Constantine Phaulkon - Abenteurer in Siam

Wilfried Steven

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Aufstieg und Niedergang des griechischen Falken im Königreich Siam

Eine der schillerndsten Figuren der thailändischen Geschichte war zweifellos der junge griechische Abenteurer Constantine Phaulkon. Im Jahre 1647 wurde er unter dem Namen Constantine Gerakis auf der griechischen Insel Cephalonia geboren. Der Name Gerakis heißt auf Deutsch "„Falke"“ und auf Englisch "„Falcon"“ Den Namen Phaulkon, den er sich später selber verlieh, ist nichts anderes als die französische Verballhornung des englischen Wortes Falcon und seine Vorliebe für das Französische.

Phaulkon stammte aus ärmlichen Verhältnissen und verließ bereits im zarten Alter von zehn Jahren das Elternhaus, um kurze Zeit später auf einem englischen Handelsschiff als Schiffsjunge anzuheuern. In England traf er auf die Brüder Samuel und George White, zwei fragwürdige Geschäftsleute mit Kapitänspatent. Die Gebrüder White waren nicht nur in abenteuerlichen Handelsgeschäften wohlhabend geworden, sondern sollen auch einen regen Seeschmuggel kontrolliert haben. Als jedoch der europäische und arabische Handel nicht mehr genug erwirtschaftete, wollten die beiden im gewinnträchtigen Asien-Handel einsteigen.

Auch Phaulkon war von diesem Vorhaben begeistert und ließ sich von den beiden als Schiffsassistent für Fahrten nach Indien und Hinterindien einstellen. Die nachfolgende gemeinsame Arbeit in der East India Company war für alle drei eine neue Erfahrung, da diese Company das englische Monopol für den gesamten Ostasien-Handel besaß. Auch hier hatten die Whites schon bald ihre Talente im Schwarzhandel verfeinern können, indem sie ihre Position ausnutzten, um als „Interloper“ - in Umgehung der Monopolstellung der East India Company in die eigene Tasche zu arbeiten. Phaulkon hatte hier gute Lehrmeister, um das komplizierte Gefüge des Ostasienhandels kennenzulernen.

1675 machte sich das „Dreiergespann“ mit dem Schiff Phöniz, unter dem Kommando von Kapitän George White, auf dem weg in die siamesische Hauptstadt Ayuthaya. Zu dieser zeit hatten die Holländer den Thais bereits eine Lektion in der europäischen Kanonenboot-Diplomatie erteilt. Nachdem die Holländer zunächst die Mündung des Chao Phraya Flusses blockierten, wurde in Ayuthaya ein Handelsvertrag unterzeichnet, der ihnen ein Monopol auf den Export siamesischer Tierhäute einräumte. Die Thais suchten sich unterdessen zu wehren, indem sie probierten, die Mächte gegeneinander auszuspielen. So sahen sich Holländer, Engländer, Franzosen und Portugiesen der Gunst siamesischer Meisterdiplomaten ausgeliefert, die zum Schein eine Nation begünstigten , um dann ihre Gunst unversehens einem anderen Bewerber zu schenken.

Wie Phaulkon in dieser Zeit zum Königshof gelangte ist etwas umstritten. Aufgrund seines außerordentlichen Sprachtalents, er beherrschte die englische, die französische, die portugiesische, malaiische und seine Muttersprache fehlerfrei, besorgte ihm Samuel White, inzwischen ein einflussreicher Geschäftsmann in Siam, einen Posten als Dolmetscher bei der East India Company. Durch den Engländer Burnaby, bekam der junge Grieche schließlich den Zutritt zum königlichen Hof. White und Burnaby hatten viel Hoffnung in Phaulkon gestellt. So konnte sich White später durch die Hilfe Phaulkons als Hafenvorsteher in Mergui festsetzen und zu seinem eigenen, finanziellen Vorteil ausnutzen, und Burnaby schließlich erhoffte sich ein günstigeres Schicksal für seine East India Company im Königreich Siam.

Das Sprachtalent Phaulkon schaffte es, innerhalb kurzer Zeit seine Sprachkenntnisse in Thai derart zu vervollkommen, dass er als Dolmetscher in die Dienste des Königs eintreten konnte. Das Verhältnis zwischen dem griechischen Abenteurer und König Narai wurde so vertrauensvoll, dass innerhalb weniger Jahre Phaulkon alle Stufen siamesischer Adelstitel durchlief und am Ende vom König in vielen Angelegenheiten sogar konsultiert wurde. Er wurde zunächst zum Außenhandelsminister ernannt und war somit gleichsam Außenminister von Siam.

Der Umstand, dass König Narai aus gesundheitlichen Gründen sich mehr in Lopburi aufhielt als in der Metropole Ayuthaya, erlaubte es Phaulkon seine Machtposition weiter zu festigen und seine Stellung schamlos auszunutzen, um sich noch mehr zu bereichern. Frankreichs Ludwig XIV korrespondierte persönlich mit ihm.

Es kam zu Kontroverse zwischen der Englischen Ostindischen Gesellschaft und dem Königshof, als Phaulkon englische und holländische Händler in Geheimgesprächen dazu ermutigte, außerhalb des von der englischen Regierung gewährten Monopols der Gesellschaft Handel mit Siam zu treiben. Das dabei insbesondere die Brüder White diesen Vorgang befürworteten, war nicht zufällig, denn sie machten mit anderen „ehrenhaften“ Händlern lukrative Geschäfte in die eigene Tasche. Natürlich hatte die Englische Ostindische Gesellschaft bald die Taktik von Phaulkon durchschaut und holte zum Gegenschlag aus, indem sie zunächst einen offiziellen Protest an den Königshof von England richtete, und um entscheidende Anweisungen bat. Die Antwort ließ auch nicht lange auf sich warten, bestand doch ein Handelskrieg bevor.

Die Kontroverse mit der Englischen Ostindischen Gesellschaft veranlasste den Taktiker Phaulkon, jetzt unter Druck, schnell zu handeln. So überzeugte er König Narai davon, dass die außenpolitischen Bemühungen Siams mehr auf Frankreich zu richten seien, damit ein Gegengewicht gegen die Engländer und Holländer gewonnen würde. Erneut bekam Phaulkon freie Hand. Die Höflinge in Ayuthaya beobachteten jedoch den Franzosen-Flirt mit zunehmender Sorge.

Am 25.12.1680 wurde eine siamesische Gesandschaft ausgerüstet, um den König von Frankreich die Stadt Singora (das heutige Songkhla in Südthailand) abzutreten. Das Schiff, dass die Gesandtschaft von Ayuthaya aus beförderte, sank jedoch während der Reise, und zunächst kam kein siamesischer Botschafter in Frankreich an. Der Englischen Ostindischen Gesellschaft war das Vorhaben Phaulkons bekannt, und so gibt es bis heute die unbeweisbare Spekulation, dass ein englisches Kriegsschiff für die Versenkung verantwortlich war. Dennoch unternahm Phaulkon dagegen zunächst nicht das Geringste und konzentrierte sich auf seine Geschäfte und seine Machtstellung, wo er eine immer mehr wachsende Opposition gegen sich bilden sah. Noch schützte ihn die königliche Ernennung und Phaulkon konnte sich eine französische Leibgarde leisten.

Erst vier Jahre später, Anfang 1684, wurde eine zweite siamesische Gesandtschaft, diesmal erfolgreich, nach Frankreich geschickt. Das Ergebnis der Reise ließ nicht lange auf sich warten, und bereits im September 1685 traf in Siam ein Kriegsschiff mit 700 französischen Soldaten und zahlreichen Handwerkern ein. Es wurden in kurzer Zeit zwei starke Forts an der Mündung des Chao Phraya in der Nähe des heutigen Bangkok gebaut. Die Französische Ostindische Gesellschaft bekam von Phaulkon völlige Handelsfreiheit, sowie das Monopol über den Zinnabbau auf Phuket. Der Grieche erhoffte sich mit seiner gerissenen Diplomatie, insbesondere die Englische Ostindische Gesellschaft in die Enge gedrängt zu haben, um seine dubiosen Transaktionen unter dem Schutz der Franzosen weiterführen zu können.


Doch der Mann von Cephalonia, der zweitmächtigste Mann in Siam, überspannte den Bogen, als seine Macht- und Geldgier unkontrolliert zunahm und er alle Warnungen der Engländer abwinkte. Es kam 1686 zum bewaffneten Konflikt zwischen Siam und der Englischen Ostindischen Gesellschaft. Der Konflikt entstand dadurch, dass aufgrund Phaulkons Arrangements indessen die Schiffe der Brüder White und der anderen eigenständigen Händler unter thailändischer Flagge fahren durften, um das Monopol mit seinem Reglement auch diesmal zu umgehen, dass die englische Regierung nur der Gesellschaft auf den Südostasien-Handel vergab.

Da jahrelange Proteste, Warnungen und diplomatische Versuche, den Intriganten am königlichen Hof zur Vernunft zu bringen scheiterten, versenkte ein Kriegsschiff ein unter thailändischer Flagge fahrendes Schiff. Das es sich dabei um das Schiff von Kapitän George White handelte, dürfte kein Zufall gewesen sein. Damit wurde ein deutliches Signal gesetzt und Phaulkon verlor nicht nur seinen engsten Freund, sondern auch seinen wichtigsten Verbindungsmann zu den unabhängigen Händlern.

Zwei Fregatten belagerten die Hafenstadt Mergui (gehörte früher zu Siam, heute zu Burma), um auch die Aktivitäten der Seeschmuggler zu unterbinden, die der Seeräuberei beschuldigt wurden, und deren Schiffe zum Angriffsziel und mit der Versenkung bedroht wurden. Die Franzosen konnten hier nicht eingreifen, da sie weder genügend Schiffe hatten, noch an einen Konflikt mit dem englischen Königshaus interessiert waren. Phaulkon verlor nach dem Tod von George White nicht nur seinen Einfluss auf die englische Händler, sondern auch seine wichtigste Informationsquelle über die Aktivitäten der Englischen Ostindischen Gesellschaft. Der griechische Abenteurer verlor sein erstes, großes Spiel.

Am 28.04.1687 wurden alle englischen Schiffe offiziell des Landes verwiesen und der Englischen Ostindischen Gesellschaft wurden alle Handelsabkommen gekündigt. König Narai war zu dieser zeit sehr krank, so das Phaulkon, ohnehin freie Hand, die einseitige Außenpolitik des Landes lenkte. Da der Landesverweis monatelang ignoriert wurde, eröffneten siamesische Verteidigungskräfte von Mergui das Feuer auf die englische Fregatte James und versenken sie. Kurze Zeit später erklärte der kranke König Narai, auf Anraten Phaulkons, der Englischen Ostindischen Gesellschaft, nicht aber dem englischen Königreich, den Krieg! Im selben Zeitraum ging Siam mit Frankreich weitere Abkommen ein und gewährte der Französischen Ostindischen Gesellschaft weitere Privilegien.

Der siamesische Adel wurde über diese Entwicklung zusehends unruhiger und es formierte sich eine Allianz gegen Phaukons Machtrausch und Einfluss. Der König kam kaum seinen Regierungsgeschäften nach, und so fühlte sich Phaulkon als Sieger, hatte aber nur noch die französischen Soldaten auf seiner Seite, die er mit allen Annehmlichkeiten versorgte.

Durch diese Entwicklung zog sich England aus der Transaktion mit Siam zurück und Frankreich konnte sein Monopol ausweiten. Die weiteren, uneingeschränkten Handelsabkommen mit der Französischen Ostindischen Gesellschaft festigten die Freundschaft zwischen Siam und Frankreich. Man verlieh Phaulkon sogar einen französischen Adelstitel- und Ritterorden. Frankreich sah sich als zweitstärkste Kolonialmacht in Südostasien. Weiterhin hatte Phaulkon eine sehr gute Beziehung zu den französischen, einflussreichen Jesuiten. Als er seine Frau mit japanisch-portugiesischer Herkunft heiratete tretete er zum Katholizismus über.

Unterdessen nahm die Unzufriedenheit der königlichen Beamten und des Adels zu, die Phaulkon, gestützt durch seine Leibgarde und seine Spitzel am Hof, jedoch falsch einschätzte und nicht beachtete. Der Falke verlor die ersten Federn ohne es zu merken.

Im Januar 1688 wurden die fremden Soldaten in ihren Verhaltensweisen immer unzivilisierter und durch ihr lautes Benehmen immer unbeliebter. Durch den Freischein Phaulkons war die Arroganz der Franzosen gegenüber der Bevölkerung so groß, dass sich jetzt sogar ausländerfeindliche Bünde zusammenschlossen. Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass den Begriff „Farang“ die Thais noch heute auf alle weißen Ausländer anwenden, war eine direkte Ableitung des Thai-Wortes für Francais „Farangse“ ist.

Zwei Monate später erkrankte König Narai in der Stadt Lopburi schwer an Wassersucht. Phra Phetraja, ein wichtiger Hofbeamter von Adel, hielt den kranken König wochenlang als Gefangenen in Lopburi fest, und riss die Staatsgeschäfte an sich. Da er eindeutig das Ziel verfolgte, König Narais Nachfolger zu werden, lockte er dessen adoptierten minderjährigen Sohn, Phra Bucha, in eine Falle und ließ ihn ermorden.

Die Entwicklungen gingen so schnell vorab, dass Phaulkon keine Gelegenheit hatte aktiv zu werden. Durch seine Impertinenz hatte er sich so viele Feinde am Hofe gemacht, dass seine Gegner leichtes Spiel hatten, ihn gefangen zu nehmen. Unter dem Vorwand, er sei an einer Konspiration beteiligt gewesen, deren Ziel gewesen sei, Phra Bucha zum neuen König zu machen, ließ Phra Phetraja den Griechen Phaulkon und all seine Günstlinge am 5.6.1688 hinrichten.

Da Phaulkon auf dem Höhepunkt seiner Karriere nicht nur enorme Macht und Einfluss besaß, sondern auch ein riesiges vermögen anhäufen konnte, ließ man ihn vorher foltern um an dieses vermögen zu gelangen. Ein paar Tage später lockte Phra Phetraja zwei Brüder König Narais, Prinz Chao Fa Apaitot und Prinz Chao Fa Noi, nach Lopburi, wo er auch diese ermorden ließ.

Um auf sein Ziel, die Ausschaltung jeglichen europäischen Einfluss in Siam, hinzuarbeiten, entsandte Phra Phetraja siamesische Truppen, um das französische Fort in der Nähe Bangkoks zu belagern. All dies ereignete sich, während König Narai noch am Leben war. Die Franzosen indes konnten nichts unternehmen.

Am 11.7.1688 starb König Narai ohne Verwandte zurückzulassen. Phra Phetraja ließ sich zum König krönen.

Zwei Monate später wurden neue Verhandlungen mit Frankreich getroffen, und alle französischen Truppen mussten das Land binnen kurzer Zeit verlassen. Der neue König nahm die französischen Missionare als Geiseln und kündigte an, er werde sie erst freilassen, sobald die siamesische Botschaft unversehrt zurückgekehrt sei.

Im Dezember 1689 kehrte die Botschaft unversehrt aus Europa zurück und die Geiseln wurden freigelassen. Die Holländer hatten sich ebenfalls verrechnet und nahmen nicht den erhofften Platz der Franzosen ein. Siam begann sich von Europa zu isolieren.

Constantine Phaulkon ist als eine der negativen Charakterfiguren der thailändischen Geschichte zu betrachten. Er wird wohl der einzige Ausländer gewesen sein, der einen so hohen Rang im Dienste des Königs und des Landes hatte.

© Wilfried Stevens

Hilfsquellen: http://thaiweb.free.fr/histoire.htm
http://www.elexi.de/de/c/co/constantine_phaulkon.html
 
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