Das Aaron - Gen

Jacobum

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Wir hatten das Thema hier schon mal im Beitrag “Ahnenforschung per Gentest” gestreift, aber ich finde, dort ist es etwas zu kurz gekommen. Es geht um das sog. "Aaron-Gen", wissenschaftlich Cohen Modal Haplotype genannt.


1.) Kleine Einführung
Bekanntlich wird das Geschlecht durch das X-, bzw. Y-Chromosom definiert. Aus dem Biologieunterricht ist sicher noch bekannt, dass der Mann über den XY-Chromosomensatz verfügt, die Frau dagegen über das XX. Anders gesagt: Das Y-Chromosom, das vom Vater “geerbt” wurde, kommt nur beim männlichen Nachwuchs vor.

Damit einher geht, dass bestimmte Erbanlagen, die am Y-Chromosom sitzen, auch nur vom Vater auf den Sohn weitergegeben werden können.

Durch DNA-Tests kann man also nicht nur Vaterschaftstests durchführen sondern auch die väterlichen Vorfahren, bzw. die männlichen Nachkommen eines Probanten definieren.


2.) Die Kohanim
Im 2. Buch Mose wird in Kapitel 29 berichtet, dass nach dem Auszug der Israeliten aus Ägypten Aaron (der Bruder Moses’) den göttlichen Auftrag erhielt, das Priesteramt auszuüben. Dieses Amt durften nur seine Söhne und Söhnessöhne ausüben, kein Außenstehender hatte das Recht dazu.

Die Priester (hebr.: kohen, Mehrzahl: kohanim) waren strengen Verhaltensnormen unterworfen, um der hohen Bedeutung ihres Amtes Rechnung zu tragen. Dazu gehört u.a. auch, dass sie nur “unbescholtene “ Frauen heiraten durften und ihre Ehe streng geregelt war.

Die Berufsbezeichnung “kohen” entwickelte sich zum Familiennamen weiter, wobei dieser von Land zu Land variierte: Kohn, Kahn, Kuhn, Cohen, Kohan, Kahan, Katz, Katten, Kogan, Conway usw.


3.) Forschungsprojekt
Im Jahr 1996 hatten israelische Wissenschaftler die Idee, weltweit Namensträger der von “kohen” abgeleiteten Namen gentechnisch zu untersuchen. Der Name müsste ein Indiz auf die Abstammung von den Kohanim sein. Der Umstand, dass die Kohanim strenge Ehegesetze hatten (und haben) müsste dann auf eine direkte Abstammung hinweisen, da un- und außereheliche Geburten bei Kohanim absolut unüblich sind.

Wer heute “Müller” oder “Schneider” heißt, wird nur in den wenigsten Fällen in einer Mühle oder einem Schneiderbetrieb arbeiten. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat aber ein Vorfahr diese Tätigkeit ausgeübt, wobei der Beruf zum Namensbestandteil wurde und schließlich zum Familiennamen, der über die Jahrhunderte hinweg an die Nachkommen weitergegeben wurde.

Während die Müllers aber von einer ganzen Reihe unterschiedlicher Müllermeister aus dem späten Mittelalter abstammen, dürfte es laut biblischer Überlieferung bei den kohen-Namensträgern nur einen einzigen gemeinsamen Urahnen gegeben haben: Aaron.

Die Überlegung der Wissenschaftler war, dass es in diesem Fall bei den weltweit verstreuten Kohan, Cohen, Kuhn usw. übereinstimmende Erbanlagen geben müsste, die auf eine gemeinsame Abkunft schließen lassen.


4) Ergebnisse
Zuerst wurden 188 männliche Juden aus der ganzen Welt um eine DNA-Probe gebeten. Unter den Testpersonen waren Kohanim, Menschen mit einem davon abgeleiteten Namen und ganz gewöhnliche Juden.

98,5 % der Kohanim und Namensträger trugen die gleichen Chromosomenmarker, der bei den übrigen Juden nur in geringem Umfang vorhanden war. Man nannte es das Cohen Modal Haplotype, Die Studie wurde am 2. Januar 1997 in der Zeitschrift “Nature” veröffentlicht.

In einer 2. Studie wurden nur Namensträger mit den unterschiedlichsten Schreibweisen aus Europa, Israel und den USA getestet. Unter diesen waren auch Nicht-Kohanim, also Leute, die zwar den Namen (bzw. eine Ableitung davon) trugen, ansonsten mit einer Priesterschaft oder gar dem Judentum gar nichts zu tun hatten.

Von diesen 106 wiesen 97 abermals die übereinstimmenden Erbanlagen auf. Dies betraf im Übrigen sowohl die Sepharden als auch die Aschkenazim, die beiden jüdischen Hauptgruppen, die sich vor rund 2000 Jahren getrennt hatten.

Auch diese Studie wurde in “Nature” veröffentlicht (9. Juli 1998).

Für strenggläubige Juden war dies der Beweis, dass die Bibel recht hatte. "Die moderne Wissenschaft hat belegt, dass es Aaron gegeben hat", war die zentrale Aussage.


5.) Kritik und Entgegnung
Von Seiten der Wissenschaft wurde das Ergebnis skeptischer gesehen. Zum einen sei die Anzahl der Testteilnehmer nicht hoch genug, um eine eindeutige Aussage machen zu können. Daneben sei zwar eine gemeinsame Abstammung anzunehmen, eine Person namens Aaron sei dadurch aber nicht belegt. Im Übrigen sei das sog. "Aaron-Gen" auch bei Nichtjuden verbreitet, so vor allem in Italien, ja sogar bei einem Bantu-Stamm in Südafrika.

Die jüdischen Forscher entgegneten hierauf:

- Nach Bekantwerden der Testergebnisse hatten sich weitere Namensträger Cohen, Kuhn usw. aber auch praktizierende Kohanim, die einen ganz anderen Namen trugen, genetisch testen lassen. Inzwischen haben die Untersuchungen ergeben, dass über 80% der Namensträger und der praktizierenden Kohanim das “Aaron-Gen” aufweisen, dagegen aber nur ca. 30% der übrigen Juden.

- Das hohe Auftreten in Italien könne man leicht erklären. Es muss einen Umstand gegeben haben, bei dem kohanim nach Italien gekommen und dort geblieben waren. Dies müsste nach dem jüdischen Krieg, um 70 n.Chr. geschehen sein, als der Jerusalemer Tempelschatz zusammen mit den Priestern von den siegreichen römischen Soldaten nach Rom gebracht wurde. Die Gefangenen sind als Sklaven geblieben und haben sich im Laufe der Zeit zum Großteil assimiliert.

- Der erwähnte Stamm der Lemba (der zum Volk der Bantu gehört) verfügt über eine Priesterkaste, von der 52% der Männer das “Aaron-Gen” in sich tragen. Es gibt eine alte Sage, wonach die Lemba Nachkommen von eingewanderten Juden sein sollen. Viele Sitten und Gebräuche weisen auf eine Verbindung zum Judentum hin. Die Gen-Analyse scheint dies zu bestätigen. Womöglich handelt es sich um die Nachkommen von Juden, die entweder schon im Altertum ins Land gekommen oder erst zur Zeit der Inquisition aus Europa geflohen waren.


6.) Fazit
Ob es einen “Aaron” gegeben hat, ist letztendlich Glaubenssache. Der Gentest hat ergeben, dass viele Kohanim und Namensträger Cohen, Kahn, usw. einen gemeinsamen männlichen Vorfahren hatten, der wohl zur jüdischen Priesterkaste gehört hat.





Quellen zum Nachlesen:

http://de.wikipedia.org/wiki/Aaron_des_Y-Chromosoms
etwas ausführlicher im englischen wiki: http://en.wikipedia.org/wiki/Y-chromosomal_Aaron

Jewish Genetics, Part 4: Non-Jewish Israelites (Samaritans, Mexican Latinos/Anusim, others)

Danke für die Geduld!

Jacobum
 
Zuletzt bearbeitet von einem Moderator:
gab letztens auch ne Doku, oder in einer Doku einen Beitrag auf N-tv oder N24. Gesehen?
Ich kann meine Vorfahren auch bestimmen, auf "lucy", lebte vor millionen von Jahren in Ostafrika, genau wie Aaron... ;)

Nein, im Ernst, ganz interessant. Man kann ja inzwischen seinen ursprung gegen Geld selber bestimmen lassen, ist glaube ich hier in einem Thread gewesen.

Ciao und Gruß. lynxxx
 
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