Das Ende der Hippies?

Dass die Hippiezeiten endgültig vorbei waren, habe ich eigentlich erst gemerkt, als ich im Reform- oder Dritte Weltladen plötzlich mit "Sie" angeredet wurde.
 
Ja und da hat man dann endgültig gewußt, jetzt gehöre ich zum Establishment...

Gruß....
 
Zuletzt bearbeitet:
Dem Wischi-Waschi der Hippies folgte als Gegenreaktion die Punks (und Ende der 70er Jahre auch schon die ersten Skinheads auf der Insel). Da die Punks nicht die ganze Jugend repräsentieren konnten, entstanden in Deutschland parallel die Popper und die deutsche Form des späteren New Wave (NDW). Alle drei mochten sich gegenseitig nicht.
Lange Seitenscheitel waren ab Mitte der 70er/Ende der 70er out.
Tja. Nu kann man sie gar nicht lang genug haben und ein deutscher Sportreporter muss sich neue Frotzeleien gegen einen ehemaligen bekannten Fußballer ausdenken. Wahrscheinlich ist Netzer sogar Schuld daran, dass dieser lange Seitenscheitel wieder in ist.
 
Ich würde es so formulieren :

Die Hippie-Kultur ergab sich aus einer Opposition gegen die Lebenweise ihrer Elterngeneration.

Angehörige der nachfolgenden Generation können also nicht mehr "hip" sein, da sie

- entweder im Konsens mit ihren Eltern aufwachsen - das ist dann aber keine Oppositionshaltung und sie sind somit zum Hippie ungeeignet.

- oder gegen ihre Eltern opponieren, dazu käme eine (konformistische) Hippie-Lebensweise natürlich nicht in Betracht.
 
Tja, Hurvinek,

Netzer hat halt Charakter, der bleibt bei seiner einmal getroffenen Entscheidung. :respekt:

Seine Frisur bleibt wohl ewig gleich, wie gut, dass er auch im Alter nicht zur Glatze neigt.
Wahrscheinlich hat mal in jungen Jahren zu ihm jemand (weiblich :pfeif:) gesagt, wie sexy ihn diese Frisur macht.

Ich glaube, zu dem Beitrag brauche ich das Schild :ironie:
 
Die Hippie-Bewegung der 70er-Jahre ist wohl eindeutig längst tot - auch wenn noch diverse Überbleibsel herumlaufen. Diese bilden aber m. E. keine lebendige Szene mehr, da wird nichts Neues mehr produziert.

Andererseits kann man wohl sagen: Die nächste Welle kommt bestimmt.
Denn die Hippies haben ja an diverse Traditionen angeknüpft, zum Beispiel an die Wandervogel-Bewegung vor dem ersten Weltkrieg oder die alternativen Lebensformen zwischen den Kriegen.
 
im Musikbereich wird oft das Konzert von Altamont

Altamont (Kalifornien) - Wikipedia

als Endeckpunkt der Hippiebewegung betrachtet. Es gab Tote, nichts mehr zu spüren von "habt euch alle lieb Gefühl von Woodstock" Und das, obwohl die beiden Konzerte nur knapp 4 Monate auseinander liegen.

Aber auch die europäischen Studentenbewegungen Ende der 60er passten nicht zu dem doch eher passiven, verträumten Verhalten der Hippies. Nur mit Blümchen im Haar führt man keine Veränderungen herbei.

Die Argumentation von Klaus klingt auch sehr nachvollziehbar
 
Die Hippie-Bewegung der 70er-Jahre ist wohl eindeutig längst tot - auch wenn noch diverse Überbleibsel herumlaufen. Diese bilden aber m. E. keine lebendige Szene mehr, da wird nichts Neues mehr produziert.

Ist eine Szene nur dann lebendig, wenn beständig Neues produziert wird. :grübel:
 
Ist eine Szene nur dann lebendig, wenn beständig Neues produziert wird. :grübel:
Das ist die eine Möglichkeit für Lebendigkeit.
Die andere wäre, daß neue Leute dazustoßen und die alten Inhalte dieser Szene übernehmen.

Vielleicht kann man noch weitere Möglichkeiten finden.

Im konkreten Fall aber würde ich schon sagen: Obwohl noch diverse Hippies irgendwo existieren, ist die Hippie-Szene als solche tot.

Und zwar schon so lange, daß ich eigentlich damit rechne, daß bei Gelegenheit mal wieder eine ähnliche Bewegung entsteht.

Dazu möchte ich noch einmal darauf verweisen, wie ähnlich die Vorgängerbewegungen der Hippies diesen in vielen Punkten waren.

Recht amüsant formuliert das Erich Weinert mit seinem "Gesang der Edellatscher" von 1930, das ist die typische Kritik aus der kommunistschen Ecke:
"
Der Frühling braust; wir ziehen fürbaß
und zupfen unsere Geigen.
Wir hüpfen froh ins nasse Gras
und tanzen unsre Reigen.
Die Klampfe klirrt im Schritt und Tritt.
Die Kochgeschirre klirren mit.
Der Wald ist voll Akustik.
Wir sind so schrecklich lustig.

Und sitzen wir am Waldesrand,
dann schweigen unsre Klampfen,
dann lassen wir durchs stille Land
die Hafergrütze dampfen.
Die Maggisuppe duftet weit
in Wald und Bergeseinsamkeit.
Wie lustig schmort die Soße
in der Konservendose!

Und ist die Grütze aufgekaut,
dann wird in blau und rosa,
das Seelenleben aufgebaut,
teils lyrisch, teils in Prosa.
Hoch in den Wolken flieht der Blick.
Wir ziehen uns aus der Welt zurück
und sprechen leis im Chore
Rabindranath Tagore.​
Wir fühlen uns nicht bürgerlich​
und auch nicht proletarisch.​
Wir wandeln auf dem Himmelsstrich​
und leben literarisch.​
Die schnöde Welt, wir hassen sie.​
Nur abgeklärte Poesie​
ist unsre Seelenspeise.​
Wir sind so schrecklich weise.​

Pfui Klassenkampf! Wie ordinär!​
Wir kennen nicht Tarife.​
Der Reichtum kommt von innen her
aus unsrer Seelentiefe.
Wer sich von innen her beschaut
und Nietzsche liest und Rüben kaut,
was kümmern den die andern?
Juchhu! Wir müssen wandern!
"
 
Die Hippiekultur knüpfte in vielem an Elemente der Beatniks aus den 50er Jahren an. Sie war ein Element der Bürgerrechts- und Alternativkultur der 60er Jahre, und wenn man den Hippies so manche Stilbrüche nicht verzeihen kann, wenn man das Scheitern von Multikulti konstatiert und plötzlich wieder die schönen Sekundärtugenden gefragt sind, die restaurativen 50er Jahre gepriesen werden, dann ist es, meiner Meinung nach, höchste Zeit mal eine Lanze für die Hippies zu brechen. Die Hippies waren Pazifisten, Individualisten und Anti- Rassisten. Der Protest an Amerikas schmutzigem Krieg in Vietnam, an der Rassentrennung, an diesem unglaublich dummen und verlogenen Redneckpuritanismus war notwendig, und es hat diese Protestbewegung durchaus viele Verdienste um Emanzipation, um sexuelle Befreiung, um weniger autoritäre Formen der Erziehung und manch anderes mehr.

Die Hippies wurden älter, ruhiger und vielleicht etwas spießiger. Einige gingen auf die Magical Mystery Tour, andere begaben sich auf den langen Marsch durch die Institutionen- und einige maschieren immer noch, einige sogar im Gleichschritt. Viele wurden von der Anti- Atom-, Umwelt- und Friedensbewegung absorbiert. Andere betätigten sich als Headshopbetreiber, Esoteriker, Coffeeshopbesitzer, Märchenerzähler oder Anwälte. Manche sind heute furchtbar spießig geworden, und viele haben bereits Kinder und Enkel. Seit Aids wird nicht mehr so viel gevögelt und nicht mehr gar so arg gekifft. Manche Kinder von Hippies wandten sich entsetzt von diesen Chaoten ab, doch die Generation der Enkel fühlt sich oft sehr zu Omas Weisheiten oder Opas Spezialbrownies hingezogen.

Und zwischen Goa und Gomera, zwischen Kathmandu und Connemara gibt es noch genug Oldtimer, die sich durchaus noch den Idealen der alten Hippies verpflichtet fühlen. Es war eine Bewegung, die in Sachen Sexualität und Selbsterfahrung neue Wege beschritt, und ich bin ehrlich gesagt heilfroh, dass einige dieser Erfahrungen nach mehr als 30 Jahren nicht mehr als ganz so unerhört bewertet werden, wie das vor Jahren der Fall war. Die amerikanischen Hippies erschienen in vielem durchaus erfreulicher, als die Auswüchse dieses Coca- Cola Imperialismus mit denen God´s own Country die Welt beglückte und beglückt. Es war sozusagen die Absage an den "American Way of Life" und doch zugleich eine eigene Variante des "American Dreams", dieses so amerikanischen Rechts des "pursuit of happiness", sozusagen eine Huckleberry Finn- Variante der Jefferschon Unabhängigkeitserklärung:

"We hold these Truths to be self evident, that all men are equal and endowed by thei Creator with certain unaliabble rights, among these life, liberty and the pursuit of happiness".
 
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