, aber anfangs ohne wirklichen erfolg. aber das kann man doch schon im prinzip als akt der missionierung im wörtlichen sinne nehmen oder?

grüße patrick
Das ist eine sehr schwierige Frage. Zunächst müsste man sich darüber einigen, was man als "Missionierung" bezeichnet. Der Auftrag "gehet hin in alle Welt und lehret alle Völker und taufet sie ..." war ja nicht an die Funktionäre, sondern an alle Christen gerichtet. Und diese Missionierung hat offenbar schon früher begonnen, indem Skandinavier als Händler oder auch als Soldaten aufs Festland kamen und wohl auch schon Christen wurden und den neuen Glauben in die Heimat mitbrachten. Ansgar ist der erste offizielle Funktionär, der auch eine ganz andere Missionsmethode praktizierte: Bekehrung der Meinungsführer, der Häuptlinge und Kleinkönige.
Und das Ende war ja in verschiedenen Ländern unterschiedlich. In Norwegen kann man die Einführung des Christenrechts 1024 unter Olav II. annehmen. In Schweden hielten sich die heidnischen Svear wesentlich länger, und die Christianisierung endete erst im 12. Jh.
 
hm, ok. oder wäre es vlt sogar sinnvoll, die offizielle missionierung mit haakon I. dem guten beginen zu lassen? also, ich ich mein, auch wenn es nicht all zu erfolgreich war, hat er ja zumindest den versuch unternommen, er wurde ja schließlich auch bei aethalstan von england getauft und christlich erzogen.

in diesem zuge habe ich gleich noch eine frage, vielleicht weiß da wer was dazu. könnte man als vorraussetzung für einen solchen prozess nur die sprache, also die verständigungsbasis verstehen, oder könnte man da noch weitere faktoren in diesem kontext nennen? ich steh da nämlich grad voll aufm schlauch... ich glaub, ich bräucht jetz nen kaffee ^^


grüße, der reifriese
 
hm, ok. oder wäre es vlt sogar sinnvoll, die offizielle missionierung mit haakon I. dem guten beginen zu lassen? also, ich ich mein, auch wenn es nicht all zu erfolgreich war, hat er ja zumindest den versuch unternommen, er wurde ja schließlich auch bei aethalstan von england getauft und christlich erzogen.
Könnte man so machen.

in diesem zuge habe ich gleich noch eine frage, vielleicht weiß da wer was dazu. könnte man als vorraussetzung für einen solchen prozess nur die sprache, also die verständigungsbasis verstehen, oder könnte man da noch weitere faktoren in diesem kontext nennen? ich steh da nämlich grad voll aufm schlauch... ich glaub, ich bräucht jetz nen kaffee ^^
Ich steh da auch. Ich versteh die Frage nicht. Was für ne Sprache?
 
hm ok formulieren wirs mal so, was waren die gründe, die den norwegern das christentum überhaupt zugänglich gemacht haben, also wie konnte das christentum überhaupt fuss fassen? da müsste es doch eigentlich gemeinsame anknüpfungspunkte gegeben haben, denke ich.

wegen der sprache. es soll im wikinigschen Zeitalter wohl eine einheitliche sprache gegeben haben (dönsk tunga) die sich wohl bis ca. 1200 nicht groß verändert hat, laut rudolf simek ("die Wikinger", S. 106)
weißt du, wie ich mein?
 
uffz...
leute vielen dank nochmals für eure hilfe, hat mich am anfang in die richtige richtung gebracht. arbeit ist geschrieben und abgegeben. wer interesse hat, was ich alles so geschrieben hat, dem lasse ich sie gern zu kommen..

bis demnächst wieder, rhimskvidhur
 
hm ok formulieren wirs mal so, was waren die gründe, die den norwegern das christentum überhaupt zugänglich gemacht haben, also wie konnte das christentum überhaupt fuss fassen? da müsste es doch eigentlich gemeinsame anknüpfungspunkte gegeben haben, denke ich.
Warum muss es gemeinsame Anknüpfungspunkte gegeben haben? Vorchristlich, also vor der Berührung mit dem Christentum, gab es in Skandinavien nach allem was wir wissen, keine Religion. Zunächst verehrte man die Naturgewalten unmittelbar, später wurden sie wohl personifiziert und es bildeten sich Geschichten um sie. Erst die Verbindungen zum Kontinent zeigte ihnen die römische Götterwelt und später den christlichen Kosmos. Die Reisenden kamen zurück und "infizierten" die Heimat mit diesen Ideen.

wegen der sprache. es soll im wikinigschen Zeitalter wohl eine einheitliche sprache gegeben haben (dönsk tunga) die sich wohl bis ca. 1200 nicht groß verändert hat, laut rudolf simek ("die Wikinger", S. 106)
weißt du, wie ich mein?
Das war das Norrøn. Diese Sprache war - in vielen Dialekten - lingua franca im Nordseebereich. Das Norrøn hat diese Rolle erst im 16. Jh. verloren, als die großen Pestwellen die norwegische Bevölkerung dermaßen dezimierten, dass die dänische Führungsschicht das dort entstandene Machtvakuum füllte. Die brachten ihre dänische Sprache mit und das Norrøn starb ab. Die erste Bibelübersetzung ins Norrøn wurde von einem Isländer vollbracht. Er wollte diese Bibel in Norwegen und Island verkaufen. Der König erlaubte aber nur den Verkauf in Island, nicht aber in Norwegen. Dorthin kam eine dänische Übersetzung. Was eine Bibelübersetzung in dieser Zeit für die Sprachentwicklung bedeutet, kann man an der Lutherbibel ablesen.
 
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