Das Habsburgerreich und Hitlers Judenhass

Afkpu

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In Stellvertretung für einen guten Freund:

Hallo zusammen,
ich muss eine Hausarbeit über die Entstehung des Judenhasses bei Hitler schreiben, wurde mir von meinem Dozenten so aufs Auge gedrückt...
Das Problem für mich ist nicht, es zu lokalisieren, wir kennen alle die großen Biographen über Hitler. (Bullock, Fest, Kershaw)
Ich soll einen vorangehenden Teil über die geistigen Grundlagen des Antisemitismus für das 20. Jhd. und die Situation im Habsburgerreich (speziell Wien) schreiben, und da verzweifle ich an der Literatur!
Ich wäre dankbar für jeden guten (und fundierten) Hinweis auf dieses Thema.

Bekannt sind:

  1. Hitlers Wien
  2. Alle Biographien
  3. Geschichte des modernen Antisemitismus in Deutschland
  4. Volkov: Juden in Deutschland (EDG)
  5. Jäckel: Hitlers Weltanschauung
  6. Hitler, Germans and the Jewish question
Ich danke schonmal im voraus...
 
Hitlers Wien ist ja schon mal nicht schlecht. Da wissenschaftliche Arbeiten etwas quellenlastiger sein dürfen, würde ich mir mal überlegen, welche bekannten Juden es in Wien gab, die sich zum Thema, privat oder nicht privat geäußert haben könnten:
Schnitzler
Freud
...
Genauso sieht es mit bekannten Antisemiten aus:
Lueger (bei dem hat Wikipedia eine recht ausführliche Literaturliste anzubieten)
...
 
Zuletzt bearbeitet:
@Afkpu

Da es ja eine wissenschaftliche Arbeit ist, geört m.E. auch Chamberlain dazu, aber auch der Antisemitismus von Wagner, Treitschke etc. Ob Hitler letzteren gelesen hat weiß ich nicht, auch die Rezeptionsgeschichte von Treitschke in Kukanien kenne ich nicht, sollte aber eruierbar sein. Den Wagner würde ich aber auf alle Fälle nehmen, sozusagen der Link zum "kulturellen" Antisemitismus.

M.
 
Hier auch noch ein paar Links:

Schönerer, Georg Ritter von

DW - Dokumentationsarchiv des sterreichischen Widerstandes

Zur Literatur:

Gerhard, Ivar Oxaal; Michael Pollak
Eine zerstörte Kultur. Jüdisches Leben und Antisemitismus in Wien seit dem 19.Jahrhundert.


Eveline Brugger, Martha Keil, Albert Lichtblau: Geschichte der Juden in Österreich. Wien 2006. - H-Soz-u-Kult / Rezensionen / Bücher

Neuerscheinungen - Publikationen - injoest.ac.at

Und im August erscheint:

Götz Aly
Aufstieg, Neid und Judenhass 1880 bis 1933
 
Hitlers Judenhass...

Höflich bitte ich die Frage zu beantworten, wann und wo und unter welchen Umständen genau Hitlers fanatischer Judenhass entstanden ist.
 
Dass Hitler Juden hasste – kann es darüber noch einen Historikerstreit geben? Natürlich nicht. Aber wann und warum Hitler Juden zu hassen begann, darüber kann und muss noch gestritten werden, wenn man Ralf Georg Reuths Auseinandersetzung mit den Hitlerbiografien seiner Zunftgenossen – namentlich Allan Bullock, Joachim Fest und Ian Kershaw – zur Kenntnis nimmt. Anders als sie nimmt er an, dass Hitlers mörderischer Antisemitismus erst in der Folge der Russischen Revolution und der Münchner Räterepublik entstand und nicht, wie von Hitler selbst behauptet, im Wien der Vorkriegszeit.

Ralf Georg Reuth: Historikerstreit um Hitlers Judenhass? - Literatur - Kultur - Tagesspiegel

Noch eine etwas andere Meinung:
Die Quellen seines Hasses: Woher kam Hitlers Antikapitalismus?

Das "vermutlich erste schriftliche Zeugnis der antisemitischen Gesinnung Hitlers":
Skizze des Holocaust - Brief belegt Judenhass des jungen Hitler - Kultur - Sddeutsche.de
 

Ich frage mich inwiefern der zitierte Tagesspiegel hier einen postulierten Historikerstreit überstrapaziert.
Was die Hitlerbiografie Bullocks angeht, so stammt diese aus dem Jahr 1952 und war, so wie ich es verstehe, die erste große Biografie Hitlers der Nachkriegszeit.
Bullock (Hitler - 4. Auflage 1954, Droste Verlag) stellt ab Seite 32 dar, dass Hitler in seiner Wiener Zeit durch leidenschaftliche Hass-Tiraden gegen verschiedene Gruppen und Institutionen aufgefallen sei. ("Juden, Sozialdemokraten, [christliche] Priester und Habsburger". [Einfügung durch mich]
"Neumann, der Jude der ihm beigestanden war, fühlte sich durch die Heftigkeit seiner antisemitischen Ausbrüche gekränkt".
Im weiteren stellt Bullock dar, wie die Rückschau Hitlers (vor allem in "Mein Kampf") selbst auf diese Zeit war. Es ist also, so wie ich es verstehe, hier kein Widerspruch im Sinne eines Historikerstreits erkennbar.
Was Kershaw angeht, so hab ich ihn nicht gelesen. Ich nehme aber aufgrund eines Interviews mit ihm an, dass auch er den mörderisch gesonnen Hitler erst nach dem Ersten Weltkrieg sieht.

In dem ersten verlinkten Artikel wird die Darstellung Brigitte Hamanns (Hitlers Wien - Lehrjahre eines Diktators) richtig wiedergegeben. Sie hat diese Zeit Hitlers in Wien sehr eingehend untersucht und kommt auch zu dem Ergebnis, dass der Antisemitismus Hitler als mörderische Variante, da noch nicht feststellbar ist.
Ebenso sieht es Hillgruber, der eine "entscheidende Wendung" von einem 'normalen Antisemitismus', der ja unterschwellig insgesamt in Europa vorhanden war, zu mörderischen Antisemitismus, Hitlers in den Jahren 1919/1920 sieht.
http://www.ifz-muenchen.de/heftarchiv/1972_2_2_hillgruber.pdf


P.S.: Das Buch von Brigitte Hamann ist nicht nur hochgeachtet, sondern auch sehr lesenswert und lesbar.
 
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